Die Rosenschlacht [2025]
Wertung:
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Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 26. August 2025
Genre: Komödie
Originaltitel: The Roses
Laufzeit: 105 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2025
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Jay Roach
Musik: Theodore Shapiro
Besetzung: Benedict Cumberbatch, Olivia Colman, Andy Samberg, Kate McKinnon, Allison Janney, Belinda Bromilow, Sunita Mani, Ncuti Gatwa, Jamie Demetriou, Zoë Chao, Akie Kotabe, Delaney Quinn, Ollie Robinson, Hala Finley, Wells Rappaport
Kurzinhalt:
Als sie nach zehn Jahren gemeinsamer Ehe bei einer Eheberaterin auf ihre gemeinsame Zeit zurückblicken, sind sich Theo (Benedict Cumberbatch) und Ivy Rose (Olivia Colman) einig, dass sie Probleme haben, aber sie sind nicht bereit, sich aufzugeben. Von Großbritannien an die amerikanische Westküste gezogen, haben sie sich mit Sohn Roy (Ollie Robinson / Wells Rappaport) und Tochter Hattie (Delaney Quinn / Hala Finley) ein gutes Leben aufgebaut. Theos Design eines Museums hat viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen und Ivy versorgt als gelernte Köchin Familie und Freunde mit Delikatessen. Theo will sie unterstützen und hilft ihr, ein kleines Restaurant zu eröffnen. Das startet auch kurze Zeit später durch – gerade dann, als Theos Karriere in sich zusammenfällt. So tauschen sie die Rollen und Theo kümmert sich um die Kindererziehung. Aber nicht nur, dass ihm die berufliche Anerkennung fehlt, Ivys Erfolgt grämt ihn gleichermaßen. Während ihre Freunde Barry (Andy Samberg) und Amy (Kate McKinnon) bereits erkennen, dass die Gräben zwischen den Eheleuten immer tiefer werden, wollen sie das noch nicht sehen. Bis sich die Kämpfe zwischen ihnen zu einer offenen Schlacht ausweiten …
Kritik:
Jay Roachs Remake des Scheidungsklassikers Der Rosenkrieg [1989] modernisiert die bekannte Geschichte auf gelungene Weise und wartet mit einer Besetzung auf, die der unterschwelligen Feindseligkeit des Originals eine dialoglastige Bissigkeit verleiht, der zuzuhören – auch dank des britischen Akzents im englischen Original – bereits einen Großteil des Spaßes ausmacht. Doch Die Rosenschlacht kommt erst spät an dem Punkt an, dass diese überhaupt beginnt und ist dann viel zu schnell vorbei. Sehenswert unterhaltsam ist es dennoch.
Die Story setzt an, als Theo und Ivy Rose etwas Nettes über den jeweils anderen bei der Eheberatung sagen sollen. Im Ergebnis ist die Therapeutin der Auffassung, dass die Ehe nicht zu retten ist. Dabei waren verbale Spitzen immer schon Teil der täglichen Unterhaltung zwischen beiden, die sich zehn Jahre zuvor kennengelernt haben. In diese Zeit springt Filmemacher Roach auch zurück, um zu zeigen, wie alles begann. Damals war Theo Architekt in London, wo er auf Köchin Ivy traf. Sie haben eine unmittelbare Verbindung miteinander. Beide wollen sich selbstständig machen und 10 Jahre später leben sie in Kalifornien mit ihrem Sohn und ihrer Tochter. Theo steht kurz davor, ein großes Projekt abzuschließen, das Design eines Maritimen Museums, aber er ist auch der Meinung, dass Ivys Kochkünste, die sie als Mutter und Hausfrau bestenfalls im Freundeskreis zur Schau stellen darf, vergeudet sind. Er hilft ihr, ein Restaurant zu eröffnen, das sie gerade dann zum Star katapultiert, als seine Karriere buchstäblich in Trümmern liegt. Also drehen sie die Verantwortung um, Theo zieht die Kinder groß, während Ivy Karriere macht. Was eine zeitlang gut funktioniert, verstärkt die Spannungen aber nur mehr. Selbst dann, nachdem sich Theo selbst verwirklichen darf. Die Roses befinden sich auf einem Weg, der sie unweigerlich in die Katastrophe führt.
Bis es aber soweit ist, ist die erste Stunde bereits vorbei und die Titel gebende Rosenschlacht nimmt daher viel weniger Zeit in Anspruch, als man in Anbetracht des Titels vermuten würde. Stattdessen konzentriert sich die Erzählung auf zwei Aspekte: Geschlechter- und Rollenklischees dadurch aufzuzeigen, dass sie hier auf den Kopf gestellt werden, sowie die teils rasiermesserscharfen Dialoge, die Olivia Colman und Benedict Cumberbatch in den Hauptrollen auf eine derart trockene und pointierte Art und Weise zur Geltung bringen, dass man beim Lachen sicher den ein oder anderen Gag überhört. Die direkte Art, mit der Theo und Ivy miteinander sprechen, ist von Beginn an voller Spitzen. Doch die werden mit der Zeit verletzender, boshafter und stellen den jeweils anderen mitunter im engsten Freundeskreis bloß. Der besteht in Kalifornien verständlicherweise aus Amerikanerinnen und Amerikanern, die nicht nur viele erwartbare Klischees bedienen, sondern dem Dialogwitz stellenweise auch einen körperbetonten Humor hinzufügen sollen. Doch gerade Kate McKinnons Gestik wirkt derart überzogen, wie auch die Dialoge der Gäste bei einem verhängnisvollen Abendessen, dass es beinahe scheint, als wollte man der überzeichneten, aber grundsätzlich geerdeten Satire einen Slapstick-Mantel überstreifen. Dies passt kaum zusammen und lenkt von der tollen Chemie zwischen Colman und Cumberbatch merklich ab.
Sie beide zeigen durch Theo und Ivy, wie die hier umgedrehte Aufteilung der Carearbeit das Eheleben belastet. Nicht nur, dass Theo die Anerkennung nach dem herben Rückschlag fehlt, die Erniedrigung wird für ihn nur größer, als Ivy immer erfolgreicher wird. Gleichzeitig kann sich Ivy nicht eingestehen, wie sehr es sie verletzt, dass sie ihre eigenen Kinder nicht aufwachsen sieht, sondern Theo die Kinder auch hinsichtlich ihrer Interessen prägt. Die Rosenschlacht bettet diese Beobachtungen in die geschliffenen Dialoge zu Beginn subtil ein, gibt den beiden tragenden Figuren aber auch die Gelegenheit, bei einer überaus ernsten Aussprache beim Finale den Kern ihrer Differenzen freizulegen. Was man nicht nur in Anbetracht des Quellenmaterials, sondern auch des Titels erwarten würde, ist dass die „unüberwindbaren Differenzen“ der Eheleute nicht nur ausgesprochen, sondern tatsächlich greifbar werden. Doch das geschieht erst im letzten Drittel, nachdem die Geschichte weitere drei Jahre nach vorne springt.
Wenn sich die Eheleute, die immer noch unter demselben Dach wohnen, gegenseitig das Leben zur Hölle machen, insbesondere, da Ivy Theo aus ihrer tiefen Verletzung heraus genau das, was er unbedingt haben möchte, nicht im Leben überlassen will, beweist das Drehbuch viele bitterböse Einfälle. Doch die meisten werden beinahe in einer Art Collage präsentiert, anstatt langsam aufgebaut zu werden, so dass sich, wie im Original, die Feinseligkeiten immer weiter zuspitzen könnten. Ob einem der positivere Ausgang der Streitigkeiten dabei zusagt, oder nicht, man würde sich einfach wünschen, Die Rosenschlacht würde mehr Zeit damit verbringen, den Kampf zu zeigen, als wie das Schlachtfeld vorbereitet wird. Das kostet die Erzählung am Ende zwar ein wenig den Spaß, schmälert aber kaum den Unterhaltungswert. Den verdankt Jay Roachs Remake einer Mischung aus der Besetzung und den Dialogen, die hier so sehr zusammenpassen, dass man stellenweise den Eindruck erhält, als würden sie alle aus Erfahrung sprechen.
Fazit:
Die kleinen verbalen Seitenhiebe zwischen Theo und Ivy werden mit der Zeit immer bissiger, bis sie schließlich derart verletzend geraten, dass der jeweils andere vor Freunden und Bekannten bloßgestellt wird. Ob die Ehe der Roses vorher bereits den Punkt ohne Wiederkehr überschritten hatte, beispielsweise als jeder den eigenen Weg verfolgte, ohne auf den jeweils anderen Rücksicht zu nehmen, oder erst zu jenem Zeitpunkt, ist am Ende kaum mehr wichtig. Denn kurz zuvor bereits eskaliert die Situation, ehe sie dann ganz aus dem Ruder läuft. Dank der tollen Dialoge ist das spritzig und vor allem von Olivia Colman und Benedict Cumberbatch herrlich wie stellenweise geradezu greifbar boshaft zum Leben erweckt. Aber die Story kommt insgesamt zu spät an diesem Punkt erst an. Vom Vorlauf zum eigentlichen Rosenkrieg würde man sich das Verhältnis genau umgedreht wünschen. Zumal der auch viel kürzer dauert, als erhofft. Es ändert aber nichts daran, dass Die Rosenschlacht stellenweise einen geradezu ansteckenden Rhythmus bei den scharfzüngigen Momenten zwischen Theo und Ivy findet, aber auch leise Beobachtungen bereithält. Dem zuzusehen, macht merklich Spaß, auch wenn man sich die Erzählung in letzter Konsequenz noch bissiger vorstellen könnte.