Wolf Man [2025]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 17. Januar 2025
Genre: Horror / Drama / Thriller

Originaltitel: Wolf Man
Laufzeit: 102 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2025
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Leigh Whannell
Musik: Benjamin Wallfisch
Besetzung: Christopher Abbott, Julia Garner, Matilda Firth, Sam Jaeger, Ben Prendergast, Benedict Hardie, Zac Chandler, Beatriz Romilly, Milo Cawthorne


Kurzinhalt:

Nichts ist Blake (Christopher Abbott) wichtiger, als ein guter Vater für seine Tochter Ginger (Matilda Firth) zu sein. Darum hat sich der Autor eine Auszeit genommen, um zuhause für sie zu sorgen, während seine Frau Charlotte (Julia Garner), eine Journalistin, das Einkommen sichert. Doch er und Charlotte haben sich merklich auseinandergelebt, wobei die Mutter-Tochter-Beziehung ebenfalls unterkühlt ist. Als Blake die Nachricht erreicht, dass sein Vater, vor Jahren in den Wäldern Oregons vermisst, nun für tot erklärt wurde, schlägt er seiner Familie vor, nach Oregon zu fahren, um dort die Dinge zu regeln. Doch kaum sind sie in der Abgeschiedenheit angekommen, verunglücken sie und können sich mit Mühe in das Haus von Blakes Vater retten. Irgendetwas Wildes ist hinter ihnen her und darauf aus, sich Zutritt zu verschaffen. Im verlassenen Haus isoliert, versucht Blake, seine Familie zu beschützen. Doch bald schon bemerkt er eine Wunde an seinem Arm und Veränderungen an sich, die darauf hindeuten, dass er sich mit etwas angesteckt haben könnte, das die Menschen in der Gegend als „Bergfieber“ bezeichnen …


Kritik:
Nach seiner überaus sehenswerten und interessanten Neuinterpretation Der Unsichtbare [2020] widmet sich Filmemacher Leigh Whannell einem weiteren, vertrauten Stoff, den er mit einem neuen Aspekt auffrischt. Doch ist Wolf Man ein ebenso in seinen einzelnen Belangen gelungener wie am Ende verwirrender Genrebeitrag. Die Mischung aus Horror-Thriller und Drama ist tadellos umgesetzt und überaus atmosphärisch. Nur führt dies in seiner mit etwas mehr als eineinhalb Stunden merklich zu langen Erzählung zu einer Auflösung, die man lange kommen sieht und sich dennoch nicht auszahlt.

Das liegt zum Teil auch an dem Prolog, der eine Wendung in der Story vorbereiten soll, die ihrerseits ein weit absehbares Klischee ist. Darin bricht der jungen Blake mit seinem Vater zur Jagd im Wald auf. Sein Vater ist streng und darauf aus, seinen Sohn darauf vorzubereiten, dass er irgendwann alleine wird zurechtkommen müssen. Alle Menschen seien nur Zentimeter vom Tod entfernt, bekommt Blake eingebläut. 30 Jahre später ist Blake, inzwischen Autor, selber Vater einer Tochter, Ginger. Die Ehe mit seiner Frau Charlotte, eine erfolgreiche Journalistin, ist jedoch an einem entscheidenden Punkt angekommen. Eine wirkliche Antwort auf die Frage, ob sie glücklich ist, erhält Blake nicht. Sie beschließen, nach Oregon in Blakes Heimat zu fahren. Gerade erst hat er die Nachricht bekommen, dass sein seit Jahren in den Wäldern vermisster Vater für tot erklärt wurde, so dass Blake dessen Farm leerräumen möchte. Doch noch bevor sie dort ankommen, gerät ihr Umzugswagen von der Straße. Auf der Flucht vor einer Furcht einflößenden Kreatur rettet sich die Familie ins Haus. Aber nicht nur, dass die Bedrohung immer noch draußen lauert, Blake bemerkt kurz darauf Veränderungen an sich, die nicht nur ihn selbst beunruhigen.

Welche Kreatur außerhalb des Hauses lauert und in was sich Blake verwandelt, wird niemanden überraschen, zumal dies bereits der Filmtitel selbst verrät. Regisseur Whannell stellt Blake als jemanden vor, den die Erfahrungen seiner Kindheit nie losgelassen haben, und der nicht so werden möchte, wie sein Vater. Sein oberstes Ziel ist es, seine Tochter zu beschützen und nichts liegt ihm ferner, als ihr Angst zu machen. Seine Aussage, dass Eltern mitunter so sehr verhindern möchten, dass ihre Kinder verletzt werden, so dass sie selbst es sind, die ihre Kinder verletzen, bringt es auf den Punkt. Blakes Beziehung zu Ginger ist vertraut und herzlich, deutlich mehr, als die von Charlotte zu Blake oder ihrer Tochter. So tut er, was jeder vernünftige Mensch tun würde, nachdem sie sicher im Haus sind, und verbarrikadiert sich darin. Doch damit sperrt er auch seine eigene Familie mit dem Wesen ein, zu dem er wird. Das ist eine interessante Prämisse, die dazu führen könnte, dass Wolf Man die Figuren zwingt, sich einander und ihren Konflikten zu stellen. Doch für ein Kammerspiel beschränkt sich die Offenlegung der Charaktere und ihre Entwicklung zu sehr auf die körperliche Transformation. Ein klärendes Gespräch der an einem Scheideweg befindlichen Eheleute gibt es hier nicht, da die Verwandlung schon nach kurzer Zeit einsetzt und Blake vollends umfasst.

Dies versuchen die Verantwortlichen insoweit aufzuwiegen, dass die unterschiedlichen Perspektiven Blakes und seiner Familie sichtbar gemacht werden. Doch die eigentliche Geschichte entwickelt sich hinsichtlich der körperlichen Veränderung zwar schnell, inhaltlich aber derart langsam, dass man sich beständig fragt, ob es einen Aspekt daran gibt, den man nicht sieht. Das nicht im wörtlichen Sinne, obwohl bereits nach den ersten Minuten zu erkennen ist, dass Wolf Man einmal mehr ein sehr dunkler Horrorfilm ist. Das trägt durchaus zur Stimmung bei und lässt die wenigen ekligen Momente weniger brutal erscheinen. Es ist aber auch eine Möglichkeit, die Trickeffekte zu kaschieren. Die sind allesamt eindrucksvoll, die Maskenarbeit und Blakes körperliche Veränderung, die sich den gesamten Film über erstreckt, packend wie buchstäblich greifbar. Handwerklich überzeugt Regisseur Leigh Whannell erneut durch eine Umsetzung, deren wohl ausgesuchte Bilder eine tolle Atmosphäre erzeugen. Die Naturaufnahmen wirken einerseits mystisch, gleichzeitig auch isolierend, während insbesondere der Unfall nach dem ersten Drittel und dem, was unmittelbar danach geschieht, erstklassig in Szene gesetzt sind, so dass man sich unmittelbar an der Seite der Figuren wähnt.

Dass all dies einen so gelungenen Eindruck macht, liegt auch an der Besetzung. Christopher Abbott bringt Blakes inneren Kampf noch vor der Reise nach Oregon erstklassig zur Geltung, versucht er doch, seine gelegentliche Wut im Zaum zu halten, die er von seinem Vater geerbt hat. Als Ginger zeigt die junge Matilda Firth eine tolle Darbietung, während Julia Garner den sich vor ihr entwickelnden Horror gekonnt zum Ausdruck bringt. In diesem Sinne verschiebt sich auch das Augenmerk der Erzählung von Blake zu Charlotte. Doch je näher das Ende rückt, umso mehr würde man erwarten, dass das Schicksal der Charaktere und was sie durchleben, packen würde. Doch eine emotionale Zugkraft entwickelt Wolf Man nicht. Vom Geschehen tatsächlich mitgerissen zu werden, fällt daher merklich schwer.


Fazit:
Filmemacher Leigh Whannell präsentiert viele gute Ideen in seiner Interpretation des Universal Monsters-Klassikers Der Wolfsmensch [1941] (bereits vor einiger Zeit neu verfilmt als Wolfman [2010]). Dazu zählt auch, die Verwandlung als Spiegelbild der Angst eines Vaters dafür zu nehmen, der nichts mehr möchte, als seine Tochter zu beschützen, nur um das zu werden, was sie am meisten fürchtet. Doch der dramatische Aspekt der zu scheiternden Ehe versandet, da es keine Auflösung der Spannungen gibt. Und während der Horror gewissermaßen unmittelbar vorgestellt wird und nicht nachlässt, entwickelt sich die Story selbst spürbar schleppend. Vor allem scheinen die Verantwortlichen keinen Spaß am Horroraspekt zu finden. Handwerklich tadellos, mit einer starken Maskenarbeit, einem erstklassigen Ton und unheimlichen, schönen Landschaftsaufnahmen, lebt die Geschichte auch von der engagierten Besetzung. Aber gleichzeitig bietet Wolf Man als Mystery-Horror kaum mehr, als man im Format einer TV-Serie erzählen könnte und die todernste Herangehensweise wirkt letztlich ebenso verkopft wie behäbig. Auch wenn der Funke letztendlich nicht überspringt, stimmungsvoll ist es dennoch und so für Genrefans durchaus eine Empfehlung.