To the Moon [2024]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 9. Juli 2024
Genre: Unterhaltung

Originaltitel: Fly Me to the Moon
Laufzeit: 132 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Greg Berlanti
Musik: Daniel Pemberton
Besetzung: Scarlett Johansson, Channing Tatum, Ray Romano, Woody Harrelson, Anna Garcia, Jim Rash, Noah Robbins, Donald Elise Watkins, Nick Dillenburg, Colin Woodell, Christian Zuber, Joe Chrest, Art Newkirk, Ashley Kings, Jonathan Orea Lopez, Eva Pilar, Chad Crowe, Will Jacobs


Kurzinhalt:

Sieben Monate bleiben Startleiter Cole Davis (Channing Tatum), die lange vorbereitete NASA-Mission Apollo 11 nicht nur in den Weltraum, sondern vor allem auf den Mond zu bringen. Doch die Vorbereitungen sind von vielen Rückschlägen geprägt und das Weltraumprogramm in der Öffentlichkeit unter anderem auf Grund einer kürzlichen Tragödie und weltweiter Krisen alles andere als hoch angesehen. Darum bringt Moe Berkus (Woody Harrelson), der für das Büro von Präsident Richard Nixon arbeitet, die Marketingexpertin Kelly Jones (Scarlett Johansson) an Bord. Sie soll die Öffentlichkeitsarbeit der NASA koordinieren und buchstäblich den Mond „verkaufen“. Trotz einer grundsätzlichen Sympathie erscheinen die Ziele von Kelly und Cole entgegengesetzt zu liegen, so dass die Zusammenarbeit nicht reibungslos verläuft. Dabei müssen sie lernen, zusammen- und nicht gegeneinander zu arbeiten, wenn die Mission ein finanzierbarer Erfolg werden soll. Doch dann erhält Kelly den Auftrag, für den Fall der Fälle eine gefälschte Mondlandung zu filmen und untergräbt damit jedes Vertrauen, das sie und Cole aufgebaut haben …


Kritik:
Vor dem wahren Hintergrund des sogenannten Weltraumrennens, als die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion in den späten 1950er- und 60er-Jahren um die Vorherrschaft im Weltall buhlend zuerst Satelliten und später Menschen in den Erdorbit schickten, erzählt Filmemacher Greg Berlanti eine Geschichte der Mondmission, die sich „größtenteils“ so abgespielt haben soll. Insbesondere in Anbetracht des 55. Jahrestages der Mondlandung von Apollo 11 am 20. Juli 1969, wirkt To the Moon wie eine gleichermaßen wertschätzende und augenzwinkernde Anerkennung aller daran Beteiligten.

In welcher Situation sich das Apollo-Programm der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA befindet, erläutert To the Moon im Laufe des Vorspanns. Nach dem erfolgreichen Start des sowjetischen Sputnik-Satelliten stehen die Vereinigten Staaten unter Zugzwang. Das von Präsident John F. Kennedy ausgerufene Ziel einer Mondlandung bis zum Jahr 1970 scheint in weiter Ferne. Ende des Jahres 1968 kämpft Startleiter Cole Davis bei der NASA mit einem zu geringen Budget und viel zu wenig Personal. Außerdem war er auch für den Start der tragischen Apollo 1-Mission verantwortlich, bei der die drei Crewmitglieder ums Leben kamen. Die geplante Apollo 11-Mission, die als erste auf dem Mond landen soll, droht zudem, wegen Budgetkürzungen ins Wasser zu fallen. Da jedoch auch der inzwischen zum Präsidenten gewählte Richard Nixon eine Niederlage im Weltraumrennen gegen die kommunistische Sowjetunion nicht akzeptieren will, lässt er seinen Mitarbeiter Moe Berkus die Marketingexpertin Kelly Jones anwerben. Sie soll die Mondmission dem amerikanischen Volk und auch der Politik „verkaufen“, die sich beide zunehmend mit dem Krieg in Vietnam beschäftigen. Aber nicht nur, dass die Ziele von Jones und Davis oftmals weit auseinander zu liegen scheinen, Kelly soll für den Fall, dass die Mondlandung schiefgeht, eine Notfalllösung vorbereiten – eine gestellte Landung, von der niemand erfahren darf, genannt „Projekt Artemis“.

Um die Echtheit der Mondlandung ranken sich, aller Beweise und Beteuerungen zum Trotz, nach wie vor Mythen und Verschwörungstheorien, die To the Moon in gewisser Hinsicht aufgreift und auf eine beinahe liebevolle Weise entkräftet. Im Zentrum steht jedoch die auf unterhaltsame Art aufbereitete Herkulesaufgabe, der sich Cole Davis gegenübersieht. Die Chance der Vereinigten Staaten, das Weltraumrennen zu gewinnen, stehen denkbar schlecht. Nicht nur, dass alle daran beteiligten NASA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter etwas bewerkstelligen sollen, das noch nie jemand geschafft hat, die praktische Erfahrung der Ingenieure, deren Durchschnittsalter bei nur 26 Jahren liegt, ist entsprechend gering. Es verwundert daher nicht, dass die Arbeitsweise der für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlichen Kelly Jones, die mitunter Schauspieler NASA-Mitarbeiter spielen lässt, da diese keine Interviews geben, Cole missfällt. Dennoch besitzen die beiden – auch dank der spritzig-charmanten Darbietungen von Scarlett Johansson und Channing Tatum – eine Chemie, die geradezu von der Leinwand überspringt.

Feiert Kelly mit ihrer Werbestrategie, die die für die Mondlandung ausgewählten Astronauten auf jede Werbetafel bringt, schnell Erfolge, wächst auf Cole der Druck, sich auch mit der Politik auseinander zu setzen. Doch dafür muss er sich einem Kapitel der NASA stellen, das ihn ohnehin nie losgelassen hat: Der Apollo 1. Diese unerwartet ernsten Momente sind es, die Cole einerseits mehr Empathie für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeigen lassen, als man dem auf den technischen Ablauf fokussierten Leiter zutrauen würde. Andererseits beweist Kelly darin auch mehr Fingerspitzengefühl und Engagement für die „Sache“, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Vor allem jedoch klingen ihre Wortgefechte und Auseinandersetzungen, in denen ihre unterschiedlichen Auffassungen zur Geltung kommen, immer noch natürlich und nicht in dem Maße überspitzt, wie man es aus vielen Komödien kennt. Diese durchaus geerdete Herangehensweise des Drehbuchs, das allenfalls bei der Darstellung von „Projekt Artemis“ bewusst einige Male über die Stränge schlägt, sorgt jedoch auch dafür, dass To the Moon weit weniger packend gerät, als man vermuten würde.

Spät kommt der Moment, in dem alles verloren und die Mission gescheitert erscheint und so zieht die Geschichte den Unterhaltungswert aus den Figuren und der wenigstens leicht überzeichneten Darstellung der Geschehnisse, die zur ersten Mondlandung führten. Gerade die ernsten Momenten, in denen die Charaktere und ihre privaten Überzeugungen ins Zentrum gerückt werden, was überwiegend im letzten Drittel geschieht, weiß To the Moon allerdings kaum zu nutzen. Es ist, als könnte sich das Drehbuch nicht entscheiden, die Vorbereitungen der Mondmission selbst, oder die Figuren ins Zentrum zu rücken. Die kreativen Freiheiten, die sich die Verantwortlichen dabei nehmen, stoßen jedoch dank der sympathischen Besetzung ebenso wenig auf, wie die Befürchtungen, die Darstellung einer von Regierungsseite in Auftrag gegebene, gefälschte Mondlandung könnte den Zweifel bei einem empfänglichen Teil des Publikums erhöhen. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall.


Fazit:
Ungeachtet der tollen Ausstattung, angefangen von den Autos über die Kleidung und Frisuren, bis hin zu den Bauten, besitzt Greg Berlantis romantisch angehauchte, humorvolle Nacherzählung zu kaum einem Moment den Realismus, der Aufbruch zum Mond [2018] auszeichnete. Stattdessen streben die Verantwortlichen eine einnehmende Stimmung an, die ihnen ebenso gelingt wie eine tadellose Optik, die mit einigen einprägsamen, malerischen Eindrücken aufwartet. Die Chemie der beiden zentralen Figuren trägt die Geschichte merklich, so dass man die meiste Zeit über ein Lächeln im Gesicht spürt. Es ist eine amüsante Unbeschwertheit, die den Unterhaltungswert auch dann ausmacht, wenn To the Moon merklich 15 bis 20 Minuten länger geht, als notwendig, oder es dem Drehbuch mit zu wenigen ernsten Momenten nicht gelingt, die Figuren entsprechend zu vertiefen. Als Hommage und ein augenzwinkernder Blick auf eine der prägendsten und inspirierendsten Erfolgsgeschichten der Menschheit des 20 Jahrhunderts funktioniert das ebenso gut, wie als Anerkennung all derjenigen, die daran mitgewirkt haben. Dem Potential mag das nicht gerecht werden und einem historisch Genauigkeitsanspruch (bewusst) ebenso wenig, unterhaltsam mitanzusehen ist es dennoch.