Three Thousand Years of Longing [2022]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 8. Juli 2022
Genre: Fantasy / Liebesfilm

Originaltitel: Three Thousand Years of Longing
Laufzeit: 108 min.
Produktionsland: Australien / USA
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: noch nicht bekannt

Regie: George Miller
Musik: Junkie XL
Besetzung: Idris Elba, Tilda Swinton, Alyla Browne, Aamito Lagum, Burcu Gölgedar, Matteo Bocelli, Kaan Guldur, Jack Braddy, Hugo Vella, Pia Thunderbolt, Anna Adams, David Collins, Angie Tricker, Anthony Moisset


Kurzinhalt:

Dr. Alithea Binnie (Tilda Swinton) könnte mit ihrem Leben zufriedener kaum sein. Sie umgibt sich mit Büchern und Geschichten, die seit Ewigkeiten die Menschheit in Staunen versetzen. Für einen Vortrag nach Istanbul gereist, entdeckt sie auf einem Basar eine kleine Glasflasche und als sie sie später im Hotel näher untersucht, entweicht aus ihr ein Flaschengeist. Der Djinn (Idris Elba) teilt Alithea mit, dass sie drei Wünsche äußern könnte, er aber nur solche erfüllen könne, die sie aus tiefstem Herzen empfände. Als Alithea zögert in Anbetracht der Überlieferungen von folgenschweren Wünschen in zahlreichen Geschichten, beginnt der Djinn ihr zu erzählen, wie er zuerst in der Flasche gefangen wurde und welche Abenteuer seine bisherigen Meisterinnen und Meister erlebt haben. Als sich Alithea schließlich zu einem Wunsch entschließt, ist es einer, der ihrer beiden Leben verändert …


Kritik:
Würde man sagen, dass George Millers Three Thousand Years of Longing nicht die Art Film ist, die man erwartet hätte, wäre das eine Aussage, die man beinahe über alle seine Werke wiederholen könnte. Sieben Jahre nach seinem fiebertraumartigen Actionfeuerwerk Mad Max: Fury Road [2015] mutet die Vorschau zu diesem Film wie ein überdrehtes Fantasyspektakel an. Tatsächlich ist er jedoch eine Fantasy-Liebesgeschichte, die sich erstaunlich ruhig präsentiert und viel Zeit für die Figuren mitbringt. Das ist kein Kritikpunkt.

Erzählt wird die Geschichte von der von Tilda Swinton gespielten Dr. Alithea Binnie, die als „Narratologin“ Erzählstrukturen und Geschichten studiert, die seit jeher das Leben der Menschen und ihr Verständnis von demselben wie der Welt um sie herum beeinflussen. Sie ist für einen Vortrag nach Istanbul gereist und wird schon seit längerem von Visionen heimgesucht. Ihrer Meinung nach geht ihre Fantasie mit ihr durch. Doch dann entdeckt sie auf einem Basar ein kleines Fläschchen, aus dem in ihrem Hotelzimmer ein Djinn entsteigt, der ihr drei Wünsche gewährt. Wenn er einem Menschen den dritten Wunsch erfüllt hat, wird er von dem Fluch befreit, an den Kerker dieser Flasche gebunden zu sein. Doch es müssen Dinge sein, die sich Alithea von Herzen wünscht – nur ist sie überaus zufrieden mit ihrem Leben. So unterhalten sie sich in jenem Hotelzimmer in Istanbul und so kurz Alitheas Leben zusammengefasst ist, so viel hat der Djinn bei seinen bisherigen Meisterinnen bereits erlebt.

Der Titel Three Thousand Years of Longing bezieht sich dabei auch auf die Sehnsucht, mit welcher der Djinn während seiner unsterblichen Existenz konfrontiert wurde. Wie er sich nach einer Frau verzehrte, die ihn kaum wahrnahm, oder wie er sich in eine andere verliebte und die Leiden schaffende Leidenschaft seiner Liebe sie für immer entzweite. Wie alle Geschichten über Wünsche erzählt auch der Djinn welche, die deren Gefahren herausstellen. Aber sie offenbaren auch etwas anderes: Das Wesen der Sehnsucht und wozu es die Liebenden bringt. So schildert Filmemacher George Miller reichlich unerwartet eine Liebesgeschichte, versetzt mit viel Fantasy, die sich doch wie ein Spiegelbild der Liebe selbst liest. Dass die kopflastige Alithea durch die Schilderungen des Djinn und die emotionale Seite der Erzählungen ihren eigentlichen Wunsch entdeckt, ist kaum eine Überraschung. Auch nicht, wohin all das führt. Doch es endet ziemlich unerwartet und mit einer inhaltlichen Rahmenbedingung, die in den vorigen Erzählungen des Djinns nie auch nur erwähnt wurde. So fehlt es dem inhaltlichen Aufbau an zwei Kernelementen. Zum einen einem Abschluss, der mitreißend in Erinnerung bleibt oder die Figuren wenigstens an einem Punkt verlässt, an dem sie angekommen scheinen. Zum anderen an packenden Erzählungen des Djinn dazwischen. Denn so interessant seine Schilderungen aus dem alten Mesopotamien auch sein mögen, die Figuren seiner Erzählung gewinnen kaum an Tiefe und die Dialoglastigkeit ist dem geschuldet, dass sich die beiden zentralen Charaktere in einem ständigen Dialog befinden, was es den übrigen noch schwerer macht, sich zu etablieren.

Nichtsdestoweniger ist Three Thousand Years of Longing bestechend wie eindrucksvoll in Szene gesetzt. Ausstattung, Farben und Perspektiven sind fantastisch, tauchen die teils bekannten Storyelemente in ein unerwartetes Licht und zeugen gleichzeitig von einer Überlegung, die einem nur Bewunderung abringen kann. So gelungen die Bilder und auch der Ton, der teilweise mit dezenten Geräuschen Dinge andeutet, selbst wenn man sie noch gar nicht sehen mag, dies wandelt Miller nicht gleichzeitig in ein erzählerisches Tempo um. Stellenweise geradezu bedächtig entwickeln sich die Szenen, so dass sich die Frage aufdrängt, ob die Faszination an dem Film nicht eher der Umsetzung denn dem Inhalt geschuldet ist. Beides ist Teil der Präsentation, eines jedoch Bestandteil der Wahrnehmung und das andere des Verständnisses. So unbestritten ansprechend die Optik, selbst wenn kaum für ein breites Publikum geeignet, inhaltlich entpuppt sich die Geschichte als einfacher, als sie sich gibt. Das wird manche verständlicherweise durchaus enttäuschen.


Fazit:
Es gibt mehrere erzählerische Schwachpunkte in George Millers ungewöhnlicher Liebesgeschichte. Die Erzählung (die Schilderungen des Djinn) in der Erzählung (Alitheas Rahmenbegleitung aus dem Off), oder die episodenhafte Struktur durch die Rückblicke, die für sich genommen aber nur wenig fesseln. Vor allem aber leidet darunter die Chemie zwischen Idris Elba und Tilda Swinton, die beide sichtlich engagiert sind, deren Verbindung aber mehr gewollt, denn gewachsen scheint. Wenn die Geschichte um sie an sich in Fahrt kommen sollte, ist sie auch schon wieder vorbei, ohne einen einprägsamen Schluss. Und doch gelingt den Beteiligten nicht nur ein visuell eindrucksvolles Fantasymärchen, das handwerklich so einfallsreich wie tadellos dargebracht ist, sondern gleichzeitig eine mitunter geradezu zärtliche Liebesgeschichte, oder besser, eine Geschichte über die Liebe, die ihre Figuren ernst nimmt. Dieser Mix sorgt dafür, dass sich Three Thousand Years of Longing nur für ein bestimmtes Publikum eignet. Doch das wird hier eine gut gespielte und erfrischend „andere“ Geschichte über Sehnsucht vorfinden, als man sie schon so oft gehört hat.