The Suicide Squad [2021]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 31. Juli 2021
Genre: Action / Komödie / Fantasy

Originaltitel: The Suicide Squad
Laufzeit: 132 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: James Gunn
Musik: John Murphy
Besetzung: Margot Robbie, Idris Elba, John Cena, Joel Kinnaman, Sylvester Stallone (Stimme), Viola Davis, Jai Courtney, Peter Capaldi, David Dastmalchian, Daniela Melchior, Michael Rooker, Alice Braga, Pete Davidson, Nathan Fillion, Sean Gunn


Kurzinhalt:

Nach einem militärischen Putsch auf der Insel Corto Maltese sieht sich A.R.G.U.S.-Leiterin Amanda Waller (Viola Davis) gezwungen, eine neue Task Force X zusammen zu stellen. Mit dem verurteilten Scharfschützen Bloodsport (Idris Elba) als Anführer und unter Aufsicht von Mitarbeiter Rick Flag (Joel Kinnaman) sollen die Schwerverbrecher Peacemaker (John Cena), Ratcatcher 2 (Daniela Melchior), Polka-Dot Man (David Dastmalchian) und dem Haiwesen Nanaue, genannt King Shark (Sylvester Stallone), die Insel infiltrieren und das Forschungslabor Jotunheim zerstören. Dort forscht der Wissenschaftler The Thinker (Peter Capaldi) seit Jahrzehnten an Projekt Starfish. Doch die neue Führung von Corto Maltese unter Diktator Silvio Luna (Juan Diego Botto) und Generalmajor Mateo Suárez (Joaquín Cosío) weiß um die Pläne der Amerikaner und hat die gesamte Armee angehalten, dieses „Suicide Squad“ aufzuhalten. Eine der ersten, die ihnen ins Netz gegangen ist, ist Harley Quinn (Margot Robbie). Dabei ahnt das Himmelfahrtskommando nicht, worum es bei Projekt Starfish tatsächlich geht und dass nicht weniger als das Schicksal der Welt in ihren Händen liegen könnte …


Kritik:
The Suicide Squad ist als Film schwer einzuordnen. Die etwas losgelöste Fortsetzung zu David Ayers Suicide Squad [2016] stammt von niemand geringerem als Filmemacher James Gunn, dessen zwei Guardians of the Galaxy-Filme Überraschungshits des Marvel-Comicfranchises gewesen sind. Hier ist er für DC Comics tätig und präsentiert doch eine sehr ähnliche Geschichte. Wieder steht ein Trupp Underdogs im Zentrum, eine Gruppe Helden, die abgeschrieben waren und denen niemand die Rettung der Welt zutrauen würde. Aber erst, wenn sich der Film diesen Figuren tatsächlich widmet, ist er mehr als vertraute – und immens brutale – Superhelden-Kost.

Dabei wartet Gunn mit vielen cleveren Ideen auf, mit denen er sich sogar merklich über das Genre lustig macht. Darunter fällt bereits der Anfang, wenn Viola Davis erneut in der Rolle der A.R.G.U.S.-Direktorin Waller eine neue „Task Force X“ zusammenstellen lässt, auch bekannt als das Himmelfahrtskommando „Suicide Squad“. In Anbetracht der kollektiven Unfähigkeit ihrer Abteilung erscheint sie dabei zur Erheiterung des Publikums sichtlich genervt. Teil des Teams sind, wie man erwarten würde, viele seltsame (und namhaft besetzte) Figuren. Von dem von Gunn-Veteran Michael Rooker gespielten Savant über den von Jai Courtney verkörperten Captain Boomerang, bis hin zu Nathan Fillion als T.D.K., der seine Arme von seinem Körper lösen kann, und einem anthropomorphen Wiesel. Sie allein sind noch nicht einmal die halbe Mannschaft, die von Idris Elba als Bloodsport angeführt wird. Margot Robbie ist als die unverwechselbare Harley Quinn ebenfalls wieder an Bord (und erneut das Highlight bei den Figuren), außerdem darf John Cena in die Rolle des blindlings patriotischen Peacemaker schlüpfen und dabei für politische Gesellschaftskritik sorgen, wenn er sagt, er würde vor keinem Mord zurückschrecken, um Frieden herzustellen. Daneben gibt es Joel Kinnaman nach dem Vorgängerfilm erneut als Rick Flag zu sehen und zwei interessante Nebenfiguren. Ganz zu schweigen von einem zweibeinigen Hai, dem King Shark, dessen Superheldenfähigkeit zu sein scheint, dass ihm Kugeln, Explosionen und einstürzende Gebäude nichts anhaben können. Und der seine Gegner (wenn sie nicht achtsam sind, auch seine Freunde,) am liebsten verspeist.

The Suicide Squad wartet also mit einer geradezu unüberschaubaren Anzahl an Figuren auf, wobei die Bösewichte gar nicht mitgerechnet und auch einige Helden noch unerwähnt sind. Zu Beginn gibt es auch keine wirkliche Vorbereitung und das Publikum wird gelungen aufs Glatteis geführt, wohin sich die Geschichte entwickeln wird. Bekannt ist, das Squad soll auf der nach einem gewaltsamen Militärputsch unter neuer Führung stehenden Insel Corto Maltese das zum Forschungslabor umfunktionierte Gefängnis Jotunheim aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs zerstören. Dort wird an etwas Außerirdischem geforscht, das nur als Projekt Starfish bekannt ist, doch bis es das Wesen Starro tatsächlich zu sehen gibt, sind zwei Drittel des Films vorbei. Bis dahin kämpfen sich die Squad-Mitglieder um Bloodsport auf Corto Maltese durch wahre Horden an Gegnern, die ihnen allesamt keine wirkliche Gegenwehr bieten können. Anstatt bis zum Finale irgendwann einmal in die Defensive zu geraten oder gar zusammenarbeiten zu müssen, ist James Gunns Film sichtlich darauf aus, den Figuren Szenen zu geben, in denen sie Unmengen an Widersacher erschießen, köpfen, auffressen, in Stücke reißen, explodieren lassen oder ein sonstiges Gemetzel veranstalten können.

Hier liegt dann auch der große Unterschied zur unwahrscheinlichen Heldentruppe in Guardians of the Galaxy: Während jene Figuren allesamt einen persönlichen Verlust erlitten haben und damit in diese Rolle gezwängt wurden, besteht das Suicide Squad zum größten Teil aus Schwerverbrechern, die Spaß am Töten finden. Das geht sogar soweit, dass sie – und auch hier will Gunn offenbar das Genre persiflieren – in einem kindischen Wettstreit, wer mehr und besser töten kann, ohne angegriffen worden zu sein ein ganzes Camp auslöschen, ohne zu bemerken, dass es sich dabei um Freiheitskämpfer handelt, die auf ihrer Seite stehen. Dabei geht es den Verantwortliche hier nicht um Inhalte, sondern darum, einem geneigten Publikum zu demonstrieren, wie „lustig“ es sein kann, wenn sich eine Truppe Psychopathen vollkommen entfesselt durch die Welt mordet.
Ein großes Problem daran ist neben der moralischen Fragwürdigkeit, dass sich das inhaltlich viel zu häufig wiederholt. Man kann eben nur so oft unbeteiligt mit ansehen, wie namenlose Gegner in Stücke gerissen oder abgeschlachtet werden, ohne dass man den Sinn all dessen hinterfragt.

Wer nun vermutet, dass The Suicide Squad auf Grund der Tatsache, dass der Film zum größten Teil auf jener Insel spielt, nicht mit den actionreich ausufernden Comicverfilmungen der letzten Zeit Schritt halten kann, möge beruhigt sein. Spätestens beim Finale entbrennt Filmemacher James Gunn ein Materialinferno, das anderen Produktionen in nichts nachsteht. Die Idee von Starro ist dabei so witzig wie erschreckend und eine der besten des Films. Erst im letzten Drittel, wenn spürbar mehr auf dem Spiel steht, auch für die Hauptfiguren selbst, die Squad-Mitglieder tatsächlich in Gefahr schweben und nicht absehbar ist, wer aus dem Team überleben wird, reißt das wirklich mit.
Bis dahin beweist Gunn ein Gespür für hervorragende Bilder, die den Charme von Comicheften versprühen und dennoch im Film nicht übermäßig aufgesetzt erscheinen. Erfreulich bunt, harmonieren auch die Figuren gelungen, selbst wenn sich manche von ihnen lange Zeit nicht begegnen. Die Action besitzt eine ansteckende Energie, die jedoch nicht darüber hinwegtäuscht, dass der Film spürbar 20 Minuten zu lang geraten ist. Fans sollten dabei während und bis nach dem Abspann sitzen bleiben.


Fazit:
Anstatt ein düsteres Antiheldenepos zu erzählen, entscheidet sich Filmemacher James Gunn für eine Komödie, die sich ganz eindeutig nicht an ein junges Publikum richtet und auch die Altersfreigabe deutlich sprengt. Seine Handschrift trägt sie nicht nur bei der ironischen Musikauswahl, sondern auch bei den sehr derben Ekeleffekten. Was kreative Einfälle anbelangt, ist The Suicide Squad eine immense Überraschung und entwickelt bei den Figuren durchaus ihren Charme. Von der Idee um das außerirdische Wesen Starro allein, bis zu dem starken Finale, oder auch die buchstäblich malerische Befreiung von Harley Quinn, gibt es zudem viel zu bestaunen, insbesondere, was die handwerkliche Umsetzung anbelangt. Besser als der letzte Suicide Squad-Film, bleibt es aber schwierig, mit diesen Figuren mitzufiebern. Nicht, weil sie zu wenig Hintergrund zugeschrieben bekommen würden, sondern weil sie zu viel Spaß am Massakrieren haben. So gut und einfallsreich das deshalb gemacht ist und auch wenn der Regisseur seiner Vision freien Lauf lassen durfte, es eignet sich nur für Comicfans, die auf exzessiv brutale und Gewalt geradezu zelebrierende Unterhaltung aus sind. Für ein breites Publikum ist das aber oftmals schlicht zu viel des „Bösen“.