The Score [2001]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 02. Januar 2005
Genre: Krimi / Unterhaltung

Originaltitel: The Score
Laufzeit: 121 min.
Produktionsland: USA / Deutschland
Produktionsjahr: 2001
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Frank Oz
Musik: Howard Shore
Darsteller: Robert De Niro, Edward Norton, Marlon Brando, Angela Bassett, Gary Farmer, Paul Soles, Jamie Harrold, Serge Houde, Jean-René Ouellet, Martin Drainville


Kurzinhalt:
Als Dieb und Einbrecher hat Nick Wells (Robert De Niro) die letzten 25 Jahren hauptsächlich deshalb überlebt, weil er eisernen Grundsätzen folgt. Diese soll er nun brechen, wenn es nach dem Willen seines Mentors und Auftraggebers Max (Marlon Brando) geht. Er setzt Nick auf ein vier Hundert Jahre altes Zepter an, das derzeit im Zoll-Gebäude von Montreal liegt. Der eifrige und skrupellose Jack Teller (Edward Norton) hat sich bereits einen Job als Reinigungskraft im Gebäude besorgt und gaukelt den Wachmännern dort vor, er sei geistig behindert.
Doch während Nick immer mehr das Gefühl bekommt, er mache einen Fehler, den Überfall durchführen zu wollen, wird auch deutlich, dass Max den Erlös des Diebesgutes benötigt, um sich von Schulden frei zu kaufen. Dabei kann sich Nick nach wie vor nicht sicher sein, ob Jack nicht in die eigene Tasche wirtschaften möchte.


Kritik:
Filme um Diebe, Einbrecher und Räuber gibt es wie Sand am Meer und auch im Jahr 2001 kam neben The Score der ambitionierte Heist – Der letzte Coup [2001] in die Kinos, dabei übertraf Frank Oz Film an den Kinokassen Heist um mehr als das Dreifache, hatte dabei aber auch deutlich höhere Produktionskosten. Dass The Score der bessere Film von beiden ist, ist zwar recht schnell offensichtlich, aber sieht man sich Namen wie Marlon Brando, Robert De Niro und Edward Norton an, dann hätte man im Endeffekt doch einen etwas mitreißenderen Gangster-Film erwartet. Das Problem liegt hier leider einmal mehr am Drehbuch, das sich zwar bei sämtlichen Klischees des Genres bedient, dabei aber vergisst, dass ein solcher Film vor allem davon lebt, in wie weit man mit den Hauptfiguren sympathisiert.

Wer immer sich die Mühe macht, ein Skript mit dem Thema eines Überfalls oder Einbruchs zu verfassen, sollte sich eine Frage vorweg stellen: wie böse darf meine Hauptfigur sein? Dass Stehlen nicht rechtens ist, weiß jeder Mensch spätestens dann, wenn er/sie selbst einmal bestohlen wurde. Gleichzeitig aber sollte der Hauptcharakter den Zuschauer ansprechen, dass man mit ihm mitfiebert, während er seinen Einbruch begeht. Steven Soderbergh gelang das in Ocean's Eleven [2001] insofern sehr gut, als dass die Diebe allesamt sehr sympathisch, ja schon charmant beschrieben wurden und überdies ein Casino ausgeraubt wurde, das an den übrigen 364 Tagen im Jahr bekannterweise die Glücksspieler ausnimmt. Die Drehbuchautoren von The Score hatten offensichtlich ihre Mühe, Nick Wells als sympathische Figur zu beschreiben, das aus dem einen Grund, weil er mit seiner Bar, einer (zeitweiligen) Lebensgefährtin und einem nicht zu leugnenden Wohlstand schon alles erreicht hat; so verpassten sie ihm die genreüblichen Attribute wie seine Devisen "kein riskanter Einbruch", "keine Waffen" und das obligatorische "das ist mein letzter Coup". Dass eben diese Klischees aber schon in zig Filmen besser umgesetzt wurden, scheint ihnen wohl entgangen zu sein. So bleibt gerade Nick Wells als Hauptfigur relativ blass, seine Freundin Diane hingegen ohnehin unverständlich, da nicht klar wird, was eine integere Frau an einem Gangster und Dieb so aufreizend findet, und auch Nicks Mentor Max (gespielt von Marlon Brando) scheint der universalen Drehbuchvorlage für diese Art Film entliehen. Neu hingegen und auch erfrischend gespielt ist die Rolle des übereifrigen Jungspunds Jack/Brian, der aber angesichts seiner Abgebrühtheit nicht als der Neuling auf dem Gebiet überzeugen kann, den er darstellen soll – dafür wirkt er zu routiniert.
Dass das Drehbuch die Story hingegen sehr ruhig angeht, mit langen Szenen und einem bedächtigen Aufbau, vor allem aber mit einer langen Vorbereitung überzeugt, zeigt, dass die Macher den Film von vorne herein an ein erwachsenes Publikum richten wollten und gleichwohl der gemächliche Erzählrhythmus jungen Zuschauern zu langsam vorkommen mag, er vermittelt die melancholische und auch leicht bedrückte Stimmung der Hauptfigur, vor allem dank des Settings in Montreal und mit Nicks Jazz-Club sehr gut. Auch sind einige Einfälle innerhalb des letzten Überfalls gut gelungen und sorgen für den einen oder anderen spannenden Moment. Insgesamt unterhält das Skript aber mehr, als es einen mitfiebern lässt, präsentiert zu distanzierte, zu verschlossene Figuren, als dass man mit ihnen mitfühlen würde und zeigt einen Überfall, der zu glatt verläuft, als dass eine rechte Spannung aufkommen würde. Aus der grundsätzlich altbackenen Ausgangsidee wäre mit einem etwas innovativeren Skript zweifelsohne mehr zu holen gewesen.

Doch auch wenn das Drehbuch nicht zu den Glanzlichtern des Genres zählt, die Darsteller entschädigen dafür in großem Maße, auch wenn Angela Bassetts routinierter Auftritt kaum der Rede wert ist.
Robert De Niro spielt dafür wieder mit sichtlich mehr Engagement, als beispielsweise in 15 Minuten Ruhm [2001], Reine Nervensache 2 [2002] oder auch dem ansonsten gut gespielten Cop Land [1997], ob seine grimmige Darbietung aber die 15 Millionen Dollar Gage gerechtfertigt hat, darüber lässt sich streiten.
Der beste Akteur des Films ist zweifelsohne Edward Norton, der sowohl als hitziger und übereifriger Ganove, als auch als geistig behinderter Brian restlos überzeugen kann. Seine Darbietung ist ebenso gelungen, wie in Zwielicht [1996] oder auch American History X [1998], die beide ohne ihn nicht machbar gewesen wären. Auch The Score bereichert er mit seinem Talent und macht seine Szenen zu den besten des Films.
Für den im Frühsommer 2004 verstorbenen Marlon Brando war es die letzte Filmrolle, die er spielte; mit seiner Vorstellung in Der Pate [1972] unsterblich geworden, zählt dies aber nicht zu seinen besten Momenten. Grau und fade wirkt sein Spiel, unmotiviert und mimikarm, von dem Zusammentreffen zwischen De Niro und Brando (die bislang nie zusammen vor der Kamera standen, für dieselbe Rolle – Vito Corleone in Der Pate und Der Pate 2 [1974] – den Oscar bekamen, hätte man sich aber mehr vorgestellt und vor allem gewünscht. Weswegen Brando für seine wenigen Minuten allerdings drei Millionen Dollar Gage erhalten hat (knapp die Hälfte von Nortons Gehaltsscheck) ist unverständlich.
Die übrige Besetzung ist nicht nur sehr überschaubar, sondern auch solide besetzt; zwar gibt es keine wirklichen Höhepunkte bei den Leistungen der Nebendarsteller zu bewundern, sie alle machen ihre Sache aber gut und überzeugend genug.

Inszenatorisch zeigt sich Frank Oz routiniert, überrascht mit zahlreichen interessanten Einstellungen und auch gut ausgetimeten Schnittfolgen, ohne dabei aber zu hektisch zu werden; die Handkamera zu Beginn passt dabei allerdings nicht ganz zum Rest des Films, der sehr statisch eingefangen wurde. Um das Tempo beim Einbruch anzuziehen nutzt der Filmemacher gekonnt die verschiedenen Erzählebenen aus, und wenn man sich die Szenenabläufe ansieht, kann man kaum glauben, dass derselbe Cutter, Richard Pearson, an den nicht überragend geschnittenen Die Bourne Verschwörung [2004] und Welcome to the Jungle [2003] beteiligt war.
Mit Kameramann Rob Hahn hat Oz zudem bereits bei In & Out - Rosa wie die Liebe [1997] und dann erneut bei Die Frauen von Stepford [2004] zusammen gearbeitet. Handwerklich ist The Score wirklich gut und routiniert gelungen, auch wenn man sich ein wenig mehr Landschaftsaufnahmen von Montreal gewünscht hätte, was kein Problem hätte sein dürfen, da der Film wirklich in Québec / Kanada vor Ort gedreht wurde.

Komponist Howard Shore ist aus heutiger Sicht vor allem für seine gelungene und vielseitige musikalische Untermalung der Der Herr der Ringe [2001-2003]-Trilogie bekannt, machte sich aber sowohl mit seiner beunruhigenden Musik in Sieben [1995], als auch bei Das Schweigen der Lämmer [1991] einen Namen.
Für The Score erschuf er einige wirklich eingängige, leicht verspielte und auch entfernt jazzig-angehauchte Melodien, die wirklich gut zum Film passen und auch in den notwendigen Situationen zur spannenden Atmosphäre beitragen. Seine Musik ist wirklich gut gelungen, auch wenn sie sich mitunter wiederholt – für Interessenten sei jedoch dazu erwähnt, dass keines der gesungenen Jazz-Stücke (auch nicht der Song von Diana Krall, der während des Abspanns gespielt wird) auf dem Soundtrack enthalten ist, leider.

Die Erwartungen waren hoch, als bekannt wurde, dass Marlon Brando und Robert De Niro endlich gemeinsam vor der Kamera stehen würden, doch den Vorschusslorbeeren folgte ein relativ tiefer Fall; von der Elektrizität, von dem 'gegenseitig zu Höchstleistung anspornen' wie in Heat [1995] zwischen De Niro und Al Pacino, fehlt leider jede Spur; mehr noch, beide Altstars werden von dem jungen und überaus talentierten Edward Norton glatt an die Wand gespielt.
Die unfertige Story, die im Endeffekt viel zu einfach und doch breitgetreten erscheint, tut ihr übriges, um die Spannung im Zaum zu halten. Einzig die Darsteller und die gelungene Inszenierung machen The Score interessant, und doch ist es ein Film, den sich kaum jemand mehrmals ansehen wird.


Fazit:
Bedenkt man, wie viele Filme es heutzutage gibt, müssen sich Filmemacher immer wieder neue Tricks und Ideen einfallen lassen, um die Zuschauer bei Laune zu halten und auch zu interessieren. Selbiges scheint den Autoren aber bei The Score nicht aufgefallen zu sein, stattdessen erscheinen die Story und auch die meisten Figuren wie Archetypen des Genres und auch der Überfall selbst bringt bis auf ein paar zu wenige neue Einfälle, um mitreißen zu können.
Unterhaltsam ist das vor allem dank Edward Norton, der hier in gewissem Sinne die Wachablösung zwischen 'alter' und 'neuer Garde' unter den Schauspielern zelebriert. De Niro mimt hingegen solide, Brando aber so lustlos, wie man es von ihm in den letzten Jahren gewohnt war. Wenigstens weiß die Inszenierung von Regisseur Frank Oz zu überzeugen, der seine Erzählung in schicke, melancholische Bilder kleidet und damit die Stimmung der Figuren zum Ausdruck bringt. Mit einem besseren Skript wäre ihm wohl auch ein spannenderer Film gelungen. Besser als viele andere auf dem Gebiet ist The Score zwar immer noch, aber nicht so gut, wie man das erhofft hatte.