The Outpost - Überleben ist Alles [2020]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 7. September 2020
Genre: Kriegsfilm / Drama / Action

Originaltitel: The Outpost
Laufzeit: 123 min.
Produktionsland: USA / Bulgarien
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Rod Lurie
Musik: Larry Groupé
Besetzung: Scott Eastwood, Caleb Landry Jones, Orlando Bloom, Jack Kesy, Cory Hardrict, Milo Gibson, Jacob Scipio, Taylor John Smith, Jonathan Yunger, Alexander Arnold, George Arvidson, Will Attenborough, Chris Born


Kurzinhalt:

Bereits als die neuen Soldaten im Herbst 2009 in ihrem in Kamdesh, Afghanistan, gelegenen Außenposten mitten in der Nacht ankommen, ist Sergeant Clint Romesha (Scott Eastwood) klar, dass der Stützpunkt eine Todesfalle ist. Aufgabe der US-Streitkräfte ist es, Kontakt zur ländlichen Bevölkerung herzustellen, sie von einer Mitarbeit zu überzeugen und zu verdeutlichen, von wem die wirkliche Gefahr in diesem Konflikt, auch für die Zivilbevölkerung, ausgeht. Ihnen allen, darunter auch Captain Keating (Orlando Bloom), ist bewusst, dass selbst alltägliche, harmlose Situationen hier tödlich enden können. Auch die Zusammenarbeit mit den Dorfbewohnern birgt Gefahren, als unter ihnen ein Mann entdeckt wird, der für die Taliban spioniert. Manche Soldaten kommen mit den täglichen Schusswechseln, der ständigen Gefahr besser zurecht, als andere. Während die meisten eine eingeschworene Gemeinschaft sind, bleibt Specialist Carter (Caleb Landry Jones) ein Außenseiter. Dann greifen am 3. Oktober 2009 hunderte Kämpfer der Taliban den in einem Talkessel gelegenen Außenposten koordiniert an. Es beginnt ein blutiger Kampf ums Überleben …


Kritik:
Basierend auf dem gleichnamigen Buch von Jake Tapper, erzählt Filmemacher Rod Lurie in The Outpost - Überleben ist Alles einen der blutigsten amerikanischen Kampfeinsätze während des Krieges in Afghanistan nach, der sich am 3. Oktober 2009 zugetragen hat. Das Ergebnis ist ein handwerklich stellenweise immens beeindruckender und erschreckend realistischer Blick auf die „Schlacht von Kamdesh“, wie der Einsatz auch genannt wird. Doch versucht das Kriegsdrama, zu vielen Menschen ein Denkmal zu setzen.

Dies zeichnet sich schon zu Beginn ab, wenn das Publikum mit den neuen Soldaten bei Nacht in dieses in Afghanistan gelegene und von drei hohen Bergen eingekesselte Tal geflogen wird. Die Namen der Soldaten, die zu sehen sind, werden in großen Lettern eingeblendet. Dies behält der Filmemacher auch bei denjenigen Soldaten bei, die bereits in dem Außenposten stationiert sind. 54 sind es an der Zahl. Er benennt auch die einzelnen Einrichtungen des Stützpunkts auf diese Art: Die Kommandozentrale, die Geschützfahrzeuge usw.. Doch vergisst Lurie, dem Publikum einen Überblick über den Posten selbst zu verschaffen. Anstatt eine Person den Perimeter ablaufen zu lassen und dem Publikum auf diese Weise zu zeigen, wie eingegrenzt diese „Welt“ der dort stationierten Soldaten ist, anstatt einen Rundblick zu gewähren, wie eingeschlossen die Station ist, schickt er Soldaten durch das Camp und läuft ständig vor ihnen her, die Kamera auf ihre Gesichter gerichtet. Einen Überblick erhält man so nicht. Erst spät im Film wird gezeigt, wie hoch die Berge um Combat Outpost Keating sind. Bis es soweit ist, haben die ersten Angriffe bereits stattgefunden.

Der tägliche Beschuss aus den Bergen, die auf Grund ihrer Höhenlage ohnehin bereits einen taktischen Vorteil bieten, versetzt unmittelbar an die Seite der Soldaten, die zwischen diesen Scharmützeln so etwas wie einen „Alltag“ erleben. Ein Soldat äußert sich, dass er an diesen Brüderlichkeitsritualen, die in aller Regel Beleidigungen, Obszönitäten bis hin zu rassistisch klingenden Rufnamen umfassen, nicht teilnehmen will. Doch sind es diese Momente, die der Anspannung der täglichen Gefahrenlage so etwas wie einen Ausgleich verschaffen. Der Zusammenhalt innerhalb der Truppe ist wichtig und The Outpost macht keinen Hehl daraus, dass selbst die harmlosesten Situationen wie das Überqueren einer Brücke, über die unmittelbar zuvor Männer gegangen sind, eine tödliche Gefahr darstellt. Vor Ort, um mit den Dörfern Kontakt aufzunehmen und die Beziehungen zu verbessern, um den Ansässigen zu vermitteln, dass die wahre Gefahr von den Kämpfern der Taliban ausgeht, könnte die Aufgabe der kommandierenden Offiziere kaum schwieriger sein. Dass sich das Drama hierfür Zeit nimmt, ist kein Kritikpunkt, im Gegenteil. Doch wird in der ersten Filmhälfte nicht wirklich klar, welche Geschichte Rod Lurie erzählen möchte.

Anstatt eine Person vorzustellen und die Lage im Camp aus ihrer Sicht zu schildern, bekommen alle Figuren in etwa gleich viel Zeit zugeschrieben, mit Ausnahme von Hauptdarsteller Scott Eastwood. Nennenswert viel erfährt man über ihn jedoch ebenfalls nicht. Stattdessen sieht man Ausschnitte, wie die Soldaten mit der Heimat telefonieren, erhält ein Gefühl dafür, dass sie alle Familie haben, alle ein Zuhause und niemand dort wäre, wäre es nicht um den Einsatzbefehl, den sie bekommen haben. Skizziert Sergeant Romesha seinen Kameraden, wie er einen Angriff auf den Außenposten aufbauen würde, wird deutlich, was die Männer in diesem Kessel erwarten wird. Umso mehr, wenn ihr örtlicher Kontakt erneut mit der Warnung den Stützpunkt betritt, dass Hunderte Taliban vorrücken würden.
Das ist zu Beginn der zweiten Filmhälfte und was folgt ist eine der packendsten und erschreckendsten Abschnitte, die seit langer Zeit in einem Kriegsfilm auf der Leinwand zu sehen waren. Mit unvorstellbar langen Einstellungen bleibt Lurie unmittelbar an der Seiten der Soldaten, die sich gegen die vorrückenden Angreifer verteidigen versuchen. Unnachgiebig intensiv umgesetzt, wird die Bedrohung dieser nicht enden wollenden Belagerung nicht nur allein durch die Bilder spürbar. Auch die Klangkulisse versetzt das Publikum in diesen Moment. Die zweite Hälfte bleibt bei The Outpost noch lange in Erinnerung. Manche offensichtliche Trickeffekte schränken zwar ein wenig den Realismus ein, insgesamt ist dies aber schlicht beeindruckend.

Umso unverständlicher sind die künstlerischen Entscheidungen am Ende des Films. Werden die nach dem Einsatz getöteten bzw. dekorierten Soldaten nochmals eingeblendet, zusammen mit Bildern der realen Personen, muss man sich die Frage stellen, ob die Vorstellung zu Beginn tatsächlich notwendig war. Abgesehen davon, dass sich ohnehin kaum jemand im Publikum die Namen wird merken können. Die Interviewausschnitte beim Abspann unterstreichen darüber hinaus die Authentizität des Gezeigten, nur wären diese Eindrücke in einer Featurette oder einem Making-of an sich besser aufgehoben.
Sieht man über diese Punkte hinweg, ist The Outpost ein handwerklich eindrucksvoll gemachtes, packendes Kriegsdrama, das den Beteiligten ein würdiges Denkmal hinterlässt.


Fazit:
Die offensichtlichsten Kritikpunkte an Rod Luries auf wahren Ereignissen basierendem Kriegsdrama, betreffen die grundlegenden Entscheidungen der Filmemacher. Anstatt sich für einen getragenen Soundtrack oder einen explosiven Score zu entscheiden, ist die Musik stellenweise ergreifend, oftmals zurückhaltend und klingt dann wieder, als stamme sie von Vangelis. Es ist ein Mix, der für das Gezeigte nicht immer passend erscheint. Anstatt sich auf einige wenige Figuren zu beschränken und aus ihrer Sicht das Geschehen zu schildern, werden beinahe alle Soldaten oberflächlich gezeigt. Die beeindruckenden Darbietungen von Scott Eastwood und Caleb Landry Jones stehen so zwar immer noch hervor, doch es bleibt das Gefühl, dass sie nicht so gefordert wurden, wie es möglich wäre. Die Besetzung insgesamt ist preiswürdig, ebenso Kamera, Schnitt und Ton, die in der zweiten Hälfte durch die realistische Darstellung der Schrecken des Krieges wie ein Schlag in die Magengrube des Publikums wirken. Dann ist The Outpost - Überleben ist Alles ein mitreißend intensives und ebenso forderndes Kriegsdrama, das keine Zeit zum Durchatmen lässt. Dafür benötigt das Publikum starke Nerven. Bis es soweit ist jedoch auch Geduld mit einer ersten Hälfte, die den Gefallenen und Überlebenden gleichermaßen gedenken will. Doch wirklich kennen lernt man die realen Personen dahinter nicht.