The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt [2022]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. Juli 2022
Genre: Komödie / Action

Originaltitel: The Lost City
Laufzeit: 112 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Aaron Nee, Adam Nee
Musik: Pinar Toprak
Besetzung: Sandra Bullock, Channing Tatum, Daniel Radcliffe, Brad Pitt, Da’Vine Joy Randolph, Patti Harrison, Héctor Aníbal, Thomas Forbes-Johnson, Oscar Nunez, Bowen Yang, Joan Pringle


Kurzinhalt:

Seit dem Tod ihres Mannes hat Autorin Loretta Sage (Sandra Bullock) ihr Haus kaum verlassen. Doch als ihr neuestes Buch, ein weiterer Abenteuer-Liebesroman, veröffentlicht wird, muss sie notgedrungen auf Buchtour gehen. Ebenfalls dabei ist das seit Jahren bei ihren Büchern präsente Cover-Model Alan (Channing Tatum). Nach einer Präsentation wird Loretta von dem exzentrischen Milliardär Abigail Fairfax (Daniel Radcliffe) entführt, der ihre Hilfe bei der Übersetzung eines Artefakts benötigt, um ein uraltes Grab und den darin vermuteten Schatz zu finden. Alan, der die Entführung beobachtet, sieht seine Chance gekommen, endlich der Held zu sein, den Loretta in den Büchern beschreibt, und macht sich auf, die Autorin zu retten. Dabei überschätzt er sich ebenso, wie er Fairfax’ Entschlossenheit unterschätzt, alles zu tun, um das Grab zu finden …


Kritik:
The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt ist eine Abenteuerkomödie, die bei dem oft absehbaren Humor vergisst, ein wirkliches Abenteuer zu erzählen. Dass selbst die vielen platten Momente meistens funktionieren, liegt an der talentierten Besetzung, von der jedoch nur drei wirklich glänzen dürfen. Ihnen zuzusehen, entschädigt für Vieles. Doch sieht man, welchen Vorbildern die Filmemacher Aaron und Adam Nee hier nacheifern, ist das Ergebnis trotz einiger gelungener Momente schlicht enttäuschend.

Bei der inhaltlichen Zusammenfassung einer Liebesromanautorin, die auf der Suche nach einem Schatz in ein Abenteuer verwickelt wird, das ihren eigenen Geschichten entstammen könnte, wird ein nicht gerade kleiner Teil des Publikums Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten [1984] vor Augen haben, in denen Michael Douglas, Kathleen Turner und Danny DeVito ein ebenso amüsantes wie packendes Abenteuer erlebten. In gewisser Weise ist The Lost City ein loses Remake und die Anleihen gehen sogar so weit, dass die Buchtour, auf die sich Sandra Bullocks Filmfigur, die Autorin Loretta Sage, zu Beginn begibt, „Romancing the Page“ genannt wird, ein unverhohlener Verweis auf „Romancing the Stone“, der englische Originaltitel von Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten. Dass die Filmemacher Aaron und Adam Nee jenem Genreklassiker nacheifern, wäre gar nicht schlimm, würde sich das Drehbuch nur mehr Mühe geben, die namhafte Besetzung auch zu beschäftigten.

Loretta Sage, mit ihrem verstorbenen Mann, einem Archäologen, einst begeisterte Weltenbummlerin, hat seit seinem Tod das Haus kaum verlassen. Während ihr Mann auf seinem Gebiet Karriere machte, verdiente sie sich als Autorin von Liebesromanen mit abenteuerlichem Hintergrund. Ein Teil des Erfolgs der inzwischen zwanzig Teile umfassenden Buchreihe um Dr. Angela Lovemore und den Helden Dash McMahon, ist auch auf das Covermodel zurückzuführen, den eher schlichten Alan, gespielt von Channing Tatum, dessen körperliche Erscheinung die weibliche Leserschaft in Entzückung versetzt. Dass Adam insgeheim in Loretta verliebt ist, hat er ihr bislang nicht gestanden, wobei sie felsenfest den Entschluss gefasst hat, dass ihr jüngstes Buch auch das letzte sein wird. Vom ersten Vorstellungstermin des Romans wird Loretta von Abigail Fairfax entführt, einem Milliardärserben, der hofft, dass Loretta ihm helfen kann, die „Krone des Feuers“ zu finden, wie in ihrem Buch beschrieben. Hierfür bringt er Loretta auf eine abgelegene Insel im Atlantik, wo das zu suchende Grab von einem in Kürze ausbrechenden Vulkan bedroht wird. Im Grunde würde The Lost City alle Elemente mitbringen, die eine gute Abenteuergeschichte benötigt, inklusive dem tollpatschigen Adam, der versucht, Loretta zu befreien.

Garniert wird die Ausgangslage mit einem Gastauftritt, der bereits in der Filmvorschau verraten wird. Während Adam in Wirklichkeit das genaue Gegenteil des Helden ist, den Loretta in ihren Büchern beschreibt, engagiert er, um Loretta zu retten, den ehemaligen Navy SEAL bzw. CIA-Agenten Jack Trainer, gespielt von Brad Pitt. Dessen Darbietung ist die womöglich spaßigste im ganzen Film, derart überzogen und mit Augenzwinkern gespielt, dass man in all seinen Momenten ein Grinsen im Gesicht trägt, während gleichzeitig keine Zweifel aufkommen, dass er die Verkörperung von Lorettas Romanhelden darstellt. Ein Großteil der Geschichte konzentriert sich jedoch auf die beiden Hauptfiguren, gespielt von Bullock und Tatum, von denen Loretta in dem einteiligen Pailletten-Jumpsuit, das sie bei der Buchpräsentation trug und in dem sie auch entführt wurde, im Dschungel vollkommen fehl am Platz erscheint. Dass sie durch ihre Klugheit und ihren Weitblick die Richtung vorgibt, während Tatums Adam mit einfältigen Kommentaren und seinem gesamten Auftreten für Auflockerung sorgt, stellt die Geschlechterklischees solcher Geschichten gelungen auf den Kopf. Doch es ist eine Formel, die sich trotz des Screwball-Comedy-Charmes der beiden Personen hinter den Rollen, schnell abnutzt.

Dabei ist eben das Zusammenspiel der beiden der größte Pluspunkt von The Lost City. Ihr komödiantisches Talent kommt spürbar zur Geltung, während Daniel Radcliffe wie immer sichtlich engagiert mit ganzem Einsatz spielt, als wollte er sich für Rolle des Bösewichts eines James Bond-Abenteuers empfehlen. Alle drei machen den Film sehenswert, selbst wenn die Abenteuergeschichte selbst kaum mitreißt und die Figuren ebenso oberflächlich bleiben, wie der Humor zwischen Loretta und Adam absehbar. Nebenfiguren wie Lorettas Assistentin Beth, gespielt von Da’Vine Joy Randolph, kommen kaum zur Geltung und erwecken den Eindruck, als hätte das Drehbuch den Text einer Stand-up-Comedienne mit eingewoben, anstatt eine eigenständige Figur zu etablieren. Das Ergebnis erinnert stark an bessere Filme und ist insgesamt doch nur mäßig witzig. Verstärkt wird der Eindruck noch dadurch, dass viele lockere Sprüche zu hören sind, ohne dass die Gesichter der Figuren gezeigt werden. Ganz so, als wären sie nachträglich eingestreut worden.

Dabei ist Vieles an The Lost City überraschend gelungen. Das Flair der abgelegenen Atlantikinsel überträgt sich greifbar auf das Publikum, die handwerkliche Umsetzung ist vor allem dank des Drehs vor Ort anstatt im Studio sowie der sichtlich aufwändigen Actionsequenzen und der charmanten Besetzung gelungen. Auch eine Überraschung und er ersten Filmhälfte trifft das Publikum unerwartet, doch findet sich dieser Kurs der Erzählung später zu keinem Moment wieder und wenn sich die beiden Hauptfiguren Wortgefechte liefern, während sie im Grunde panisch fliehen sollten, dann beraubt dies das Abenteuer jeglicher Spannung. Leider.


Die Heimvideoveröffentlichung bei Paramount Home Entertainment erscheint unter anderem als 4K Ultra HD-Disc, die nicht nur in voller 4K-Auflösung mit HDR-Unterstützung aufwartet (Dolby Vision und HDR10 werden unterstützt), sondern auch zehn verschiedene Tonspuren und beinahe zwei Dutzend Untertitel-Spuren im Gepäck hat. Dass der deutsche Ton nur in Dolby Digital 5.1 anstatt in verlustfreier Kompression oder gar in Dolby Atmos vorliegt, ist jedoch bedauerlich. Umso erfreulicher, dass die Veröffentlichung mit umfangreichem Bonusmaterial aufwartet. Darunter Featurettes über die Darsteller vor der Kamera, die Herausforderungen am exotischen Drehort, den Aufwand hinter den Actionszenen und sogar über das Pailletten-Jumpsuit. Allerdings sind nicht alle Featurettes auf der DVD-Veröffentlichung enthalten. Einblicke hinter die Kulissen sind ebenso aufschlussreich wie einige der entfallenen Szenen, die den Film und insbesondere einige Nebenfiguren bereichert hätten. Verpatzte Szenen runden die ca. 50 Minuten an Bonus-Material gelungen ab, bei dem man allenfalls einen Audiokommentar vermisst. Fans von The Lost City können sich jedoch kaum eine gelungenere Präsentation für Zuhause wünschen.


Fazit:
Der Genremix aus Actionabenteuer und Liebeskomödie ist bedauerlicherweise selten geworden, dabei bieten diese Geschichten viel Potential für ein breites Publikum. Allerdings müssen die Verantwortlichen ihre Geschichten auch entsprechend ernst nehmen. Spielt das Abenteuer kaum eine Rolle und ist der oftmals Slapstick-artige Humor teilweise so überzogen, dass man nicht weiß, ob dies eine Persiflage auf das Genre sein soll, hat es auch das Publikum schwer, mit den Figuren mitzufiebern. Abgesehen von der gelungenen und sichtbar aufwändigen Inszenierung ist es der Chemie der beiden Stars Sandra Bullock und Channing Tatum zu verdanken, dass The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt weitestgehend unterhält, selbst wenn die Story nie packt oder mitreißt. Brad Pitts Gastauftritt ist ein Highlight und Daniel Radcliffe hätte das Potential für einen gefährlichen Bösewicht, würden die Verantwortlichen ihn denn diesen Weg gehen lassen. So ist das stellenweise durchaus amüsant und nicht wirklich langweilig. Aber weder können die beiden Regisseure den Filmen das Wasser reichen, die sie hier spürbar imitieren, noch scheinen sie an vielen Aspekten tatsächlich interessiert. Da hätte sich nicht nur das Publikum mehr versprochen.

Wertung der 4K Ultra HD-Disc:
5 von 6 Punkten

The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt-Packshot The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt
ist ab 28. Juli als Download zum Kaufen und
ab 11. August auf 4K Ultra HD, Blu-ray, DVD und als Video on Demand
im Verleih von Paramount Home Entertainment erhältlich!
Urheberrecht des Bildes liegt bei
Paramount Home Entertainment.
Verwendet mit freundlicher Genehmigung.