The Fall Guy [2024]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 25. April 2024
Genre: Action / Komödie

Originaltitel: The Fall Guy
Laufzeit: 126 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: David Leitch
Musik: Dominic Lewis
Besetzung: Ryan Gosling, Emily Blunt, Aaron Taylor-Johnson, Winston Duke, Hannah Waddingham, Stephanie Hsu, Teresa Palmer, Lee Majors


Kurzinhalt:

Sechs Jahre lang war Colt Seavers (Ryan Gosling) das Stunt Double für Hollywood-Star Tom Ryder (Aaron Taylor-Johnson), bis Seavers bei einem Unfall schwer verletzt wird. Eineinhalb Jahre später erhält er einen Anruf von Ryders Produzentin Gail Meyer (Hannah Waddingham), die dem inzwischen zurückgezogenen Colt mitteilt, dass seine Ex-Freundin und immer noch Traumfrau Jody Moreno (Emily Blunt) als Regisseurin ihren ersten Film dreht und Colts Hilfe benötigt. So reist Seavers nach Australien um festzustellen, dass Gail selbst seine Hilfe braucht, denn der Star von Jodys Film, Tom Ryder, ist verschwunden. Colt soll daher nicht nur erneut als Stuntman vor der Kamera stehen, sondern auch Ryder ausfindig machen, der sich mit dubiosen Leuten angelegt haben soll. Mit Hilfe des befreundeten Stuntkoordinators Dan Tucker (Winston Duke) macht Colt sich auf die Suche nach Ryder und stolpert in eine Situation, die viel größer und verworrener ist, als er sich ausmalen kann …


Kritik:
So leicht es ist, nachzuvollziehen, weshalb gerade heute, da Hollywood auf der Suche nach neuen Ideen gerne auf bestehende Erfolgskonzepte zurückgreift, die beliebte Action-Unterhaltungsserie Ein Colt für alle Fälle [1981-1986] für die große Leinwand adaptiert wird, so schwer fällt es gleichzeitig zu verstehen, weshalb gerade diese Adaption den Zuschlag bekam. Die Geschichte um einen Stuntman, der nebenher als Kopfgeldjäger arbeitet und dabei auf seine Fähigkeiten und Hilfsmittel vom Filmset zurückgreift, klingt vielversprechend, doch hat The Fall Guy bis auf die Namen der Figuren, dass der Protagonist ebenfalls ein Stuntman ist, einem Gastauftritt und ein paar Anleihen an die Serie überhaupt rein gar nichts inhaltlich mit dieser gemeinsam. Und das ist bei weitem nicht der größte Kritikpunkt.

Dabei beginnt die Geschichte, die sich Bullet Train [2022]-Regisseur David Leitch anschickt zu erzählen, durchaus interessant. Colt Seavers ist ein erfolgreicher Stuntman und Double eines der größten Hollywoodstars, Tom Ryder. Liiert ist Seavers mit Kamerafrau Jody Moreno und könnte glücklicher kaum sein. Bis er bei einem Unfall am Set verletzt wird und sich daraufhin zurückzieht. Die Beziehung zu Jody geht in die Brüche und nach seiner körperlichen Rehabilitation hat Seavers der Traumfabrik den (gebrochenen) Rücken gekehrt. Bis Ryders Produzentin Gail auf ihn zukommt: Bei ihrem Spielfilmregiedebüt möchte Jody auf Colts Erfahrung und Talent zurückgreifen, weshalb Colt nach Australien reist. Dort angekommen, offenbart Gail, dass Ryder, der die Hauptrolle in Gails Film spielt, sich mit zwielichtigen Gestalten eingelassen hat und verschwunden ist. Colt soll ihn suchen und so Gails Film retten, denn ohne Star gibt es keinen Film. Als er sich auf die Suche macht, kommt Colt aber etwas viel Größerem auf die Spur.

Selbst wenn die Ausgangslage vertraut klingt, die Besetzung um Ryan Gosling und Emily Blunt weckt durchaus Erwartungen. Doch kann sich das Drehbuch nicht entscheiden, welche Art Geschichte es denn erzählen will. Bis Colt seine Recherchen überhaupt beginnt und in eine Situation hineinstolpert, die er nicht überblicken kann, ist die erste halbe Stunde bereits vergangen. Darin schildert Seavers aus dem Off anfangs, wie sein ganzes Leben aus der Bahn geriet, ehe die Erzählung eineinhalb Jahre nach vorn springt und der Held der Story in Sydney ankommt, wo er als Stuntman an Jodys Film mitwirkt. Nachdem die beiden sich auf Grund seiner Abkapselung getrennt hatten, ist Jody nicht gut auf ihn zu sprechen, was zu einer Begegnung führt, in der sie ihn vor versammelter Filmmannschaft eine Szene ein ums andere Mal wiederholen lässt und dabei die Motivation der Figuren in ihrem Film erklärt, die ihnen beiden überaus ähnlich sind. Das ist anfangs amüsant, zieht sich aber merklich in die Länge und hat zur Folge, dass die Spannungen zwischen Jody und Colt nach ihrer ersten Begegnung in Australien an sich schon wieder aufgelöst sind. Eine Liebeskomödie, bei der man sich fragt, ob die beiden Hauptfiguren am Ende wirklich zusammenkommen, erzählt The Fall Guy darum nicht.

Gleichzeitig verbringt die Geschichte aber derart viel Zeit an dem Set vom Film im Film und mit den Kabbeleien und romantischen Momenten zwischen Jody und Colt, dass der Krimi keine nennenswerte Rolle spielt. Er dient vielmehr nur als Anker, gelegentlich eine Actionszene einzustreuen, die durch nicht viel dazwischen miteinander verbunden werden. Dass die erste große dieser Sequenzen, eine Autoverfolgungsjagd, mit einem nirgendwo hin führenden und daher unwichtigen Dialog zwischen Gail und Jody bei einer Karaokeveranstaltung abgewechselt, die Stunts und Action völlig zerschnitten werden, ist symptomatisch für die gesamte Erzählung. Die Charaktere in The Fall Guy wiederholen ständig bestimmte Aussagen, während die Geschichte an sich auf der Stelle tritt. Das ist nur anfangs amüsant, weshalb man die ersten 20 Minuten mehr schmunzelt, als Dialoge und Story rechtfertigen, verliert aber nicht nur schnell seinen Reiz, sondern lässt das Gezeigte zudem langatmig und wenig packend geraten.

Einfälle wie der Running Gag um Colt, der einen Kaffee trinken möchte, aber immer wieder auf Widerstände stößt, werden einfach aus den Augen verloren. Colts schwerwiegende Verletzung vom Anfang ist für den restlichen Verlauf der Geschichte völlig unerheblich und seine Angst, den ersten Stunt an Jodys Filmset durchzuführen, sofort überwunden. Die zahlreichen Drehaufnahmen von Jodys Science Fiction-Film erfüllen für die eigentliche Story keinen Zweck, sondern sind am Ende bloße Ablenkung, ein Trash-Gag-Feuerwerk, das über die dürftige Geschichte hinwegtäuschen soll. Die hätte man auch damit beginnen lassen können, dass sich das einstige Traum- und getrennte Paar beim Dreh einfach wieder sieht, ohne Colts Unfall zuvor. Es hätte den Film nur kürzer gemacht, aber nichts Wichtiges, keine Charakterentwicklung verschwiegen.

Dass Filmemacher David Leitch mit seinem eigenen Hintergrund als Stuntman diese Zunft und die meist namenlosen Beteiligten, die schier Unmögliches für spektakuläre Momente auf der Leinwand vollbringen, ins Zentrum rückt, ist lobenswert und auch dank der Montage am Anfang gelungen. Doch das tröstet kaum darüber hinweg, wie wenig an The Fall Guy letztlich funktioniert. Weder der Film-im-Film-Aspekt, noch die Story selbst, die nie zündet oder überhaupt Fahrt aufnimmt. Wenn die Geschichte aber emotional nicht mitreißt oder irgendetwas geschieht, das einen mitnimmt, ist man auch als Teil des Publikums nicht investiert. So amüsant der Auftakt, so wenig stimmig und packend ist die restliche Erzählung mit einer Inszenierung, die manchmal einfallsreiche Momente besitzt, aber wie der Film an sich ein handfestes Konzept vermissen lässt. Dass man die digitalen Tricks bei den meisten Stuntszenen zudem offensichtlich erkennen kann, schmälert an sich, was der Regisseur erreichen will.


Fazit:
Dass die beiden zentralen Figuren am Ende genau gleich zueinander stehen, wie zu Beginn, unterstreicht nur, dass die Geschichte gar nicht interessiert daran ist, die Charaktere zu entwickeln. Nur sind sie es, denen man auf ihrem Abenteuer folgen will – oder eben nicht. Es wäre ein Leichtes gewesen, Spannung zu erzeugen, dadurch, dass Colt Jody nicht sagen darf, dass er den Star ihres Films sucht und die Produzentin das Budget derart überzogen hat, dass Jodys Debüt auch ihr letzter Film sein könnte. Doch auch daraus weiß das Drehbuch nichts zu machen. The Fall Guy bringt viele Ideen mit, aus unterschiedlichen Genres, doch ist der spürbar seicht angelegte Unterhaltungsfilm an keiner einzigen davon selbst interessiert. Das Ergebnis ist weder ein mitreißender Actionfilm, noch eine herzliche Lovestory, da das Paar von Beginn an zusammen ist. Als Komödie absehbar, langgezogen und nur zeitweise lustig, entschädigt die ansteckend charmante Besetzung um Ryan Gosling und Emily Blunt für Einiges. Doch auch ihnen merkt man an, dass sie nicht recht wissen, wie sie ihre gemeinsamen Szenen, die stets auf der Stelle treten, füllen sollen. Ohne die Lizenz der bekannten wie beliebten TV-Serie würde das genauso oder eben genauso wenig funktionieren, doch sollen so Fans von einst angesprochen werden. Gerade die werden hier, von der Szene am Ende des Abspanns abgesehen, aber überhaupt rein gar nichts Sehenswertes entdecken. Schade.