The Best Offer - Das höchste Gebot [2013]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 11. Januar 2014
Genre: Unterhaltung / ThrillerOriginaltitel: La migliore offerta
Laufzeit: 131 min.
Produktionsland: Italien
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren
Regie: Giuseppe Tornatore
Musik: Ennio Morricone
Darsteller: Geoffrey Rush, Sylvia Hoeks, Jim Sturgess, Donald Sutherland, Philip Jackson, Dermot Crowley, Kiruna Stamell, Liya Kebede
Kurzinhalt:
Virgil Oldman (Geoffrey Rush) ist ein überaus erfolgreicher Auktionator, der zusammen mit seinem Vertrauten Billy (Donald Sutherland) seit Langem bedeutende Kunstwerke unter Wert anpreist, um sie dann verdeckt selbst zu ersteigern. Für seine Restaurationen benötigt er mitunter die Hilfe des Bastlers Robert (Jim Sturgess), den er auch nun aufsuchen muss, nachdem er im Haus seiner neuen Klientin Claire Ibbetson (Sylvia Hoeks) Teile einer mehrere Hundert Jahre alten Maschine entdeckt hat. Es könnte sich dabei um einen bekannten, verschollenen Automaten von unschätzbarem Wert handeln.
Doch Claire selbst ist für den einsiedlerischen Virgil ebenfalls ein Mysterium. Die junge Frau leidet unter Agoraphobie und hat seit mehr als zehn Jahren ihr Elternhaus nicht verlassen. Sie ist so zurückgezogen, dass sie nicht einmal von Angesicht zu Angesicht mit ihm verhandelt, sondern entweder über das Telefon, oder durch eine Wand hindurch. Im Laufe der Katalogisierung des zu versteigernden Inventars entdeckt Virgil allerdings seine Zuneigung zu Claire ...
Kritik:
Von den Kostümen, den Darstellern, bis hin zu den Kunstwerken selbst, die in The Best Offer - Das höchste Gebot gezeigt werden, versprüht Giuseppe Tornatore eine getragene, edle Atmosphäre. Über weite Strecken gelingt es ihm auch, selbige aufrechtzuerhalten. Doch so interessant die Ausgangslage ist und so gelungen, wenn auch nicht wirklich überraschend, das Ende, der Film entwickelt nie das Tempo, das seine Dialoge antreibt. Das liegt bedauerlicherweise zum großen Teil an der im Grunde genommen sehr künstlerischen, beinahe schon schwebend losgelösten Musik von Ennio Morricone.
Wer sich diese anhört und seine Augen schließt, wird in den hohen Streichern mit ihren schnellen Klängen womöglich Bilder von Frühlingsszenarien vor sich sehen. Der Score schwankt zwischen verschiedenen Tonlagen, ähnlich den Stimmungen der beiden Protagonisten, und grenzt sich damit bewusst und sehr gelungen von Morricones anderen Werken ab. Doch so passend dies als eigenständige Symphonie sein mag, es zwängt den Erzählfluss der Geschichte in ein Gewand, das hierzu schlicht nicht passt. Umso tragischer, dass der Score viele von den Schlüsselszenen mehr stört, als sie unterstützt.
Dabei klingt die Geschichte recht mysteriös und es ist schwer, sich in der ersten Stunde vorzustellen, worauf all das hinauslaufen soll. Virgil Oldman ist ein Auktionator, der schon früh erkannt hat, dass er als erster Zugang zu wertvollen Kunstschätzen bekommt. So hat er sich ein kleines Imperium aufgebaut, indem er eigentlich kostbare Antiquitäten weniger wertvoll anpreist und sie dann von seinem Vertrauten Billy für einen Bruchteil des eigentlichen Werts ersteigern lässt.
Geoffrey Rush mimt den exzentrischen, einsiedlerischen Virgil temperamentvoll und scheu zugleich. Er sammelt insbesondere Bilder von Frauen, die er in einem geheimen Raum ausgestellt hat, zu dem nur er selbst Zugang besitzt. Doch in der wahren Welt kann er keiner Frau wirklich in die Augen sehen. Er ist allein, wie er es immer war. Als ihn die Erbin Claire Ibbetson per Telefon kontaktiert, wittert er im ersten Moment ein lukratives Geschäft – doch die Tatsache, dass sie sich auf Grund ihrer Agoraphobie in dem großen Anwesen zurückgezogen hat, weckt auch sein persönliches Interesse. Seit vielen Jahren hat sie niemand zu Gesicht bekommen, sie versteckt sich in geheimen Zimmern des Hauses und verhandelt mit ihm entweder durch die Wand, oder am Telefon.
Dass sich The Best Offer - Das höchste Gebot so lange Zeit lässt, die unbekannte Claire zu zeigen, macht sie nur noch interessanter. Und als wäre das nicht genug, entdeckt Virgil bei der Katalogisierung des Anwesens immer wieder Teile einer mechanischen Figur, die er dem Bastler Robert zum Zusammensetzen übergibt. Dahinter könnte sich ein längst vergessener und unschätzbarer Apparat verbergen, von dessen Existenz Claire nicht einmal gewusst hat.
Es dauert Monate, ehe es Virgil gelingt, Claires Vertrauen insoweit zu gewinnen, dass sie sich ihm freiwillig zeigt. Und je mehr er sich um sich kümmert, ihr die Angst vor der Welt nehmen möchte, umso mehr öffnet er sich selbst. Berührte er jahrzehntelang seine Umwelt nur mit Handschuhen und färbte sich die Haare, verzichtet er darauf und sucht mehr soziale Kontakte, als je zuvor. Und wenn sich Claire nach einem Streit wieder zurückzieht, bricht für ihn eine Welt zusammen.
Dass hinter Tornatores Erzählung mehr stecken muss, die Geschichte einen Haken schlagen wird, ist ein Gefühl, das im letzten Drittel immer stärker zunimmt. Umso verwunderlicher ist es, als sich alles ganz anders zu entwickeln scheint. Wovon die Optik bis dahin lebt ist einerseits das extravagant und malerisch eingerichtete, alte Anwesen der Ibbetsons, andererseits der wiederholte Blick auf die vielfältigen Kunstschätze, mit denen sich Virgil umgibt. Die blasse Claire umgibt eine mystische und unnahbare Aura, die auch dann nicht verschwindet, wenn sie sich Virgil zu öffnen beginnt.
Worauf der Film hinausläuft, sei an der Stelle nicht verraten. Auch wenn sich der Filmemacher mit der Schnittfolge der Schlusssequenz Mühe gibt, seiner toll ausgestatteten Erzählung einen anspruchsvollen Touch zu geben, dies ist ihm bereits im Vorfeld oft genug gelungen. Die Dialoge zwischen Virgil und Claire springen häufig zwischen Freundlichkeit und Kränkung hin und her, so dass sie mitunter an die Dynamik eines Theaterspiels erinnern, Schein und Sein inbegriffen. Doch diesen Tempiwechseln passt sich die Umsetzung selbst wenig und die musikalische Untermalung überhaupt nicht an.
Fazit:
Bis Claires Schicksal Virgil berührt, dauert sehr lange und seine Veränderung, von der Kleidung bis zu seinen Verhaltensweisen, ist schleichend. Ihre sind im Vergleich hierzu deutlich schneller. Geoffrey Rush mimt den verschlossenen Auktionator mit einer Überzeugung, dass auch seine Stimmungsschwankungen packen, während Sylvia Hoeks eine zutiefst verängstigte und zurückgezogene Claire zum Leben erweckt, bei der man immer ein Geheimnis vermutet. Ihrer beider Spiel trägt den Film, dessen Ausstattung ebenso ins Auge fällt, wie die unzähligen Kunstwerke.
Aber auch wenn sich der Film um diese Gemälde dreht und mit psychologischen Eigenheiten den Protagonisten zu Leibe gerückt wird, die Kunst der Ablenkung aufgezeigt wird, der künstlerische Anspruch, den insbesondere die Musik von Ennio Morricone unterstellt, sucht man bei The Best Offer - Das höchste Gebot vergebens. Der Film mag ein Sinnbild für die Einsamkeit inmitten der Schönheit sein, zeigen, wie manipulierbar man ist, wenn man alle Menschen um sich herum auf Distanz hält. Aber so vielfältig die Metaphern, sie sind allesamt bekannt. Es ist schließlich der Erzählfluss, der oft gegensätzlich zum Temperament der Dialoge läuft. Das mag zwar eine künstlerisch bewusste Entscheidung sein, es macht manche Passagen allerdings unnötig hölzern. Die kunstvoll in die Länge gezogene, durchaus überraschende Auflösung, bringt das nochmals auf den Punkt.