Stirb langsam - Ein guter Tag zum Sterben [2013]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 22. Februar 2013
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: A Good Day to Die Hard
Laufzeit: 97 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: John Moore
Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Bruce Willis, Jai Courtney, Sebastian Koch, Yuliya Snigir, Radivoje Bukvic, Cole Hauser, Mary Elizabeth Winstead, Amaury Nolasco, Sergei Kolesnikov, Roman Luknár, Zolee Ganxsta, Pasha D. Lychnikoff, Megalyn Echikunwoke


Kurzinhalt:
John McClane (Bruce Willis) ist immer noch nicht fertig, als Polizist die Straßen aufzuräumen. Da erreicht ihn die Nachricht, dass sein Sohn Jack (Jai Courtney) in Moskau der Prozess wegen versuchten Mordes gemacht wird. Auch wenn er mit ihm lange nicht gesprochen hat, reist John nach Russland, um seinen Sohn zu unterstützen.
Doch kaum hat der Prozess angefangen, explodieren vor dem Gericht geparkte Wagen und stürmen maskierte, schwer bewaffnete Männer den Gerichtssaal. Ziel des Anschlages ist Yuri Komarov (Sebastian Koch), der ebenfalls vor Gericht steht. Jack gelingt mit Komarov die Flucht, doch Alik (Radivoje Bukvic) und seine Männer, die im Auftrag des Politikers Chagarin (Sergei Kolesnikov) unterwegs sind, bleiben ihnen dicht auf den Fersen. Wie John feststellen muss, ist sein Sohn ein Undercover-CIA-Agent, der Komarov aus dem Land schaffen soll. Doch dieser will nicht ohne seine Tochter Irina (Yuliya Snigir) abreisen. Bedingung für die Rettung ist, dass Komarov der CIA eine Akte übergibt, die Chagarins Verwicklungen in eine der größten, von Menschen verursachten Katastrophen beweist. Doch Chagarin ist gewillt, halb Moskau in Schutt und Asche legen zu lassen, um genau das zu verhindern ...


Kritik:
Stirb langsam - Ein guter Tag zum Sterben macht wieder einmal deutlich, dass wir in einer Zeit angekommen sind, in der im Computer erstellte Spezialeffekte beinahe alles darstellen können, was sich die Filmemacher vorstellen. Das verleitet diese aber dazu, gar nicht mehr darüber nachzudenken, ob was sie sich vorstellen überhaupt möglich ist. Dieser Umstand gipfelt hier in einer Sequenz, in der ein mit waffenfähigem Uran angereicherter Lastwagen vorwärts aus der Verladeklappe eines Helikopters fährt, während er immer noch an diesen angekettet ist. Dabei strampelt ein Mann an der vorderen Stoßstange des LKW hängend, während der Helikopter ins Schlingern gerät. Dass diese Szene in Tschernobyl stattfindet, ist beinahe nebensächlich. Wie all diese Personen überhaupt den Aufenthalt in einem Gebiet unbeschadet überleben, das eine der schlimmsten, von Menschenhand geschaffenen Katastrophen ertragen musste, erklärt das Drehbuch damit, dass sie die radioaktive Strahlung mit einem mitgebrachten Gerät neutralisiert haben. Dass es so etwas inzwischen zu kaufen gibt, sollte man der japanischen Regierung wohl noch mitteilen.

Was Regisseur John Moore als einen neuen Film im Stirb langsam-Universum präsentiert, hat in Wirklichkeit nichts mehr mit der Hauptfigur John McClane gemein, die man kennengelernt hat und mit der man vier Filme über mitfieberte. Vorbei sind die Zeiten, in denen er sich vor dem Kugelhagel versteckte und unterlegen, barfuß über Glasscherben vor Terroristen flüchtete, lange ist es her, dass McClane innerlich zerrissen war, angesichts des Verlusts menschlichen Lebens, durch einen absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturz direkt vor seinen Augen. Inzwischen bleibt John McClane aufrecht stehen, wenn bewaffnete Schurken auf ihn zustürmen und feuert aus allen Rohren, als wäre er die Karikatur eines naiven Actionhelden der 1980er Jahre und nicht eben der menschliche Held, der wider Willen die Aufgabe übernimmt, die vor ihm liegt – kurzum, er ist genau das Gegenteil von dem, was er vor 25 Jahren war.

Die Geschichte ist dabei ebenso dünn wie unwichtig und führt ihn zu seinem Sohn nach Russland, wo John Jr., mit dem Rufnamen Jack, vor Gericht steht für ein vermeintliches Attentat. Doch zur Verhandlung kommt es nicht, denn das Gericht wird angegriffen, Jack entkommt mit dem Hauptangeklagten Yuri Komarov und wird fortan von maskierten Terroristen quer durch die Stadt verfolgt. Zuerst im Schlepptau, wenig später als Hauptakteur dabei ist Vater John, der von seinem Sohn auch nicht mit "Dad" angesprochen wird, weil ihm dieser vorwirft, nie für ihn dagewesen zu sein. Worauf diese Nebenhandlung hinauslaufen wird, wird vermutlich niemanden überraschen. Bis es soweit ist, müssen Vater und Sohn Komarov vor den Bösewichten beschützen, die vom Politiker Chagarin geschickt wurden, dessen Karriere durch Komarovs Wissen ein jähes Ende finden könnte.

Die Zerstörungsorgie beginnt mitten in Moskaus Straßenverkehr, wobei es festzuhalten gilt, dass selten in einem Film so viele Autos zerstört wurden und so viele Autoscheiben zerbarsten. So viele in der Tat, dass man das Gefühl bekommt, als würde der Regisseur selbst daran die Lust verlieren. Nächste Stationen sind Shootouts in Gebäuden, ehe es für das Finale nach Tschernobyl geht. In welchem Tempo die Helden die beinahe 900 Kilometer von Moskau dorthin hinter sich bringen, ist ein ebenso unwichtiges Detail, wie ihnen die Schurken zuvor unablässig folgen konnten – vermutlich denken die wenigsten Zuschauer in dem Moment daran, dass Tschernobyl nicht in Russland liegt.
Eine Sensibilität für das Schicksal der Menschen, die von der Katastrophe in jenem havarierten Atomkraftwerk getroffen wurden, entwickelt Stirb langsam - Ein guter Tag zum Sterben ebenso wenig, wie er einen Respekt für das menschliche Leben generell beweist. Das wird angesichts der Tatsache deutlich, dass die Horden an Gegnern, die im Kugelhagel buchstäblich niedergemäht werden, in aller Regel maskiert sind, um sie anonym (und so weniger menschlich) zu halten. Der Höhepunkt ist schließlich, dass, wie inzwischen in vielen Produktionen üblich, jemand mitansehen muss, wie ein eigenes Familienmitglied auf brutale Weise den Tod findet. Ob Bösewicht oder nicht, ein solch zynischer, in Zeitlupe gezeigter Abgang richtet sich an diejenigen Zuschauer, die sich an zelebrierter Brutalität (vornehmlich in so genannten Folter-Pornos zu finden) belustigen und ist hier einzig darauf aus, ein Grölen vom Publikum zu provozieren. Auf ein solches Niveau ist bislang kein Stirb langsam-Film abgerutscht und es ist ein Moment, den man Ein guter Tag zum Sterben auch nicht verzeihen sollte.

Dass der Film bis dahin rasant, hohl und laut ist, mag ihn für viele als perfekten Unterhaltungsfilm qualifizieren, doch gibt es genügend, die den Verstand des Publikums weniger beleidigen oder das Erbe in Verruf bringen, das sie eigentlich bewahren sollten.


Fazit:
Wenn sich die Actionstars von früher mit aktuellen Projekten auf der Leinwand zurückmelden, werden sie mindestens alle dreißig Minuten auf ihr Alter hingewiesen. Auch John McClane bekommt gesagt, dass er für einen alten Mann eine gute Trefferquote vorweisen kann. Fällt er Stockwerke tief durch Glas, Holzplatten oder Metallgerüste, ohne einen blauen Fleck davonzutragen, fragt man sich zu Recht, aus welchem Holz die Helden von einst wohl geschnitzt waren.
Statt charakterlicher Tiefe gibt es Pappfiguren zu sehen, deren Entwicklung ebenso absehbar ist, wie oberflächlich. Statt Personen aus Fleisch und Blut Karikaturen, die sich wie Gummibälle bewegen und ebenso strapazierfähig sind. Manche Sprüche zünden und der Aufwand ist zu sehen, aber Stirb langsam - Ein guter Tag zum Sterben beweist eingefleischten McClane-Fans leider, dass die Figur, die man so lange gekannt hat, wohl schon lange tot ist.