Star Trek: Raumschiff Voyager: „Der Fürsorger“ [1995]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 14. Juni 2018
Genre: Science FictionOriginaltitel: Star Trek: Voyager: „Caretaker“
Laufzeit: 90 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1995
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Winrich Kolbe
Musik: Jay Chattaway, Jerry Goldsmith (Titelmelodie)
Darsteller: Kate Mulgrew, Robert Beltran, Roxann Dawson, Jennifer Lien, Robert Duncan McNeill, Ethan Phillips, Robert Picardo, Tim Russ, Garrett Wang, Basil Langton, Gavan O'Herlihy, Scott Jaeck
Kurzinhalt:
Als Captain Kathryn Janeway (Kate Mulgrew) der U.S.S. Voyager zu ihrer neuen Mission aufbricht, um den Verbleib ihres Sicherheitschefs Tuvok (Tim Russ), der verdeckt an Bord eines Maquis-Schiffes ermittelt hatte, aufzuklären, ahnt sie nicht, dass sie und ihre Crew selbst bald gerettet werden müssen. In den Badlands wird die Voyager von einer Trägerwelle erfasst und ans andere Ende des Delta-Quadranten transportiert. Die Heimreise würde über 70 Jahre dauern. Ihre einzige Hoffnung ist das mächtige Wesen, genannt „der Fürsorger“ (Basil Langton), der sie auch hierher gebracht hat. Zusammen mit dem erfahrenen Piloten Tom Paris (Robert Duncan McNeill) und Fährich Harry Kim (Garrett Wang) macht sich Janeway daran, den Fürsorger genauer zu untersuchen. Sie entdecken, dass auch die Maquis-Crew unter Chakotay (Robert Beltran), darunter Tuvok und die Ingenieurin B‘Elanna Torres (Roxann Dawson) vom Fürsorger dorthin gebracht wurde. Nur wenn sie alle – das medizinisch holographische Notfallprogramm (Robert Picardo) eingeschlossen – zusammenarbeiten, könnte es mit Hilfe der Fremden Neelix (Ethan Phillips) und Kes (Jennifer Lien) gelingen, die Crews nach Hause zu bringen. Doch der Fürsorger scheint nicht gewillt, dies zu tun und liegt überdies im Sterben …
Kritik:
Mit Star Trek: Raumschiff Voyager kehrt das erfolgreiche, langlebige Science Fiction-Franchise nach lauter Kritik am Konzept der Vorgängerserie Star Trek: Deep Space Nine [1993-1999] zu seinen Wurzeln zurück und präsentiert statt einer fest installierten Raumstation ein Raumschiff als zentralen Ankerpunkt, dessen Crew unbekannte Welten entdeckt und neue Abenteuer erlebt. Im Pilotfilm Der Fürsorger zeichnet sich dabei bereits ab, dass auch diese Serie in manchen Belangen neue Wege gehen wird. Der Einstand legt hierfür ein durchaus solides Fundament, fällt dabei aber auch in bekannte Muster der Reihe zurück.
Die erste willkommene Neuerung zeichnet sich bereits früh ab, wenn klar ist, dass hier kein männlicher Captain die Verantwortung tragen wird. Kathryn Janeway wird dabei von ihrem ersten Auftreten sowohl als private Person mit Partner und Haustier in ihrem Zuhause, aber auch als befehlshabende Offizierin vorgestellt. Insofern gelingt den Autoren ein Einstand, der die Facetten der Figur genauer andeutet, als es vor allem bei Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert [1987-1994] gewesen war. Janeway hat das Kommando über die U.S.S. Voyager, NCC-74656, deren Mission es ist, ein in den Badlands verschollenes Schiff einer Widerstandsgruppe des Maquis aufzuspüren, an dessen Bord Janeways Sicherheitschef verdeckt ermittelte. Dabei wird die Voyager, wie auch das Maquis-Schiff zuvor, über 70.000 Lichtjahre auf die andere Seite der Galaxie katapultiert. In einem unbekannten Teil des Universums, ohne Hoffnung auf Unterstützung, macht sich die Crew auf den mit konventionellen Mitteln 75 Jahre dauernden Weg nach Hause. Soweit die Ausgangslage der gesamten Serie.
In Der Fürsorger erwacht die Crew in dieser fremden Umgebung und sieht sich einer riesigen Station gegenüber, die von einem mächtigen Wesen kontrolliert wird. Diese hat sie hergebracht, nur zu welchem Zweck? Und kann „der Fürsorger“ sie auch wieder zurückschicken? Es sind Fragen, auf die es im Pilotfilm in Spielfilmlänge erst sehr spät Antworten gibt. Die längste Zeit beschäftigt sich das Drehbuch damit, die Crew und ihre Besonderheiten vorzustellen. Beleuchtet werden dabei unter anderem der Pilot Tom Paris, der einst unehrenhaft aus der Sternenflotte entlassen worden war, und Fähnrich Harry Kim. Auf der Krankenstation verrichtet ein grummeliges Hologramm seinen Dienst, nachdem der Schiffsarzt ums Leben kommt und mit Sicherheitschef Tuvok ist erneut ein Vulkanier an Bord. Die Crew des Maquis-Schiffes besteht aus Kommandant Chakotay und der Halb-Klingonin B‘Elanna Torres, die ebenso wie Kim vom Fürsorger entführt wird. Mit Neelix und Kes stellt das Skript überdies zwei neue außerirdische Spezies vor, die diesen Teil des Weltraums repräsentieren und gleichzeitig einen Einblick in die politischen Zusammenhänge jener Sternensysteme andeuten. Am Ende werden sie alle, die neuen Verbündeten ebenso wie die Crews der Voyager und des darin integrierten Maquis-Schiffes, zusammenarbeiten müssen, um nach Hause zu kommen. Dass diese Konstellation für möglichen Zündstoff sorgt, versteht sich von selbst.
Die Crew ist also bunt gemischt und bietet viel Potential. Potential, das die Macher bereits andeuten, ohne es vollkommen auszuloten. Es ist beinahe, als wollte man es besser machen als bei den Vorgängerserien, die die Figuren im Verlauf geschliffen haben. Aber dadurch erweckt Der Fürsorger den Eindruck, als würde die eigentliche Story im Mittelteil aus dem Blick verloren. Die Erklärungen sind schließlich nicht so komplex oder überraschend, wie lange Zeit angedeutet wird und die Tatsache, dass sich die Autoren oft auf (erfundene) technische Ausdrücke verlassen – Techno-Babble –, täuscht nur mäßig darüber hinweg, dass die Geschichte tatsächlich in nur einer Episode, statt einer Doppelfolge hätte erzählt werden können.
Bedauerlich ist außerdem, dass die Voyager zwar Deep Space Nine als Startpunkt für ihre Mission zugeschrieben bekommt, aber nur ein Mitglied der Stammbesetzung jener Serie zu sehen ist. Eine feierliche Fackelübergabe wie von Picard zu Sisko der vorangegangenen Serien, findet nicht statt, was vermutlich daran liegt, dass sich die Laufzeiten von Raumschiff Voyager und Deep Space Nine bedeutend länger überschnitten, beide Serien somit um die Gunst des Publikums buhlten.
Handwerklich gibt es am Pilotfilm der vierten Realserie im Star Trek-Universum nichts zu bemängeln. Der deutlich weniger weichgezeichnete Look im Vergleich zu Deep Space Nine sorgt allerdings dafür, dass die Trickeffekte offensichtlicher erscheinen. Regisseur Winrich Kolbe setzt die Geschichte tadellos um und versieht Der Fürsorger trotz der an sich bedrückenden Situation am Ende mit einer inspirierenden Ansprache, die den Kern der Reihe gelungen zur Geltung bringt.
Fazit:
Es ist durchaus erstaunlich, wie es den Produzenten gelingt, in einem Franchise, dass seit beinahe 30 Jahren existiert und das seit nunmehr acht Jahren ununterbrochen fast wöchentlich mit neuen TV-Episoden unterhalten hat, neue Aspekte zu finden. Dass Star Trek: Raumschiff Voyager mehr in die Fußstapfen von Captain Picard und seiner Crew treten möchte, wird bereit am Setting und auch dem Vorspann mit dem hymnenhaften, tollen Thema von Altmeister Jerry Goldsmith deutlich. Insbesondere der Mittelteil des Pilotfilms Der Fürsorger erscheint länger als notwendig, da mehr die Vorstellung der diversifizierten Crew und der unterschiedlichen Figuren denn die eigentliche Story im Fokus steht. Statt gänzlich unbekannte Wege zu gehen, findet die Geschichte wieder Mittel und Wege, vertraute Umgebungen (man denke an die vom Fürsorger vorgetäuschte Farm) zu schaffen, was insofern schade ist, da hier mehr Potential schlummert. Raumschiff Voyager legt viele viel versprechende Grundlagen, wird seinen Weg und Stil aber erst noch finden müssen. Als Serienauftakt ist das Star Trek im besten Sinne und als solches sofort wieder zu erkennen – aber auch mit den Eigenheiten jener Saga, die es nicht leicht machen, ein neues Publikum anzusprechen.