Star Trek: Der erste Kontakt [1996]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 31. Mai 2018
Genre: Science Fiction / Action / ThrillerOriginaltitel: Star Trek: First Contact
Laufzeit: 111 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1996
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Jonathan Frakes
Musik: Jerry Goldsmith
Darsteller: Patrick Stewart, Jonathan Frakes, Brent Spiner, LeVar Burton, Michael Dorn, Gates McFadden, Marina Sirtis, Alfre Woodard, James Cromwell, Alice Krige, Neal McDonough, Marnie McPhail
Kurzinhalt:
Noch bevor ihm das Sternenflottenkommando die schreckliche Neuigkeit mitteilt, ahnt Captain Picard (Patrick Stewart) bereits, was geschehen ist: Die Borg sind zurück. Als mit Hilfe der U.S.S. Enterprise der Angriff auf die Erde in letzter Minute vereitelt werden kann, setzt sich eine kleine Kapsel vom Borg-Würfel ab und reist in die Vergangenheit, um die Menschheit in ihrer verletzlichsten Phase zu assimilieren. Picard und die Crew folgen dem Schiff und finden sich in der Mitte des 21. Jahrhunderts wieder, am Vorabend des ersten Warpfluges von Zefram Cochran (James Cromwell), einem der wichtigsten Ereignisse der Menschheit. Während Commander Riker (Jonathan Frakes), Troi (Marina Sirtis) und Geordi (LeVar Burton) auf der Erde alles daransetzen, dass der Flug stattfindet, sehen sich Picard, Data (Brent Spiner), Worf (Michael Dorn) und Doctor Beverly Crusher (Gates McFadden) an Bord den Borg gegenüber, die sich auf die Enterprise gerettet haben und beginnen, das Schiff zu assimilieren. Mit Cochrans Assistentin Lily (Alfre Woodard) gibt es überdies einen blinden Passagier an Bord und Picard sieht sich nicht nur den Borg als solches gegenüber, sondern auch der Borg-Königin (Alice Krige), die Data kidnappt, um durch ihn die Kontrolle über das Schiff zu erlangen und den Start von Cochrans Schiff doch noch zu verhindern. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit …
Kritik:
In ihrem ersten vollkommen eigenständigen Abenteuer sieht sich die zweite Crew des Star Trek-Universums, die die große Leinwand betritt, dem wohl gefährlichsten Feind gegenüber, der Kennern der Serie vertraut ist: Die Borg. Das Spielfilmregiedebüt von Jonathan Frakes ist dabei nicht nur einer der besten Filme der Reihe, sondern schlicht ein hervorragendes Science Fiction-Abenteuer. Blickt man auf den inzwischen mehr als 20 Jahre alten Film zurück, überrascht außerdem, wie zeitlos Star Trek: Der erste Kontakt geworden ist.
Dass ein Publikum, das nicht mit Star Trek und insbesondere der Serie Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert [1987-1994] vertraut ist, hier an vielen Stellen das Nachsehen haben wird, liegt in der Natur der Sache. Doch das bedeutet nicht, dass man nicht dennoch eine tolle Zeit mit der actionreichen Zeitreise haben kann. Dankenswerterweise greifen die Autoren die wichtigsten Punkte auf, so dass sich auch Neueinsteiger genügend zurechtfinden werden, während Kenner der Serie viele bekannte Details und Anspielungen entdecken können.
Die Ausgangslage ist dabei recht einfach: Die Borg, eine Rasse kybernetischer Wesen, halb organisch-halb Roboter, greifen die Erde an, auf ihrem unaufhaltsamen Eroberungszug, sich alle Kulturen und Besonderheiten anderer Spezies einzuverleiben. Captain Picard war einst ihr Gefangener und wurde von ihnen als Waffe missbraucht, ehe seine Crew ihn befreien konnte. Als dank seiner Hilfe das würfelförmige Schiff beinahe zerstört ist, starten die Borg die Flucht in die Vergangenheit durch einen Zeitwirbel. In der Mitte des 21. Jahrhunderts wollen sie die Erde assimilieren und damit den Lauf der Geschichte verändern – die ihnen in die Vergangenheit nachgereiste Crew der U.S.S. Enterprise ist somit die einzige Hoffnung für die Zukunft.
Das klingt, wenn man es liest, komplizierter, als Star Trek: Der erste Kontakt die Geschichte tatsächlich erzählt. Was die Story dabei so interessant macht, ist einerseits die Epoche, in welcher sich die Crew wiederfindet und dass die Borg sich an Bord der Enterprise eingenistet haben und beginnen, das Schiff für ihre Zwecke umzuwandeln. Die Zeit, die hier vorgestellt wird, ist in früheren Episoden der langlebigen Reihe immer wieder angesprochen, aber nie näher beleuchtet worden. Es ist ein finsterer Abschnitt in der Menschheitsgeschichte zwischen dem Dritten Weltkrieg und dem Aufbruch der Menschheit zu den Sternen. Insofern erzählt Regisseur Frakes eine Geschichte über die Hoffnung und den Mut einzelner, die die Menschheit insgesamt voranbringen. Das ist Star Trek im besten Sinne. Gleichzeitig muss sich die Crew, von der sich ein Teil auf der Erde und der andere gefangen auf dem Schiff befindet, gleich mehreren Herausforderungen stellen. Denn nur, wenn es der Bodencrew gelingt, den ersten Raumflug des Pioniers Zefram Cochran trotz einer versuchten Sabotage durch die Borg starten zu lassen, kann die Zukunft gerettet werden. Gleichzeitig wird die an Bord der Enterprise verbliebene Crew von den Borg überrannt und Picard sieht sich seinen eigenen Dämonen gegenüber.
Mitzuerleben, welch emotionale Bandbreite die Darbietung von Patrick Stewart hier offenbart, von beinahe unbeschwerten Momenten bis hin zu einem Zusammenbruch sämtlicher Schutzpanzer, die sich Picard nach seinem Trauma durch die Borg zugelegt hat, ist gleichermaßen ein Beweis für das Talent des Ausnahmemimen wie für die Qualität des Drehbuchs. Es gipfelt in einer Szene zwischen Stewart und der ebenso fantastischen Alfre Woodard, die nicht nur Fans einen Schauer über den Rücken jagt. Dabei gelingt es Star Trek: Der erste Kontakt dennoch, sich den unbeschwerten Humor der Crew zu bewahren, die hier auf beiden Erzählebenen gefordert ist und – ohne miteinander kommunizieren zu können – Hand in Hand zusammenarbeiten muss, damit die Mission ein Erfolg wird. Daher ist der häufig geäußerte Kritikpunkt, dass sich die Kinofilme der Crew stets um Picard und den Androiden Data drehen, zwar nicht falsch, aber auch nicht unumwunden richtig. Die übrigen Mitglieder haben allesamt unverzichtbare Auftritte, in denen sie glänzen können und sogar die Verweise an die übrigen Trek-Serien sind nicht aufdringlich eingebracht, sondern erwachsen aus der jeweiligen Situation heraus. Dabei sind die Abschnitte mit Data, der sich zum ersten Mal der Borg-Königin gegenübersieht, nicht weniger toll umgesetzt.
Filmemacher Jonathan Frakes schafft eine hervorragende Balance aus humorvollen Situationen und ernsten Momenten, wenn sich die Crew an Bord einer Borg-Übermacht gegenübersieht, der immer mehr Offiziere zum Opfer fallen. In den richtigen Situationen zieht er die Spannungsschraube an und erinnert bisweilen vom Szenenaufbau her an Klassiker wie Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt [1979] bzw. Aliens - Die Rückkehr [1986]. Der Abschnitt auf der Unterseite der Enterprise ist ebenso ein Highlight wie der bedauerlicherweise sehr kurze Kampf gegen den Borg-Würfel zu Beginn. Dass sich viele Fans eine große Raumschlacht am Ende gewünscht hätten, ist unbestritten. Bedenkt man jedoch, dass sich die Story in ihrem Verlauf immer stärker auf Picards Persönlichkeit konzentriert, somit stärker nach innen gerichtet ist, wäre ein extrovertiertes Finale bei Star Trek: Der erste Kontakt schlicht unpassend gewesen. Vor allem reißt der Wettlauf gegen die Zeit beim Start des ersten Warpflugs der Phoenix nichtsdestoweniger mit.
Dass all dies so gut gelungen ist und auch nach 20 Jahren nichts von seinem Charme eingebüßt hat, liegt auch an den technischen Aspekten des Films. Mehr noch, im Zeitalter von hochauflösenden Heimvideoanlagen lernt man die fantastischen Sets und die aufwändigen Kostüme und Maskenarbeiten bei den Borg erst richtig zu schätzen. Die Trickeffekte zählen zum Besten, was nicht nur Star Trek damals gezeigt hatte und sehen heute unverändert hervorragend aus. Hinzu kommt ein Score von Altmeister Jerry Goldsmith, der der Crew um Captain Picard ein ganz eigenes Thema für die große Leinwand verleiht. Das klingt friedlicher und zurückhaltender als die Fanfare, die man bisher von der Reihe gewohnt war, entpuppt sich jedoch als ebenso zeitlos.
All das trägt dazu bei, dass Star Trek: Der erste Kontakt nicht nur damals ein erstklassiger Science Fiction-Film war, sondern bis heute hiervon nichts eingebüßt hat. Eindrucksvoll inszeniert und mit einem Feingefühl für diejenigen Aspekte umgesetzt, die die Crew schon während der Serie ausgezeichnet haben, können sich hier nicht nur Fans bestens unterhalten lassen.
Fazit:
Anstatt eine düstere Weltraum-Oper zu präsentieren, was mit den schier unaufhaltsamen Borg zweifelsfrei möglich gewesen wäre, gelingt es den Machern, den Funken Hoffnung und Optimismus zu entdecken und ihn zum Leuchtfeuer der Story bis zum Finale und den letzten Szenen herauszuarbeiten. Eben so, wie Star Trek auch nach dem Wunsch des Erfinders Gene Roddenberry sein sollte. Regisseur Jonathan Frakes bewegt sich mit einer Sicherheit zwischen den verschiedenen Story-Ebenen, dass man sich stets zurechtfindet, wobei er gleichzeitig eine Balance zwischen dem Humor einer miteinander vertrauten Crew und dem Ernst der Situation bewahrt. Die Chemie zwischen den Beteiligten ist spürbar, die Ideen der Geschichte so gelungen wie die Action packend inszeniert. Star Trek: Der erste Kontakt ist kein Film, der stets untermauern muss, wie viel Geld für die Tricks und die Sets zur Verfügung stand, sondern der hervorragende Bauten, unvorstellbar eindrucksvolle Masken und ebenso aufwändige Kostüme präsentiert, einfach weil sie zur Story passen. Dank der fantastischen Darsteller, von denen einige sichtbar gefordert sind, der universellen Themen, die unabhängig des Star Trek-Vermächtnisses Bestand haben, und der stimmungsvollen Umsetzung ist das nicht nur einer der besten Filme der Reihe – und der beste mit der Crew um Captain Picard – sondern einfach ein toller Film.