Spoiler Alarm [2022]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 1. Mai 2023
Genre: Liebesfilm / Drama

Originaltitel: Spoiler Alert
Laufzeit: 112 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Michael Showalter
Musik: Brian H. Kim
Besetzung: Jim Parsons, Ben Aldridge, Sally Field, Bill Irwin, Antoni Porowski, Nikki M. James, Jeffery Self, Tara Summers, Shunori Ramanathan, Paco Lozano


Kurzinhalt:

Vom Typ her könnten Michael (Jim Parsons) und Kit (Ben Aldridge) unterschiedlicher kaum sein, doch es funkt zwischen ihnen und ihre langjährige Beziehung gilt in ihrem Freundeskreis als ein Musterbeispiel. Dabei durchlebt das Paar durchaus Höhen und Tiefen, zu denen auch zählt, dass Kit seinen Eltern Marilyn (Sally Field) und Ben (Bill Irwin) noch nicht einmal gesagt hat, dass er schwul ist. Mit den Jahren weicht die Leidenschaft ihrer Beziehung einer Alltäglichkeit, zumal Michaels Karriere an Fahrt aufnimmt, was ihn zusätzlich von Kit entfernt. Um sich ihrer Gefühle für einander und über ihre gemeinsame Zukunft klar zu werden, zieht Kit aus der gemeinsamen Wohnung aus, bis gesundheitliche Beschwerden eine schreckliche Diagnose befürchten lassen. Den zuversichtlichen ersten Mitteilungen der Ärzte vertraut Michael nicht, der seine Eltern bereits durch Krebs verloren hat. Kits Erkrankung lässt ihn und Michael wieder näher zusammenrücken, doch auf jede hoffnungsvolle Entwicklung des Krankheitsverlaufs folgt ein weiterer Rückschlag …


Kritik:
Basierend auf Michael Ausiellos Memoiren Spoiler Alert: The Hero Dies [2017] erzählt Filmemacher Michael Showalter in Spoiler Alarm eine Liebesgeschichte, bei der bereits zu Beginn absehbar ist, dass sie kein Happy End finden wird. Doch diese zwei Menschen auf ihrem Weg zu begleiten, die trotz ihrer Differenzen in einer so schweren Zeit zueinander halten und dadurch sogar noch näher zusammenrücken, ist nicht nur herzerwärmend und teilweise überaus witzig, es auf eine inspirierende Weise wichtig.

Der von Jim Parsons (Sheldon Cooper in The Big Bang Theory [2006-2019]) gespielte Michael erzählt die Geschichte aus dem Off und kehrt nach einem kurzen Blick auf seinen letzten Moment mit Kit Cowan 14 Jahre zurück, als sie sich in einer Bar kennenlernten. Beide, sowohl Kit als auch Michael, wirken dort fehl am Platz und so sympathisch sie einander sind, sie sind doch grundverschieden. Michael der Romantiker, Kit eher pragmatisch veranlagt. Ihre Beziehung ist von eben diesen Gegensätzen geprägt, Fotograf Kit als extrovertierter Künstler einerseits, Journalist Michael mit einem geregelten Arbeitsalltag und eher in sich gekehrt auf der anderen Seite. Aber auch wenn sie nach außen als ein Musterpärchen in ihrem Freundeskreis gelten, ihr Lebensweg führt sie doch auseinander. Vorübergehend getrennt lebend, verspürt Kit bei einer Weihnachtsfeier starke Schmerzen im Unterleib. Die Diagnose, die eingangs noch zuversichtlich klingt, ist schließlich erschütternd.

Bis es soweit ist, nähert sich Spoiler Alarm seinen Figuren so behutsam wie humorvoll, schildert ihr erstes Date, ihre Gespräche, in denen ihre Ängste und Wünsche deutlich werden, so ausführlich wie ihre ersten intimen Momente. Das mag länger erscheinen, als es in vielen anderen Filmen heutzutage der Fall ist, doch gelingt es Regisseur Showalter dadurch, die späteren Entscheidungen seiner Figuren greifbarer zu machen. Michael, der beide Eltern bereits nach Krebserkrankungen verloren hat, ahnt, was Kits Diagnose bedeutet und auch, wie zunehmend aussichtslos sein Kampf gegen die Wucherungen in seinem Körper ist. Aber obwohl sie bei Vorliegen der Diagnose vorübergehend getrennt sind, stellt er sich an Kits Seite, begleitet seinen Partner auf einem Weg, der schwieriger kaum sein kann.

Die leichtfüßige erste Hälfte der Geschichte arbeitet die unterschiedlichen Persönlichkeiten von Michael und Kit heraus, von denen der selbstsicher auftretende Kit seinen eigenen Eltern noch nicht einmal erzählt hat, dass er homosexuell ist. Dies führt zu Momenten wie Michaels erstem Aufeinandertreffen mit Kits Eltern, das voller unangenehmer Pausen steckt und kaum mehr aus dem Leben gegriffen sein könnte. Auch der Umgang von Kit und Michael miteinander ist so natürlich, dass es einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert zu sehen, wie dieses verliebte Paar einander näherkommt. Bis hin zu Michaels kurioser Sammelleidenschaft, die für einen „um Himmels Willen“-Moment sorgt. Doch ist dies nur eine Seite der Medaille. Beginnend mit dem sich einschleichenden Alltag, wenn der Glanz des Verliebtseins aus der Beziehung weicht, und wenn die Lebensentwürfe von Kit und Michael in andere Richtungen zeigen, Michael sich als TV-Journalist einen großen Karrieresprung erarbeitet, der ihn noch weiter von seinem Partner wegbewegt, bis Kit erkrankt und die Diagnose beider Leben auf den Kopf stellt.

Man könnte es womöglich sogar nachvollziehen, wenn Michael in Anbetracht der abgekühlten Beziehung und seiner eigenen Erfahrungen mit schwerkranken Menschen, Distanz zu Kit sucht, so wie dieser Michael seine Krankheit nicht aufbürden möchte. Doch Spoiler Alarm schildert stattdessen, wie dieser Moment die beiden Männer wieder zueinander bringt, selbst wenn Michael augenscheinlich ohnmächtig mit ansehen muss, wie Kit seinen Kampf gegen den Krebs zu verlieren droht. Filmemacher Michael Showalter lässt den beiden Darstellern Ben Aldridge und Jim Parsons, die nicht nur eine tolle, geradezu ansteckende Chemie entwickeln, sondern im Verlauf alle Höhen und Tiefen durchleben, Raum sich zu entfalten. Ebenso wie Sally Field als Kits Mutter Marilyn und Bill Irwin als sein Vater Bob, die nur wenig eingebunden sind, aber nichtsdestoweniger gefordert werden.

Dabei konzentriert sich Spoiler Alarm wenigstens gefühlt mehr auf Michaels Umgang mit der Situation als Kits Kampf gegen die Krankheit, was auch an Einspielungen einer imaginären TV-Comedy-Sendung deutlich wird, die sich Michael als Kind immer vorstellte. Inwieweit die notwendig sind, da Parsons’ zurückhaltende Darbietung Michaels Gemütszustand mehr als nur greifbar zur Geltung bringt, sei dahingestellt. Die Konzentration auf die schönen Seiten der Beziehung, unter weitläufiger Ausblendung der Entfremdung, mag dabei durchaus beabsichtigt sein und vielleicht auch ein passender Hinweis darauf, dass man sich im Nachhinein lieber an die positiven Erlebnisse erinnern möchte. Doch bedeutet dies, dass sich das biografische Drama nicht zu einem großen Teil mit Kits Kampf beschäftigt. Weniger berührend macht es den Film jedoch nicht.


Fazit:
14 Weihnachtsfeste dürfen Michael und Kit zusammen verbringen. Weshalb ihre gemeinsame Zeit genügend Erinnerungen für ein ganzes Leben bereithält, arbeitet Regisseur Michael Showalter greifbar heraus. Mit einer tollen Bilderauswahl erzählt er eine Liebesgeschichte, die nahegeht und deren Personen einem ans Herz wachsen, selbst als noch alles nach einem „und sie lebten glücklich“ aussieht. Wenn die entmutigende Diagnose gestellt wird, wandelt sich verständlicherweise auch die Stimmung, so dass die wenigen Momente der Unbeschwertheit, von denen alle wissen, wie vergänglich sie sind, nur noch mehr an Bedeutung gewinnen. Zu sehen, wie diese Personen mit jener Diagnose und den daraus entstehenden Situationen umgehen, so erschreckend die Vorstellung an sich, ist doch inspirierend. Denn gerade, als sie sich so fremd wie nie in ihrer Beziehung sind, finden sie durch diese Krankheit enger zueinander, als je zuvor. Von Jim Parsons und Ben Aldridge gleichermaßen großartig verkörpert, ist Spoiler Alarm ein mitunter humorvoller, lebensbejahender Film, dezent und respektvoll in seiner Darstellung und so sehr aus dem Leben gegriffen, wie Kit aus dem Leben gerissen. Das berührt, ohne rührselig zu sein und es macht trotz allem irgendwie Hoffnung.