Scream 4 [2011]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 25. Oktober 2024
Genre: Thriller / Horror

Originaltitel: Scream 4
Laufzeit: 111 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2011
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Wes Craven
Musik: Marco Beltrami
Besetzung: Neve Campbell, David Arquette, Courteney Cox, Emma Roberts, Hayden Panettiere, Anthony Anderson, Adam Brody, Rory Culkin, Mary McDonnell, Marley Shelton, Alison Brie, Marielle Jaffe, Nico Tortorella, Erik Knudsen


Kurzinhalt:

15 Jahre sind vergangen, seit eine Mordserie die Kleinstadt Woodsboro erschüttert hat. Sidney Prescott (Neve Campbell), die das Grauen überlebte und deren Geschichte seither auch durch billig produzierte Hollywood-Reißer ausgebeutet wurde, kehrt in ihre Heimat zurück, um ihr Buch vorzustellen. Doch noch vor ihrem Eintreffen gibt es erneut brutale Morde, die Sheriff Dewey Riley (David Arquette) vor ein Rätsel stellen. Wie dessen Frau, die ehemalige Reporterin Gale Weathers (Courteney Cox), schnell erkennt, gibt es einen direkten Bezug zu den Taten von damals. Unter Polizeischutz kommt Sidney bei ihrer Cousine Jill (Emma Roberts) unter, die wie ihre Freunde Kirby (Hayden Panettiere) oder Charlie (Rory Culkin) zu junge sind, um zu verstehen, was Sidney widerfahren ist. Doch dann nimmt der Killer auch ihr direktes Umfeld ins Visier, wobei sich die „Regeln“ zu früher grundlegend geändert haben …


Kritik:
Mehr als zehn Jahre, nachdem er mit Scream 3 [2000] seine erzählerische Trilogie abgeschlossen hat, in der Sidney Prescott ins Visier des maskierten „Ghostface“-Killers geriet, setzt Filmemacher Wes Craven mit Scream 4 die Slasher-Reihe fort, die gleichermaßen für spannende Sequenzen, nicht zimperlichen Horror und Meta-Humor für Genrefans bekannt ist. Das Ergebnis bietet mehr von demselben, teilweise mit frischer Besetzung und handwerklich tadellos dargebracht. Doch es fehlt irgendein inhaltlicher Funke, der die Fortsetzung überhaupt erst einmal notwendig machen würde.

In den bisherigen drei Filmen hat die Scream-Reihe einige der einprägsamsten Momente der jüngeren Geschichte des Horror-Genres hervorgebracht. Scream - Schrei! [1996] begann mit einem Auftakt, der die Erwartungen des damals unwissenden Publikums auf den Kopf stellte, während Scream 2 [1997] bereits in den ersten schockierenden Minuten den Zeigefinger auf das Publikum selbst richtete und die Zurschaustellung von Gewalt offen demaskierte. Scream 3 blickte hinter die Kulissen der Skandale liebenden Traumfabrik und die düsteren Geheimnisse, die sich dort verbergen. Seit jeher waren sich die Filme der Konventionen des Genres bewusst, stellten sie offen vor, um sie dann einfallsreich zu umgehen.

Scream 4 beginnt in der Woche des 15. Jahrestages der so genannten Woodsboro-Morde. Während die nächste Generation Teenager einen regelrechten Kult um die Mordserie hat entstehen lassen, von dem auch Hollywood mit zahlreichen Verfilmungen profitiert, wird die Kleinstadt einmal mehr von grausamen Morden heimgesucht. Dass die ursprüngliche Überlebende Sidney Prescott gerade in diesem Moment nach Woodsboro zurückkehrt, um ihr neues Buch zu bewerben, ist für die Presse ein gefundenes Fressen. Während Sheriff Dewey Riley die Ermittlungen aufnimmt und seine Frau Gale eine Möglichkeit sieht, wieder als Journalistin tätig zu werden (und Ideen für ihr neues Buch zu bekommen), sieht sich Sidneys Cousine Jill zusammen mit ihren Freundinnen Kirby und Olivia im Visier des Killers, der einmal mehr das Ghostface-Kostüm trägt und seine Taten offen zur Schau stellt.

Dass Drehbuchautor Kevin Williamson, der nach den ersten beiden Filmen zurückkehrt, nicht nur das Streben nach 15 Minuten Ruhm, sondern auch die Möglichkeit, dies mit allen Mitteln im Zeitalter sozialer Medien zu erreichen, in den Mittelpunkt stellt, ist vermutlich der beste Einfall von Scream 4. Es ist nur bedauerlicherweise inhaltlich auch der einzige, der wirklich heraussticht. Nach dem letzten Film war die Entwicklung von Hauptcharakter Sidney Prescott im Grunde abgeschlossen. Daher wundert es nicht, dass sie hier in gewisser Weise auf der Stelle tritt. Die anfängliche Andeutung, Streit im Eheleben von Dewey und Gale zu säen, wird weder aufrechterhalten, noch wäre es das, was sich das Publikum für die beiden Figuren wünschen würde. Dass insbesondere Gale hier stärker eingebunden wird, ist hingegen ein guter Einfall, zumal alle Beteiligten dies mit sichtbarem Engagement und spürbarem Charme danken.

Weder hieran, noch an der handwerklichen Umsetzung, gibt es etwas zu bemängeln. Filmemacher Wes Craven erschafft mitunter lange aufgebaut, manchmal aus dem Nichts heraus, spannende Momente, die selbst dann Überraschungen bereithalten, wenn sie im Grunde bekannten Mustern nachempfunden sind. Doch es stellt sich bei Scream 4 früh das Gefühl ein, dass man all dies schon einmal gesehen hat. Darüber hinaus gelingt es dem Film kaum, die neuen Charakter in einer wirklich greifbaren Art und Weise einzubinden. Selbst prominent besetzte Auftritte wie derjenige von Mary McDonnell als Sidneys Tante Kate, die so selten zu sehen ist und über die man so wenig erfährt, dass man sich jedes mal, wenn man sie sieht, aktiv erinnern muss, wer sie überhaupt ist, bleiben dadurch blaß und die Figuren nicht mehr, als der Name, der bei ihrem ersten Auftritt zu hören ist. Das mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass Scream 4 bereits während der Produktion zahlreichen Umarbeitungen unterworfen war. Ehren Kruger, der bereits die Vorlage für den vorigen Teil lieferte, steuerte die Drehbuchänderungen bei, die unter anderem das Ende betreffen sollen, das so nicht vorgesehen war.

Dass die Geschichte letztlich nur eine weitere Variation bekannter Themen ist, ist kein wirklicher Kritikpunkt, zumal die Umsetzung für Vieles entschädigt. Doch fehlt es Scream 4 trotz der vielen, vielen Referenzen an das Horror-Genre und ungeachtet der Tatsache, dass sich der Film wie keiner der vorigen sich selbst bewusst scheint, vor allem am Humor. Insbesondere der erste, aber auch der zweite Teil zeichneten sich auch durch ihren teils bösen Humor aus, der die Brutalität zumindest teilweise aufwog. Teil vier ist ein Horror-Thriller, in dem sich die Gewalt – einmal mehr – hauptsächlich gegen Frauen richtet. Auch wenn Regisseur Wes Craven nie so weit geht, die Perspektive zu wechseln, in Anbetracht der mitunter ausufernd dargestellten Gewalt, fühlt man sich hier beinahe, als sollte das Publikum durch die Augen des Ghostface-Killers blicken. Das macht keinen Spaß und das sollte es auch nicht.


Fazit:
Das Wiedersehen mit den bekannten Figuren weckt, auch durch die vielen Verweise an die ersten beiden Filme, Erinnerungen, so dass man sich unmittelbar nach Woodsboro zurückversetzt fühlt. Aber nicht nur, dass die neuen Charaktere nie so vertraut erscheinen, auch die Meta-Referenzen auf das Horror-Genre insgesamt oder das eigene Scream-Franchise wirken aufgesetzt. Der Film im Film im Film, die Kritik an der Einfallslosigkeit des nur Fortsetzungen hervorbringenden Hollywoods, oder die gewaltverherrlichende Ausrichtung des Genres, lassen die Aussagen des Films gerade dann merklich aufgesetzt erscheinen, wenn die Figuren hier gequält werden, bevor Ghostface sie tötet. Am Ende gibt es doch nur eine endliche Interpretationsmöglichkeit derselben Geschichte, die mit dem letzten Film und einer Hoffnung weckenden Aussage am Ende im Grunde auserwählt war. Regisseur Wes Craven gelingt mit Scream 4 durchaus ein Fingerzeig auf das, gepaart mit gewissenloser Selbstsucht verheerende Potential der Sozialen Medien. Doch selbst wenn sein Szenenaufbau so tadellos wie packend ist, all das hat man schon gehört, in abgewandelter Form nicht zuletzt im vorigen Teil. Dass sich die Opfer kaum zu wehren vermögen, Sidney überhaupt erst spät ins Fadenkreuz des Killers gerät, macht es schwer, mitzufiebern. Obwohl das Genre kaum vergleichbar hochkarätig besetzte wie präsentierte Filme zu bieten hat, sind einzig die bekannten Figuren hier geeignet, das Publikum überhaupt mitzunehmen.