Renfield [2023]

Wertung: 2.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 16. Mai 2023
Genre: Komödie / Fantasy / Horror

Originaltitel: Renfield
Laufzeit: 93 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Chris McKay
Musik: Marco Beltrami
Besetzung: Nicholas Hoult, Nicolas Cage, Awkwafina, Ben Schwartz, Shohreh Aghdashloo, Brandon Scott Jones, Adrian Martinez, Camille Chen, Bess Rous, Jenna Kanell, James Moses Black, Caroline Williams


Kurzinhalt:

Seit einer gefühlten Ewigkeit dient der einstige Immobilienmakler Renfield (Nicholas Hoult) dem blutsaugenden Vampir Dracula (Nicolas Cage) ergeben und erhält dafür einen Bruchteil von dessen unermesslichen Kräften. Doch er fühlt sich zunehmend schlechter dabei, seinen Meister mit frischen Opfern zu versorgen. Die Selbsthilfegruppen, durch die er diese inzwischen findet, führen Renfield vor Augen, wie unglücklich er ist und dass er ausgenutzt wird. Als er auf die tapfere, integre Polizistin Rebecca (Awkwafina) trifft, die der einflussreichen Verbrecherfamilie Lobo die Stirn bietet, ist Renfield gleichermaßen beeindruckt wie inspiriert. Doch seine Versuche, sich gegen Dracula zu stellen, scheitern kläglich und führen diesen außerdem zu Ted Lobo (Ben Schwartz) und seiner Mutter Bellafrancesca (Shohreh Aghdashloo), die über genau das verfügen, was Dracula zur Verwirklichung seiner Weltherrschaftspläne fehlt – eine Armee …


Kritik:
So leicht es im Grunde fällt zu sagen, was für eine Art Film Regisseur Chris McKay mit seinem Renfield erzählen wollte, so schwer ist es doch, zu beurteilen, ob ihm selbiges gelingt. Denn so namhaft und engagiert die Besetzung, mit niemand geringerem als Nicolas Cage als den Fürsten der Finsternis, Dracula, so wenig gibt das Drehbuch den Beteiligten zu tun. Dafür wartet die Fantasykomödie mit einem geradezu überbordenden, comichaften Brutalitätsgrad auf, ohne den Horroraspekt inhaltlich verankern zu wollen.

Im Zentrum der Geschichte steht, wie der Titel bereits vermuten lässt, nicht der Vampir Dracula, sondern sein Gehilfe Renfield. Einst Immobilienmakler, ist er in den Bann des Blutsaugers geraten und dient ihm nunmehr seit beinahe einem Jahrhundert treu ergeben. Nicht nur bewahrt er ihn vor Angriffen durch Vampirjäger oder die Kirche, die dem Grafen zuletzt stark zugesetzt haben, er kümmert sich auch um die Unterbringung, die in Zeiten einer immer moderneren Welt zunehmend zurückgezogener werden. Vor allem aber versorgt Renfield seinen Meister mit menschlicher Nahrung. Die findet er, ein wenig anders, als es klingt, bei Selbsthilfegruppen. Im Gegenzug erhält Diener Renfield einen Hauch der Kräfte des Fürsten, ist übermenschlich stark und schnell und kann Verletzungen überstehen, die normalerweise tödlich wären. Draculas eigenes Blut kann dabei nicht nur Verletzungen heilen, sondern gar Tote zum Leben erwecken. Renfield greift insoweit die bekannte Mythologie auf, angefangen vom für Dracula tödlichen Weihwasser, über das Sonnenlicht, das ihn verbrennt, bis hin zu seiner Macht über seine Untergebenen. Doch ist Dracula nicht das einzige Böse, das es zu bezwingen gilt, noch Renfield allein, sich zu behaupten.

New Orleans, wo McKays Fantasygeschichte spielt, ist fest im Griff der Unterweltfamilie Lobo. Ihre Drogen überschwemmen die Stadt, ihre Killer metzeln sich durch die Nacht. Die Polizei ist gekauft, die idealistische Polizistin Rebecca eine seltene Ausnahme. Ihr Vater wurde für seine Aufrichtigkeit im Dienst von der Lobo-Familie ermordet und die nie zur Rechenschaft gezogen. Als auch Rebecca aus dem Weg geräumt werden soll, kommt ihr Renfield zur Hilfe, der ohnehin unglücklich ist ob der Taten, die er für seinen Herrn begeht. Dabei inspiriert ihn Rebeccas Mut dazu, sich selbst gegen Dracula zu erheben, mit dem er in einer toxischen Beziehung feststeckt. Mit einem schüchternen Renfield und einer durch ihre Erfahrungen resolut selbstbewussten Rebecca klingt das durchaus vielversprechend, zumal die sich abzeichnende Verbindung von Dracula und dem Unterweltimperium der Lobo-Familie durchaus Potential bietet. Doch letztere entwickelt sich viel zu spät in der Story, insbesondere in Anbetracht dessen, wie offensichtlich sie ist. Und die Beziehung zwischen Renfield und Rebecca ist geprägt von verkrampft witzigen Dialogen, die sich auf dem Niveau einer wenig inspirierenden Fernseh-Comedy-Serie bewegen.

All dies verbindet Renfield mit nicht wenigen Actionmomenten, die allesamt nach demselben Muster ablaufen. Darin findet sich Draculas Diener einer durchaus beträchtlichen Anzahl meist gesichts-und namenloser Widersacher gegenüber, die dann dahingemetzelt werden. Die ausgeübte Gewalt reicht von – Achtung: Triggerwarnung – abgetrennten Gliedmaßen über Blutfontänen bei was immer getan wird, bis hin zu Röntgenaufnahmen der gebrochenen Knochen. Die Brutalität wird dabei in der Regel nicht durch Dracula ausgeübt, dem es hier mehr darum geht, seine Opfer zu töten, statt ihr Blut zu trinken, sondern durch den vermeintlichen Helden der Geschichte, Renfield. Dass dies nicht ernst gemeint ist, macht nicht nur die durchgehende Erzählung Renfields aus dem Off deutlich, der seine Geschichte auf Schritt und Tritt kommentiert. Auch die Musik ist Zeugnis davon, der platte Humor überdies.

Die grundsätzliche Idee des ko-abhängigen Renfield, der in seiner Dienerrolle unglücklich ist, ist dabei durchaus amüsant, doch die vollkommen überzogene Gewalt sorgt mit den vielen verschiedenen Stilmitteln dafür, dass all das nur schwer zusammenpassen mag. Anfangs beschwört Renfield mit Aufnahmen in schwarzweiß alte Horrorklassiker herauf, später wirkt der Stil wie ein ultrabrutaler Exploitationfilm aus den 1970er-Jahren. Eine eigene Handschrift sucht man hier vergebens und Nicolas Cages Darbietung, die dem Fürst der Finsternis zahlreiche Fratzen mit weit aufgerissenen Augen abluchst, lässt eines an der Figur vollkommen vermissen: Eine Bedrohlichkeit. Diese übertheatralische Personifizierung hat ihren Reiz, doch sie wirkt mehr wie eine Parodie des eigentlichen Vampirs. Für eine Horrorkomödie fehlt es schlicht am Horror und als Komödie ist der Humor zu eindimensional und absehbar. Als Konzept hingegen, ist Chris McKays Genrefilm durchaus vielversprechend.


Fazit:
In der ersten Filmhälfte hört man viele bewusst lustige Kommentare, ohne dass man sieht, wie die Figuren sie aussprechen, beinahe, als wären sie nachträglich eingefügt. Gleichzeitig übertönt die Musik beim Finale zahlreiche Dialoge, als wollte man die klischeehaften Zeilen überdecken. Irgendwo in Chris McKays stilistisch uneinheitlicher und fahriger Erzählung steckt eine unterhaltsame Horrorkomödie, die der Beziehung Dracula-Renfield eine interessante Dimension verleiht und gleichzeitig das Potential bietet, den Fürsten der Finsternis mit der modernen Unterwelt zu vereinen. Doch Renfield scheint mehr ein Konzept als endgültiger Film und mit dem plumpen Humor und der stilisiert absurden Gewalt mehr gewollt, denn gekonnt. An der engagierten Besetzung liegt es nicht, sowohl Nicholas Hoult ist sichtbar investiert als auch Nicolas Cage, dessen Mimik seine überzogensten Rollen erreicht. Ihm zuzusehen, macht überaus Spaß, doch ist sein Dracula nie wirklich charismatisch oder Furcht einflößend, sondern scheint eine Parodie durch und durch. Das wird weder der Figur, noch dem Darsteller gerecht. Schade.