Red Tails [2012]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 28. Mai 2012
Genre: Action / Kriegsfilm

Originaltitel: Red Tails
Laufzeit: 125 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2012
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Anthony Hemingway
Musik: Terence Blanchard
Darsteller: Terrence Howard, Cuba Gooding Jr., Nate Parker, David Oyelowo, Tristan Wilds, Elijah Kelley, Ne-Yo, Kevin Phillips, Bryan Cranston, Lee Tergesen, Matthew Marsh, Daniela Ruah, Josh Dallas, Leslie Odom Jr., Okezie Morro, Andre Royo


Kurzinhalt:
Eigentlich dachten sie, dass sie sich für die US-Army gemeldet hatten, um als Piloten im Krieg gegen Deutschland feindliche Jets abschießen zu können. Doch die afroamerikanischen Tuskegee Airmen scheitern auch fern der Heimat in Italien an den Hürden der Diskriminierung. Colonel Bullard (Terrence Howard) verhandelt mit den Verantwortlichen, dass die Piloten endlich bedeutende Einsätze fliegen dürfen, anstatt mit alten Maschinen Aufklärung in Gebieten zu übernehmen, wo seit Wochen keine deutschen Truppen mehr gesichtet wurden. In der Fliegereinheit wächst unterdessen der Frust, was auch zu Spannungen unter den Piloten führt. Während Captain Julian (Nate Parker) sich dem Alkohol zuwendet, riskiert Joe 'Lightning' Little (David Oyelowo) bei seinen Einsätzen immer mehr, was nicht nur seinen Flieger in Mitleidenschaft zieht. Doch als er bei einem Rückflug die ansässige Sofia (Daniela Ruah) entdeckt, ist es um ihn geschehen.
Da erhält Major Stance (Cuba Gooding Jr.) von Bullard die Nachricht, dass die "Red Tails", wie sich die Fliegerstaffel nennt, endlich wichtige Missionen zugeteilt bekommen. Sie sollen als Geleitschutz der Bomber sicherstellen, dass diese ihre Ziele erreichen, anstatt sich von feindlichen Jägern ablenken zu lassen. Manchen Piloten fällt es dabei einfacher, sich an die Befehle zu halten, als anderen. Doch ob die Erfolge der "Red Tails" dafür sorgen werden, dass sie von den weißen Soldaten den verdienten Respekt erhalten ist fraglich ...


Kritik:
Im Vorfeld der Veröffentlichung von Red Tails sprach Produzent George Lucas viel und lange darüber wie enttäuscht er darüber sei, dass kein großes Hollywoodstudio das Projekt unterstützen wollte. Dabei behandelt es ein nach wie vor sehr wichtiges Thema. Sieht man sich den Weltkriegsactionfilm an, fragt man sich, ob die Studios wegen des Grundthemas selbst ablehnten, da sich wie Lucas meinte, international kein Publikum für eine Besetzung ohne weiße Akteure in tragenden Rollen finden würde, oder weil sie das Drehbuch der Prämisse unangemessen fanden. Denn während es keinen Zweifel gibt, dass man angesichts der Ausgangslage einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Errungenschaften der ersten afroamerikanischen Fliegerstaffel der US-Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg leisten kann, verliert sich Red Tails in Klischees und Nebenhandlungen.
Seit 1988 war die Geschichte bei George Lucas in Entwicklung. Er finanzierte sie schließlich selbst und steuerte einen Großteil bei den Kosten der Veröffentlichung zu. Auch übernahm er die Regie bei den notwendigen Nachdrehs. Man würde ihm gerne sagen, dass sein ambitioniertes und aufwändig umgesetztes Projekt die Erwartungen auch erfüllt. Doch die zwar sehr hörbare, aber zu den Szenen vollkommen unpassende Musik von Terence Blanchard ist bei Red Tails nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und selbst über Rollen wie den als Karikatur überspielenden Cuba Gooding Jr. könnte man hinwegsehen, da es einige sehr engagierte Darsteller gibt.

Die Geschichte beginnt 1944 in Italien, wo das 332. Fliegerbataillon, bestehend ausschließlich aus farbigen Soldaten, auf einen wirklichen Einsatz wartet. Bereits 20 Jahre vor diesem als Experiment bezeichneten Tuskegee Programm wurde es der afroamerikanischen Bevölkerung auf Grund ihrer "Minderwertigkeit" und einer "mangelnden Intelligenz" abgesprochen, dass sie als Soldaten den Weißen gleichgestellt werden könnten. Es scheint eine Ironie des Schicksals, dass insbesondere die USA sich im Zweiten Weltkrieg für die Befreiung Europas einsetzen würden, wobei sie in ihrem eigenen Land mit der Rassentrennung vom arischen Irrglauben doch gar nicht so weit entfernt waren. Es dauerte mehr als 20 weitere Jahre, ehe eine Gleichstellung auch in den Köpfen der Menschen Einzug hielt. Doch solche Verweise sind in Red Tails nicht zu erwarten. Stattdessen wartet die Truppe um Captain Marty Julian mit all jenen schablonenhaften Figuren auf, die man in beinahe jedem Militärfilm findet. Sei es der alkoholsüchtige Offizier, der dadurch die falschen Entscheidungen trifft, oder aber der Hitzkopf, der sich weniger mutig als tollkühn ins Kreuzfeuer bringt. Auch der Neuling, der es nichtsahnend was ihn erwartet, kaum bis ins zweite Feuergefecht schafft, ist dabei.

Die Geschichte jener Soldaten wurde bereits verfilmt, unter anderem in Die Ehre zu fliegen - Tuskegee Airmen [1995], ebenfalls mit Cuba Gooding Jr.. Als Major Stance sieht man ihn selbst in den unpassendsten Momenten auf seiner Pfeife herumkauen, während Terrence Howard mit seiner autoritären Ruhe darum bemüht ist, viel von der verlorenen Ernsthaftigkeit zurückzugewinnen. Bereits nach wenigen Minuten ist der erste Luftkampf zu sehen. Kurz danach auch schon der nächste. Erst später erfährt man, dass die Fliegerstaffel von den weißen Coloneln gar nicht für die Kämpfe eingeplant ist, sie fliegen Patrouillen, wo keine Feinde vermutet werden und stehlen sich bisweilen in Gebiete davon, wo sie eigentlich gar nicht sein dürften. So erregen sie immerhin die Aufmerksamkeit der Einsatzplanung und werden wenig später als Geleitschutz für die Bomber eingeteilt, deren bisherige Eskorte es bevorzugt, feindliche Abschüsse vorzunehmen, auch wenn es bedeutet, dass ihre eigenen schutzlosen Kameraden vom Himmel geholt werden.

Es gibt viele Momente der Erzählung, die einem bekannt vorkommen. Sei es der erste Besuch einer Offiziersbar von Joe 'Lightning' Little, oder der absehbare Verlauf des zweiten Besuchs, nachdem die "Red Tails" Staffel sich einen Namen gemacht hat. Auch ist weit vorhersehbar, wie sich der Trinker letztlich entscheiden wird. Doch fühlt sich Red Tails zwischen diesen vertrauten Szenen, die keinerlei neue Impulse liefern, stets an, als würden Elemente fehlen. Dialoge scheinen zu enden, ehe gesagt ist, was hätte gesagt werden sollen, eine Rede, welche die Truppe motivieren soll, ist mit vier Sätzen abgehandelt und eine ganze Nebenhandlung um einen abgeschossenen Piloten, der als erster Afroamerikaner in ein Kriegsgefangenenlager gebracht wird, um dort bei einem Ausbruch zu helfen, wird in nur zwei Szenen abgehandelt, die keine fünf Minuten dauern. Als wäre das nicht genug, wird schon zu Beginn ein besonders böser deutscher Pilot etabliert, der sich mit seinen harten Kommentaren durch alle tragenden Kämpfe des Films schlägt, um das Finale mit dem Kommando "Zeigt keine Gnade!" einzuläuten. Er ist das einzige Gesicht, das Red Tails den gegnerischen Piloten gibt. Die Luftkämpfe sind zwar technisch perfekt umgesetzt, reduzieren sich aber auf Explosionen und Schusswechsel, die in ihrer Bedeutsamkeit an virtuelle Figuren eines Computerspiels erinnern. Nicht nur, dass die Tuskegee Airmen schon die ersten Kämpfe mit geschlossenen Augen fliegen könnten, so wenig Gegenwehr begegnet ihnen, außer einer in ebenso klischeehaften Momentaufnahmen gezeigten Beziehung 'Lightnings' mit einer ansässigen Italienerin, bindet der Film in keiner Minute emotional an das Geschehen. So eine Behandlung haben die "Red Tails" nicht verdient.


Fazit:
Bei allen guten Absichten enttäuscht Red Tails letztlich durch die Art und Weise, wie der Film erzählt wird. Statt einen dramaturgischen Bogen zu spannen, reiht der Regisseur Anthony Hemingway nur Szenen aneinander, die sich in ihren Aussagen nicht nur wiederholen, sondern die allesamt keine neuen Einblicke liefern. Die Charaktere schwanken von grob umrissen bis vollkommen überzeichnet und die krampfhafte Darstellung eines personifizierten Bösewichts erscheint letztlich nur peinlich.
Dabei ist der Actionkriegsfilm durchweg gut gemacht und behält Dialoge erstaunlicherweise sogar in der Originalsprache mit Untertiteln wenn notwendig. George Lucas gab in Interviews an, dass es Stories für ein Prequel und eine Fortsetzung gäbe, die bei Erfolg erzählt werden könnten. Vielleicht hätte es geholfen, eine Geschichte zur erzählen, die durch ihre Figuren und deren Leistungen interessiert, anstatt auf sich wiederholende Luftkämpfe zu setzen, die bis einschließlich des Finales immer kürzer werden. So lenkt Red Tails den Blick auf ein wichtiges Kapitel der US-Army, das mit einer unangebrachten Naivität oberflächlich erzählt wird.