Promised Land [2012]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 23. März 2014
Genre: Unterhaltung / Drama

Originaltitel: Promised Land
Laufzeit: 106 min.
Produktionsland: USA / Vereinte Arabische Emirate
Produktionsjahr: 2012
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Gus Van Sant
Musik: Danny Elfman
Darsteller: Matt Damon, Frances McDormand, Rosemarie DeWitt, John Krasinski, Hal Holbrook, Tim Guinee, Titus Welliver, Sara Lindsey, Terry Kinney, Lucas Black, Gerri Bumbaugh, Kristin Slaysman, Erin Baldwin


Kurzinhalt:
Es ist eine tolle Chance für Steve Butler (Matt Damon), als ihm seine Vorgesetzten von Global Crosspower Solutions anbieten, dass er federführend die Erdgas-Förderrechte für eine Kleinstadt in Pennsylvania erschließen soll. Dort angekommen trifft er auf seine Kollegin Sue Thomason (Frances McDormand), wie er eine Expertin, wenn es darum geht, die Anwohner zum Unterschreiben der Verträge zu bringen. Doch als der Gemeinderat darüber abstimmen soll, äußert der Lehrer Frank Yates (Hal Holbrook) Bedenken am der Sicherheit der Fracking-Methode. So wird die Abstimmung um drei Wochen verlegt.
Während Steve und Sue die Zeit nutzen wollen, um so viele Anwohner wie möglich einzeln unter Vertrag zu nehmen, erscheint mit Dustin Noble (John Krasinski) ein Umweltaktivist, der Yates Bedenken zusätzlich Auftrieb verleiht. Dabei beginnt Steve nicht nur durch die ansässige Lehrerin Alice (Rosemarie DeWitt), zu der er sich hingezogen fühlt, seine Einstellung, die Gemeinde zur Aufgabe ihres Farmerlebens, das seit Generationen betrieben wird, zu überdenken ...


Kritik:
Mit Promised Land greift Filmemacher Gus Van Sant ein Thema auf, das nicht nur in den USA hochaktuell und nach wie vor umstritten ist. Doch statt hierzu Stellung zu beziehen, lässt er seinen halb geläuterten Protagonisten mit einem "Ich weiß es nicht" den Kopf aus der Schlinge ziehen, sodass das Publikum halb informiert zurückbleibt. Bis dahin gibt es in dem unaufgeregten Film einige hervorragende Charakterisierungen zu sehen, die von einer tollen Besetzung veredelt werden.

Dass eine erweiterte Szene nicht im Film enthalten ist, ist insofern bedauerlich, da sie Steve Butler als das vorstellt, was er ist: Ein geborener Verkäufer. Zu Beginn trifft er seine Vorgesetzten, die ihn mit einem großen Projekt betrauen. Steve soll für seinen Arbeitgeber, den Energiegroßkonzern Global Crosspower Solutions, eine Stadt in Pennsylvania für Erdgas erschließen und die Landbesitzer dazu bringen, Verträge zu unterzeichnen, die Global die Förderrechte sichern. Dafür würden die Bürger am Gewinn beteiligt und das Mehr an Steuereinnahmen komme der Kleinstadt zugute. Zusammen mit seiner Kollegin Sue macht sich Steve an die Arbeit, wird jedoch schon bei einer Gemeinderatssitzung von dem Lehrer Frank Yates ausgebremst, der Bedenken an der Technik und den Gefahren äußert. Nicht zuletzt bringt Frank Zahlen auf den Tisch, die von einem viel größeren Vorkommen sprechen, als Global bisher eingestanden hat, so dass es scheint, als wären die Gewinnprognosen des Konzerns absichtlich niedrig gehalten.

Das eigentliche Lehrstück des Films beginnt jedoch bereits zuvor, wenn man Steve und Sue bei ihrer Vorbereitung beobachtet. Statt in Anzug und Krawatte, kleiden sie sich in ländlichem Stil, geben sich dadurch als einer der Farmer aus, wofür Steve sogar auf seine Farmer-Kindheit zurückgreift. Den Gemeinderatsvorsitzenden verhätschelt er so lange, bis er merkt, dass dieser eine größere Summe Schmiergeld verlangt, um Globals Vorhaben durchzuwinken. Dann dreht Steve in wenigen Sätzen das Gespräch, übernimmt die Kontrolle und stellt den Provinzpolitiker vor vollendete Tatsachen.
Nur bei Yates beißt Steve auf Granit. Der vermeintlich altersstarre Lehrer ist besser informiert als Steve selbst und schneller, als ihm lieb ist, gerät er in die Defensive. Gerade in diesen rhetorisch anspruchsvollen Momenten glänzt Matt Damon, dem das vertraut kumpelhafte Auftreten als einer der Farmer ebenso gelingt, wie seine berechnenden Ansprachen. Wenn Steve Butler wiederholt betont, er sei kein schlechter Mensch, fragt man sich, ob er sein Gegenüber hiervon überzeugen möchte, oder sich selbst.

Bis zur Abstimmung der Gemeinde bleiben Steve und Sue drei Wochen, um die Bewohner auf ihre Seite zu ziehen. Bis dahin nehmen sie so viele Anwohner einzeln unter Vertrag, wie sie nur können, doch nicht erst mit dem Eintreffen des Umweltaktivisten Dustin Noble regt sich Widerstand.
Im Mittelteil von Promised Land widmet sich Regisseur Van Sant der Bevölkerung, deren Erträge durch die Landwirtschaft immer weiter zurückgehen, während die Hypotheken auf Haus und Grund immer weiter steigen. Die Konzessionen von Global scheinen hier wie ein Rettungsring, dessen Gefahren jedoch unter den Tisch gekehrt werden. So gibt es viele verschiedene Gruppen. Diejenigen, die zu stolz sind, das Land, das ihrer Familie seit Generationen gehört, abzutreten und solche, die finanziell derart verzweifelt sind, dass sie sich an diesen Hoffnungsschimmer klammern. Auch gibt es welche, die das Geld, das sie noch gar nicht in Händen halten, schon ausgeben, da allein die Vorstellung von Reichtum sie schon überwältigt.

Dabei gibt sich der Film in der Tat Mühe, Steve nicht als schlechten Menschen darzustellen, der seine Kunden über den Tisch zieht. Er scheint von dem überzeugt, was er sagt, auch wenn er sich um die Hintergründe nicht zu kümmern scheint. Wird ihm von einer Farm berichtet, deren Vieh verendet ist, da die Giftstoffe, die beim Fracking eingesetzt werden, ins Grundwasser gelangt sind, leugnet er das – informiert sich aber nicht einmal. Es ist, als wollte er sich mit Dingen nicht belasten, die ihn zu einem schlechteren Verkäufer machen. Diese Profillosigkeit ist es, die Promised Land am Ende naiver erscheinen lässt, als er gemeint ist. Dabei schneidet der Film wichtige Themen an, bringt Pro und Kontra vor, doch ohne eines davon umfassend zu beleuchten. Hierfür ein Happy End zu finden, scheint kaum möglich und wer genau hinsieht, der entdeckt, dass eine letztliche Entscheidung von der Gemeinde gar nicht getroffen wird.


Fazit:
Man kann dem Filmemacher Gus Van Sant nicht vorwerfen, dass er sich für seine Figuren mehr zu interessieren scheint, als für das Thema selbst. Die Charakterisierungen gelingen ihm sehr gut und sieht man, wie er durch seine geschickte Optik und den überlegten Schnitt eine oder zwei Figuren in einer Szene isoliert, kann man sich auch auf sie einlassen. Die Umsetzung kommt ohne erzwungene dramaturgische Höhen und Tiefen daher. Stattdessen erzählt das Skript geradeaus die Geschichte eines Mannes, der von dem überzeugt ist, was er sagt, bis er erste Zweifel hegt.
Doch diese werden in Promised Land nicht durch die Schicksale ausgelöst, auf die er trifft, sondern durch die Erkenntnis, dass ihn sein Arbeitgeber ebenso manipuliert, wie er selbst seine Kunden. In Bezug auf die Gefahren des Fracking bleibt der Film viele Antworten schuldig, unter anderem, da sie Steve Butler selbst nicht zu interessieren scheinen. Das mag zwar realistisch sein, macht es aber schwerer, seinen Wandel nachvollziehen zu können.