Prestige - Die Meister der Magie [2006]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. Juni 2008
Genre: Drama

Originaltitel: The Prestige
Laufzeit: 130 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2006
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Christopher Nolan
Musik: David Julyan
Darsteller: Hugh Jackman, Christian Bale, Michael Caine, Piper Perabo, Rebecca Hall, Scarlett Johansson, Samantha Mahurin, David Bowie, Andy Serkis, Ricky Jay


Kurzinhalt:
Nachdem sie einige Zeit als Assistenten eines bekannten Magiers gearbeitet haben, möchten Robert Angier (Hugh Jackman) und Alfred Borden (Christian Bale) jeweils eine eigene Karriere starten. Dabei scheint Alfred jedoch immer einen Schritt voraus, seine Zaubertricks immer einen Tick besser - nur ist er nicht in der Lage, es dem Publikum als Show zu präsentieren.
Zermürbt, dass ihm die Zukunft mit seiner Frau Julia (Piper Perabo) genommen wurde, wird es für Angier zu Besessenheit, Bordens Trick zu entlarven. Dieser baut sich zwar mit Sarah (Rebecca Hall) eine Familie auf, doch scheint er nie in der Lage, seinen Erfolg genießen zu können.
Unterstützt wird Angier in seiner Bestreben zu Beginn durch den Entwickler diverser Tricks, Cutter (Michael Caine) und seine Assistentin Olivia (Scarlett Johansson). Doch entwickelt sich nicht so, wie Angier es sich vorstellt - bis ihm ein Weg offenbart wird, wie er an Alfred ein letztes Mal Rache nehmen kann. Doch diese Genugtuung ist mit einem ebenso großen Preis verbunden …


Kritik:
Nach dem Independent-Kinoerfolg von Memento [2000] prophezeiten viele Zuschauer, dass man Regisseur Christopher Nolan im Auge behalten sollte. Es folge weniger später das spannungsgeladene, ruhige Thrillerdrama Insomnia - Schlaflos [2002], ehe Nolan seinen Sinn für opulente Bilder und getragene Erzählweisen in Batman Begins [2005] für das ganz große Kino auf die Leinwand bannte. Die Fortsetzung The Dark Knight [2008] kommt diesen Sommer in die Kinos. Dazwischen fertigte der Filmemacher noch Prestige - Die Meister der Magie, wozu er erneut mit seinem Bruder Jonathan Nolan das Skript verfasste. Und auch in dem an den Kinokassen nicht ganz so erfolgreichen Film finden sich all jene Aspekte wieder, die Nolans Werke bislang auszeichneten. Von einer beeindruckenden Ausstattung und Optik angefangen, bis hin zu präzisen Charakterstudien und einer atmosphärischen, spannenden Erzählung, die aber völlig unaufgeregt und an sich ohne wirkliche Actionmomente auskommt.

Basierend auf dem Roman von Christopher Priest, der Nolan als seinen Wunschregisseur nannte und dafür sogar Kollegen wie Sam Mendes (American Beauty [1999]) leer ausgehen ließ, handelt The Prestige von zwei aufstrebenden Magiern, deren einstige Kollegialität in eine bittere Rivalität gewandelt wird, ehe sie Grenzen überschreiten, nach welchen es kein Zurück mehr gibt.
Beeindruckend daran ist nicht nur, wie es dem Drehbuch gelingt, augenscheinlich die Tricks hinter der Magie zu lüften, ohne sie tatsächlich zu verraten, sondern vielmehr, wie die zwei unterschiedlichen Herangehensweisen der Magier Angier und Borden einen jeweils ganz anderen Effekt auf die Zuschauerschaft ausüben. Während Angier mit seinem Charme und seinem Auftreten die Menschen für sich gewinnen kann, vermag es Borden zwar, nie dagewesene Tricks zu entwickeln, ohne aber das Talent dafür aufzubringen, diese auch zu präsentieren. Die Charakterstudien dieser beiden Figuren beschäftigen den gesamten Film und zeigen dabei auch, in welchem Maße sich die beiden Männer entwickeln, sich mit einer ganz anderen Motivation in ihrem Verhalten dennoch angleichen. Dabei ändern sich die Sympathien der Zuschauer innerhalb der zwei Stunden mehr als nur einmal, erscheint zu Beginn Borden als Bösewicht der Erzählung, sieht man nach einiger Zeit in ihm das Opfer, während sich die Rollen später erneut mehrmals neu verteilen. Sich insofern ein abschließendes Urteil über die Figuren zu bilden fällt schwer, da sie beide Charakterzüge verkörpern, die ein jeder zweifelsohne besitzt, die man aber ungern eingesteht.
Die Story an sich springt dabei zwischen verschiedensten Zeitebenen hin und her, geht manchesmal weit in die Vergangenheit zurück, wechselt sich dann wieder mit Momenten vor einigen Jahren ab, oder dem aktuellen Geschehen. Hierzu Zugang zu finden, ist nicht leicht und erfordert ohne Frage auch eine hohe Aufmerksamkeit, doch gelingt es den Autoren dadurch, die Aussage und die Entwicklung der verschiedenen Figuren unvorhersehbar und undurchschaubar zu halten und trotz weniger, actionreicher Szenen dem Film einen Grad an Spannung zu verleihen, den man von einer so ruhigen Erzählweise kaum erwarten würde. Figuren wie Nikola Tesla veredeln die Erzählung außerdem und runden ein Skript ab, dessen Verlauf man wenn überhaupt dann nur stellenweise vorhersehen kann. Doch durch die vielen Wendungen und Überraschungen (die bei Magiern ja nicht unüblich sind) ist sicherlich nicht alles vorhersagbar.

Angesichts der namhaften Besetzung kann man allerdings auch mit einer dementsprechenden Leistung der Beteiligten rechnen und es ist überaus erfreulich, dass The Prestige hier nicht enttäuscht.
Den Anfang macht dabei ein in der Tat überragender Hugh Jackman, dem seine wachsende Obsession mit Bordens Zaubertricks anzusehen ist, und der sowohl die Enttäuschung, als auch die Trauer und die Wut seiner Figur so gekonnt zum Ausdruck bringt, dass es eine Überraschung ist, weswegen dem X-Men [2000]-Darsteller nach wie vor der Erfolg außerhalb der Comic-Reihe versagt war. Dass er es in Sachen Mimik und Gestik mit Christian Bale aufnehmen kann, zeigt er hier eindrucksvoll, auch wenn sich beide in ihren Darbietung regelrecht zu Höchstleistungen anspornen.
Denn auch Bale mimt seine Figur so gespalten wie undurchschaubar, stellenweise diabolisch, andernorts verspielt und dabei erst im Laufe des Films so selbstbewusst, dass er mit seinem Publikum auch umzugehen lernt. Sein Entwicklungsprozess ist dem von Angier genau entgegengesetzt, auch wenn seine wahren Absichten immer im Dunkeln bleiben.
Veredelt wird der Cast durch zwei Darsteller, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Einerseits Michael Caine, dem die Rolle des Mentors auf den Leib geschrieben scheint, und David Bowie, der zuerst Nikola Tesla nicht verkörpern wollte, nach einiger Überredung von Seiten des Regisseurs aber dennoch einwilligte. Auch er macht seine Sache ausgesprochen gut, wenngleich er im ersten Moment nicht wiederzuerkennen ist.
Auch die Frauenrollen kommen in Prestige zum Einsatz; Piper Perabos ist leider nur von kurzer Dauer, wohingegen Rebecca Hall mehr zu tun hat und im letzten Drittel auch schauspielerisch sehr gefordert ist. Dahingegen wirkt Scarlett Johansson eher unterfordert, meistert ihre Rolle dafür aber ohne Mühe.
Abgerundet wird die Besetzung durch kurze Auftritte von Andy Serkis und Ricky Jay, die zwar nicht allzu viel zu tun bekommen, aber den gut zusammen gestellten Cast mühelos ergänzen.

Mit Kameramann Wally Pfister arbeitet Nolan bereits seit Memento zusammen, mit Cutter Lee Smith erst seit Batman Begins. Ebenso beeindruckend gestaltet sich auch einmal mehr die Optik von The Prestige, die mit langen Kameraeinstellungen, malerischen Einstellungen und ebenso aussagekräftigen Bildkompositionen wie perfekt getimten Schnittfolgen aufwartet, die dem Zuschauer immer nur das zeigen, was der Regisseur auch beabsichtigte.
Das Farbspektrum schwankt dabei von warmen Tönen bis hin zu kühleren Farbpaletten, die der Geschichte aber ein authentisches Flair im 19. Jahrhundert verleihen. Dank der opulenten Ausstattung, die sowohl erstklassige Bauten, wie auch hervorragende Kostüme umfasst, wirken auch die Spezialeffekte im Film nie künstlich, sondern fügen sich nahtlos in einen Bilderreigen ein, bei dem man ähnlich wie bei den Arbeiten von Kameramann Conrad L. Hall (Road to Perdition [2002]) aus einer jeden Einstellung ein Gemälde machen könnte.

Leider gelingt es Komponist David Julyan nicht ganz, daran anzuknüpfen. Auch wenn sich seine Kompositionen bislang immer durch ruhige, effektive Themen auszeichneten, die musikalische Untermalung für Prestige hätte man sich insgesamt etwas reichhaltiger vorgestellt. Zwar untermauert er die Einstellungen erneut durch atmosphärische Klänge, getragene Melodien, die im rechten Moment auch dafür sorgen, dass Gänsehaut aufkommt, oder der Zuschauer in der richtigen Sekunde überrascht wird, doch fehlt dem ganzen ein wieder erkennbares Thema.
Zwar unterstützt der Score das Gezeigte ohne Frage in seiner Effektivität, doch fehlt ihm in seiner Aussagekraft jene malerische Komponente, die die Optik so beeindruckend macht.

Dass The Prestige den finanziellen Erwartungen nicht wirklich gerecht wurde, verwundert nicht, auch wenn Christopher Nolans Magierdrama kein Misserfolg war. Doch spricht die verschachtelte Geschichte um die zwei undurchsichtigen Figuren sicherlich kein großes Publikum an. Dafür ist der Stoff zu schwer zugänglich, das Charakterdrama zu sehr im Mittelpunkt und die Erzählung zu ruhig.
Als Kritikpunkt ist das aber nicht zu sehen, vielmehr ist es eindeutig, dass sich das facettenreiche Drehbuch an ein erwachsenes Publikum richtet, das auch bereit sein muss, von der ersten Minute an mitzudenken. Wer sich darauf einlässt, wird auch nicht enttäuscht; nur sollte man keinen Actionthriller erwarten, wie ihn der Trailer zum Film beispielsweise vermuten lässt.


Fazit:
Magie verzaubert die Menschen schon seit Jahrhunderten, wenn nicht noch länger; aber wer in Prestige - Die Meister der Magie einen Blick hinter die Kulissen großer Zauberkünstler vermutet, der wird enttäuscht werden. Die Bühne dient nur als Schauplatz für eine Rivalität, die sich so schleichend und doch so offensichtlich in eine offene Feindschaft entwickelt, dass man am Ende keine der Figuren mehr zu kennen scheint. Die Sympathien werden innerhalb der zwei Stunden immer wieder neu gemischt, was es zudem schwierig macht, sich mit einer der Figuren zu identifizieren.
Doch dank der erstklassigen Darsteller, allen voran Hugh Jackman und Christian Bale, einer verzaubernden Optik und einer so stimmigen Atmosphäre, folgt man als Zuseher jenem unerbittlichen Kampf, bei dem es am Ende - so vermutet man - nur Verlierer geben kann.
Herausgekommen ist ein besonnenes, vielschichtiges Drama von Regisseur Christopher Nolan, das wenn man sich darauf einlässt, auf vielen Ebenen überzeugt. Nur sollte man nicht das erwarten, als was der Film beworben wurde.