Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse [2022]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 5. April 2022
Genre: Fantasy

Originaltitel: Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore
Laufzeit: 142 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: David Yates
Musik: James Newton Howard
Besetzung: Eddie Redmayne, Jude Law, Callum Turner, Mads Mikkelsen, Dan Fogler, Jessica Williams, Ezra Miller, Richard Coyle, Alison Sudol, William Nadylam, Victoria Yeates, Poppy Corby-Tuech, Oliver Masucci, Fiona Glascott, Katherine Waterston, Maria Fernanda Cândido, Dave Wong


Kurzinhalt:

Nicht nur, dass der mächtige Zauberer Gellert Grindelwald (Mads Mikkelsen) allen Versuchen, ihn dingfest zu machen, entkommen ist, er hält an seinen Zielen auch gegenüber Albus Dumbledore (Jude Law) fest, die Welt mit Hexen und Zauberern an der Spitze neu ordnen und die Muggel vernichten zu wollen. Dafür hat er sich eines sehr seltenen magischen Geschöpfes bemächtigt und schart neben dem für seinen Plan essentiellen Credence(Ezra Miller) eine stets größer werdende Gefolgschaft um sich. Um ihn aufzuhalten, überträgt Dumbledore dem Zauberer Newt Scamander (Eddie Redmayne), zusammen mit seiner Assistentin Bunty (Victoria Yeates), der Professorin Lally (Jessica Williams), Newts Bruder Theseus (Callum Turner), dem einflussreichen Zauberer Yusuf Kama (William Nadylam) und Muggel Jacob Kowalski (Dan Fogler) eine ebenso gefährliche wie schwierige Mission. Jacob hofft, dabei auch seine große Liebe Queenie (Alison Sudol) zurückgewinnen zu können, die sich Grindelwald angeschlossen hat. Doch da der inzwischen die Möglichkeit hat, Teile der Zukunft vorherzusehen, scheint ein Kampf gegen ihn ein aussichtsloses Unterfangen …


Kritik:
Sowohl in Anbetracht der namhaften Beteiligten vor wie hinter der Kamera als auch nach den vielversprechenden Ansätzen des vorigen Teils der Phantastische Tierwesen-Reihe, Grindelwalds Verbrechen [2018], ist David Yates’ dritter Film des Harry Potter-Abkömmlings in gewisser Hinsicht eine Enttäuschung. Weder wird die große Hintergrundgeschichte angemessen weiter-, noch werden die Höhepunkte in ihrer Tragweite so mitreißend erzählt, dass eine greifbare Spannung aufkommt. Und doch blitzt bei Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse durch, was die Verantwortlichen hätten präsentieren können und vielleicht auch wollten.

Einige Jahre nach dem Vorgänger angesetzt, spielt die Geschichte in den 1930er-Jahren und spiegelt dabei auch die düsteren Ereignisse der Weltgeschichte wider. Weshalb sich das Drehbuch aus der Feder von Romanautorin J. K. Rowling und Steve Kloves in dem Zug die Chance entgehen lässt, dass sich spätestens am Ende der Bösewicht der Geschichte, Grindelwald, an die finsteren Mächte in Europa wendet, wird deren Geheimnis bleiben. Nachdem im vorangegangenen Teil herausgestellt wurde, wie wichtig der junge Credence für Grindelwalds Plan sei, fällt dessen Beteiligung nun überaus gering aus und ist dabei für die Gesamtgeschichte kaum notwendig. Wovon diese eigentlich handelt, ist ebenfalls lange im Unklaren und kommen die Figuren schließlich zu einem Ereignis in Bhutan zusammen, fragt man sich tatsächlich, ob das schon alles gewesen sein soll. Dabei klingen die Ansätze überaus interessant. Legt Gellert Grindelwald anfangs nochmals offen, dass es sein erklärtes Ziel ist, die Welt der Muggel niederzubrennen, muss Newt Scamander mitansehen, wie eines der seltensten magischen Geschöpfe von Grindelwalds Gehilfen entführt wird. Der Quilin besitzt die Fähigkeit, in die Seele von Zauberern und Menschen zu blicken und wird deshalb herangezogen, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für das internationale Amt der Führerin bzw. des Führers der magischen Welt auszuwählen. Bis dieser Zusammenhang erläutert wird, vergeht bei Dumbledores Geheimnisse jedoch viel Zeit, so dass man sich die erste Filmhälfte über fragt, worauf all das zusteuern soll. In jedem Fall versucht Grindelwald, nachdem er von den Anklagepunkten der Verbrechen gegen die Muggel freigesprochen wurde, seine Macht zu vergrößern und schart immer mehr Anhänger um sich.

Dies führt zu einem Moment bei einer Konferenz des Deutschen Zaubereiministeriums in Berlin, wo Grindelwald von einer tosenden Menschenmenge begrüßt und wie ein Führer gefeiert wird. Die Parallelen zu den faschistischen Zügen Nazideutschlands sind auch hinsichtlich der Architektur und der Kleidung von Grindelwalds Gehilfen nicht zu übersehen. Um Grindelwalds Absicht zu vereiteln, versammelt Dumbledore ein Team um Newt, dessen Bruder Theseus, Professorin Lally, Newts Assistentin Bunty, dem französischen Zauberer Kama und Muggel Jacob. Auch wenn es offiziell keinen wirklichen Plan gibt, den sie verfolgen, hat der Ablauf der Geschichte den starken Eindruck, als würden sie alle genau das tun und erreichen, was Dumbledore beabsichtigt. Ein Gefühl, sie müssten improvisieren oder wären in Bedrängnis, kommt dabei nie auf. Am deutlichsten wird das bei dem kurzen Erzählbogen um Yusuf Kama, dessen Auflösung ein älteres Publikum lange absehen kann. Man stelle sich einen Mission: Impossible-Film vor, bei dem nichts Unvorhergesehenes geschieht. Diese Vorhersehbarkeit beraubt Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse ebenso einer greifbaren Spannung wie der Umstand, dass es eben lange Zeit kein wirkliches Ziel gibt. Newt und seine Mitstreitenden tun, was sie tun – aber warum und was sie vorhaben, erfährt man nicht. Auch scheint es bei Grindelwalds Bestreben keine Dringlichkeit zu geben, nichts, was es zu verhindern gilt.

Das ist umso bedauerlicher, wenn man sich die handwerkliche Umsetzung von Filmemacher David Yates oder auch die Ansätze der Vorlage ansieht. Es gibt einen Dialog zwischen Albus Dumbledore und Newt Scamander, in dem Dumbledore über seine verstorbene Schwester Ariana spricht. Diese wenigen Minuten sind nicht nur hervorragend geschrieben, sondern von Jude Law und Eddie Redmayne erstklassig mit Leben gefüllt. Der Moment verleiht dem stets großväterlich-weise auftretenden Albus Dumbledore eine Vielschichtigkeit und eine Melancholie, wie sie die zehn vorigen Filme im sogenannten Wizarding World-Franchise, das auch die Harry Potter-Filme umfasst, nicht erschaffen haben. Auch die übrige Besetzung scheint bestens aufgelegt, allen voran Dan Fogler als Jacob Kowalski, Callum Turner als Theseus und Jessica Williams als Lally. Mads Mikkelsen, der in die Fußstapfen von Johnny Depp als Gellert Grindelwald tritt, was gar nicht weiter kommentiert wird, macht seine Sache ebenfalls gewohnt gut, hab aber nicht allzu viel für ihn Herausforderndes zu tun.

Diese Zurückhaltung überträgt sich auch auf die Actionhighlights, die mehr als in anderen Filmen des Franchise unter dem Problem der Magie leiden. Werden manche Figuren in ruhigen Momenten beispielsweise bewegungsunfähig gezaubert, geraten die eigentlichen Konfrontationen zur Zauberstabwedelei, bei der man jedoch nie weiß, wozu die Figuren überhaupt im Stande sind, was die Magie also bewirken kann. Das führt zu Sequenzen, in denen scheinbar ganze Häuserzüge auf Albus Dumbledore einprasseln, die er aber mit einer Bewegung seines Zauberstabs abprallen lässt. Das sieht spektakulär aus – spannend ist es aber nicht, da man kein Gefühl dafür bekommt, wessen magischen Fähigkeiten denn nun stärker sein sollen. Wäre das beispielsweise bei einem Schwertkampf noch recht übersichtlich, ist das hier zwar bunt und beeindruckend anzusehen, aber nicht überraschend. Das fasst Dumbledores Geheimnisse im Großen und Ganzen bedauerlicherweise auch zusammen.


Fazit:
Obwohl es einige amüsante und leichte Momente gibt, mit denen auch ein junges Publikum etwas wird anzufangen wissen, beispielsweise wenn Newt und Theseus die Kreaturen im Gefängnis überlisten müssen, eignen sich Grundstimmung wie andere Eindrücke (u. a. von halbverdauten Leichen) erst ab dem Teenageralter. Ob diejenigen jedoch die vielen verschiedenen Handlungsstränge, die für sich genommen wenig temporeich sind, so erwarten werden, sei dahingestellt. Regisseur David Yates hat es sichtlich schwer, all dies unter einen Hut zu bringen, was man auch bei den mehreren Epilogen am Ende sieht, die bemüht sind, für alles einen Abschluss zu finden. Seine insgesamt dunkle und kontrastarme Optik gleicht sich der Atmosphäre an, ist aber an sich überaus gelungen. Handwerklich tadellos, toll ausgestattet und von einer gut gelaunten Besetzung stellenweise sehr gut zum Leben erweckt, scheint die Hintergrundgeschichte am Ende nicht nennenswert vorangekommen zu sein. Vor allem wirkt keine Konfrontation, kein Kampf so groß oder bedeutend, was auf dem Spiel steht so wichtig und ergreifend, dass sie wirklich mitreißen würden, wie das zuletzt der Fall war, als die Gruppe um Newt und Jacob auseinandergerissen wurde. Für Fans ist Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse ein weiteres Puzzlestück im filmischen Universum jener Welt und man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen ihre Geschichte zu Ende erzählen dürfen. Dort schlummert so viel Potential, wie der durchaus stimmungsvolle dritte Teil ebenfalls unterstreicht, selbst wenn er ernster und ohne die bisherige Leichtigkeit erzählt wird. Ausnutzen kann er sein Potential dabei aber nicht und ungeduldig, dass man wissen möchte, wie es weitergeht, lässt er einen auch nicht zurück. Das ist schade.