Outbreak - Lautlose Killer [1995]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 25. Mai 2004
Genre: Thriller / Drama

Originaltitel: Outbreak
Laufzeit: 127 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1995
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Wolfgang Petersen
Musik: James Newton Howard
Darsteller: Dustin Hoffman, Rene Russo, Morgan Freeman, Kevin Spacey, Cuba Gooding Jr., Donald Sutherland, Patrick Dempsey, Dale Dye


Kurzinhalt:
Ein kleines, aus Afrika importiertes Äffchen ist Träger einer tödlichen Krankheit. Col. Sam Daniels (Dustin Hoffman) von einer Forschungseinrichtung der US-Army hat gesehen, was es den Infizierten antun kann. Das infizierte Dorf wurde innerhalb weniger Tage völlig ausgelöscht. Als erste Fälle der Krankheit in den USA auftreten, glauben viele, darunter auch Robby Keough (Rene Russo), dass es sich um einen Zufall handelt.
Doch das Virus, das inzwischen schon eine ganze Kleinstadt infiziert hat, ist mutiert und nun auch durch die Luft übertragbar. Unter einer Belagerung des Militärs wird die Stadt unter Quarantäne gestellt. Daniels und seinem Team, darunter Maj. Schuler (Kevin Spacey) und Maj. Salt (Cuba Gooding, Jr.), bleibt nicht viel Zeit, um ein Gegenmittel zu finden. Doch dafür brauchen sie das Wirtstier, das aus Afrika eingeschleppt wurde.
Währenddessen bereitet sich das Militär unter Leitung von Major General McClintock (Donald Sutherland) darauf vor, die Kleinstadt mit einer Bombe auszulöschen, um die Epidemie so im Keim zu ersticken.
Als Einziger steht dem noch Brigade General Ford (Morgan Freeman) im Weg, doch der weiß wie McClintock auch mehr über das "Motaba"-Virus als er zugeben möchte.


Kritik:
Sie sind unsere täglichen Begleiter und haben uns schon seit Jahrtausenden verfolgt; mehrmals im Jahr hören wir neue Schreckensnachrichten, dass sie Hunderte, Tausende Menschen ihr Leben gekostet haben – und immer häufiger müssen wir Menschen erkennen, dass wir auf medizinischem Gebiet bei weitem nicht so weit sind, ein Heilmittel gegen sie zu finden.
Die Rede ist von Viren, jene Parasiten, die sich in Wirtszellen einnisten, sich von dort aus vermehren und auf den gesamten Organismus ausbreiten. Sie selbst leben an sich nicht, sie besitzen weder Mechanismen zur Zellteilung, noch zur Energieproduktion, sie sind eigentlich nur in Proteinhüllen verpackte genetische Datenmengen, die die Wirtszelle auf die Herstellung neuer Viren umprogrammieren können, und wie bei den meisten Parasiten liegt es nicht im Interesse des Virus, seinen Wirt zu töten.
In einem traurig-regelmäßigen Abstand hören wir in den Nachrichten Berichte von neuen Krankheiten, egal ob bei Mensch oder Tier. Von der durch den "humanen Immunschwächevirus" hervorgerufenen AIDS-Krankheit ganz zu schweigen. Weitere Viruskrankheiten, mit denen wir täglich konfrontiert werden sind unter anderem Grippe, Röteln, Mumps, Hepatitis, Masern und die Kinderlähmung.
Täglich werden wir damit konfrontiert, insofern spricht Wolfgang Petersens Film auch mehr als 15 Jahre nach seiner Entstehung ein leider allzeit aktuelles Thema an, das hier zwar hollywoodgerecht, aber trotzdem mehr oder weniger realistisch präsentiert wird und glücklicherweise großteils auf effekthascherische Szenen verzichtet.

Zu verdanken ist das dem Drehbuch, das es bereits in den ersten Minuten schafft, den Zuschauer für das Thema zu interessieren. Dass die Charaktere dabei mehr oder weniger nebensächlich sind, stört anfangs wenig. Denn während die beiden Hauptfiguren immerhin noch eine gemeinsame Vergangenheit zugeschrieben bekommen – Daniels und Keough – bleibt der restliche Cast, angefangen von Kevin Spacey über Cuba Gooding, Jr. relativ blass. Gut überspielen können das immerhin Donald Sutherland und Morgan Freeman, die mit ihrer Präsenz alle Zweifel in den Wind schlagen.
Aber während die Charakterentwicklungen, die sich hier auf gewohnt niedrigem Niveau abspielen, nicht wirklich zu den Stärken des Skripts gehören, verstehen es die beiden Autoren, Panik-Situationen zu erzeugen, die eine solche Epidemie mit sich bringt. Angefangen bei den Szenen, in denen das Virus von einem Menschen zum anderen weitergegeben wird, bis hin zu der Quarantäne, die über die Kleinstadt verhängt wird.
Das Gezeigte ist dabei so schockierend wie realistisch und lässt einen hoffen, dass man nie selbst in eine ähnliche Situation kommen mag.
Was allerdings in Outbreak leider mehr als nur aufgesetzt erscheint ist der pathetische Schluss, der zu der eigentlich sehr düsteren Beschreibung der Vorfälle nicht so recht passen mag. Ansonsten kann das Skript aber dank gewitzter und überzeugender Dialoge, einiger extrem spannender Momente und einer geradlinig erzählten Story vollends überzeugen.

Dass der Film nach wie vor zu den sehenswertesten Vertretern seines Genres gehört, verdankt er allerdings zum großen Teil der wirklich gut aufgelegten Darstellerriege, die von einem überaus motivierten Dustin Hoffman angeführt wird. Er spielt hier mit eben der Energie und einer natürlichen Zerstreutheit, dass man ihm jede Situation abnimmt, und eben deshalb treffen viele seiner One-Liner voll ins Schwarze.
An seiner Seite steht Rene Russo, die hier zwar etwas unterkühlt wirkt, aber dafür immerhin mit vollem Engagement dabei ist; ebenso Cuba Gooding, Jr., dessen Rolle zwar nicht so im Gedächtnis haften bleibt wie seine oscargekrönte Vorstellung in Jerry Maguire - Spiel des Lebens [1996], doch macht es wirklich Spaß im zuzusehen.
Kevin Spacey hat eine eher undankbare Rolle, die man im Deutschen vor allem aufgrund der falschen Synchronstimme nicht genießen kann – abgesehen davon haben alle Akteure nämlich die richtigen Sprecher (was ein wahres Fest für die Ohren ist). Doch auch er meistert seine Aufgabe gut.
Trotz der eher kleinen Rollen sind es aber auch Morgan Freeman und Donald Sutherland, die hier besonders hervorstehen; Freeman allein durch sein Charisma und seine Ruhe, die er allzeit ausstrahlt, Sutherland hingegen wirkt hier so hinterhältig und abgeschlagen, dass man ihn bereits nach den ersten paar Minuten nicht mehr ausstehen kann – und der Darsteller scheint dies regelrecht genossen zu haben.
Bei Outbreak allerdings mindestens ebenso wichtig sind die zahlreichen Nebendarsteller, die die kranken Menschen in der Kleinstadt mimen, zumal einige der besten und bedrückendsten Szenen genau ohne die Hauptcharaktere auskommen. Auch hier ist den Produzenten zu gratulieren, sämtliche Nebendarsteller, darunter auch Kinder, sind sehr gut ausgesucht worden und tragen zu einem rundum gelungenen und äußerst motivierten Cast bei. Manch einer mag übrigens meinen, dass auch der Affe bereits Filmerfahrung gesammelt hat, und das ist völlig richtig: er war vorher bereits in einer "Gastrolle" in der TV-Serie Friends [1994-2004] zu sehen.

All das richtig in Szene zu setzen war Aufgabe von Regisseur Wolfgang Petersen, der sich mit In the Line of Fire – Die zweite Chance [1993] einen Namen in Hollywood machte – jedoch einen, auf den er nicht uneingeschränkt stolz sein kann. Seine Kollegen und die Presse munkelten nämlich, dass hinter den Kulissen mehr Clint Eastwood, Hauptdarsteller des Thrillers, das Sagen hatte als Petersen. Es lag also an ihm, jene Menschen Lügen zu strafen; und es ist ihm dank eines der besten Kameramänner, die Hollywood je gesehen hat auch gelungen: Michael Ballhaus. Der mehrfach oscarnominierte deutsche Künstler hat ein derart exzellentes Auge für opulente und eindrucksvolle Bilder, dass jedem Kinofan das Herz höher springt.
Zu sehen ist dies hier in drei Sequenzen, die allesamt atemberaubend inszeniert sind; als erste die Eröffnungssequenz während des Vorspanns, bei dem scheinbar ohne Schnitt (einer ist bei genauem Hinsehen doch erkennbar) die vier Laboratorien der US-Army durchfahren werden und auf die verschiedenen Gefahrenstufen hingewiesen wird.
Ebenso eindrucksvoll ist jedoch die Fahrt durch einen Lüftungsschacht im Krankenhaus.
Jedoch kaum zu übertreffen, besonders für diejenigen, die Outbreak damals im Kino gesehen haben, ist die Kamerafahrt in einem Kinosaal, als einer der Infizierten husten muss und die Kamera die Partikel bis zu anderen Besuchern im Kino "verfolgt".
Sowohl bei den Actionszenen, als auch bei den ruhigen Passagen, vor allem aber wenn die Stadt im Ausnahmezustand zu sehen ist, wird das Können und das Zusammenspiel der beiden, Petersen und Ballhaus, deutlich. Sie entwickeln eine mitreißende Dynamik und versetzen den Zuschauer stets ins Geschehen, ohne hektisch oder unbedacht zu wirken.
Handwerklich ist ihnen ein Paradestück gelungen, das die Drehbuchschwächen leicht vergessen lässt und allein durch die Optik fesselt.

Damit selbiges auch für die Musik gilt, dafür sorgt James Newton Howard, der hier wie in Auf der Flucht [1993] eine eingängige, melodische Mischung aus klassischen Instrumenten und modernem Synthesizer findet. Rhythmisch und bisweilen zurückhaltend ruhig passt sich der Score gekonnt den Szenen an, wirkt nie aufdringlich und unterstützt das Geschehen einwandfrei.
Zwar ist die Musik alles in allem nicht so eindrucksvoll wie eben in Auf der Flucht oder Waterworld [1995], als Score zum Film hätte man hier aber nichts besser machen können – und das Thema selbst ist sehr gut gelungen.

Hat man die knapp zwei Stunden durchgestanden ist man nicht nur hervorragend unterhalten worden, sondern auch um einige kleine Details aus dem Leben der Virologen reicher. Outbreak versteht es insofern, dem Zuschauer (wenn auch nur einen kleinen Teil der wirklichen Thematik) an Wissen zu vermitteln und selbiges in einer actionreichen, überaus spannenden Story zu verpacken.
Dank der durchweg sehr guten Darstellerleistungen, der erstklassigen Inszenierung und der wirklich guten Musik ergibt das einen Medizin-Thriller, der seinen Genrevertretern um Vieles voraus ist.


Fazit:
Dustin Hoffman und seinen Kollegen sei Dank, dass sie aus der recht einfach gestrickten Story einen überaus sehenswerten Film gemacht haben, der zusammen mit der handwerklichen Finesse von Ballhaus und Petersen ein echtes Highlight seines Genres geworden ist und der neben einer leider "zeitlosen" Geschichte auch genügend Unterhaltungswert besitzt, um einen zwei Stunden zu fesseln.
Dabei hat Outbreak seit seinem Kinodebüt nichts von seiner Faszination verloren, sondern vielmehr an schrecklichem Realismus gewonnen.
Sind alle Beteiligte in Topform, muss nicht zwangsläufig wie in vielen Sommern ein mittelmäßiger Film herauskommen – Petersen serviert erstklassiges Hollywood-Kino, Made by German(y).