Old [2021]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 27. Juli 2021
Genre: Drama / Horror / ThrillerOriginaltitel: Old
Laufzeit: 108 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: M. Night Shyamalan
Musik: Trevor Gureckis
Besetzung: Gael García Bernal, Vicky Krieps, Rufus Sewell, Alex Wolff, Thomasin McKenzie, Abbey Lee, Nikki Amuka-Bird, Ken Leung, Eliza Scanlen, Aaron Pierre, Embeth Davidtz, Emun Elliott, Alexa Swinton, Kathleen Chalfant, Gustaf Hammarsten
Kurzinhalt:
Als der Manager (Gustaf Hammarsten) die Familie Cappa mit den Worten begrüßt, „Dies ist unsere Version vom Paradies“, fällt es schwer, ihm zu widersprechen. Das Luxus-Resort ist idyllisch gelegen, der Strand und die Anlage sind traumhaft. Mit dem Urlaub wollten Guy (Gael García Bernal) und Prisca Cappa (Vicky Krieps) ihren Kindern Maddox (Thomasin McKenzie / Embeth Davidtz / Alexa Swinton) und Trent (Alex Wolff / Emun Elliott) nochmals eine Auszeit gönnen, ehe sie ihnen die Nachricht überbringen, dass sie sich trennen werden. Als der Manager sie zu einem abgelegenen Strand einlädt, willigen die Cappas ein und finden sich wenig später an einem privaten, von hohen Felsen umschlossenen Strandabschnitt wieder, in dem das Wasser glasklar ist und der Sand unendlich fein. Doch sie sind nicht allein. Der bekannte Musiker Mid-Sized Sedan (Aaron Pierre) ist bereits dort und neben den Cappas haben auch Charles (Rufus Sewell), seine Frau Chrystal (Abbey Lee) und ihre Tochter Kara (Eliza Scanlen / Kyle Bailey), zusammen mit Charles Mutter Agnes (Kathleen Chalfant) eine Einladung erhalten. Ebenso stößt das Ehepaar Patricia (Nikki Amuka-Bird) und Jarin (Ken Leung) hinzu. Schon bald finden die Kinder Dinge aus dem Hotel am Strand und sie alle bemerken eine erste Veränderung an sich. Als sie den Ort verlassen wollen, müssen sie feststellen, dass dies nicht möglich ist. Dabei lässt es sich nicht leugnen, dass alle Anwesenden an diesem Strand rasend schnell zu altern beginnen und ohne eine Möglichkeit, diesen Ort zu verlassen, wird ihre Zeit knapp …
Kritik:
Es gibt Tage am Strand, an denen möchte man nicht, dass sie je zu Ende gehen, sondern dass man den Rest seines Lebens dort verbringen kann. Aus diesem Konzept strickt Filmemacher M. Night Shyamalan in Old ein Science Fiction-Horror-Thriller-Drama, das mit einer nachdenklichen Botschaft aufwartet. Der Film verkörpert die besten und die schlechtesten Eigenschaften von Shyamalans bisherigen Werken und wer hofft, dass der Filmemacher nach seinen letzten Arbeiten zu einer beständigeren Form gefunden hat, wird enttäuscht.
Dabei beginnt Old überaus vielversprechend. Zusammen mit ihren beiden Kindern Trent und Maddox verbringt das Ehepaar Prisca und Guy Cappa einige Tage in einem luxuriösen Resort. Selbst wenn die Situation der Familie nicht so idyllisch ist, wie es eingangs den Anschein hat. Das Ehepaar ist im Begriff, sich zu trennen, Prisca selbst mit gesundheitlichen Sorgen belastet und die wenigen Tage im Paradies, wie der Resort Manager die Anlage selbst anpreist, sollen nochmals eine schöne Erinnerung für die sechs- und elfjährigen Kinder sein, auch wenn sie die Streitereien zwischen ihren Eltern längst mitbekommen haben. Der Manager lädt die Cappas ein, einen Tag an einem abgelegenen, privaten Strand zu verbringen und wer nichts Unheilvolles ahnt, wird dies spätestens, wenn Regisseur M. Night Shyamalan selbst in die Rolle des Fahrers schlüpft in einem bedeutend umfangreicheren Auftritt, als vermutet. Am Strand ist die Familie Cappa nicht allein. Chefarzt Charles ist mit seiner deutlich jüngeren Frau Chrystal und ihrer ebenfalls sechsjährigen Tochter Kara auch eingeladen worden, zusammen mit Charles’ Mutter und wenig später kommt noch das Ehepaar Patricia und Jarin hinzu. An dem malerischen Strand treffen sie auf einen schweigsamen Mann, den Rapper Mid-Sized Sedan. Es könnte dennoch ein Tag im Paradies sein, bis die Kinder wenig später eine Leiche im Wasser finden und nicht nur, dass die Gesundheit von Charles’ Mutter rapide abnimmt, wie es aussieht, verändern sich auch die Kinder in einem enormen Tempo.
Was mit allen Anwesenden geschieht, nimmt der Titel bereits vorweg: Sie werden sehr viel älter, in unglaublich kurzer Zeit. Doch sie können den Strand nicht verlassen, der Weg zurück ist durch eine unsichtbare Barriere versperrt und wie eine Flucht über das Wasser Enden würde, verrät bereits die gefundene Leiche. Die einfache Grundidee besitzt etwas ebenso Unscheinbares wie mystisches, doch gelingt es Old nicht, diese Mystik für sich zu nutzen. Das liegt hauptsächlich daran, dass der Film darum bemüht ist, alles, wirklich alles zu erklären. So gibt es eine Begründung für die Begebenheiten an dem Strand selbst (statt dass dies einfach so ist) und eine Antwort darauf, weshalb diese Personen sich dort befinden. Auch, warum sie das Gefühl haben, beobachtet zu werden und während das Publikum im Grunde noch fasziniert mitansieht, wie die Gruppe unterschiedlichster Menschen mit dieser Situation umzugehen versucht, erklärt sogar eine, weshalb Haare und Fingernägel nicht ebenfalls rapide länger werden. Drehbuchautor M. Night Shyamalan ist derart darum bemüht, Antworten zu liefern, dass er ganz überhört, dass niemand eine solche Frage gestellt hat.
Ein weiterer, großer Schwachpunkt, sind eben die unterschiedlichen Figuren, die sich allesamt bei ihrem ersten Auftritt mit Namen und Beruf vorstellen, als wollten sie sich selbst in die Geschichte einführen. Vollkommen unmotiviert erzählen sie von ihren Geschwistern oder sonstigen Dingen, betonen ständig, warum nach ihrer beruflichen Meinung dies oder jenes so sein sollte. Unter den Anwesenden ist u.a. ein Versicherungsanalyst, eine Psychologin, ein Chefarzt und eine Museumskuratorin, jede und jeder mit der Überzeugung, sie könne entscheidend in der jeweiligen Situation etwas beitragen. Am unpassendsten erscheint dies, wenn eine Figur ihren beruflichen Hintergrund nennt und dazu sagt, dass sie das nur tue, damit deutlich werde, dass sie nicht panisch reagiere. Es sind Dialogzeilen wie diese, die sich schlicht falsch anhören. Die Dialoge, die in aller Regel wie aneinandergereihte Monologe klingen, lassen kaum sich ein wirkliches Gespräch entwickeln und klingen, als stammten sie unmittelbar aus einem Buch. Doch auch wie sie vorgetragen werden, wirkt steif und einstudiert. Dass die Charaktere ihre Handlungen stets übererklären, macht das Gezeigte nicht wirklich besser. Gleichzeitig benehmen sich die gealterten Kinder nicht wie Kinder, sondern wie Erwachsene und tun Dinge bzw. wissen und verstehen Zusammenhänge, die sie nie gelernt haben.
Auf der anderen Seite beweist Filmemacher M. Night Shyamalan handwerklich, dass er sein Fach grundsätzlich versteht. Die bewusst langen Einstellungen und Kamerafahrten, die er in Old einsetzt, unterstreichen in manchen Momenten die Entwicklung, die sich in unvorstellbar kurzer Zeit hier abspielt. Doch die Häufigkeit dieses Stilmittels zusammen mit der Tatsache, dass die Perspektiven oft wenig oder offensichtlich gar nichts aussagen, macht stutzig. So kraftvoll manche Bilder sind und so hörenswert einfühlsam manche Beziehungen in bestimmten Situationen die Figuren miteinander verbinden, nicht alle Einstellungen ergeben dort einen Sinn, wann sie im Film zu sehen sind.
Die grundsätzlich bedrohliche und unheimliche Atmosphäre treibt der Filmemacher im letzten Drittel auf die Spitze, wenn einige immens brutale und schreckliche Einstellungen, mit zugegeben fantastischen Maskeneffekten, präsentiert werden. Es unterstreicht die Uneinheitlichkeit der Geschichte, die nie recht zu wissen scheint, was sie eigentlich sein möchte und deren endgültige Ausgestaltung viel zu wünschen übrig lässt.
Fazit:
Es gibt zahlreiche tolle Bilder und wirklich packende Ideen, die Autor und Regisseur M. Night Shyamalan hier präsentiert. Aber nicht nur, dass manche Dialoge sich anhören und in einer derart platten Art und Weise dargebracht sind, dass nicht deutlich wird, ob dies Satire sein soll, oder nicht, am Ende überwiegt der Eindruck, als wäre Shyamalan höchstselbst bemüht, jegliche Mystik aus seiner Geschichte herauszupressen. Dann ist der Film darum bemüht, alles zu erklären, für jedes Element einen Abschluss zu bieten, wobei der tatsächliche Schlüssel zur Lösung nie vorher auch nur angedeutet wird. Wenn außerdem Figuren für lange Zeit einfach verschwinden, ohne erkennbaren Grund wieder auftauchen, an einem Strand, den man mühelos von jeder Stelle aus überblicken kann, oder wenn Personen Erklärungen weit über das notwendige Maß hinaus liefern, erscheint Old wie eine Rohfassung, deren viele gelungene Einzelaspekte schlussendlich nicht poliert genug sind, um richtig zusammen zu passen, oder glänzen zu können. In manchen Momenten zu langsam erzählt, in anderen spürbar zu verkopft, wächst der Film nie über das Ambiente der ersten 20 Minuten hinaus. Das ist mehr als schade, es ist in Anbetracht dessen, was anfangs möglich scheint, beinahe ärgerlich.