Monkey Man [2024]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 23. März 2024
Genre: Action / ThrillerOriginaltitel: Monkey Man
Laufzeit: 121 min.
Produktionsland: USA / Kanada / Singapur / Indien
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 18 Jahren
Regie: Dev Patel
Musik: Jed Kurzel
Besetzung: Dev Patel, Sharlto Copley, Sikandar Kher, Pitobash, Vipin Sharma, Sobhita Dhulipala, Ashwini Kalsekar, Adithi Kalkunte, Makarand Deshpande
Kurzinhalt:
Viele Jahre lang hat Kid (Dev Patel) darauf hingearbeitet, in dem noblen Hotel von Queenie (Ashwini Kalsekar) einen Job zu bekommen. Seit geraumer Zeit verdient er sich sein Geld mit Untergrundkämpfen bei Tiger (Sharlto Copley), bei denen er als ein von der Hanuman-Sage inspirierter Kämpfer mit einer Gorillamaske auftritt. Nachdem er als Reinigungskraft endlich Zugang zum Hotel erhalten hat, beginnt Kid, sich Zug um Zug nach oben zu arbeiten. Es dauert lange, bis er das Vertrauen von Alfonso (Pitobash) gewinnt, der ihn schließlich als Kellner in den exklusiven Club des Hotels mitnimmt, wo die Reichen und Mächtigen alle Regeln hinter sich lassen. Dort trifft Kid nicht nur auf die Angestellte des Hotels, Sita (Sobhita Dhulipala), sondern sein eigentliches Ziel: Den Polizeichef Rana (Sikandar Kher). Aber auch wenn Kid bereit ist, endlich Rache zu nehmen, seine Reise hat gerade erst begonnen …
Kritik:
Die Hauptfigur in Dev Patels Spielfilmregiedebüt Monkey Man lädt zu Vergleichen mit Keanu Reeves’ Titel gebendem John Wick geradezu ein. Beide tragen jeweils einen harten Actionthriller für ein erwachsenes Publikum und müssen sich gegen eine Überzahl an Widersachern mit allerlei Waffen oder ihren bloßen Fäusten wehren. Doch gelingt Patel das Kunststück, das Publikum mit den gezeigten Kämpfen nicht bis zur Gleichgültigkeit zu strapazieren, sondern seine Story mit Tiefe und einem soziokulturellen Hintergrund zu versehen. Das klingt, als würde es dem Unterhaltungswert schaden, doch das Gegenteil ist der Fall.
Im Zentrum der Geschichte steht Kid. Wie er wirklich heißt, verrät der Film nicht und in Anbetracht dessen, wofür die Figur im Verlauf des Films steht, spielt es auch keine Rolle. Nach einem kurzen Prolog, in dem Kids Mutter ihm, als er noch ein kleiner Junge war, von der hinduistischen Gottheit Hanuman erzählt, springt Monkey Man in die heutige Zeit, in der Kid, inzwischen erwachsen, in einer fiktiven indischen Metropole in einem Untergrundclub sein Geld mit Kämpfen verdient. Er trägt dabei eine Affenmaske und versucht so, wenigstens für sich die Hanuman-Legende am Leben zu halten, wird die Gottheit doch als eine Mischung zwischen Mensch und Affe dargestellt. Sie verkörpert Stärke und Mut gleichermaßen. Doch Kids Teilnahme an den Kämpfen ist mit Veranstalter Tiger abgesprochen. Kid soll verlieren und erhält dafür einen Teil der Einnahmen. Mit dem Erlös kauft er sich eine Waffe, um sein eigentliches Ziel zu erreichen. Dafür arbeitet er sich im edlen Hotel von Queenie von der Küchenhilfe nach oben und kommt so in die Nähe des korrupten Polizeichefs Rana, der für Grausamkeiten verantwortlich ist, deren einst Kids Heimatdorf zum Opfer gefallen ist – und seine Mutter.
Wie dies mit einer in Kürze stattfindenden Präsidentschaftswahl in Zusammenhang steht und dem einflussreichen Anführer eines religiösen Kults, sei an dieser Stelle nicht verraten. In vielen Rückblicken, die Kid immer wieder heimsuchen, beschreibt Monkey Man eine Hintergrundgeschichte, die man sich mühelos erschließen kann, so dass ein Abschnitt in der zweiten Filmhälfte, in dem in chronologisch richtiger Reihenfolge nochmals am Stück gezeigt wird, wie Kids Heimat von den „Besitzenden“ rechtswidrig angeeignet und die dort lebende Bevölkerung vertrieben und ermordet wurde, an sich gar nicht notwendig ist. Doch der reichhaltige Hintergrund im allgemeinen und die vorgestellten Kontraste zwischen den verarmten Menschen auf der einen Seite und den Reichen und Mächtigen andererseits, die nur einen Steinwurf entfernt in gläsernen Wolkenkratzern mit greller Neonbeleuchtung leben, verleiht der Geschichte einen sozialen Kontext, der vielen anderen Actionthrillern schlicht fehlt.
Dasselbe gilt für Kid im Speziellen, dessen kultureller Hintergrund ihn einerseits prägt, wie er auch die Heldenfigur definiert, zu der er später wird. Dev Patel erweckt den beinahe namenlosen Rächer mit einem Zorn und einer Härte in seinem Blick zum Leben, die nur durch seine Entschlossenheit noch übertroffen werden. Vom ersten Moment an, wenn er das Hotel auskundschaftet, in dem es einen exklusiven „King“-Club gibt, in dem die High Society nicht nur Drogen konsumieren und im Luxus schwelgen kann, sondern in dem Männer Prostituierte aus einer Menükarte heraus „bestellen“ können, um ihre Fantasien auszuleben, hat man das Gefühl, Kid habe eine Agenda, ein Ziel. Selbst wenn Monkey Man dieses Ziel und Kids Motivation erst nach und nach aufdeckt, die Grundvoraussetzung unterscheidet die Figur bereits von dem vorgenannten John Wick, dessen einziges Ziel es ist, am Leben zu bleiben. Doch hat der keine übergeordnete Absicht, eine Mission, für deren Erfüllung er bereit ist, alles zu tun.
Bei aller Entschlossenheit ist Kid jedoch kein unfehlbarer Superheld. Sieht er dem Polizeichef in die Augen, darauf aus, diesen zu töten, schwingt in seinem Blick eine Unsicherheit mit, ob er es schaffen kann, zu tun, was er sich vorgenommen hat. Anstatt einen unverwundbaren Übermenschen zu präsentieren, konzentriert sich Monkey Man darauf, eine Figur aufzubauen, die zur Inspiration, zum Helden für eine unterdrückte Bevölkerung wird. Das ist inhaltlich erfrischend, selbst wenn der Ablauf nicht allzu sehr überrascht und der Mittelteil bis einschließlich der „Geburt“ der Heldenlegende länger dauert, als nötig. Vor allem ist es auf eine so unerwartete wie packende Art und Weise umgesetzt.
In seinem Spielfilmregiedebüt beweist Dev Patel Talent für eine Choreografie der Actionsequenzen, bei der sich jeder Schlag anfühlt, als würde er tatsächlich treffen. Zwar bleibt die erste Szene das Highlight des Films und Kids Flucht aus dem Hotel gerät wackeliger und hektischer, als es dem Film guttut. Doch es ändert nichts daran, dass Monkey Man einige der packendsten Stunts mit langen, Nerven zerrenden Einstellungen bietet, die ein erwachsenes Publikum seit langem auf der großen Leinwand gesehen hat. Da die Hauptfigur hier ihren Widersachern nicht allzeit überlegen, sondern tatsächlich in der Defensive ist, fiebert man mit ihr auch mehr mit, als mit vielen anderen Genrevertretern. Für ein erwachsenes Publikum ist das mehr als nur eine Empfehlung.
Fazit:
Anstatt einen seelenlosen Actionfilm zu präsentieren, steuert Filmemacher und Hauptdarsteller Dev Patel nicht nur kulturellen Hintergrund bei, sondern versieht seine Geschichte mit gesellschaftskritischen Aussagen, die nicht zu übersehen sind und bei der profitgierige, religiöse Scharlatane gleichermaßen demaskiert werden. Ob die Verstrickungen der Hintergrundstory um die Vertreibung der indigenen Bevölkerung mit der Vermischung von Staats- und religiöser Macht so notwendig war, sei dahingestellt. Es ist ein Aspekt, der weit weniger stark auffällt, wie dass Kids traumatische Kindheit in den zahlreichen Rückblicken greifbar genug präsentiert wird, so dass es den langen Abschnitt, in dem dies erneut gezeigt wird, an sich nicht braucht. Doch diese Kritikpunkte schmälern nicht, wie mitreißend Monkey Man als harter Actionfilm für ein erwachsenes Publikum gelungen ist. Die Choreografie sowie die schiere Masse und Intensität der Stunts beim Finale sind überwältigend. In manchen Momenten etwas hektisch umgesetzt, ist dies nichtsdestotrotz ein handwerklich beeindruckender Genrefilm mit einem Dev Patel, der sich als Regisseur wie Actionstar gleichermaßen beweist. Nicht für zimperliche Zuseherinnen und Zuseher geeignet, verweist Kid John Wick mühelos in die Schranken in auch für das Publikum anstrengenden Kämpfen, bei denen sich jeder Schlag wie der letzte vor dem K.O. anfühlt. Stark!