Mindhunters [2004]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 23. Januar 2005
Genre: Thriller / HorrorOriginaltitel: Mindhunters
Laufzeit: 102 min.
Produktionsland: Großbritannien / Niederlande / USA
Produktionsjahr: 2003
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Renny Harlin
Musik: Tuomas Kantelinen
Darsteller: Kathryn Morris, Christian Slater, LL Cool J, Eion Bailey, Clifton Collins Jr., Will Kemp, Val Kilmer, Jonny Lee Miller, Patricia Velasquez
Kurzinhalt:
Sieben angehende Profiler des FBI, darunter Sara Moore (Kathryn Morris), Nicole Willis (Patricia Velasquez), Vince Sherman (Clifton Collins Jr.) und J.D. Reston (Christian Slater) werden von ihrem Ausbilder Jake Harris (Val Kilmer) auf eine kleine, zum Trainingsparcours umgebaute Insel gesandt. Dort erwartet sie am nächsten Tag ein vorbereiteter Test-Fall eines als "Puppenspieler" bekannten Serientäters. Die Probanden sollen nun herausbekommen, wie der Täter denkt, was er vor hat und wo er als nächstes zuschlagen wird.
Doch als sie mit der Untersuchung des Tatorts beginnen, wird einer aus ihrer Mitte tatsächlich getötet – das Training verwandelt sich in ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel, bei dem der gerissene Täter den übrigen, potentiellen Opfern jeweils ein Zeitlimit gibt, ehe der oder die Nächste sterben wird.
Doch je weniger FBI-Agenten übrig bleiben, desto sicherer scheint es, dass einer von ihnen der Täter sein muss.
Kritik:
Es geschieht nicht oft, dass europäische Zuschauer eine amerikanische Film-Produktion vor dem US-Publikum zu sehen bekommen. Im Falle von Mindhunters ist es sogar beträchtlich früher; lief der Film bereits Ende Juni 2004 in den deutschen Kinos und ist inzwischen in der Videothek zu finden, hat der US-Verleih den Kinostart für Mai 2005 angesetzt – nach zig Terminverschiebungen. Sollten die Macher jedoch nur entfernt auf das geachtet haben, was viele der hiesigen Zuschauer von Renny Harlins Gemetzel-Parade halten, wird der Film in den USA wahrscheinlich überhaupt nicht im Kino zu sehen sein. Vermutlich wäre das auch besser so, gleichwohl der Film aufgrund seines Brutalitätsgrades mit Sicherheit eine gewisse Fangemeinde motivieren kann, wenngleich nicht diejenige, die er eigentlich ansprechen sollte.
Denn was Mindhunters von einem Thriller unterscheidet, sind nicht nur die außergewöhnlich brutalen Mord-Szenarien, sondern das jegliche Fehlen von Spannung, einer plausiblen Story oder gar eines richtigen Drehbuches.
Selbiges stammt dabei nicht nur aus der Feder von Wayne Kramer und Kevin Brodbin, sondern wurde angeblich noch von Ehren Kruger (Arlington Road [1999]) überarbeitet, dessen bisherige Arbeiten aber deutlich mehr Professionalität erkennen ließen.
Was sich im Endergebnis vor den Augen des Zuschauers abspielt, macht zu Beginn noch einen recht interessanten, allerdings gehetzten Eindruck, entwickelt sich dann anhand der ekelhaften Morde (bei denen man das Gehirn jeweils ausschalten sollte, da sie allesamt unlogisch konstruiert und glücklicherweise so kaum durchführbar wären) zu einem dümmlichen, genreüblichen Splatterfilm, der sich in derart konfuse Auflösungen mit unzähligen Logik-Löchern verstrickt, dass man zehn Minuten vor Schluss am besten gar nicht mehr zuschaut. Dass ausgerechnet einer der letzten Morde in einem solch menschenverachtenden Maße umgesetzt werden musste, wobei der "Puppenspieler" seinem Namen hier alle Ehre macht, – und die deutsche FSK besagte Sequenz sogar für Jugendliche ab 16 Jahren freigibt – setzt dem unausgegorenen Skript hingegen die Krone auf.
So dürfen sich Interessierte auf 08/15-Charaktere gefasst machen, die hin und wieder mit ganz witzigen, meist aber klischeebeladenen Dialogen vor der Kamera umher turnen, mit der erschreckenden Situation nicht im Geringsten fertig werden und sich dennoch verhalten, als seien sie aus Stein gemeißelt.
Trotz einiger origineller Einfälle, jedoch ohne Konzept, präsentiert sich die Vorlage als ein Showcase für Splatterfans, die hier wohl mehr auf ihre Kosten kommen, als Krimi-Freunde, die einen "Wer ist der Mörder?"-Thriller erwarten. Selbige Frage kümmert nach den ersten 20 Minuten nämlich keinen der Beteiligten mehr. Das Ganze aber als Drehbuch für einen Kinofilm zu verkaufen, ist überaus dreist und wird allenfalls von Renny Harlins misslungener Regie überboten.
Harlin lehnte die Verfilmung der Ray Bradbury-Kurzgeschichte A Sound of Thunder [2005] ab, um Mindhunters in Holland – nahe seiner Heimat Finnland – drehen zu können. Doch wer hoffte, mit Driven [2001] habe sich der ehemalige Stirb langsam 2 [1990]-Regisseur einen einmaligen Patzer erlaubt, wird leider enttäuscht.
Zwar versucht der inzwischen 46-Jährige sichtlich, mit der Zeit zu gehen, spickt seine Umsetzung mit allerlei Kamera-Gimmicks, Zeitlupen, Zeitraffer und Tony Scott-ähnlichen Schnittfolgen, lässt den Zuseher allerdings infolge des abwitzigen Erzähltempos schon zu Beginn teilnahmslos zurück, und hetzt seine gelangweilten Darsteller durch die durchaus ansprechenden Sets, und weiß diese noch nicht einmal auszunutzen.
So mag der Trainingsparcours auf den ersten Blick noch recht interessant erscheinen, aber wenn man ständig dieselben Ecken zu sehen bekommt, die Farbfilterauswahl derart erschreckend einfallslos geraten ist – selbige werden in der ersten Hälfte des Films kaum genutzt, ehe danach jedes Bild in einem leicht anderen Ton gehalten ist, dabei jedoch nur Studioatmosphäre vermittelt wird –, wirkt all das nur noch ermüdend und die erbarmungswürdig billigen Rätsel, die der Killer den Profilern aufgibt, viel zu plump, um wirklich mitreißen zu können.
Weder die vermeintlich spannenden Sequenzen, noch der Action-Shoot-out im Finale (vom Pseudo-Matrix [1999]-Zweikampf ganz zu schweigen) kann hier überzeugen. In den ersten 20 Minuten ist das vielleicht noch holprig, später nur noch peinlich.
Kaum zu fassen, dass derselbe Renny Harlin nur vier Jahre zuvor mit Deep Blue Sea [1999] einen solide umgesetzten, immens unterhaltsamen, wenngleich inhaltlich etwas schwachen Monsterfilm abgeliefert hat. Da hilft es auch nichts, dass die Make-Up-Effekte teilweise durchaus aufwändig geraten sind, und dass Harlin Mindhunters angeblich unzählige Male umgeschnitten haben soll, um "das richtige Timing" zu finden – wenn dies das Endprodukt ist, möchte man über die vorherigen Versionen gar nicht erst nachdenken. Dass von den vielfältigen End-Szenarien, die gedreht wurden, kein einziges auf der DVD zu sehen ist (das für den Film verwendete wurde erst nach zahlreichen Test-Vorführungen gewählt), spricht ebenfalls nicht unbedingt für eine inhaltlich durchdachte Produktion.
Ähnliches lässt sich auch über die musikalische Untermalung des Werkes sagen.
So wurde ursprünglich David Julyan (Memento [2000], Insomnia [2002]) beauftragt, den Score für Mindhunters zu schreiben – doch wenige Tage bevor der (schon fertig geschriebene) Soundtrack aufgenommen werden sollte, wurde er durch den Finnen Tuomas Kantelinen ersetzt, der seinerseits nur einen einzigen Scheck bekam, mit dem sowohl das Komponieren, Aufnehmen, Orchestrieren und Abmischen des Scores abgedeckt waren, um die Kosten möglichst niedrig zu halten.
Einen solchen Eindruck hinterlässt Kantelinens Musik letztendlich auch. Während der Score zu Beginn zwar ein wenig aufdringlich, aber immerhin atmosphärisch klingt, wandelt sich das Bild stetig, je näher der Film auf das Finale zusteuert. Dann grölen Synthesizerklänge und Rockstücke aus den Lautsprechern, die jeden noch so kleinen Funken an Spannung vernichten. Statt die Szenen für sich sprechen zu lassen, ertränkt der Komponist die ohnehin nicht gelungene Inszenierung in einem billigen, unpassenden Musik-Chaos, das zu uneinheitlich, zu wenig subtil geriet, um überzeugen zu können.
Ein vergleichbares Szenario wie bei der Musik, spielte sich wohl auch hinsichtlich der Besetzung ab: Weder Gerard Butler, noch Ryan Phillippe, Reese Witherspoon, Christopher Walken, Martin Sheen oder Gary Busey waren an den ihnen angebotenen Rollen interessiert – so kam letztendlich die B-Liste zum Einsatz, der man die kollektive Unlust leider anmerkt.
LL Cool J gehört noch zu den routiniertesten Akteuren und mimt seine bisweilen beabsichtigt komische Rolle mit der gewohnten Leichtfüßigkeit, die allerdings angesichts der erschreckenden Szenen zu aufgesetzt wirkt. Trotz allem scheint er nicht ganz bei der Sache gewesen zu sein.
Anders hingegen Christian Slater, der seinen kurzen Auftritt immerhin recht überzeugend abliefert, ebenso wie Val Kilmer, der zu seinem Glück mit am wenigsten zu tun hat.
Kathryn Morris wurde im selben Produktionsjahr mit der sehr guten Krimi-Serie Cold Case – Kein Opfer ist je vergessen [seit 2003] im Fernsehen bekannt, nur gut, dass die meisten Zuschauer nicht wissen, welch durchschnittliche Leistung sie in Mindhunters an den Tag legt. Als TV-Polizistin mit Köpfchen macht sie jedenfalls eine unschätzbar bessere Figur.
Patricia Velasquez hatte in Die Mumie [1999] recht wenig zu sagen, blieb aber dafür im Gedächtnis haften – anders hier, wo sie zwar sichtlich mehr Dialog zu bewältigen hat, wobei dieser bedauerlicherweise so plump geraten ist, dass man sich den Abenteuerfilm zurückwünscht. Sie spielt nicht wirklich schlecht, jedoch uncharismatisch und beiläufig.
Jonny Lee Miller knüpft nahtlos an seine Darbietung aus Wes Craven: Dracula 2000 [2000] an – was alles andere als ein Kompliment ist. Mehr oder weniger vermag er es, in in seiner Rolle zu überzeugen, kommt dabei aber gerade am Schluss im selben Maße unfreiwillig komisch rüber.
Eion Bailey und Clifton Collins Jr. gehören wie Will Kemp zu den angenehmsten Akteuren im Film; schade, dass sie nur kurze Auftritte haben.
Mit Sicherheit gab es schon deutlich schlechtere Darsteller in ähnlich gelagerten Filmen; dass hier allerdings ansich namhafte Mimen in einem derartigen Maß verschwendet werden, bleibt unverständlich und ärgerlich. Auf solche Leistungen kann keiner der Beteiligten stolz sein.
Selbst Regisseur Renny Harlin kam erst zu dem Projekt, als Peter Howitt (Johnny English [2003]) vom Studio wieder "verabschiedet" wurde, das Effekte-Team verbrachte ganz neun Monate an den Spezial-Effekten, und die Macher mussten in den Niederlanden mitunter lange suchen, ehe sie geeignete Schauplätze fanden, die sie nutzen durften; so wurde das FBI-Hauptquartier im Endeffekt in einer Schule realisiert.
Was am Ende dabei herauskam, ist ein einziges Debakel. Nicht nur, dass der Film inhaltlich jeder Logik entbehrt, und sich die Story ebenso wirr, wie lächerlich präsentiert, selbst handwerklich lässt Renny Harlin seine Fans im Regen stehen. Von der kongenial inszenierten Action in Stirb langsam 2 oder Cliffhanger – Nur die Starken überleben [1993], ist nichts übrig geblieben. Stattdessen versucht der Regisseur die Zuschauer mit Kamera-Tricks vom dümmlichen Inhalt abzulenken und die unausgegorenen Darsteller-Leistungen zu übertünchen.
Das mag ihm bei denjenigen gelingen, die angesichts der blutigen Ekel-Effekte ganz aus dem Häuschen sind; alle anderen, die einen spannenden Thriller erwartet haben, sind hingegen bereits nach den ersten, gehetzten und konfus geschnittenen Minuten enttäuscht.
Fazit:
Es ist grundsätzlich kein gutes Zeichen, wenn ein 2003 produzierter Film erst 2004 im Kino zu sehen ist; noch schlimmer ist es jedoch, wenn dieser Film im Heimatland des Produktionsstudios sogar eineinhalb Jahre nach Fertigstellung noch nicht gezeigt wurde. Dass Renny Harlin, um "das Erzähltempo zu optimieren" zudem zig Mal an Mindhunters herumgeschnitten hat, rundet das Trio der bösen Omen letztendlich ab.
Das Ergebnis würde nicht einer gewissen Komik entbehren, wäre der Film nicht szenenweise derart menschenverachtend ekelhaft geraten. Dabei gehört der erste Mord zwar auch zu den brutalsten, die Auflösung ist allerdings derart haarsträubend, dass man die vergeudeten 100 Minuten ansich von den Machern zurückfordern sollte.
Schon das löchrige und dämliche Skript legt den Grundstein für einen ganz und gar unspannenden, mittelmäßig gespielten, über weite Strecken unnötig brutalen und im letzten Drittel schlecht inszenierten Slasher-Thriller, der ein ebenso naives wie gänzlich anspruchsloses Haupt-Publikum anspricht.
Selbiges wird ihm sicher gelingen, doch gibt es für dasselbe Geld in der Videothek auch Das Schweigen der Lämmer [1991], Sieben [1995], Im Netz der Spinne [2002] oder Roter Drache [2002] – und jene Filme sind allesamt deutlich besser, als dieses halbfertige Machwerk eines ehemals guten Regisseurs.