Mein ist die Rache [2003]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 21. Januar 2004
Genre: Krimi

Originaltitel: The Inspector Lynley Mysteries: A Suitable Vengeance
Laufzeit: 87 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 2003
FSK-Freigabe: -

Regie: Edward Bennett
Musik: Robert Lockhart
Darsteller: Nathaniel Parker, Sharon Small, Lesley Vickerage, Peter Egan, Gabrielle Drake, Matthew Goode, Mali Harries, Nicholas Burns, John Duttine


Kurzinhalt:
Inspector Thomas Lynley (Nathaniel Parker) lädt zusammen mit seiner Verlobten Helen Clyde (Lesley Vickerage) Freunde und Verwandtschaft auf das Familienanwesen zur Verlobungsfeier ein. Doch dort kommen gleich zu Beginn alte Feindseligkeiten mit Lynleys verwitweter Mutter Lady Asherton (Gabrielle Drake) erneut auf. Sie pflegt ein mehr als freundschaftliches Verhältnis zu dem Arzt Dr. Trenarrow (Peter Egan), der wiederum Lynleys jüngeren, drogenabhängigen Bruder Peter (Matthew Goode) betreut.
Doch die Familienstreitigkeiten werden verdrängt, als im nahe gelegenen Dorf Nanrunnel Mick Cambrey (Nicholas Burns) ermordet aufgefunden wird, er war der Ehemann von Nancy (Mali Harries), die die Tochter des Verwalters des Asherton-Anwesens ist, John Penellin (John Duttine). Lynley ermittelt trotz des Widerspruchs seiner Mutter und seiner Verlobten zusammen mit Havers (Sharon Small) selbst in dem Fall, und stößt auf mehr Verwicklungen und Intrigen, als es seine Familie verkraften könnte ...


Kritik:
Es gibt wohl keine Krimi- oder Ermittlerreihe, bei der sich der Fall nicht früher oder später um einen der Ermittler selbst dreht. Die zerklüfteten Familienabgründe aufzuzeigen verleiht den Charakteren in aller Regel ein Mehr an Tiefe, und da Autorin Elizabeth George ohnehin die Welt der Wohlhabenden am liebsten für ihre Leser zerpflückt, bietet sich eine solche Situation an – das mit der Verlobungsfeier des Protagonisten zu verbinden soll wohl den Schockmoment noch erhöhen.
In der Tat ist dieser 90-minütige Fernsehkrimi aber so flach wie Blatt Papier geraten, die Familientragödie um den drogenkranken Bruder, die in Ungnade gefallene Mutter und den Freund der Familie, der in mehr verwickelt ist, als es ihm jemand zugetraut hätte; all das vervollständigt den schablonenhaften Eindruck der Geschichte, die in keiner Sekunde überraschend oder gar innovativ geraten ist. Auch die Darstellerleistungen halten sich diesmal in Grenzen, gleichwohl der Krimi deutlich besser ist, als der letzte.

Man merkt dieser Verfilmung vielleicht mehr als allen vorherigen an, dass sie auf einer Romanvorlage basiert, es dauert über eine halbe Stunde, bis das Geschehen endlich in Fahrt kommt, beziehungsweise der Mord verübt ist. Bis dahin begnügen sich die Macher mit Charakterzeichnungen und dem Vorstellen der zahlreichen Figuren im Stück.
Interessant ist hier für Fans vor allem die Beziehung von Lynley zu seiner Mutter, die auf Grund eines Jahre alten Konflikts getrübt ist. Wie es sich für eine klischeehafte Story gehört, wird diese Unstimmigkeit natürlich auch beseitigt, dies geschieht aber so schnell (und Lynleys Sinneswandel derart plötzlich), dass es schneller vorbei ist, als es angefangen hat.
Auch der drogenabhängige Bruder muss auf den rechten Weg gebracht werden – man könnte am Ende eigentlich von einem Happy End reden, hätte die Autorin nicht in aller letzter Minute das Glück der Lynleys herumgedreht, so dass der Schluss mehr oder weniger offen bleibt.
Hauptproblem ist aber wie bei einigen der bisherigen Episoden, dass der Film viel Konfliktpotential aufbaut, es aber nicht ausnutzt. Lediglich ein Streitgespräch zwischen Thomas und Peter Lynley wirkt halbwegs vollständig, als jedoch eine ernsthafte Diskussion (in derselben Szene) zwischen Lynley und seiner Mutter ansteht, erfolgt einfach ein Schnitt und das Geschehen wird unterbrochen. Während manche Gespräche überlang wirken, sind andere mitten im Satz beendet, es werden bedeutend mehr Charaktere vorgestellt, als im Endeffekt notwendig wären, wodurch die wenigen, die wirklich weiterentwickelt werden sollten, gar nicht zum Zug kommen.
Barbara Havers hat hier zwar ein paar nette Szenen, ist aber nur Statistin, die Tatsache, dass sie und Lynley nach zwei Jahren gemeinsamer Ermittlungen immer noch das Vorgesetzer-Untergebener-Verhältnis teilen und nicht wenigstens ein freundschaftliches Verhältnis entstanden ist, wirkt gerade bei den gezeigten Szenen der beiden äußerst übertrieben und aufgesetzt. Was ebenfalls verwundert ist die Tatsache, dass bedeutend weniger Verdächtige in Frage kommen, als einem in wenigen Szenen vorgestellt werden. Die "Wer war der Täter"-Rätselei ist so simpel geraten und die Auflösung so erzwungen überraschend, dass man zwar im ersten Moment stutzt, es einen aber nicht mehr wirklich interessiert.
Inhaltlich seicht geraten mit Pseudo-Traumata der Beteiligten und Familienverschwörungen, die sich als banaler entpuppen, als zunächst angenommen, kommt die Auflösung zwar unverhofft, aber gleichsam unglaubwürdig.

Wett gemacht wird das ein wenig durch die solide Umsetzung, die mit ein paar malerischen Landschaftsaufnahmen aufwarten kann und die Gespräche zumindest gut einfängt, ohne dabei (wie im letzten Teil, Im Angesicht des Feindes [2003]) das fehlende Talent der Gastdarsteller zur Schau zu stellen.
Allerdings wären auch hier bedeutend mehr Ideen notwendig gewesen, um Mein ist die Rache über den Seriendurchschnitt zu heben.
Eine saubere Inszenierung ist leider nicht gleichbedeutend mit einer spannenden, oder gar mitreißenden. Beides ist Lynleys und Havers achter Fall nämlich nicht geraten. Dafür benötigt die Geschichte viel zu lange, um irgendeine Richtung einzuschlagen, nur um dann zu offenbaren, dass alle "Intrigen" in anderen Krimis (auch innerhalb der Reihe) schon besser umgesetzt wurden. Da rettet auch der möchte-gern anspruchsvolle neue Wirkstoff gegen Krebs nichts, der hier zwar magisch angesprochen wird, für dessen Glaubwürdigkeit aber jede Erklärung seiner Wirkung fehlt (immerhin bewegen sich die Lynley Mysteries nicht im Bereich Science Fiction), ein wenig Realitätsnähe kann man doch verlangen.

Robert Lockharts musikalische Untermalung hält sich einmal mehr gekonnt im Hintergrund – ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist, muss jeder für sich entscheiden. Zumindest wirkt die Musik nicht gekünstelt.

Die Darstellerleistung ist indes ein schwieriges Thema, während Nathaniel Parker zwar von einem Gefühlsausbruch zum nächsten rudert (diese sind dabei zwar gut gespielt, wirken für seinen verhaltenen Charakter aber unglaubwürdig), wirkt Lynleys Verlobte Helen Clyde, Lesley Vickerage, nicht nur arrogant, sondern angesichts der Tragödien in dem kleinen Dorf auch noch gelangweilt.
Daneben sind Sharon Small mit zu wenig Einsatzmöglichkeiten und Gabrielle Drake als Lynleys Mutter zu sehen. Erstere beweist gerade in den wenigen Szenen (beispielsweise als sie im Abendkleid erscheint), dass sie ihrem Charakter mehr Tiefe verleihen kann und möchte, Drake hingegen bleibt trotz einiger Tränen unerwartet farblos. Als Lynleys Mutter wirkt sie zwar nicht fehlbesetzt, aber doch als müsse sie sich zurückhalten.
Matthew Goode scheint die Rolle von Peter Lynley zwar zu gefallen, Sympathiepunkte kann er aber keine verbuchen – ebenso wenig wie Peter Egan, der zwar nicht schlecht spielt, aber gegen die nicht nachvollziehbaren Handlungen seines Filmpendants nichts ausrichten kann.
Insgesamt ist die Darstellerauswahl deutlich besser gelungen, als im letzten TV-Film, in Anbetracht der Umgebung (englischer Adel) agieren die Beteiligten ihren Rollen entsprechend auch nicht schlecht, nur charismalos.

Die zweite Staffel aus der Reihe ist beinahe vorbei, und das Fazit ist dabei austauschbar wie immer: während die Hauptcharaktere durchaus Potential besitzen, wird dieses in den einzelnen Fällen nicht ausgeschöpft. Zwar versuchen die Macher Lynleys Persönlichkeit zu vertiefen, indem sie den neuen Fall in seiner Familie ansiedeln (so schon geschehen bei der Vorlage), aber anstatt mehr Mut zu beweisen und die Vorlage zu entrümpeln, wobei natürlich viele Handlungsfäden gekürzt würden, oder Charaktere ganz gestrichen, versucht die Drehbuchautorin, den Film den Gesetzen des Romans zu unterwerfen; doch wo im geschriebenen Wort komplexe Charakterverstrickungen untereinander und ein gemächlicher Aufbau zur Spannung beitragen, wirkt all das im Film überlang, langatmig und gekünstelt verschachtelt.
Unterhaltsam ist die Umsetzung nicht geraten, komplex auch nicht, die Charakterentwicklungen beschränken sich auf Thomas Lynley und sind bei weitem nicht so weitreichend, wie erhofft – alles in allem ist diese "persönliche" Episode aus den Lynley Mysteries schlicht enttäuschend.


Fazit:
Einmal mehr sind es die Darsteller, die über die inhaltlichen Schwächen hinweg täuschen. Nathaniel Parker spielt wirklich gut, auch wenn seine 'intimeren' Charaktermomente überhastet kommen und auch nicht lange genug dauern. Sharon Small ihrerseits scheint mit der Nebenseiter-Rolle nicht wirklich zufrieden, und dazu hat sie auch allen Grund.
Die restliche Besetzung ist ordentlich ausgesucht, verdient für ihre Darbietung aber keinen Preis – doch all das hilft wenig, wenn der Krimi selbst nicht überzeugen kann. Wenn der Fall schon das Privatleben der Hauptakteure betrifft, hätte sich die Tätersuche zumindest etwas länger um Lynleys Bruder drehen können.
Für Fans gehört der Teil zweifelsohne zur Reihe, und es gibt auch schlechtere ... bessere zum Glück aber auch.