Lucy [2014]

Wertung: 1.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 09. März 2015
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: Lucy
Laufzeit: 89 min.
Produktionsland: Frankreich
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Luc Besson
Musik: Eric Serra
Darsteller: Scarlett Johansson, Morgan Freeman, Min-sik Choi, Amr Waked, Julian Rhind-Tutt, Pilou Asbæk, Analeigh Tipton, Nicolas Phongpheth, Jan Oliver Schroeder, Luca Angeletti


Kurzinhalt:

Nachdem Lucy (Scarlett Johansson) einen Koffer zum skrupellosen Gangster Mr. Jang (Min-sik Choi) gebracht hat und bewusstlos geschlagen wird, muss sie nach dem Aufwachen feststellen, dass ihr ein Päckchen mit experimentellen Drogen in den Unterleib eingesetzt wurde. Als die Droge in ihre Blutbahn gelangt, erhält sie nach und nach Zugang zu den Regionen ihres Gehirns, die normalen Menschen verborgen bleiben. Die Veränderungen spürt Lucy sofort und kontaktiert Professor Norman (Morgan Freeman), der seit Jahren auf dem Gebiet forscht – dabei setzt Mr. Jang alles daran, die übrigen drei Päckchen der Droge zu finden, hinter denen Lucy nun ebenfalls her ist ...


Kritik:
Laut Autor und Regisseur Luc Besson dauerte es zehn Jahre, bis sein Projekt Lucy fertiggestellt war. Die Aussage des Films, die uns die gleichnamige Protagonistin am Ende selbst verkünden muss, heißt dabei, dass wir etwas mit unserem Leben anfangen sollen. Sieht man sich Bessons um Bedeutung bemühten, inhaltlich klischeebeladen abstrus hanebüchenen und überdies einfallslos inszenierten Actionthriller an, möchte man ihm zurufen, dass er sich seinen Rat am meisten zu Herzen nehmen sollte.

Dass die Grundidee kaum für einen wirklichen Spielfilm ausreicht, scheint Luc Besson dabei selbst erkannt zu haben und belässt es glücklicherweise bei einer überschaubaren Laufzeit von gerade einmal eineinhalb Stunden – inklusive Abspann. Bis es soweit ist, dass Lucy mit einer neuen Droge "infiziert" wird und sich daraufhin ihre Fähigkeiten ins Unermessliche steigern, vergehen bereits 20 Minuten. In dem langen Exposé stellt der Filmemacher seine Hauptfigur vor, die von jemandem, den sie wohl kurz zuvor in einer Bar getroffen hat, dazu "überredet" wird, einen Koffer in ein Hotel zu bringen. Weshalb es dafür notwendig ist, dass er ihr den Koffer ans Handgelenk kettet, verstehe wer will. Im Hotel trifft Lucy auf den bösen Koreaner Mr. Jang, der – wohl da er gerade mehrere Menschen, die er nicht leiden konnte zerstückelt hat – mit Blutspritzern im Gesicht verlangt, dass Lucy den Koffer öffnet.

Damit all diejenigen Zuschauer, die der zweifelsfrei komplex-komplizierten Geschichte bis hierhin nicht folgen konnten, bei Lucy nicht außen vor bleiben, unterlegt der Regisseur seine Szenen immer wieder mit Aufnahmen aus der Tierwelt, die dem Publikum zeigen, dass Mr. Jang der Gepard ist und Lucy die Antilope. So wird gleich doppelt deutlich, dass sie wie eine Maus in die Falle tappt und als Opfer den Raubtieren zum Fraß vorgeworfen wird. Das mag von Besson künstlerisch anspruchsvoll gedacht gewesen sein, wirkt jedoch als wäre er entweder verkrampft um eine Bedeutsamkeit bemüht, oder müsste irgendwie die Laufzeit erreichen. Zugleich wird Professor Norman vorgestellt, der im Rahmen eines Vortrags erläutert, dass die Menschen nur einen Bruchteil ihrer Gehirnkapazität nutzen und was mit Lucy geschehen wird, wenn sie Stück für Stück ihre Fähigkeiten freischaltet. Auch hierbei unterstützt der vorausschauende Regisseur seine Zuseher und blendet regelmäßig ein, bei wie viel Prozent Lucy angekommen ist.

So gewollt und inhaltlich weit hergeholt das ohnehin bereits ist, man könnte sich damit arrangieren und Lucy als anspruchslose Unterhaltung sehen, würde sich Besson bei der Präsentation wenigstens Mühe geben. Mit Zeitraffer- oder Zeitlupenaufnahmen versucht er jedoch zu überdecken, dass er statt interessanter Blickwinkel und gelungener Szenenkompositionen nur zu kopieren versucht, was andere Filme wie Inception [2010] oder Matrix [1999] so erfolgreich gemacht hat. Die Schusswechsel sind allesamt ohne Dramaturgie ausgeführt und die Verfolgungsjagd entpuppt sich als ein Fest computergenerierter Autos, Unfälle und Kamerafahrten. Einen wirklichen Abschluss derselben enthält er dem Publikum ohnehin vor und wer hofft, dass Lucy eine wirkliche, wenn auch rein hypothetische Antwort darauf liefert, was geschieht, wenn sie 100% ihrer Gehirnleistung nutzt, der sollte seine Erwartungen weit herunterschrauben. Es ist ein Tipp, der auch für den Film als ganzes gilt.


Fazit:
Wieso sollte man mit einer Heldin mitfiebern, die zwei Drittel des Films über faktisch unangreifbar und unbesiegbar ist? Scarlett Johanssons war zuletzt in Under the Skin - Tödliche Verführung [2013] mimisch gleichermaßen eintönig – nur war dies ein bedeutend besserer und interessanterer Film. Hier scheint sie beinahe so gelangweilt wie Morgan Freeman, dem man bessere Rollen wünscht als diese.
Die Geschichte entpuppt sich als Vorwand, dass Luc Besson wieder einmal eine mordende weibliche Hauptfigur in Szene setzen kann. Dass all dies nicht einmal unterhaltsam oder flott verpackt ist, sondern sich die eineinhalb Stunden anfühlen, als hätte man einen Marathon überstanden, ist die eigentliche Überraschung des vermeintlichen Actionthrillers. Tatsächlich ist die Action mau und der Thrill nicht prickelnd. "Stil über Substanz" funktioniert nur, wenn wenigstens ein Quäntchen Substanz vorhanden ist und der Stil nicht so einfallslos präsentiert wird wie bei Lucy.