Love & Other Drugs - Nebenwirkungen inklusive [2010]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 20. Juni 2011
Genre: Liebesfilm / Komödie / Drama

Originaltitel: Love and Other Drugs
Laufzeit: 112 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Edward Zwick
Musik: James Newton Howard
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Anne Hathaway, Oliver Platt, Hank Azaria, Josh Gad, Gabriel Macht, Judy Greer, George Segal, Jill Clayburgh, Kate Jennings Grant, Katheryn Winnick, Kimberly Scott


Kurzinhalt:
Jamie Randall (Jake Gyllenhaal) ist ein ausgezeichneter Verkäufer – das funktioniert bei sich selbst und allem, was er anpreist. Als ihm sein Bruder Josh (Josh Gad) einen Job als Pharmavertreter für Pfizer ermöglicht, hofft Jamie auf das große Geld. Was er eigentlich erreichen will, weiß er nicht. Bei einem Besuch bei Dr. Stan Knight (Hank Azaria) trifft Jamie auf Maggie (Anne Hathaway). In der jungen Frau findet er eine verwandte Seele und beginnt mit ihr eine rein sexuelle Beziehung. Dass Maggie Parkinson hat, stört Jamie nicht, auch wenn sie nicht weiß, wie er genau einzuschätzen ist.
Doch dann nimmt Jamies Karriere Fahrt auf, wobei er sich gleichzeitig dafür interessiert, was man gegen Maggies Erkrankung unternehmen kann. Will er dabei für Maggie, dass ihr geholfen wird, oder für sich selbst? Und bringt es Maggie über sich, ihr Vertrauen in ihn zu setzen, auch auf die Gefahr hin, enttäuscht zu werden?


Kritik:
Es ist schade mitanzusehen, wie Love & Other Drugs von dem Weg abkommt, ein sehr guter Film zu werden. Das heißt nicht, dass es kein guter ist, im Gegenteil. Dank der beiden Hauptdarsteller ist die Liebesgeschichte nicht nur spritzig erzählt, sondern so charmant zum Leben erweckt, dass man Jake Gyllenhaal und Anne Hathaway genau in jenen Situationen sieht und ihre Wortwechsel sich genau so anhören, wie sie sich bei Menschen dieser Art und in diesen Momenten anhören sollten. Doch dann beginnt das letzte Drittel mit einem Monolog von Maggie, gefolgt von einem Klischee, das in einem Monolog von Jamie endet – und so mündet der Film in einer toll eingefangenen und auch ebenso gut erdachten Collage, die aber letztlich nur kaschiert, dass Regisseur Edward Zwick eine ganz normale Romanze erzählt, die ihren obligatorischen Tiefpunkt aus der Thematik der an Parkinson erkrankten Frau zieht. Interessanterweise findet sich auf der Heimvideoveröffentlichung in einer gelöschten Szene ein anderer Ansatz für den Auslöser bei Jamies Umdenken. Nur wieso muss sich bei einem Film, der sich erfreulich erfrischend dem Thema annähert, sich der Verstoßene nach den üblichen Regeln des Genres darum bemühen, die Gunst der Herzdame wiederzuerlangen?

Die Geschichte beginnt 1996 und zeigt uns Jamie, der ein Naturtalent scheint, wenn es darum geht, den Menschen etwas zu verkaufen. Über seinen frühreichen Bruder erhält er einen Job als Pharmavertreter – ein weiterer Schlag ins Gesicht für seinen Vater, der auch den ältesten Sohn lieber in der praktizierenden Medizin sehen würde. Doch über die familiären Begebenheiten erfährt man wenig bei Love & Other Drugs. Stattdessen beobachten wir Jamies Aufstieg als Vertreter des Pharmariesen Pfizer, dem der große Durchbruch allerdings noch bevor steht. Bei einem Arzt begegnet Jamie Maggie und trifft damit auf jemanden, der so ist wie er, und doch ganz anders. Anne Hathaway verleiht Maggie eine so ansteckende Energie, und gleichzeitig eine emotionale Nüchternheit, dass es beinahe schon erschreckend wirkt. Sie gestaltet die junge Frau wie ein Pendel zwischen den Extremen, eine Auswirkung ihrer Krankheit; Maggie hat Parkinson. Als Jamie sich mit ihr einlässt, ist ihm das bekannt. Nur ob er es versteht? Menschen wie Boxerlegende Muhammad Ali haben Parkinson weltweit bekannt gemacht, obwohl allein hierzulande eine Viertel Million Menschen von der degenerativen Erkrankung heimgesucht werden. Was aber bedeutet es, mit Parkinson zu leben? Das leichte Zittern, das Maggie nicht kontrollieren kann, ist nur ein unscheinbares Symptom, einen stärkeren Schub bekommt Jamie gar nicht zu sehen. Zu Beginn wird ihre Beziehung ohnehin nur vom Sex angetrieben. Vielleicht weil er nicht mehr sucht, vielleicht auch, weil sie nicht mehr zulässt. Vielleicht beides. Doch mit der Zeit beginnt sich zwischen ihnen mehr zu entwickeln.
Während Jamies Aufstieg mit der Veröffentlichung von Pfizers größter Errungenschaft, der Wunderpille Viagra, einen Sprung nach vorne macht, kommt er bei einem Gegenkongress zu einem jährlichen Pharmaindustrietreffen dahinter, was Parkinson tatsächlich bedeutet. Und wir bekommen wie er gezeigt, und in einem kurzen Bericht eines Ehemannes einer betroffenen Frau gesagt, wie sich diese Krankheit in ihrem Verlauf im Alltag äußert.

Love & Other Drugs erzählt in der ersten Hälfte eine nicht ungewöhnliche Liebeskomödie mit einem Jungen, der zwar oberflächlich scheint, aber nicht unsympathisch, und einem Mädchen, das "schwer zu bekommen" spielt. Eher nebenbei wird die Karriere eines Pharmavertreters geschildert, die das zugrundeliegende Buch von Jamie Reidy mit dem Titel Hard Sell: The Evolution of a Viagra Salesman [2005] eigentlich behandelt. Die Seitenhiebe auf die angeblich der Genesung der Menschen verschriebenen Industrie fallen überraschend zahm aus, sind aber zu erkennen. Wenn mit dem Verlauf von Maggies Krankheit eine ungewöhnliche Seite angeschnitten wird, gewinnt der Film von Edward Zwick merklich an Profil. Figuren wie Bruce Winston, gespielt von einem kurz aufblühenden Oliver Platt als Mentor des jungen Vertreters, bleiben leider unterentwickelt. Das Drehbuch führt uns zu der Erkenntnis, dass Parkinson nicht heilbar ist, und diejenigen, die daran erkrankt sind, beziehungsweise diejenigen, die deren Weg teilen wollen, keine einfache Zeit vor sich haben. Maggie schließt Jamie an dieser Stelle aus. Ob sie dabei ihm einen Gefallen tun, oder sich selbst den vermeintlichen Kummer ersparen möchte, verschweigt sie allerdings. Bedauerlich ist, dass dem Film keine andere Möglichkeit einfällt, die erfrischende und freizügige Liebesgeschichte zum Ende zu bringen, als man es aus unzähligen anderen Filmen dieser Art kennt. Damit scheint der Film gewöhnlicher als er ist, was das außergewöhnliche, nebenbei behandelte Thema um Parkinson nicht verdient hat.


Fazit:
Es ist eine unverkrampfte Herangehensweise an ein schwieriges Thema, die Edward Zwick hier wählt. Wenn Betroffene auf einem Kongress Witze über ihre Parkinson-Erkrankung machen, bleibt einem als Außenstehender das Lachen im Halse stecken. Dabei gelingt es Love & Other Drugs gerade in jenem Abschnitt sehr gut, dass man als Zuseher wie Jamie Randall gar nicht weiß, wie man reagieren soll.
Eine Liebeskomödie um beziehungsunfähige Partner ist nichts Neues, dabei ein Augenmerk auf eine solche Erkrankung zu werfen hingegen schon. Weswegen die Geschichte, die sich so befreiend aus der Ausgangslage entwickelt, am Ende wieder in bekannte Klischees zurückfällt, ist unverständlich. Wäre es immerhin Maggies Einsicht, die den Schluss ermöglicht, wäre da zumindest ein einfallsreiches Element vorhanden. So endet der Film auf dem Niveau, auf dem er begann. Dazwischen lässt er jedoch viel mehr Potential durchblitzen.