Lilo & Stitch [2002]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 17. Januar 2015
Genre: Animation / Komödie / Science FictionOriginaltitel: Lilo & Stitch
Laufzeit: 84 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung
Regie: Dean DeBlois, Chris Sanders
Musik: Alan Silvestri
Stimmen: Daveigh Chase (Shir-Aviv Hommelsheim), Chris Sanders (Bob van der Houven), Tia Carrere (Vanessa Petruo), David Ogden Stiers (Roland Hemmo), Kevin McDonald (Oliver Rohrbeck), Ving Rhames (Tilo Schmitz), Zoe Caldwell (Katharina Thalbach), Kevin Michael Richardson (Engelbert von Nordhausen), Jason Scott Lee (Timmo Niesner)
Kurzinhalt:
Experiment 626 (Chris Sanders / Bob van der Houven) ist wider die Natur – so entscheidet der Rat, dass das von Dr. Jumba (David Ogden Stiers / Roland Hemmo) erschaffene Wesen gefangen zu nehmen ist. Doch der kleinen, blauen Kreatur gelingt die Flucht. Auf der Erde gestrandet, sollen sein Schöpfer und Pleakley (Kevin McDonald / Oliver Rohrbeck) Jagd auf ihn machen. Doch dann adoptiert ihn das kleine Mädchen Lilo (Daveigh Chase / Shir-Aviv Hommelsheim), das bei seiner Schwester Nani (Tia Carrere / Vanessa Petruo) aufwächst, und tauft das neue Haustier Stitch.
Aber auch wenn Stitch Licht in das Leben der traurigen Lilo bringt, die keine Freunde hat, er stürzt die Welt der beiden Schwestern von einer Katastrophe in die nächste. Dabei befindet sich Nani im Visier des Jugendamts, dessen Mitarbeiter Bubbles (Ving Rhames / Tilo Schmitz) entscheiden soll, ob Lilo bei ihr bleiben darf. Da hilft es nicht, dass Nani auf Grund von Stitch ihren Job verliert. Während Stitch langsam versteht, was es bedeutet, eine Familie zu haben, kommen ihm Pleakley und Jumba immer näher ...
Kritik:
Sieht man sich die Geschichte von Lilo & Stitch an, dann kann man kaum glauben, dass dies ein Disney-Film sein soll. Sieht man die Zeichnungen, ist es nur noch unglaublicher. Und doch besitzt der Film einen derart ansteckenden Humor, die knuddeligsten Figuren, die seit ewigen Zeiten in einem Zeichentrickabenteuer zu sehen waren und eine so herzerwärmende Story, dass man sich zumindest in jener Zeit kein anderes Studio vorstellen konnte, bei dem er besser aufgehoben wäre.
Im überraschend langen Teaser treffen wir auf Experiment 626, später bekannt als Stitch, des Wissenschaftlers Dr. Jumba. Stitch erinnert ein wenig an einen blauen, hyperaktiven Koalabären mit vier statt zwei Armen, Stacheln auf dem Rücken und Fühlern auf dem Kopf. Er wurde erschaffen, um stärker und widerstandsfähiger zu sein. Zerstörung ist in ihm genetisch programmiert und so wird entschieden, dass er als Verbrechen an der Natur eingesperrt werden soll. Habe ich erwähnt, dass Stitch, Dr. Jumba und die Ratsvorsitzende, die seine Inhaftierung beschließt, Aliens sind?
Stitch gelingt die Flucht, doch stürzt sein Raumschiff auf der Erde ab. Genauer gesagt auf Hawaii, was schon deshalb ungünstig ist, da der kleine Außerirdische Angst vor Wasser hat. Während Dr. Jumba und der extraterrestrische Forscher Pleakley auf die Erde gesandt werden, um Stitch unentdeckt gefangen zu nehmen, stellen die Regisseure Dean DeBlois und Chris Sanders (die Ähnlichkeit Stitchs zu Ohnezahn aus Drachenzähmen leicht gemacht [2010] ist nicht zu verkennen) das kleine Mädchen Lilo vor, die Stitch adoptiert, nachdem er im Tierheim gelandet ist. Auch Lilo ist anders als sonstige Disney-Figuren. Von ihren Lehrern und Mitschülerinnen als Problemkind bezeichnet und ausgegrenzt, wächst Lilo bei ihrer Schwester Nani auf. Ihre Eltern haben sie bei einem Autounfall verloren, aber auch wenn ihre Familie kaputt sei, wie Lilo selbst sagt, sie sind doch eine Familie.
Allerdings sieht der Mitarbeiter des Jugendamts, der hünenhafte Cobra Bubbles, die Situation nicht so einfach. Er soll feststellen, ob Lilo bei Nani gut aufgehoben ist. Gerade dann stellt Stitch ihre Welt auf den Kopf.
Statt eine ideale Familie vorzustellen, erzählt Lilo & Stitch von zwei Menschen, die vor den Scherben ihres Lebens stehen und versuchen, es irgendwie zusammen zu halten. Es ist ein trauriger Kern, der trotz der rockigen Elvis Presley-Songs zusammen mit dem hawaiianischen, spritzigen Score, den beinahe schon an Aquarelle erinnernden Hintergründen und den Figuren, die optisch in kein altbekanntes Muster zu passen scheinen, besteht.
Stitch auf der anderen Seite hat keine Familie und weiß somit auch nicht, was Lilo und Nani verloren haben. Und doch spürt er, dass ihm etwas fehlt, er in seinem Leben etwas vermisst ohne zu wissen, was oder weshalb. Je mehr Zeit er bei den Menschen verbringt und ihre Geborgenheit kennenlernt, umso mehr entwickelt er ein Gefühl dafür.
Den Humor verpackt Lilo & Stitch angenehm kindgerecht, auch wenn sich zahlreiche Details an ein älteres Publikum richten. Wenn Stitch auf der Erde schließlich eingekesselt wird und ins Exil gebracht werden soll, entwickelt der Zeichentrickfilm ein spürbares Tempo. Erst mit der Veröffentlichung auf Blu-ray im Jahr 2014 entschloss sich das Studio dabei, den Film auch in Europa ungekürzt bereitzustellen. Bis dahin waren eineinhalb Minuten entfernt worden, um die Altersfreigabe "ohne Altersbeschränkung" zu erreichen. Ob die ganz jungen Zuschauer mit dem energiegeladenen Stitch und auch den traurigen Teilen der Story etwas anzufangen wissen, sei dahingestellt. Mit seiner Aussage und dem immens hohen Knuffigkeitsfaktor richtet er sich unumwunden an die ganze Familie. Und seit diese ungewöhnliche Familie zum ersten Mal zu sehen war, hat sie an Charme und Bedeutung nur dazugewonnen.
Fazit:
Noch bevor einen die mitreißende Musik gefangen nimmt, hat Stitch das Herz des Publikums erobert und da hat er noch nicht einmal erkannt, was in seinem Leben bislang gefehlt hat. Die melancholische Lilo und ihre ebenso charismatische Schwester Nani schließt man sofort ins Herz und so wundert es nicht, dass Lilo & Stitch neben einer unbändigen Energie auch zahlreiche Momente bereithält, bei denen man einen Kloß im Hals spürt.
Der moderne Disney-Klassiker besinnt sich auf die Wurzeln des klassischen Zeichentrickfilms und rückt in den Mittelpunkt der ungewöhnlichen Geschichte Figuren, mit denen man mitfühlt. Dass der Film seit seiner Veröffentlichung vor mehr als zehn Jahren nur dazu gewonnen hat, mag auch daran liegen, dass er als Gesamtpaket im Disney-Universum einzigartig ist. Und seine Botschaft alle anspricht, heute noch mehr als damals: Ein Film über Familie – für die ganze Familie.