Joyride - Spritztour [2001]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 08. Mai 2005
Genre: Thriller / Horror

Originaltitel: Joy Ride
Laufzeit: 97 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2001
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: John Dahl
Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Steve Zahn, Paul Walker, Leelee Sobieski, Jessica Bowman, Stuart Stone, Basil Wallace, Brian Leckner, Mary Wickliffe, Dell Yount, Matthew Kimbrough, Ted Levine


Kurzinhalt:
Um seine Jugendliebe zu beeindrucken tauscht der College-Student Lewis Thomas (Paul Walker) sein Flugticket nach Hause gegen einen gebrauchten Wagen ein, um Venna (Leelee Sobieski) abzuholen – doch zuvor muss er noch schnell seinen Bruder Fuller (Steve Zahn) aus dem Gefängnis holen.
Ist das geschehen machen sich die beiden auf den Weg zu Venna, wobei Fuller bei einer Tankstation ein CB-Funkgerät erwirbt. Am Abend ziehen die beiden damit einen Trucker, der sich "Rostiger Nagel" nennt auf und laden ihn in fremdes Hotelzimmer ein, das neben ihrem eigenen liegt. Als sie am nächsten Tag aufwachen ist ihr Nachbar beinahe tot und "Rostiger Nagel" darauf aus, sich für den Scherz zu rächen.
So wandelt sich ihre Spritztour zu Venna in einen nicht enden wollenden Horrortrip mit einem Truckfahrer, der alles über sie zu wissen – und gerade erst Gefallen an dem Spiel zu finden scheint.


Kritik:
Es mag sein, dass sich Joyride hauptsächlich an ein junges Publikum richtet und die Macher die frappierenden Ähnlichkeiten mit bekannten Genrefilmen schlichtweg ignorierten, aber auch wenn einem als Zuschauer Titel wie Steven Spielbergs erstklassiger TV-Film Duell [1971] oder Hitcher, der Highway Killer [1986] bekannt sind, kann man John Dahls Regiearbeit durchaus genießen. Denn seiner recht spannenden und vor allem sehr sauber umgesetzten Inszenierung ist es zu verdanken, dass das ansich recht schwache Drehbuch immerhin die eineinhalb Stunden unterhalten kann.

Das Skript dabei wirklich einzuschätzen fällt schwer, denn wie man auf der DVD sehen kann, gab es zahlreiche alternative Enden, die auch gedreht wurden und dort ausgewählt werden können. Dabei wird nicht nur der Grundton des Films verändert, ein Endszenario setzt weitaus früher an und ersetzt den kompletten dritten Akt. Kein Wunder also, dass das Drehbuch aus der Feder von Serien-Erfinder J.J. Abrams und Clay Tarver einen etwas uneinheitlichen Eindruck macht. Im ersten Drittel gelingt es den Machern dabei, ihre sicherlich konstruierte Ausgangslage zu ihrem Vorteil zu nutzen und mit den psychologischen Spielchen die Spannung konstant zu halten, auch wenn die Streitereien und die ständigen Motivierungsversuche von Fuller Thomas schnell nerven.
Doch nach dieser sehr langen Einführung folgt erst einmal ein kleiner Absturz, in dem viel zu lange eine angedeutete Dreiecksbeziehung eingeführt wird, die dann aber in der endgültigen Schnittfassung nicht weiter gesponnen wird, ehe der Film zum Finale ansetzt. Erschreckend platt sind jedoch die Figuren geraten, die allesamt nicht viel mehr Charisma besitzen, als die Blätter Papier, auf denen sie entstanden sind. Die Dialoge wirken hierbei gar nicht so konstruiert, aber in Fullers Fall ständig wiederholend. Venna selbst hat im Film nicht viel zu tun, und die Reaktionen der Nebenfiguren tragen zwar zum Film bei, wirken aber viel zu unrealistisch – was gerade bei den verschiedenen Polizeiauftritten offensichtlich wird.
Darüber hinaus verfliegen die anfänglichen Hommagen an die beiden erwähnten Genreklassiker nach dem Mittelteil und werden stattdessen durch eine klischeereiche Teen-Horror-Wendung ersetzt, die aber in der zigten Aufführung nicht mehr wirklich überrascht. Deswegen bleibt das Finale zwar trotzdem spannend, aber etwas mehr Mut der Autoren zu einem endgültigeren Ende, bei dem die beiden Hauptfiguren ihre Lektion auch wirklich lernen müssen (und gerade darauf ist das Skript ein wenig zu oft aus), wäre wünschenswert gewesen.

Die Darsteller leisten dabei ansich eine durchweg gute Arbeit, auch wenn Leelee Sobieski mit ihrer faden Mimik bis auf die letzten Minuten wenig überzeugt. Sie scheint zu distanziert, zu passiv und unterkühlt, als dass man mit ihr wirklich mitfiebern könnte.
Dass Steve Zahn, bekannt durch Reality bites - Voll das Leben [1994] oder That Thing You Do! [1996], der hier ansich wie in einigen anderen Filmen eher Nebenrollen spielt, seinem Schauspielkollegen Paul Walker die Show stiehlt, ohne dass jener es überhaupt bemerkt, ist dabei umso überraschender. Er macht seine Sache wirklich gut, auch wenn seine Rolle zu eindimensional und ansich unsympathisch angelegt ist.
Paul Walker, der mit The Fast and the Furious [2001] seinen bislang größten Erfolg feiern konnte und mit Timeline [2003] weder Zuschauer noch Kritiker überzeugen konnte, spielt dabei ansich nicht schlecht, hält sich aber erstaunlicherweise häufig im Hintergrund und lässt seinen Kollegen agieren. Dass er als einer der wenigen die Interessen der Zuseher gewinnen kann ist zwar positiv zu werten, das mangelnde Durchsetzungsvermögen seiner Filmfigur macht ihm jedoch einiges davon wieder abspenstig.
Von der übrigen Besetzung ist ansich nicht viel zu sehen, auch Jessica Bowman hat nur eine kleine Nebenrolle – dennoch machen die Beteiligten keinen unengagierten Eindruck und können zumindest überzeugen.

Die Musik von Marco Beltrami ist überwiegend in der zweiten Filmhälfte zu hören, während zu Beginn zahlreich Lieder aus den Lautsprechern trällern. Sein Score ist dabei zwar solide, jedoch mit vielen seiner übrigen Horror-Scores austauschbar und weist leider wenig Wiedererkennungswerte auf.
Angesichts seiner Auftragslage, immerhin vertonte Beltrami im folgenden Jahr acht Filme, kann ein sich wiederholendes Muster zwar nicht ausbleiben, ein wenig mehr Charakter hätte man sich für Joyride dennoch gewünscht, zumal hier eben nicht wie bei Duell mit den Motoren- und Reifengeräuschen gespielt wird, sondern sich die Macher auf die Atmosphäre der Szenen verlassen.

Die einzufangen war die Aufgabe von Regisseur John Dahl, dem mit seinem Low-Budget-Noir-Thriller Red Rock West [1992] ein sehr stylischer und dichter Film gelungen war.
Wodurch auch Joyride besticht ist eine exzellente Optik, die den Film auch weit über den Durchschnitt hinaus hebt. Denn während das Drehbuch trotz einiger wirklich guter Einfälle schnell in Klischees und absehbaren Storywendungen stecken bleibt und auch die Darsteller nicht wirklich gefordert sind, gibt es an der Inszenierung nichts zu bemängeln.
Sowohl die Farbauswahl, als auch Kamera und Schnitt wirken durchdacht und nie zu hektisch oder fehlplatziert. Dabei nutzt Dahl gekonnt die weiten Straßen in der Dunkelheit, sowie die Enge in Lewis Wagen, um den Zuschauer auf die anfängliche Stimmung seines Thrillers einzustimmen. Trotz der recht rabiaten Gewalt innerhalb der Story wird die Brutalität glücklicherweise aber nicht explizit dargestellt, was aber diejenigen Zuschauer abschrecken wird, die sich Joyride aus genau diesem Grund ansehen werden, da sowohl die Geschichte, als auch die späteren Storywendungen selbiges andeuten.
Handwerklich gibt es an Dahls sechster Kinoregie nichts auszusetzen und wäre es nicht für die durchweg gute Optik, würde der Film auch einen deutlich schlechteren Eindruck hinterlassen.

Dass der Film trotz seiner geringen Produktionskosten von knapp 20 Millionen Dollar selbige in den USA nicht wieder einspielen konnte, verwundert etwas, immerhin ist Joyride kein schlechter Film und während man ihn sieht, wird man auch gut unterhalten. Doch beginnt erst einmal der Abspann, macht sich ein seltsames Gefühl im Magen breit, einerseits scheint die einfallslose und vorhersehbare zweite Hälfte des Films weder von der Stimmung, noch vom Inhalt her zur ersten zu passen, andererseits fällt der Schluss zu versönlich aus.
Dabei verwöhnt Regisseur John Dahl die Zuschauer mit interessanten und guten Bildern und zieht in den richtigen Momenten auch das Tempo des Films an. Die Akteure können ebenfalls soweit überzeugen, dass man das Interesse nicht verliert – einzig die Schwächen im Drehbuch verhindern eine höhere Wertung. Als gelungene Abendunterhaltung dient Joy Ride aber zweifellos.


Fazit:
Als Stimme sorgt "Rostiger Nagel" durchaus für Unruhe beim Publikum, doch spätestens wenn die Macher den nicht zu unterschätzenden Fehler begehen und ihren mysteriösen Bösewicht zeigen, verfliegt die Gruselstimmung. So bleibt Joyride am Ende weder so beunruhigend wie Hitcher, noch so Furcht einflößend wie Duell und bemüht sich um das gesunde Mittel aus Teen-Horror-Film und Roadmovie.
Dank der soliden Darstellerleistungen und der durchweg gelungenen Inszenierung ist das auch immer unterhaltsam, gleichwohl sich die Dreiecksbeziehung ein wenig in die Länge zieht. Es stößt jedoch die Moral der Geschichte ein wenig bitter auf, denn wenn sich die Autoren so sehr darum kümmern, dass ihre beiden Protagonisten "eine Lektion lernen", dann fragt man sich doch, weswegen sie nicht die Verantwortung für ihre Taten übernehmen sollen. Doch das ist bei einer solchen Art Film vielleicht auch zuviel verlangt.