In the Lost Lands [2025]

Wertung: 1 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 28. Februar 2025
Genre: Fantasy / Action

Originaltitel: In the Lost Lands
Laufzeit: 101 min.
Produktionsland: Deutschland / Kanada / USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Paul W.S. Anderson
Musik: Paul Haslinger
Besetzung: Dave Bautista, Milla Jovovich, Arly Jover, Amara Okereke, Fraser James, Simon Lööf, Deirdre Mullins, Sebastian Stankiewicz, Jacek Dzisiewicz, Tue Lunding, Ian Hanmore, Eveline Hall, Kamila Klamut


Kurzinhalt:

Nach einem verheerenden Krieg, der die Welt zu einem ebenso finsteren wie tödlichen Ort gemacht hat, haben sich die übrig gebliebenen Menschen in eine Stadt zurückgezogen. Die Welt außerhalb, die Lost Lands, betritt kaum jemand. Einer, der sich dort auskennt, ist der Jäger Boyce (Dave Bautista). Den heuert die Magierin Gray Alys (Milla Jovovich) an, da die Königin Melange (Amara Okereke) sich an Alys gewandt hat. Melange möchte die Gabe eines Formwandlers und Alys weiß, wo ein solches Wesen zu finden ist. Dabei wird Alys ihrerseits von der die Gesellschaft im Zaum haltenden, grausamen Kirche unter der Führung des Patriarch (Fraser James) gejagt, denn wer sich gegen den Glauben stellt, ist des Todes. Auf der Flucht vor der Kirchenhenkerin Ash (Arly Jover) machen sich Gray Alys und Boyce auf in die Lost Lands und damit dem sicheren Tod entgegen …


Kritik:
Bereits in Anbetracht des schieren Aufwands, mit einem Budget von angeblich 120 Millionen Dollar, hinter Paul W.S. Andersons Leinwandadaption der gleichnamigen Kurzgeschichte des Game of Thrones (Das Lied von Eis und Feuer) [seit 1996] Autors George R. R. Martin ist es nicht nur erstaunlich, sondern geradezu unvorstellbar, wie wenig In the Lost Lands funktioniert. Die postapokalyptische, von Western inspirierte Fantasymär wirkt gleichermaßen, als wäre es aus allerlei bekannten Versatzstücken zusammengesetzt, wie das Ergebnis halbfertig, als hätten die Beteiligten mittendrin das Interesse verloren.

Eingeläutet durch eine Einführung von Hauptdarsteller Dave Bautista, die in Anbetracht des Endes keinen großen Sinn ergibt, entführt Regisseur Anderson (Event Horizon - Am Rande des Universums [1997]) sein Publikum in eine ferne Zukunft, nachdem ein verheerender Krieg die Erde verwüstet hat. Die überlebenden Menschen haben sich allesamt in einer Stadt zurückgezogen, die an einen gigantischen Steinbruch erinnert. Wie diese Gesellschaft aufgebaut sein soll, wie die Menschen ihren Alltag bestreiten, wird nie klar. Vermittelt wird nur, dass sich eine Kirche berufen fühlt, die Gesellschaft zu kontrollieren. Unter ihrem Anführer, der Patriarch genannt wird, verübt die Kirche Grausamkeiten an allen, die sich ihr widersetzen. So auch an der uralten, mächtigen Zauberin Gray Alys. Wer sich an sie wendet und sie bezahlen kann, dessen bzw. deren Wunsch wird gewährt. Gray Alys weist niemanden ab. Nachdem sie der Exekution durch die Kirchenvertreterin Ash mit ihren magischen Fähigkeiten entkommen ist – bei Blickkontakt kann Gray Alys ihrem Gegenüber Bilder in den Kopf setzen, wobei bereits eine Sonnenbrille ein wirksamer Schutz vor diesem Zauber ist (kein Scherz) –, wendet sich die Königin, Gemahlin des Overlord an die Magierin. Sie bittet, dass Gray Alys ihr die Fähigkeit eines Formwandlers verleiht. Kurz darauf wendet sich der Anführer der Overwatch, der Leibgarde des König Overlord, an Gray Alys, der in die Königin verliebt ist, und bittet die Zauberin, den Wunsch der Königin nicht zu erfüllen. So macht sich Gray Alys auf die Suche nach jemandem, der ihr in den sogenannten Lost Lands, dem verwüsteten Land außerhalb der Stadt, den Weg zu einem Werwolf weist. Immer noch auf der Flucht vor der Kirche, wendet sie sich an den zurückgezogenen Boyce, einen erfahrenen Jäger. Doch ihnen bleibt nicht viel Zeit, denn in weniger als einer Woche ist Vollmond und die Lost Lands ein tödliches Pflaster.

Wer bei Inhaltsangabe die Stirn gerunzelt hat, darf sich in guter Gesellschaft fühlen. Nicht nur, dass der Mix aus Max Max-ähnlicher Dystopie mit Western, Fantasy und königlicher Hofdramatik arg konstruiert erscheint es gelingt In the Lost Lands nicht, noch sind die Verantwortlichen überhaupt daran interessiert, dieses Universum tatsächlich vorzustellen. Zwar gibt Bautista alias Boyce zu Beginn, wie erwähnt, einen kurzen Einblick, doch über den Stand des Königshauses, der Kirche oder wie die reguläre, unterdrückte Bevölkerung, die sich im Laufe des Films aufzulehnen versucht, verrät die Geschichte kein Wort. Stattdessen wird das Publikum in eine Welt geworfen, die einerseits futuristisch anmuten soll mit verfallenen Hochhäusern und zerrütteten Städten, gleichzeitig aber Werwölfe und Magie bereithält, von riesigen Tempeln, Dampflokomotiven, Scharfschützengewehren oder anderen Fabelwesen ganz abgesehen. Begrifflichkeiten wie den Overlord oder die Overwatch muss man sich selbst erschließen, wobei letztere erst spät in der zweiten Filmhälfte verständlich wird.

Es sieht beinahe so aus, als wollte Regisseur Paul W.S. Anderson hier eine Welt aufbauen, ohne sich einerseits geschickt anzustellen, oder ein ausgefeiltes Konzept mitzubringen, wie dies funktionieren soll. Dass Gray Alys den Werwolf nicht nur in dessen Form begegnen, sondern ihn töten muss, um seine Kräfte zu übernehmen, ergibt dabei ebenso wenig Sinn, wie dass sie selbst dann Menschen beeinflussen kann, wenn diejenigen Gray Alys durch ein Fernglas in die Augen schauen. Wie plump all dies in In the Lost Lands umgesetzt ist, sieht man bereits daran, wie die Figuren vorgestellt werden. Bei dem ohnehin mysteriösen Boyce bestehen die ersten Auftritte aus nichts anderem als Expositionen. Zuerst wehrt er sich gegen mehrere Angreifer, deren Motivation man aber nicht kennt. Dann entfernt er sich von der Königin, offenbar nach einem Stelldichein, und kämpft dabei gegen zwei Wachen. In seiner nächsten Szene spielt er mit niemandem Karten, behauptet aber, er sitze in der Bar, um Karten zu spielen. Was ihn als Figur auszeichnet, was er in dieser Gesellschaft überhaupt tut, weiß man danach immer noch nicht.

In gewisser Hinsicht könnte In the Lost Lands die fehlende Substanz mit einem entsprechenden Stil ausgleichen, doch auch hier enttäuscht Regisseur Anderson bereits ab der ersten Minute. Sein Fantasyfilm sieht derart künstlich aus, dass es überraschen würde, hätten die Verantwortlichen auch nur eine einzige Szene außerhalb des Studios gedreht. Die allermeisten sind offenbar vor einem Greenscreen entstanden, bei denen die Hintergründe im Nachgang eingefügt wurden. Derart stark stilisiert mit entsättigten Farben, wirkt das teilweise beinahe monochrom, oftmals gegen die „Sonne“ oder künstliche Lichtquellen gefilmt, so dass die Szenen überwiegend im Dunkeln spielen, bis schließlich gar keine Details zu erkennen sind. Zahlreiche Lens Flares sollen das wohl ausgleichen, lenken vom Geschehen aber nicht nur ab, sondern erscheinen buchstäblich um mindestens 10 bis 15 Jahre aus der Zeit gefallen. Die durchaus zahlreichen Actionszenen bestehen aus einer Aneinanderreihung von Zeitlupen ohne wirklichen Aufbau oder Dramatik. Da werden dann mitunter auch Waffen im Gefecht nachgeladen, ohne dass dies zu sehen ist, oder Figuren bleiben einfach stehen, anstatt einzugreifen.

Selbst innerhalb dieser wenig inspirierten Sequenzen, ist was geschieht, jederzeit absehbar. Gleichermaßen abgedroschen klingen auch die Dialoge, wenn Boyce beispielsweise meint, nachdem er sich selbst mit seinen bloßen Fingern eine Kugel aus dem Fleisch gezogen hat, er würde dann jetzt ohnmächtig werden – ein Spruch, der in Ronin [1998], vorgetragen von einem völlig durchgeschwitzten Robert De Niro, durchaus unterhaltsam war. Das geht hier so weit, dass bei manchen Dialogen, wenn sie selbst nicht spricht, Gray Alys-Darstellerin Milla Jovovich leicht lächelt, als finde sie das Gesagte ebenfalls lächerlich. Je weiter sie und Boyce in die Außenbezirke der Lost Lands (ein Begriff, der unzählige Male genannt wird) kommen, umso mehr versucht In the Lost Lands, das Western-Genre heraufzubeschwören mit Situationen oder Perspektiven, die daran erinnern. Überzeugen kann dies ebenso wenig wie die immer wieder eingeblendete Landkarte dieser düsteren Welt, die offenbar eher Game of Thrones-Fans ansprechen soll. Die werden es, wie jedes andere Publikum ebenfalls, schwerhaben, etwas zu finden, woran festzuhalten sich die zähen 100 Minuten lohnt.


Fazit:
Dass man weder von den Kreaturen, beispielsweise im stillgelegten Atomkraftwerk, noch von den Kämpfen allgemein viel sieht, ist sowohl der Farbgebung wie auch der Inszenierung im Allgemeinen zuzuschreiben. So fällt zumindest weniger auf, dass auch das Design des Films mit den Kostümen oder der Architektur keinem wirklichen Konzept zu folgen scheint. Sagt Gray Alys, sie weise niemanden ab, und im nächsten Atemzug, man sollte sie nicht um Hilfe bitten, dann fragt man sich doch, warum sie nicht einfach nein sagt. Es ist, als würden hier Aspekte gar nicht erzählt, um dem Gezeigten einen gewisse Schwere zu verleihen. Die Ideen der einzelnen Wegstationen mögen für sich genommen nicht uninteressant sein, aber nicht nur, dass es keine stimmige Welt gibt, die sie verbindet, sie sehen zudem schlicht furchtbar unwirklich aus, was die haarsträubende Erzählung auch nicht besser oder schlimmer macht. So lange er sich auch anfühlt, In the Lost Lands ist ein Fantasyfilm, der keine greifbare Mythologie präsentiert, keine nachvollziehbare Story oder Figuren, mit denen man mitfiebert. Nicht einmal am Trash-Faktor finden die Verantwortlichen Spaß. Fans von Paul W.S. Andersons Resident Evil-Reihe werden damit vermutlich noch am ehesten etwas anfangen können. Für die Beteiligten ist dies so schade wie fürs Publikum.