Im Zeichen der Libelle [2002]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 13. April 2005
Genre: Fantasy / UnterhaltungOriginaltitel: Dragonfly
Laufzeit: 104 min.
Produktionsland: USA / Deutschland
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Tom Shadyac
Musik: John Debney
Darsteller: Kevin Costner, Susanna Thompson, Joe Morton, Ron Rifkin, Kathy Bates, Robert Bailey Jr., Jacob Smith, Jay Thomas, Matt Craven, Leslie Hope, Marybeth Fisher, Kim Staunton
Kurzinhalt:
Als seine schwangere Frau Emily (Susanna Thompson) in Südafrika bei einem humanitären Einsatz ums Leben kommt, versucht der trauernde Arzt Joe Darrow (Kevin Costner), seine Depressionen in Arbeit zu ertränken. Doch wenig später entdeckt er Zeichen in seiner Umgebung, Libellen-Formationen, wobei die Insekten Emilys Lieblingstiere waren.
Als wenig später ehemalige Patienten von der Kinderonkologie Joe berichten, sie hätten bei Nahtoderfahrungen Emily gesehen und sollten Joe ausrichten, dass er zum Regenbogen kommen solle, wiegelt Joe zunächst ungläubig ab. Doch wenig später häufen sich merkwürdige Vorfälle, in denen Joe immer wieder die Libellen-Symbole begegnen – und während sich seine Nachbarin Mrs. Belmont (Kathy Bates), sowie sein Kollege Dr. Dickinson (Ron Rifkin) um Joes Geisteszustand sorgen, ist dieser davon überzeugt, dass Emily ihn aus dem Jenseits zu kontaktieren versucht ...
Kritik:
Sieht man sich einmal die bisherigen Arbeiten von Regisseur Tom Shadyac an, verwundert auf den ersten Blick die Genrewahl: seinen Einstand im Kino feierte der damals 34jährige mit Ace Ventura - Ein tierischer Detektiv [1994], dem folgte wenig später Der verrückte Professor [1996] und die hintersinnige Komödie Der Dummschwätzer [1997]. Sein nächstes Werk war ebenfalls nur am Rande komödiantisch und zeigte Robin Williams als Patch Adams [1998] in einer wirklich guten Rolle – dann kam der nur sehr wenig erfolgreiche Im Zeichen der Libelle, ehe Shadyac im folgenden Jahr mit Bruce Allmächtig [2003] erneut einen internationalen Erfolg feiern konnte.
Doch seine Regie ist nicht der Grund, weswegen Dragonfly, so der imposante und aussagekräftige Originaltitel des Films, sein Publikum nicht fand – verantwortlich hierfür ist ein unausgegorenes, unentschlossenes und vor allem zu gemächliches Skript, das zwischen allerlei Genres schwankt, und sich doch auf keinen Nenner festlegt.
Dabei scheint die Ausgangslage nicht uninteressant, nur hätten sich die beiden Storyautoren Brandon Camp und Mike Thompson entscheiden sollen, in welche Richtung sich ihr Film denn entwickeln soll. Beide waren übrigens für die kurzlebige Serie Der Fall John Doe! [2002-2003] verantwortlich und schrieben hier auch am Skript. Doch während der Film zunächst anmutet wie ein Charakterdrama, wandelt er sich in Kürze zu einem Fantasyhorror, dessen übernatürlichen Elemente aber so aufgezwungen erscheinen und so unfreiwillig komische Dialoge provozieren, dass man sich wundern muss, wie den Darstellern solche Worte überhaupt über die Lippen kommen konnten.
Doch dabei kommt die Geschichte selbst überhaupt nicht in Fahrt, denn während Joe Darrow die Überbringer der Nachricht seiner Frau aus dem Jenseits ständig fragt, wo er den hinkommen soll, geschieht davon abgesehen in den ersten 70 Minuten auch nicht mehr. Von einer Situation zur nächsten begegnet Darrow einer neuen Figur, die eine Nachricht für ihn hat – zwar mit ein wenig Schockeffekten und Grusel versehen, aber immer nach demselben Schema. Bis ihn schließlich die Erleuchtung übermannt und er sich auf die Suche nach dem Regenbogen macht. Was er dort schließlich findet ist zugegebenermaßen recht überraschend, entschädigt aber nicht dafür, dass die allermeisten Szenen viel zu lang und vor allem langatmig erscheinen.
Seien es nun die Dialoge, oder aber Sequenzen, in denen Joe an seiner geistigen Gesundheit leidet – auch ein kurzes Abendessen im Kreise seiner Familie scheint vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen, zumal man als Zuseher gar nicht recht erfährt, dass es sich dabei um seine Verwandtschaft handelt! Sämtliche Szenen, in denen Joe mit anderen Menschen in seiner Umgebung agiert wirken gestellt und künstlich, die Unterredungen mit seinen Kollegen (schon auf Grund des übernatürlichen Inhalts) gezwungen und unglaubwürdig – und wenn Joe schließlich seine große Reise antritt, fallen so viele Zufälle zusammen, dass man als Zuschauer nur unverständig den Kopf schütteln kann.
So enttäuscht das Drehbuch mit einer nicht ausgereiften Story, völlig falschen Themenschwerpunkten und unausgegorenen Charakterzeichnungen; bei einer so teuren Produktion (immerhin kostete der Film 60 Millionen Dollar) hätte man mehr erwartet und vielleicht auch noch ein paar Dollar mehr ins Skript investieren müssen.
Die Darsteller scheinen das zum Teil erkannt zu haben, auch wenn abgesehen von Kevin Costner kaum jemand etwas zu tun bekommt. Costner mimt seine Rolle zwar routiniert, aber trotz seines soliden Auftretens überaus unengagiert, was man an seiner trägen Mimik und der fehlenden Körpersprache schnell erkennt – der ursprünglich für die Rolle vorgesehene Harrison Ford hätte vermutlich besser zu der Filmfigur gepasst. An seiner Seite fällt am ehesten noch Kathy Bates auf, die den Film zweifelsohne veredelt, aber auch kaum etwas zu tun hat.
Susanna Thompson ist ohnehin wenig zu sehen, Ron Rifkin hat wie Joe Morton nur spärliche Dialogzeilen und scheint bei denen auch nicht sehr bei der Sache zu sein.
Abgesehen davon sind allenfalls noch einige Kinddarsteller zu sehen, zu deren Darbietung man aber besser kein Wort verlieren sollte. So macht der Cast nicht nur einen unterbeschäftigten, sondern lustlosen Eindruck, der sich auch im Laufe des Films nicht merklich bessert.
Inszenatorisch gibt sich Tom Shadyac routiniert, fängt das Geschehen auch in den gruseligen Momenten immer gekonnt ein und präsentiert mit einem soliden Schnitt auch die etwas unheimlicheren Szenen ansprechend. Negativ fällt jedoch seine Farbfilterauswahl, sowie die zahlreichen Kulissen im Krankenhaus auf, die ein derart verlassen-steriles Ambiente erzeugen, wie man es in keiner Notaufnahme vermuten würde.
Sei es in der Stadt, im Pub oder im Dschungel, allzeit sind die Farben kräftig mit einem starken Grün- und Rotton, anstatt dass die Macher die Farbauswahl ein wenig an die Situation der Beteiligten angepasst hätten, und auch so ihre Beunruhigung, die Gefahr, in der sie sich befinden, zu verdeutlichen versuchen würden. Der ständig verwendete Weichzeichner lässt das Bild dabei zwar verträumt erscheinen, unterstützt den Film im optischen Aspekt jedoch nicht, sondern verklärt die Bilder nur unnötigerweise.
Kameramann Dean Semler war dabei unter anderem für Waterworld [1995] verantwortlich, bewies allerdings in Der Knochenjäger [1999], dass er auch mit Filtern gut hantieren kann. Bei Im Zeichen der Libelle scheint er sich jedoch nicht sonderlich angestrengt zu haben, denn abgesehen von den ungewöhnlichen Perspektiven bei manchen Szenen, scheint die Kameraführung ungewöhnlich konventionell und dennoch nicht auf die Figuren ausgelegt, wie man es in einem (Fantasy-Horror-)Drama erwarten würde.
Die Musik aus der Feder von John Debney gehört zu den besten Aspekten des Films; nicht nur, dass seine Themen sehr eingängig sind, sie werden auch im Film immer gut eingesetzt, wenngleich die Musik an ein paar Stellen zu laut eingespielt wird.
Dennoch, der orchestrale Score harmoniert sehr gut mit den Szenen und bietet eine solide Grundlage für die gerade im ersten Dritten recht gut untergebrachten Schockmomente.
Die erschienene DVD zum Film zeigt einige Deleted Scenes, was jedoch der jungen Darstellerin Alison Lohman, die sich für eine kleine Rolle im Film als Krebspatientin die Haarpracht abrasieren ließ, nicht wirklich etwas genützt hat – ihre Szene wurde aus dem Film gestrichen, so dass sie für ihren nächsten Film Weißer Oleander [2002] eine Perücke tragen musste.
Dieser kleine Witz eines Patienten zu Kevin Costner gehört dabei auch zu den einprägsamsten Momenten im Film. Denn auch wenn Dragonfly sicherlich kein wirklich schlechter Film geworden ist, und sich der Regisseur mit der Umsetzung sichtlich Mühe gegeben hat, das zu wenig weit entwickelte Drehbuch, dem es weder gelingt, die Figuren zu entfalten, noch die Horror-Story in Fahrt zu bringen, untergräbt Shadyacs Anstrengungen zu sehr, als dass man die filmische Umsetzung wirklich genießen könnte. Denn dafür sind die Dialoge (die im Deutschen zudem mit einer großteils nicht lippensynchronen wirklich grauenhaften Synchronisation – abgesehen von Kostner und Bates – dargebracht werden) zu schwach und absurd, die Geschichte zu durchschaubar und doch ohne Dynamik und das Endprodukt viel zu unspannend.
Fazit:
Mutet die Story im ersten Moment noch an, als handle es sich bei Im Zeichen der Libelle um eine Romanverfilmung, offenbart sich beim genaueren Hinsehen, dass drei Drehbuchautoren für den Film verantwortlich waren. Möglich, dass jeder der drei für einen Storyaspekt verantwortlich war, denn das würde auch erklären, weswegen Tom Shadyacs fünfter Kinofilm so unentschlossen zwischen Fantasy, Horror und Drama pendelt, ohne sich je auf ein Genre festzulegen, oder aber dessen Vorzüge auszureizen.
So bleibt Dragonfly zu Beginn "nur" mäßig spannend, verliert aber im Verlauf der immerhin 100 Minuten auch noch diesen Pluspunkt. Die Dialoge bewegen sich wie die Story um Erscheinungen aus dem Jenseits auf einem derart hanebüchen-peinlichen Niveau, dass nicht einmal Fernsehproduktionen auf solche Mittel zurückgreifen würden. Die Auflösung, so kitschig sie ist, ist zugegebenermaßen schön – doch das hätte man nicht mit einem Fantasyhorror umsetzen müssen, sondern hätte Kevin Costner beispielsweise allein auf die Suche nach seiner Frau im Urwald gehen lassen können.
In der Form ist der Film nicht nur viel zu träge, sondern auch inhaltlich derart langsam abstrus, dass einzig die saubere Inszenierung und die gute Musik ein vorzeitiges Abschalten verhindern.