Green Zone [2010]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 31. Oktober 2010
Genre: Thriller

Originaltitel: Green Zone
Laufzeit: 115 min.
Produktionsland: Frankreich / USA / Spanien / Großbritannien
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Paul Greengrass
Musik: John Powell
Darsteller: Matt Damon, Greg Kinnear, Brendan Gleeson, Khalid Abdalla, Amy Ryan, Jason Isaacs, Yigal Naor, Said Faraj, Nicoye Banks, Jerry Della Salla, Sean Huze, Michael O'Neill, Antoni Corone


Kurzinhalt:
Nachdem die westlichen Truppen im Frühjahr 2003 im Irak einmarschiert sind, fliehen die verbliebenen Regierungsmitglieder in den Untergrund. US-Soldat Miller (Matt Damon) gehört einem Trupp an, der die im Irak vermuteten Massenvernichtungswaffen aufspüren soll. Doch jeder Ort, den sein Team bislang untersuchte, stellte sich als Falschmeldung heraus. Bei einer Ausgrabung wird er vom Einheimischen Freddy (Khalid Abdalla) angesprochen. Dieser habe hochrangige, ehemalige Politiker beobachtet, die sich in einem nahegelegenen Haus treffen.
Miller stürmt mit seinem Team das Treffen und kann sogar einen Verdächtigen stellen, General Al Rawi (Yigal Naor), früher ein enger Vertrauter Saddams, kann jedoch fliehen. Durch CIA-Mann Martin Brown (Brendan Gleeson) kommt Miller dahinter, dass die Quelle, welche die Lagerorte der Massenvernichtungswaffen mitteilte, nicht vertrauenswürdig ist. Über Al Rawi, der sich in der Stadt befinden muss, könnte man Klarheit in jener Angelegenheit erlangen. An dem Vertreter des Verteidigungsministeriums Poundstone (Greg Kinnear) kommt Miller jedoch nicht vorbei und macht sich mit Freddys Hilfe auf die Suche nach Al Rawi. Dabei finden im Hintergrund Operationen statt, die weit über Millers Wissen hinausgehen ...


Kritik:
Regisseur Paul Greengrass widmet sich in seinem Irak-Kriegsthriller Green Zone einem sehr heiklen Thema. Der Krieg im Irak wurde von Seiten der Streitkräfte gerechtfertigt mit der Begründung der Irak würde Massenvernichtungswaffen beherbergen, die gegen die restliche Welt eingesetzt werden könnten. Es kristallisierte sich im Verlauf des Krieges eine sehr bittere Erkenntnis heraus: solche Waffen (wenn es sie denn gegeben hatte) wurden nicht gefunden. Der Grund für den Krieg war trotz der fortschrittlichsten Aufklärungsdienste fingiert und der restlichen Welt über die Nachrichtenagenturen als Wahrheit verkauft worden. Wenn der Grund für den Krieg nicht legitim war, war es der Krieg dann überhaupt?

Auch wenn Brian Helgelands Drehbuch, basierend auf dem Roman von Rajiv Chandrasekaran, fiktive Figuren vorstellt, die vor einem realen Hintergrund fiktiven Geschichten nachjagen, erweckt Green Zone doch einen beängstigend realistischen Eindruck. Bei Schlüsselfiguren wie dem von den US-Verantwortlichen designierten zukünftigen Machthaber im Irak ist schnell klar, welche tatsächliche Figur damit gemeint ist, auch wenn der Film keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Kriegsgebieten im Nahen Osten macht.
Insofern richtet sich Green Zone ohne Zweifel an ein interessiertes Publikum, das jedoch bei eben jenem Thema nicht sehr leicht zu finden ist. Umso mehr, da Greengrass seinen Thriller mit einer sehr kurz erzählten, aber dennoch komplexen Geschichte versieht. Der US-Soldat Miller muss bei den Untersuchungen der vermeintlichen Massenvernichtungswaffendeponien feststellen, dass die bereitgestellten Aufklärungsinformationen mangelhaft sind. Als er seine Vorgesetzten darauf anspricht, wird ihm befohlen, seine Arbeit zu machen, ohne sich um die Hintergründe zu kümmern. Dabei stößt er auf Ungereimtheiten, welche die Quelle betreffen, die die Informationen zur Verfügung stellt. Bei einem weiteren Einsatz tritt ein Iraker an das Team heran: er habe hochrangige Männer gesehen, die sich in einem Privatgebäude zu einer Besprechung getroffen haben. So kurz nachdem das Regime im Irak bezwungen wurde, könnte es sich dabei um eine Untergrundbewegung der ehemals offiziellen Machthaber handeln.
Dieser Informant bleibt dabei die einzige Figur, mit der man im gesamten Film wirklich mitfiebert. Von Khalid Abdalla überzeugend verkörpert steht er für eine Bevölkerungsgruppe, die sich in jener Zeit zwischen allen Stühlen sah. Nach den Widrigkeiten des letzten Herrschersystems bietet sich ihm die Möglichkeit, an der Zukunft seines Landes mitzuwirken, auch wenn er dafür von vielen seiner Landsleute als Verräter gesehen wird. Ohne jede Sicherheit, dass seine Hoffnungen erfüllt werden, setzt er sein Vertrauen in Miller, in der Erwartung, damit etwas Gutes zu tun. Wie groß seine Enttäuschung ist, als er erfährt, was abseits der Fernsehkameras auf der politischen Bühne vor sich geht, wie sich die Amerikaner mit den ehemaligen Machthabern verbünden wollen, um eine Stabilität im Land zu garantieren, kann man sich vorstellen. Nach all den Entbehrungen und dem Leid des Krieges dieselben Verbrecher wieder an die Macht kommen zu sehen, muss einer Ohrfeige gleich kommen. Green Zone erzählt dabei von Plänen, die laut Regisseur Greengrass tatsächlich bestanden hatten. Der Film mischt Wirklichkeit und Fiktion gekonnt und es würde einen nicht wundern, wenn das Gezeigte der Realität entsprechen würde.

Auch wenn Matt Damon seit den Bourne-Filmen auf die Rolle des intelligenten Actionthrillerhelden abonniert scheint, Miller ist nicht Bourne. Das aber weniger, weil Damon die körperliche Präsenz fehlen würde, sondern weil Miller nicht in dem Maße gefordert wird. Unter Feuer oder in Bedrängnis gerät er nur selten und selbst dann wirkt die Situation nie so bedrohlich wie beispielsweise in Operation: Kingdom [2007], der deutlich mehr mitreißt. Paul Greengrass inszeniert den Film wie gewohnt mit vielen Handkameramomenten, die Realismus suggerieren, aber mitunter auch die Übersicht in Mitleidenschaft ziehen. Musikalisch hält sich John Powell sehr im Hintergrund. Womit Green Zone in Erinnerung bleibt ist das authentische Setting, das auf beängstigende Weise realistisch erscheint.
Der eher verhaltene Erfolg des Films lässt sich aus mehreren Gründen erklären. Nicht nur, dass er in der US-Kritik mitunter als "anti-amerikanisch" verschrien wurde, der offene Umgang mit dem in der Öffentlichkeit ausgeschwiegenen Tabuthema des Kriegsgrundes im Irak wird vielen Menschen nicht gefallen hat. Mit einem Budget von 100 Millionen Dollar auch sehr kostspielig, sieht man die hohen Produktionskosten den Bildern durchaus an. Gleichzeitig fehlt dem Film ein Handlungsstrang der durchweg fesselt. Wer sich dennoch darauf einlässt bekommt einen intelligenten Thriller gezeigt, der zum Mitdenken anregt und kritisch Fragen stellt. Ein breites Publikum lässt sich damit aber nicht ansprechen.


Fazit:
Es ist dem Hollywood-Studio hinter Green Zone hoch anzurechnen, dass man ein solches Budget bereitstellte, angesichts der Tatsache, dass kaum ein Film, der den Irakkrieg porträtierte bislang an den Kinokassen erfolgreich war. Paul Greengrass lässt ein überzeugendes Bagdad erstehen und zeigt abseits der Haupthandlung ein Land, das angesichts der zusammengebrochenen Infrastruktur vom Regen in die Traufe kaum. Die Story selbst erhebt keinen Realitätsanspruch, ist aber glaubhaft genug, um authentisch zu sein.
Reale Figuren lassen sich wiedererkennen und die politischen Verstrickungen mit gegeneinander operierenden Geheimdiensten, die augenscheinlich auf derselben Seite stehen, verlangen vom Zuschauer auch Konzentration. Das ist wichtig, komplex und gut umgesetzt. Nur leider vom menschlichen Drama her nicht so spannend, wie man es angesichts des Pulverfasses, auf dem die Figuren hier sitzen, hätte gestalten können. Sehr gut gespielt und bis in die Nebenrollen exzellent besetzt richtet sich Green Zone an ein interessiertes und informiertes Publikum, das mit den bissigen Kommentaren auch umzugehen weiß.