Game of Thrones: Staffel 3 [2013]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 11. März 2022
Genre: Fantasy / DramaOriginaltitel: Game of Thrones: Season 3
Laufzeit: 557 min. (10 Episoden)
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 18 Jahren
Regie: Daniel Minahan, David Benioff, Alex Graves, Alik Sakharov, Michelle MacLaren, David Nutter
Musik: Ramin Djawadi
Besetzung: Peter Dinklage, Lena Headey, Emilia Clarke, Kit Harington, Richard Madden, Michelle Fairley, Nikolaj Coster-Waldau, Isaac Hempstead Wright, Maisie Williams, Sophie Turner, Iain Glen, John Bradley, Jack Gleeson, Aidan Gillen, Charles Dance, Liam Cunningham, Stephen Dillane, Carice van Houten, Natalie Dormer, Oona Chaplin, Sibel Kekilli, Rose Leslie, Jerome Flynn, Alfie Allen, Joe Dempsie, Rory McCann, Conleth Hill, Gwendoline Christie
Kurzinhalt:
Während sich der vom restlichen Trupp der Nachtwache abgeschnittene Jon Schnee (Kit Harington) jenseits der Mauer den Wildlingen angeschlossen zu haben scheint und sich in Ygritte (Rose Leslie) verliebt, erlebt Samwell Tarly (John Bradley) hautnah die schier unbesiegbare Armee der weißen Wanderer. In den Flusslanden stockt der Krieg von Robb Stark (Richard Madden) gegen Königsmund, wo Joffrey Baratheon (Jack Gleeson) als Schreckensherrscher seine Untergebenen quält. Sein Onkel Tyrion Lannister (Peter Dinklage), der verwundet von der Schlacht nicht länger als Hand des Königs agieren darf, ist einer der wenigen, die ihm Einhalt gebieten. Immer mehr nimmt Tywyn Lannister (Charles Dance) die Geschicke des Königreichs in die Hand und muss erkennen, dass sein Neffe Joffrey unberechenbar ist. In Sorge um ihre Töchter Sansa (Sophie Turner) und Arya (Maisie Williams) entscheidet sich Catelyn Stark (Michelle Fairley) zu einem folgenschweren Handel betreffend den gefangenen Königsmörder Jaime Lannister (Nikolaj Coster-Waldau). Sie setzt damit eine Kette von Ereignissen in Gang, die zusammen mit Robbs Wortbruch nicht nur die Zukunft von Westeros in ungewisse Bahnen lenkt. Unterdessen schart Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) mit ihren drei Drachen eine Armee um sich, um den Eisernen Thron zurück zu erobern …
Kritik:
Game of Thrones: Staffel 3 erzählt die in den ersten beiden Jahren begonnene Geschichte mit einigen unerwarteten Entwicklungen lange Zeit stringent weiter, um wie in der ersten Staffel kurz vor Schluss eine Wendung zu nehmen, die den voraussichtlichen Werdegang der Figuren vollkommen auf den Kopf stellt. Dabei spicken die Verantwortlichen ihre Story mit schockierenden Elementen, doch was neu hinzu kommt, ist eine gewisse Grausamkeit in der Darstellung, die einen üblen Beigeschmack mit sich bringt.
Diese Grausamkeit zeigt sich dabei überraschenderweise sowohl daran, wie mit einigen Figuren umgegangen wird, die man mit Fug und Recht als „böse“ bezeichnen kann, als auch daran, wie „gute“ Figuren nach ihrem Ableben behandelt werden. Dass in Anlehnung an das finstere Zeitalter, in dem Game of Thrones angesiedelt ist, Tod und Schrecken zum Alltag gehörten und der Respekt vor menschlichem Leben – der Lebenden wie der Toten – kaum vorhanden war, sei unbestritten. Doch die Verantwortlichen zeigen dies hier, ohne dass das Publikum etwas daraus mitnehmen könnte. Oder sollte. In dem erstbeschriebenen Fall scheint es vielmehr, als wäre dies für die Drehbuchautorinnen und -autoren eine Möglichkeit, dass das Publikum ursprünglich grundunsympathische Figuren als geläutert ansehen. Man nehme Jaime Lannister, der in seiner Gefangenschaft misshandelt und anschließend verhöhnt wird. Die Wandlung seiner Figur in der Wahrnehmung des Publikums begründet sich nur in äußerst geringem Umfang darin, dass er Gutes tut, als vielmehr dadurch, dass ihm Böses angetan wird. Dabei offenbart sein Charakter in einer nicht nur hervorragend gespielten, sondern fantastisch geschriebenen Szene, dass die Legenden, die sich um den als Königsmörder verschrieenen Jaime ranken, nur die halbe Wahrheit sind. Die Vorgehensweise der Charakterentwicklung würde weniger auffallen, würde Staffel 3 nicht etwas ähnliches mit einer anderen Figur exerzieren, die für ihre vergangenen Handlungen keine mildernden Umstände vorbringt, sondern die stattdessen wieder und wieder im Verlauf der Staffel gefoltert wird. Von dem Wissen um das, was der Person angetan wird, ganz zu schweigen, sind die grafische Darstellung und die unerbittliche Finalität der Taten, die auf nichts anderes abzielen als darauf, dieser Person Qualen zuzufügen, schlichtweg grausam. Welchem Zweck dieser Erzählstrang dienen soll, erschließt sich nicht und man fühlt sich auf unangenehme Weise an das Subgenre der Folterpornos erinnert.
Dabei gäbe es in der Welt der verfilmten Fantasy-Romanreihe Das Lied von Eis und Feuer [seit 1996] von George R. R. Martin genügend Anderes zu entdecken. Angefangen von dem weiter vor sich hinbrodelnden Krieg zwischen der Familie Lannister und dem König des Nordens, Robb Stark, über die Bedrohung, die sich nördlich der großen Mauer ausbreitet, bis hin zu Daenerys Targaryens erfolgreicher Rekrutierung einer Armee, um sich den Eisernen Thron zurück zu holen. Ganz abgesehen von ihren drei Drachen, die spürbar größer und mächtiger werden (und nicht nur für eine Fernsehproduktion bemerkenswert aussehen). Aber während die schier unüberschaubare Anzahl an Figuren am Ende der Staffel zumindest nicht größer geworden ist, ganz im Gegenteil, bleibt in manchen Momenten immer noch der Eindruck, als käme die Geschichte von Game of Thrones kaum voran. Das liegt auch daran, dass es teils schwerfällt, den Zeitumfang der Geschehnisse richtig einzuschätzen. Eher beiläufig erzählt Jaime Lannister zu Beginn der Staffel, dass er ein Jahr in Gefangenschaft verbracht hätte, was bedeuten würde, dass der Krieg der Sieben Königslande zwei Jahre dauert. Von den Kampfhandlungen selbst, den Fortschritten und Rückschlägen von Robbs Feldzug, erfährt man dabei kaum etwas und auch Nebenfiguren wie Margaery Tyrell scheinen in den letzten Episoden kaum vorzukommen. Dafür verwenden die Verantwortlichen viel Zeit darauf, Figuren vorzustellen und zu entwickeln, die offenkundig für den Verlauf der Serie keine Rolle mehr spielen. Das bedeutet nicht, dass das Gezeigte nicht interessant wäre und es ist auch packend dargebracht – nur investiert das Publikum Zeit in Charaktere, die den weiteren Verlauf der Geschichte nicht beeinflussen werden. Insbesondere in Anbetracht der kurzen Laufzeit der Staffel fällt dies merklich auf.
Auch ergeben manche Entscheidungen der Charaktere keinen wirklichen Sinn, während man sich von anderen mehr Zeit innerhalb der Geschichte wünschen würde. An der Besetzung liegt dies freilich nicht, von der Peter Dinklage und Lena Headey ebenso hervorstehen wie Emilia Clarke, die ihrer Figur Daenerys Targaryen ein Charisma verleiht, das mit Händen zu greifen ist. Als Jon Snow entwickelt sich Kit Harington weiter gelungen und Michelle Fairley zeigt in dieser Staffel vielleicht ihren besten Auftritt. Aber auch Nikolaj Coster-Waldau ist beeindruckend, wie Maisie Williams und Sophie Turner. Liam Cunningham und Charles Dance veredeln ihre Szenen unschätzbar, während die inzwischen bedauerlicherweise verstorbene Diana Rigg sowohl als Darstellerin wie als Figur der unkonventionellen Matriarchin Olenna Tyrell eine ungemeine Bereicherung ist. Und das nicht nur, weil ihre Dialoge die Stimmung merklich auflockern. Es ist ein Verdienst der Beteiligten, dass man sich kaum von den Figuren losreißen und mehr Zeit mit ihnen verbringen möchte. Doch was weiterhin schwerfällt, ist eine Richtung für die inhaltliche Entwicklung von Game of Thrones abzuschätzen. Staffel 3 bewegt die Figuren alle weiter auf dem großen Spielbrett von Westeros und Essos, doch wie das Spielfeld insgesamt aussieht, kann man nicht einmal erahnen.
Dass scheinbar drängende Bedrohungen wie die weißen Wanderer kaum voranzukommen scheinen, lässt eine gewisse Dynamik der Hintergrundgeschichte vermissen. Dabei würde das Verständnis dessen, was sich dort anbahnt, erklären, weswegen der magisch begabte Bran sein Schicksal jenseits der Mauer sieht, wobei seine Entwicklung gelungen den Bogen zur ersten Staffel schlägt. Dass die Verantwortlichen eine epische Story im Blick haben, die Fäden spinnen, um auf eine große Entwicklung oder eine Konfrontation hinzuarbeiten, ist unbestritten. Nur scheinen gerade deshalb manche Nebenhandlungen wie diejenige um Theon Graufreud nicht notwendig zu sein. Handwerklich bleibt das auf hohem Niveau mit eindrucksvollen Bildern, die mitunter regelrecht rau und ungeschönt erscheinen. In Anbetracht der weitreichenden Veränderungen, die die Staffel kurz vor Schluss in einer erschreckenden Sequenz einläutet, fällt es schwer zu sagen, wohin sich das entwickeln wird. Irgendwann jedoch muss Game of Thrones auf die geschürten Erwartungen auch Taten folgen lassen.
Fazit:
Mit mehr als zwei Dutzend Hauptfiguren und unzähligen wiederkehrenden Charakteren fällt es teils tatsächlich schwer, den Überblick zu behalten, wo sich wer in der weitläufigen Welt von Das Lied von Eis und Feuer befindet. Es würde teilweise bereits helfen, würde bei Szenenwechseln der Name des Ortes eingeblendet werden, wobei die Verantwortlichen die Unübersichtlichkeit der ersten Staffel lange hinter sich gelassen haben. Stattdessen konzentrieren sie sich darauf, ihre Figuren Zug um Zug voranzubringen, lassen sie Pläne schmieden und Allianzen bilden, nur um all dies auf den Kopf zu stellen. Waren die Intrigen zu Beginn der Serie oftmals im Verborgenen gesponnen, sind die Auswirkungen derselben nun offenkundig und zu sehen. Wie sich manches davon entwickelt, ist so überrumpelnd wie schockierend. Aber so sehr die Brutalität hier mitnimmt, es sind wiederholt grausame Momente der Gewalt oder der Verhöhnung von Personen, die dem Gezeigten etwas Niederträchtiges verleihen, weil es den Anschein hat, als sollte das Publikum sich eben durch diese Grausamkeit unterhalten lassen. Es ist ein Aspekt, der Staffel 3 von Game of Thrones, auch wenn er nur einen geringen Anteil einnimmt, stärker prägt, als er sollte. An der Umsetzung gibt es indes nichts zu bemängeln und die Besetzung ist überragend zusammengestellt. Man kann nur hoffen, dass es den beiden Showrunnern David Benioff und D. B. Weiss, die auch die meisten Drehbuchvorlagen liefern, gelingt, sich künftig auf die Entdeckung dieses faszinierenden Universums zu konzentrieren, anstatt darauf, was Menschen darin bereit sind, einander anzutun. Beides mag miteinander zusammenhängen, doch gerade ersteres hat bislang den Reiz der Erzählung ausgemacht.