Frost/Nixon [2008]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 27. März 2011
Genre: DramaOriginaltitel: Frost/Nixon
Laufzeit: 122 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien / Frankreich
Produktionsjahr: 2008
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren
Regie: Ron Howard
Musik: Hans Zimmer
Darsteller: Frank Langella, Michael Sheen, Sam Rockwell, Kevin Bacon, Matthew Macfadyen, Oliver Platt, Rebecca Hall, Toby Jones, Andy Milder, Kate Jennings Grant, Gabriel Jarret, Jim Meskimen, Patty McCormack, Geoffrey Blake, Clint Howard
Kurzinhalt:
Die Begnadigung des zurückgetretenen Präsidenten Richard Nixon (Frank Langella) durch seinen Nachfolger kommt für viele Menschen in den USA einem Schlag ins Gesicht gleich. Jemand, der sich so über das Gesetz hinweg gesetzt hat, würde nie für seine Taten belangt werden und hatte sich für seine Missetaten nicht einmal entschuldigt. Der britische Showmoderator David Frost (Michael Sheen) sieht nach dem Rückzug Nixons seine Chance gekommen, in den USA doch Fuß zu fassen. Er schlägt seinem Produzenten John Birt (Matthew Macfadyen) vor, Nixon für ein politisches Interview zu gewinnen, und dabei mit ihm abzurechnen.
Für die Recherchen holt Birt James Reston, Jr. (Sam Rockwell) und Bob Zelnick (Oliver Platt) ins Boot, Frost bringt seine Partnerin Caroline Cushing (Rebecca Hall) an Bord. Während sie mit den Vorbereitungen beginnen und Frost sämtliche Sponsoren abspringen, so dass er das kostspielige Interview aus eigener Tasche finanzieren muss, wird Nixon von seinem Stab, darunter auch Jack Brennan (Kevin Bacon) vorbereitet. Er sieht eine Chance, sich zu rehabilitieren, während auf Frost der Druck einer ganzen Nation lastet ...
Kritik:
Es heißt zwar, die spannendsten Geschichten schreibt das Leben selbst, doch passen diese selten in zwei Stunden Film hinein. Gehen Filmemacher also eine Geschichte an, die auf tatsächlichen Ereignissen und Personen basiert, werden sie früher oder später an gewisse Grenzen stoßen. Im Falle von Frost/Nixon ist es die wichtigste Szene im Film: ein nächtliches Telefonat zwischen dem ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon und seinem Interviewer David Frost, in welchem Frost wie der Zuschauer den wahren Kern von Nixon durchschimmern sieht und erkennt, was ihn Zeit seines Lebens antrieb. Nur gab es diesen Anruf nicht, was jedoch die Bedeutung des Dialogs nicht schmälert.
Regisseur Ron Howard inszeniert das personenbezogene Drama nach dem preisgekrönten Theaterstück von Peter Morgan, der hier auch das Drehbuch schrieb. Insofern verwundert es nicht, dass der Film mitunter anmutet wie ein Kammerspiel, und gerade hier die größten Stärken der Produktion zum Tragen kommen. Frank Langella als Richard Nixon und Michael Sheen als David Frost bekleiden dieselben Rollen, die sie im Theaterstück ebenfalls verkörperten. Statt die Figuren nur zu spielen, verleihen sie ihnen eine Lebendigkeit, die weit über das augenscheinliche Dauergrinsen Frosts hinausgeht.
Die Watergate-Affäre, wegen derer Präsident Nixon zurücktreten musste, wird von Frost/Nixon nur gestreift. Interessenten sollten sich zumindest grob in der Materie auskennen, um die Bedeutung einiger Namen und Ereignisse verstehen zu können. Regisseur Ron Howard beginnt sein Drama dabei wie eine Dokumentation über die Interviews mit Kommentaren von Reston, Brennan, Birt und Zelnick, die sich rückblickend über die Ereignisse äußern. Es ist bedauerlich, weswegen sich die Filmemacher dagegen entschieden, ein klassisches Drama zu erzählen, sondern die Erzählung auf diese Weise verkomplizieren. Man wird unnötig aus dem Geschehen gerissen, anstatt den jeweiligen Moment auf einen wirken zu lassen. Dass dies auch während der Interviews geschieht, hilft dem Erzählfluss nicht, sondern schadet vielmehr der Dramaturgie.
Der Film eröffnet mit dem Rücktritt Nixons, der durch Protokolle und Mitschnitte seiner eigenen illegalen Anweisungen in die Ecke gedrängt, jeglichen politischen Rückhalt verloren hatte. Der britische Entertainer David Frost, dem es in den USA nicht gelungen war, erfolgreich im Showbusiness Fuß zu fassen, strebt ein Interview mit dem umstrittenen Politiker im Ruhestand an – mehr Publicity könnte er sich eigentlich nicht wünschen. Sein Produzent John Birt holt James Reston, Jr. und Bob Zelnick ins Boot, um Geldgeber für die Interviews zu finden und die notwendigen Recherchen und Vorbereitungen zu treffen. Doch beide haben andere Vorstellungen davon, was die Interviews bedeuten sollen. Sieht sie Frost als Sprungbrett für eine Karriere in Los Angeles, erhoffen sich Zelnick und Reston Genugtuung, eine öffentliche Bloßstellung Nixons, der nach einer Begnadigung durch seinen Nachfolger im Amt, jeglichen juristischen Konsequenzen seiner Handlungen entgehen konnte. In den Interviews mit Frost, insgesamt zwölf Sitzungen, soll so etwas wie ein Geständnis zu hören sein, in dem Nixon seine Schuld zugibt.
Die Aufgabe Frosts wird umso größer, je mehr man über Richard Nixon erfährt, der nicht nur exzellent von seinem Stab, allen voran Jack Brennan, vorbereitet wird, sondern der sich um Kopf und Kragen reden kann. Ob es sich tatsächlich so zugetragen hat, dass Frost versuchte, sogar nachts und zwischen den Interviews, Geldgeber aufzutreiben, da ihm alle Fernsehstationen eine Absage erteilt hatten, während sein restliches Team an der Vorbereitung des Fragenkatalogs arbeitete, sei dahingestellt. Frost/Nixon gelingt ein authentisches Porträt der Ereignisse, das ohne Frage dramaturgisch aufbereitet und ausgeschmückt wurde – so traf Frost auch nicht erst kurz vor seinem Treffen mit Nixon auf Caroline Cushing, sondern sie waren bereits seit Jahren ein Paar. Getragen wird die Produktion von herausragenden Darstellern wie Rebecca Hall, Sam Rockwell, Kevin Bacon, Matthew Macfadyen, Oliver Platt und den beiden Protagonisten Frank Langella und Michael Sheen, welche ihre Figuren so glaubhaft zum Leben erwecken, dass kein Zweifel aufkommt, die Interviews haben sich so zugetragen.
In dem eingangs erwähnten Telefonat zwischen Frost und Nixon wirft der Film zudem einen Blick auf den Ex-Präsidenten als Mensch, der, sieht man sich Archivaufnahmen an, immer unzufrieden, gar schon wütend und verbittert scheint. Sollte die dargebrachte Offenbarung der wahre Grund sein, weswegen er sich in die Politik bemühte, stellt diese Szene ein Mahnmal für alle anderen dar, nicht aus diesen Gründen heraus zu handeln. Denn um sich selbst einen besseren Stand zu garantieren, damit andere zu einem aufsehen, die vielleicht zuvor auf einen herabgeblickt hatten, ist die falsche Motivation, in die Politik zu gehen. Damals wie heute.
Fazit:
Als Theaterstück war Frost/Nixon vermutlich ergreifender denn als Film. Das liegt nicht an den Leistungen der Darsteller, die Verkörperung der historischen Figuren ist in der Tat ergreifend. Nur wird die Intensität der Gespräche auf der Bühne vermutlich ansteckender gewesen sein, als sie es von der Leinwand oder dem Bildschirm herunter ist. Dabei zeigt Regisseur Ron Howard eine tadellose Inszenierung, die viele Details aufweist, durch welche man sich in der Zeit gefangen fühlt.
Auf Grund der Konventionen der Erzählung mussten Kompromisse bei der Genauigkeit eingegangen werden. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, nur scheint das Gezeigte ungleich zwischen den Vorbereitungen und den Interviews ausbalanciert. Auch eine Charakterisierung Nixons erfolgt nur im Vorbeigehen. Die entscheidenden Augenblicke sind dabei fast zu schnell vorbei und die Auswirkungen werden kaum erwähnt. So unausgewogen erscheint auch die Aufteilung des Films in die Rückblicks-Kommentare der Personen und die eigentliche Handlung. All das macht Frost/Nixon zu einem exzellent gespielten und auch unterhaltsamen Drama, das aber besser hätte sein können. Und es als Bühnenstück vermutlich ist.