Denn sie dürsten nach Gerechtigkeit [2004]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 23. April 2005
Genre: KrimiOriginaltitel: The Inspector Lynley Mysteries: A Cry for Justice
Laufzeit: 86 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 2004
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Alrick Riley
Musik: Robert Lockhart
Darsteller: Nathaniel Parker, Sharon Small, Lesley Vickerage, Catherine McDonough, Al Weaver, Jenny Agutter, Terence Harvey, Daniel Ryan, Gabriel Reidy, Steven Webb, Abby Ford
Kurzinhalt:
Eher zufällig stößt Barbara Havers (Sharon Small) mit ihrem Kollegen Billy (Al Weaver) auf den augenscheinlichen Selbstmord von Morag McNicholl (Catherine McDonough). Doch für Havers steckt mehr hinter dem Fall – so ist sie überaus erfreut, als sie wieder zum Sergeant befördert und Inspektor Thomas Lynley (Nathaniel Parker) bei der Aufklärung des Falles zugeteilt wird.
Schon wenig später tauchen erste Fragen auf, so hat laut der Gerichtsmedizin McNicholl bereits ein Kind zur Welt gebracht, doch weitere Anzeichen sind dafür nirgendwo zu entdecken. Während Lynley als Täter McNicholls zur Adoption freigegebenen Sohn vermutet, ermittelt Havers in eine andere Richtung und lässt sich im exklusiven Oxforder 'Crucible Club' undercover einschleusen, um die Stelle der Ermordeten zu übernehmen. Sie vermutet, dass das Betreiberehepaar Sanderson (Jenny Agutter und Terence Harvey) in die Tat verstrickt ist. Bei dem Reporter Red McGuire (Daniel Ryan) stößt sie dabei auf offene Ohren, auch er ermittelt gegen Sanderson, bis es weitere Tote gibt ...
Kritik:
Der Drehbuchautorin Ann Marie di Mambro oblag es, nach immerhin elf Krimis um das Ermittlerduo Havers und Lynley, die allesamt auf Werken der Romanautorin Elizabeth George basierten, die Reihe unabhängig von der Vorlage weiterzuentwickeln. Denn sie dürsten nach Gerechtigkeit ist der erste von insgesamt sechs Fällen, deren Story zwar von Autorin George abgesegnet wurden, die aber nicht mehr auf einer ihrer Vorlagen basieren. Verständlicherweise war die Hoffnung groß, dass die Lynley Mysteries nun ihre Kinderkrankheiten überwinden würden und den Zuschauern ein nicht gehetzter und vor allem nicht so klischeehafter Krimi ins Haus stehen würde.
Seltsamerweise ist es der Autorin auch gelungen, mit zahlreichen Wendungen innerhalb der Geschichte und einigen guten – vor allem aber notwendigen – Szenen die Hauptcharaktere voran zu bringen, aber leider ist der erste "Solofall", wenn man es denn so beschreiben möchte, derart unspannend geraten, dass die Zuschauer reihenweise einnicken werden.
An Überraschungen mangelt es dem Skript dabei nicht, ganz im Gegenteil, spätestens ab der Hälfte überrollt die Autorin die Zuschauer förmlich mit neuen Motiven, Hinweisen und möglichen Tätern. Dass dem augenscheinlichen Mord ein ganz anderer Hintergrund zugrunde liegt, ist ebenfalls ein guter Gedanke, doch verwundert es, dass das Skript eben diese Offenbarungen alle innerhalb 30 Minuten präsentiert, die ersten 50 dabei allerdings kaum etwas geschieht.
Fans der Reihe werden zumindest dadurch entschädigt, dass das Zweigespann Havers und Lynley wieder etabliert wird, die Kabbeleien der beiden beinahe wieder das alte Niveau erreichen und auch Lynleys Ehe mit Helen Clyde etwas näher beleuchtet wird. Auch die verschiedenen Verhöre sind interessant geraten und im Vergleich zum letzten Fall, Nie sollst du vergessen [2004], geben sich die beiden Ermittler auch wieder engagiert und überzeugt – weswegen die Autorin bei der Einleitung allerdings erneut auf die verschiedenen Ebenen setzt, alle Handlungsstränge gleichzeitig einzuführen versucht, ist schleierhaft; statt sich wie andere Krimis zuerst minutenlang um die Opfer und Täter zu kümmern, wird in der gesamten Krimireihe immer versucht, den Zuschauer mittels einer parallelen Erzählweise (bei denen alle möglichen Figuren kurz angerissen und auch die Ermittler gezeigt werden), Spannung zu erzeugen. Wenn man jedoch nicht einmal die Namen der Figuren kennt, hält sich auch das Interesse des Zusehers in Grenzen.
So weist das Skript viele gute Ansätze auf und auch der Fall ist erfreulich komplex geraten – allerdings kommt dieser erst zu spät in Fahrt und während sich die erste Stunde merklich zieht, überschlagen sich daraufhin die Ereignisse. Eine ausgewogenere Mischung wäre beim nächsten Fall wünschenswert.
An den Darstellern gibt es diesmal nichts zu bemängeln, sowohl Nathaniel Parker, als auch Sharon Small sind sichtlich engagiert und spielen ihre Rollen mit der notwendigen Gelassenheit, um nicht zu ernst zu wirken. So überzeugen sowohl ihre gemeinsamen Momente, als auch ihre eigenen Auftritte – ebenso bei Lesley Vickerage, die hier erfreulicherweise mehr zu tun bekommt und ihrer Aufgabe auch ohne weiteres gerecht wird.
Auch die Nebendarsteller sind gut ausgewählt, Al Weaver hinterlässt einen soliden Eindruck und man könnte sich ihn durchaus als Gastdarsteller der Serie vorstellen – auch Daniel Ryan macht eine gute Arbeit, gleichwohl sein Abgang im TV-Film leider nicht näher beleuchtet wird.
Gut spielen auch Abby Ford, Jenny Agutter und Terence Harvey, auch wenn sie vom Skript nicht sonderlich gefordert werden.
Die Besetzung ist den Machern somit gut gelungen und lässt keine Wünsche offen.
Bei der Inszenierung überrascht Alrick Riley mit einigen wirklich guten Einstellungen und einer interessanten Optik. Mehr noch, er bekommt auch das bereits erwähnte Problem dieser Staffel mit den fehlerhaften Schwarzwerten bei den Farben in den Griff.
Im Fernsehfach bewandert, gelingt ihm eine gute Atmosphäre und auch eine solide Darstellerführung. Die spannungsfreie Umsetzung ist auch nicht auf seine Regie zurück zu führen, sondern auf die Drehbuchvorlage.
Abgesehen von einem kleinen Musikstück zu Beginn und einigen wenigen während der Episode, ist Robert Lockhart auch in diesem Krimi kaum zu hören. Anstatt das Geschehen also musikalisch zu würzen, hält sich der Komponist weiterhin im Hintergrund und glänzt durch Abwesenheit.
Die dritte Staffel ist beinahe vorbei und auch wenn dieser Krimi des Ermittlerduos wieder einen Schritt in die richtige Richtung wagt, insgesamt enttäuscht er doch – das nicht so sehr auf Grund der Story oder der Figuren, sondern weil sich im Lande Lynley und Havers nicht viel tut. So wird Havers Privatleben überhaupt nicht beleuchtet, und auch die Beziehung zwischen den beiden entwickelt sich nicht weiter.
Dafür redet die Ermittlerin ihren Partner (nach drei Jahren!) immer noch mit "Sir" an, und nachdem sowohl in der ersten, als auch zweiten Staffel Andeutungen gemacht wurden, dass sich die beiden vielleicht auch außerhalb der Arbeit treffen und Freunde werden könnten, wurden nicht zuletzt durch die ersten beiden Fälle alle Bemühungen in der Richtung zunichte gemacht. Sieht man sich dagegen die (leider nur kurzlebige) TV-Serie Dempsey & Makepeace [1985-1986] an, erkennt man schnell, wie sich dort die beiden Ermittler näher gekommen sind und ein Verständnis füreinander aufgebracht haben. Wieso eine überzeugende und natürliche Charakterentwicklung vor 20 Jahren machbar war, heute aber offensichtlich zuviel verlangt ist, ist unverständlich.
Fazit:
Warum die englischen Krimis, sei es nun in Buchform oder als TV-Film stets einen so reißerischen Titel benötigen, sei einmal außer Acht gelassen, immerhin erkennt man bei Denn sie dürsten nach Gerechtigkeit, dass sich die Autorin wohltuend von den Zwängen der Romanumsetzungen gelöst hat und ihren eigenen Fall gekonnt aufbaut. Nur leider nimmt sie sich für die erste Hälfte sehr viel Zeit, wohingegen sich die Auflösungen und Verdächtigen in der zweiten dann überschlagen.
Das ganze ist zudem (vermutlich auf Grund der fehlenden Bedrohung der beiden sympathischen Hauptfiguren) so lähmend und träge geraten, dass sich die 90 Minuten merklich in die Länge ziehen.
So kann man hoffen, dass auch dieser letzte Kritikpunkt im letzten Fall der dritten Staffel, Dem Manne sei untertan [2004] ausgeräumt wird und auch die beiden Hauptfiguren wieder persönlich betroffen werden.