Die fantastische Reise des Dr. Dolittle [2020]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 28. Januar 2020
Genre: Fantasy / KomödieOriginaltitel: Dolittle
Laufzeit: 101 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung
Regie: Stephen Gaghan
Musik: Danny Elfman
Besetzung: Robert Downey Jr., Michael Sheen, Jim Broadbent, Jessie Buckley, Harry Collett, Antonio Banderas, Emma Thompson, Rami Malek, John Cena, Kumail Nanjiani, Octavia Spencer, Tom Holland, Ralph Fiennes
Kurzinhalt:
Mitte des 19. Jahrhunderts erkrankt Königin Victoria (Jessie Buckley) von England schwer und lässt nach dem eigenwilligen Arzt Dr. John Dolittle (Robert Downey Jr.) senden. Der hat sich nach dem Tod seiner geliebten Frau in dem großen Anwesen zurückgezogen und lebt dort seit Jahren unter Tieren, mit denen er sprechen kann. Widerwillig sucht er die Königin auf und stellt fest, dass sie nur durch die heilende Wirkung der Frucht des sagenumwobenen Eden-Baums gerettet werden kann. Entgegen der abschätzigen Bemerkungen seines Studienkollegen Dr. Müdfly (Michael Sheen) macht sich Dolittle mit seinen Tieren und seinem neuen Lehrling Tommy Stubbins (Harry Collett) auf die Reise, den Eden-Baum zu finden. Doch die Reise führt ihn nicht nur in den Palast von König Rassouli (Antonio Banderas), der mit Dolittle verfeindet ist, sondern zwingt den immer noch trauernden Dolittle, sich seinem Verlust zu stellen …
Kritik:
Es klingt auf dem Papier nach einem sicheren Erfolg, die Kinderbuchfigur Dr. Dolittle in ihrer ursprünglichen Epoche neu zu interpretieren. Heuer ein Jahrhundert alt, handelt die vorliegende Geschichte von einem Arzt, der mit Tieren sprechen kann und wartet mit Robert Downey Jr. in der Titelrolle als ebenso verschrobener wie gutherzig charmanter Mann auf, der nach dem Verlust der Liebe seines Lebens in eine tiefe Depression gestürzt ist. Nun begibt er sich mit den Tieren auf eine Reise und vielleicht auch eine Suche nach Glück und Freude in seinem Leben. Klingt vielversprechend – also wann genau scheitert das Unterfangen von Regisseur Stephen Gaghan so kolossal? Nun, Die fantastische Reise des Dr. Dolittle begibt sich ziemlich genau nach dem animierten Prolog auf eine Talfahrt, die stets neue Tiefen auslotet.
Erzählt wird die Geschichte von der Papageiendame Polly und man kann zumindest erfreulicherweise berichten, dass die im englischen Original prominent besetzten Tiersprechrollen auch im Deutschen zumindest zum Teil von den vertrauten Synchronstimmen vertont werden. Nach dem Prolog, in dem geschildert wird, wie Dolittle durch seine Gabe, mit Tieren kommunizieren zu können, Weltruhm erlangt hat, so dass sogar die Königin von England auf ihn aufmerksam wurde, ehe seine geliebte Frau Lily auf hoher See verschwindet und er an der Trauer zerbrochen, sich zu den Tieren auf seinem großen Anwesen zurückzieht, stellt Polly den Jungen Tommy Stubbins vor. Der ist der jüngste Sohn einer Jägerfamilie, will jedoch Tieren kein Leid zufügen. Als er auf Dolittle aufmerksam wird, sucht er eine Möglichkeit, bei dem exzentrischen Arzt eine Ausbildung beginnen zu können. Gleichzeitig lässt die schwer erkrankte Königin von England nach Dolittle schicken, der von seinen Tieren jedoch erst überredet werden muss, die Monarchin aufzusuchen.
Denn die Tiere verstehen offensichtlich alle Menschen und sich selbst untereinander. Bären, Eichhörnchen, Giraffen und Vögel sprechen trotz unterschiedlicher Laute dieselbe „Sprache“. Wenn Dolittle mit ihnen spricht, dann tut er das nicht in der menschlichen Sprache, sondern er gibt die Laute der jeweiligen Tiere wieder. Das ergibt zwar keinen großen Sinn, soll wohl aber für Erheiterung sorgen, wenn der verwahrlost wirkende Dolittle zu Beginn Geräusche von Affen, Gänsen und Hunden nachahmt. Zumal sein junger Lehrling ihm diesbezüglich nacheifert. Aber wenn die Tiere doch die menschliche Sprache offensichtlich verstehen, weshalb sollte er dann in „tierisch“ sprechen? Aber ich schweife ab.
Die Königin von England, das findet Dolittle im Nu heraus, wird vergiftet. Um sie zu retten, braucht sie die Frucht des sagenumwobenen Eden-Baums, die heilende Kräfte besitzt – auch wenn sie noch nie jemand gesehen hat. So bricht Dolittle auf zu einer Reise, auf der er von dem verbitterten Dr. Müdfly und der Royal Navy verfolgt wird. Entsprechend müssen er, Stubbins und die an Bord des Schiffes befindlichen Tiere Abenteuer bestehen.
Immer noch klingt das nicht vollkommen abwegig, oder, als könnte daraus kein unterhaltsamer Familienfilm erzählt werden. Wie kommt es also, dass Die fantastische Reise des Dr. Dolittle nie packt und zusammenhanglos erzählt erscheint? Womöglich wird das an einem Abschnitt des Abenteuers am deutlichsten: Um die besondere Frucht zu finden, brauchen Dolittle und seine Crew eine Karte, auf der die Insel verzeichnet ist, wo der Eden-Baum wächst. Diese Karte befindet sich im Palast von König Rassouli, der auf Dolittle jedoch nicht gut zu sprechen ist. Also müssen Dolittle und Stubbins dort einbrechen. Doch der größte Teil des Einbruchs wird von Polly im Schnelldurchgang erzählt. Was nacheinander geschieht, ergibt inhaltlich auch keinen Sinn und zwischen den einzelnen Szenen klaffen Lücken, als würden Übergänge von einem Bild zum anderen fehlen. Der Höhepunkt ist hier ein Kampf zwischen dem ängstlichen Gorilla und dem bösen Tiger Barry, der an einem Punkt auf dem Rücken liegt und sich darüber beklagt, dass egal, wie viele Menschen er gefressen hat, seine Mutter (!) nie zufrieden mit ihm war. Dass der Humor zum größten Teil aus den Verhaltensweisen der Tiere gezogen wird, ist kein Kritikpunkt. Dass die Verhaltensweisen nicht mit wirklichen Tieren übereinstimmen, schon. Die Sequenz unterstreicht dabei, dass es Filmemacher Gaghan offensichtlich nicht darum geht, ein Abenteuer zu erzählen, oder eine actionreiche Fantasygeschichte. Er legt Wert auf flache Gags und „lustige“ Kommentare der Tiere, ohne dass dies einen großen Sinn ergeben soll.
Dabei sucht man leider auch eine Botschaft für Kinder vergebens. Ein angemessener Umgang mit den Geschöpfen der Natur sieht jedenfalls anders aus.
Das führt aber zu der Frage, für welches Publikum Die fantastische Reise des Dr. Dolittle gedacht ist. Am ehesten an sich für ein ganz junges, doch das schien bei der besuchten Vorführung ebenfalls nicht sonderlich investiert in das Geschehen auf der Leinwand. Dass die Trickeffekte nicht wirklich beeindruckend aussehen, oft sogar nur mittelmäßig, dürfte das Zielpublikum indes nicht stören. Vielleicht aber, dass Robert Downey Jr. wie alle anderen Beteiligten vollkommen überzogen spielt. So vielversprechend es erscheinen mag, die Kinderbuchfigur auf diese Weise zum Leben zu erwecken, so grundlegend misslungen ist die inhaltlich dürftige Umsetzung, die sich weder durch ihre Geschichte, deren Aussage oder den platten Humor auszeichnet. Das ist am Ende vor allem enttäuschend.
Fazit:
Hat es anfangs noch den Anschein, als wollte Stephen Gaghan die Parabel eines von Trauer ergriffenen Mannes erzählen, der auf dieser Reise mit den Tieren den Weg zurück ins Leben sucht, scheint er daran nach den ersten 20 Minuten entweder selbst nicht mehr interessiert, oder nicht in der Lage, der platten Story irgendwelche Zwischentöne zu entlocken. So plätschert die Geschichte vor sich hin, weniger, weil was auf dem Spiel steht kaum greifbar ist, sondern weil es ohnehin nur die „tierischen“ Momente sind, überhaupt interessieren. Neben einer Handvoll halbwegs amüsanter Gags, gibt es hier nichts Unerwartetes oder Überraschendes zu entdecken – sieht man von einem Darmverschluss und damit einhergehenden Blähungen eines Fabelwesens ab, was sich die Macher hier buchstäblich für den erzählerischen Höhepunkt aufsparen. Das ist kein Scherz, aber eben auch nicht witzig. So verhält es sich leider mit Die fantastische Reise des Dr. Dolittle insgesamt, der weder mitreißend erzählt, noch inhaltlich sinnig oder gut gemacht ist. Mag sein, dass ein ganz junges Publikum hier leidlich unterhalten wird, doch das ist angesichts der Beteiligten und der Möglichkeiten für die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer schlicht zu wenig.