Die Unglaublichen 2 [2018]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 16. August 2019
Genre: Animation / Unterhaltung

Originaltitel: Incredibles 2
Laufzeit: 118 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Brad Bird
Musik: Michael Giacchino
Stimmen: Craig T. Nelson (Markus Maria Profitlich), Holly Hunter (Katrin Fröhlich), Sarah Vowell (Emilia Schüle), Huck Milner (Dominik Schneider), Catherine Keener (Tanja Geke), Eli Fucile (Sabine Bohlmann), Bob Odenkirk (Jakob Riedl), Samuel L. Jackson (Jan Odle), Sophia Bush (Lea Kalbhenn), Brad Bird (Mechthild Großmann), Isabella Rossellini (Susanna Bonaséwicz)


Kurzinhalt:

Nach einem heldenhaften Einsatz der Incredible-Familie um Mr. Incredible (Craig T. Nelson / Markus Maria Profitlich), Elastigirl (Holly Hunter / Katrin Fröhlich), ihre Tochter Violetta (Sarah Vowell / Emilia Schüle) und Sohn Dash (Huck Milner / Dominik Schneider), bei dem viele Leben gerettet wurden, stehen die an sich verbotenen Superhelden wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Die Familie muss untertauchen und erhält unerwartet Unterstützung der Geschwister Winston (Bob Odenkirk / Jakob Riedl) und Evelyn Deavor (Catherine Keener / Tanja Geke). Winstons Ziel ist es, Superhelden wieder in die Legalität zurückzuholen. Darum will er mit Elastigirl ihr Ansehen in der Bevölkerung positiver gestalten. Während sie deshalb auf Verbrecherjagd geht, soll Mr. Incredible zuhause auf die Kinder aufpassen, auch auf das mit vielen Superfähigkeiten ausgestattete Baby Jack-Jack. Tatsächlich wird die Stadt von einem neuen Schurken in Angst und Schrecken versetzt, der Elastigirl alles abverlangt. Während sie ahnt, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht, geraten alle Superhelden ins Visier eines ungewöhnlichen Bösewichts – auch ihre Familie …


Kritik:
Sieht man sich den durchschlagenden Erfolg von Die Unglaublichen 2 an, der aktuell der erfolgreichste Film der Animationsschmiede Pixar ist, scheinen die Macher etwas richtig gemacht zu haben. Doch stellt man dem gegenüber den Anspruch, den Filmemacher Brad Bird an die Fortsetzung zu seinem Hit Die Unglaublichen - The Incredibles [2004] hatte, einen Film zu machen, der besser als das Original ist, muss man leider festhalten, dass er dem nicht ganz gerecht wird. Dafür ist das Sequel zu sehr Remake, anstatt eine überraschende Geschichte zu erzählen.

Wobei das zu Beginn durchaus danach aussieht, setzt Die Unglaublichen 2 doch genau in dem Moment an, da der erste Film aufhört. Der „Tunnelgräber“ versetzt die Stadt in Angst und Schrecken und zwingt die Familie Incredible, in ihre Superheldenkostüme zu schlüpfen, und sich der Gefahr zu stellen.
Auch wenn Bird nie eindeutig sagt, in welcher Welt und zu welcher Zeit Die Unglaublichen spielt, versprühte das Superheldenabenteuer ein ganz eigenes Flair, das an die James Bond-Filme aus den 1960er-Jahren erinnerte. Das traf zu großen Teilen auch auf die verwendete Technik (Telefone und Fernseher), aber auch Autos und Kleidung zu. Nicht zuletzt spiegelt das klassische Rollenverständnis, das hier aufgegriffen wird, wenn nicht Mr. Incredible den Lebensunterhalt der Familie verdienen soll, sondern er auf die Kinder aufpasst, während seine Frau Elastigirl die Welt rettet, diese Zeit wieder. Insofern hatte der erste Film ein Universum geschaffen, das es so tatsächlich hätte geben können. Der maulwurfartige Bösewicht am Ende des ersten Films als Mischwesen aus Tier und Mensch wollte hierzu nicht wirklich passen, schien aber mehr Schlussgag, denn wirkliche Figur. Nicht nur, dass er hier seine Rückkehr feiert, es folgen auch weitere anthropomorphe Fantasiekreaturen, so dass Die Unglaublichen 2 mehr in Richtung Fantasy tendiert.

Das an sich ist kein Kritikpunkt, schmälert jedoch ein wenig das Ambiente. Was bedeutend mehr auffällt, ist die Tatsache, dass die erste halbe Stunde des Films gewissermaßen eine Wiederholung des ersten Teils darstellt. Erneut stehen die Superhelden in der Kritik und müssen untertauchen. Wieder ist die Familie Incredible auf sich allein gestellt und soll ihre Superkräfte unterdrücken. Allerdings ist es diesmal Ehefrau Helen, Elastigirl, die das Angebot erhält, für die gute Sache ihr Superheldenkostüm überzuziehen. Durch ihre Taten sollen die Politiker dieser Welt überzeugt werden, dass Superhelden gebraucht und sie wieder für legal erklärt werden. Das hat sich der wohlhabende Winston zum Ziel gesetzt und arbeitet mit seiner Schwester Evelyn daran. Passenderweise wird die Stadt von einem neuen Schurken bedroht, dem „Screenslaver“, der Unbeteiligte zu willenlosen Marionetten werden lässt.

Dass sich darin in zwei Nebensätzen verpackt eine durchaus legitime Kritik verbirgt, einerseits an der Konsumgesellschaft selbst und gewissermaßen auch daran, dass die unbeteiligte Distanziertheit der Menschen Superhelden überhaupt erforderlich macht, anstatt dass jede/r selbst aktiv wird, ist unbestritten. Doch diese Punkte gehen in der temporeichen Präsentation merklich unter und können nicht überspielen, dass es keine wirkliche Überraschung ist, wer sich hinter dem Schurken verbirgt. Mehr noch, die Motivation desselben gerät so dürftig, dass man davor kaum die Augen verschließen kann. Dafür entschädigen die Momente mit Mr. Incredible, Bob, der zuhause auf die Kinder aufpasst und feststellen muss, dass ihm das mehr abverlangt, als er als Superheld gewohnt ist. Neben den Schulproblemen von Dash und dem Liebeskummer von Violetta hat er außerdem mit Baby Jack-Jack zu kämpfen, das immer mehr seiner Fähigkeiten entdeckt. Der ist auch der heimliche Star des Films, zusammen mit dem Gastauftritt von Superheldenanzug-Designerin Edna Mode. All dem zuzusehen, ist auch sehr unterhaltsam, aber es ist nicht in dem Maße packend, wie es der gemeinsame Kampf der Familie Incredible im ersten Film war. Das macht Die Unglaublichen 2 als familientauglichen Unterhaltungsfilm nicht schlechter, aber an die Kreativität und das erfrischende Element des ersten Teils kommt die Fortsetzung nicht heran.


Fazit:
Die nach wie vor fantastische Musik von Michael Giacchino erinnert erneut an die Agenten-Abenteuer der 60er-Jahre und wenn sich das Finale entfaltet, brennt Regisseur Brad Bird ein wahres Feuerwerk auf mehreren Ebenen mit einer toll aufgebauten, actionreichen und witzigen Sequenz ab. Doch der Weg dorthin ist, wenn auch nie langweilig oder langatmig, doch nie so charmant oder einfallsreich, wie man erwarten würde. Die Figuren sind gut getroffen und haben auch alle etwas zu tun, aber sie sind am Ende im Grunde dieselben wie zu Beginn der Geschichte. Die hakt alle Punkte ab, die eine Fortsetzung benötigt, gerät aber nie überraschend. Dank des gelungenen Humors und der sympathischen Figuren, aber auch dank der fantastisch aufgebauten Actionszenen ist Die Unglaublichen 2 ein tadellos sehenswertes und hervorragend gemachtes Animationsabenteuer für die ganze Familie. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.