Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone [1986]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 11. Oktober 2020
Genre: Komödie

Originaltitel: Ruthless People
Laufzeit: 93 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1986
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Jim Abrahams, David Zucker, Jerry Zucker
Musik: Michel Colombier
Besetzung: Danny DeVito, Bette Midler, Judge Reinhold, Helen Slater, Anita Morris, Bill Pullman, William G. Schilling, Art Evans, Clarence Felder, J.E. Freeman


Kurzinhalt:

Sam Stone (Danny DeVito) ist schon lange verheiratet – und kann seine Frau Barbara (Bette Midler) auf den Tod nicht ausstehen. Als er endlich einen Plan ersonnen hat, sie zu ermorden, erreicht ihn ein Anruf: Barbara wurde entführt und die Kidnapper fordern 500.000 Dollar, oder sie werden Barbara umbringen. Sam kann sein Glück kaum fassen und informiert entgegen der Anweisungen unmittelbar Presse und Polizei. Die wenig durchsetzungsfähigen Entführer, das Ehepaar Ken (Judge Reinhold) und Sandy (Helen Slater) sind nicht nur mit der äußerst wehrhaften und gehässigen Geisel Barbara überfordert, sondern wissen auch nicht, was sie tun sollen, da Sam Stone sich weigert, das Lösegeld zu bezahlen. Dass Sams Geliebte Carol (Anita Morris), die ihre eigenen Pläne im Auge hat, den ahnungslosen Playboy Earl (Bill Pullman) eingespannt hat, um Sam zu erpressen, sorgt für zusätzliche Verwirrungen …


Kritik:
Auch vor beinahe 35 Jahren stellte Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone im Bereich der Komödien etwas Besonderes dar. Anstatt sich auf ausfallenden Slapstick im Stile von Police Academy – Dümmer als die Polizei erlaubt [1984] zu verlassen, oder eine bissige Gesellschaftssatire zu präsentieren, geht das Regie-Dreigespann aus Jim Abrahams sowie David und Jerry Zucker einen Mittelweg. Teils Slapstick, teils Verwechslungskomödie und zum Teil mit bösen Gesellschaftsbeobachtungen versehen, ist Ruthless People, so der passendere Originaltitel, nicht nur ein leichter und doch alles andere als oberflächlicher Film, sondern auch eine Perle des Genres aus einer unbeschwerteren Zeit.

Sie beginnt damit, dass der Bekleidungshersteller Sam Stone bei einem Essen seiner Affäre Carol erzählt, wie er plant, seine Frau Barbara umzubringen. Erst dann steht ihm das Familienvermögen, in das er eingeheiratet hat, vollständig zur Verfügung. Doch als Sam in sein luxuriöses Zuhause zurückkehrt, muss er feststellen, dass Barbara entführt wurde. Ken und Sandy Kessler haben die quirlige Mrs. Stone gekidnappt und wollen 500.000 Dollar von Sam Stone erpressen. Als der hört, dass seine Frau ansonsten ermordet wird, setzt er alles daran, dass die Entführung so verheerend verläuft, wie nur möglich. Sei es, dass er Presse und Polizei informiert, obwohl die Entführer keine Aufmerksamkeit wollten, oder dass er das Lösegeld schlicht nicht zahlen will. Dabei hätten Ken und Sandy ahnen können, dass Sam knausert, immerhin ist der Grund, dass die zwei an sich herzensguten Menschen überhaupt eine Entführung durchgeführt haben, die Tatsache, dass Sam ein Vermögen mit Sandys Idee gemacht hat.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die beiden einzigen „guten“ Figuren die zwei Entführer sind. Sandy könnte keiner Fliege etwas zu leide tun und Ken gibt sich derart viel Mühe, hart und selbstsüchtig zu sein, bis sein Gewissen ihm in die Quere kommt. Hier gibt es einen tollen Moment, in dem er versucht, aus Frust, einem jungen Mann überteuerte Lautsprecherboxen zu verkaufen, bis er dessen hochschwangere Freundin sieht. Es ist eine Szene, die seinen Charakter definiert, so wie die Eröffnung Danny DeVitos Sam Stone definiert. Der ist nicht der einzig Durchtriebene, seine Frau Barbara ist eingangs ebenso abweisend, verletzend und gehässig, Sams Liebhaberin Carol hat ihre ganz eigenen Pläne und spannt, um Sam später erpressen zu können, den unbedarften Earl für ihre Zwecke ein, der – wie eine Figur sagt – vermutlich der dümmste Mensch auf dem Planeten ist. Bill Pullman spielt den ahnungs- wie glücklosen Playboy mit einer Ernsthaftigkeit, dass es eine Freude ist, ihm zuzusehen.

So sind anfangs alle Figuren darauf aus, das Beste für sich selbst herauszuholen, doch gewinnt Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone gerade dadurch an Profil, dass nur die Erfolg haben, die ihre eigene Rücksichtslosigkeit überwinden und sich auf andere einlassen. Der größte Star des Films (kein Wortwitz beabsichtigt) ist zweifellos Danny DeVito. Ihm allein in der Eröffnungsszene zuzusehen, mit welcher Leidenschaft er davon erzählt, dass er seine Frau umbringen möchte, ist ein unvergleichliches Erlebnis. Er verleiht all seinen Momenten eine Impulsivität und gleichermaßen eine eiskalte Berechnung, dass man ihm trotz seines skrupellosen Plans nicht wirklich böse sein kann. Er ist einer der wenigen Schurken, denen das Publikum dennoch wünschen würde, dass er irgendwie Erfolg hat. Umso amüsanter ist es, ihm dabei zuzusehen, wie er in Anbetracht der Entführung zuerst die Korken knallen lässt, um kurz darauf der Polizei den besorgten Ehemann vorzuspielen und wenig später zunehmend zu verzweifeln, als die Entführer ihre Drohung, Barbara zu ermorden, einfach nicht wahrmachen wollen. Dem gegenüber steht eine stellenweise herrlich überzogen auftretende Bette Midler, deren Barbara gerade in Anbetracht ihrer privilegierten Herkunft erschütternd feststellen muss, dass Sam für sie nicht einmal bezahlt, als Ken und Sandy sich mit dem Lösegeld herunterhandeln lassen.

Hinzu kommen Nebenhandlungen wie die kaum eigenen Antrieb zeigenden Polizisten, oder ein Erpressungsvideo, das Earl vermeintlich von Sam aufgenommen hat, am Ende aber zu einer irrwitzigen Verwechslung führt. Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone ist trotz der an sich einfachen Geschichte mit genügend Details ausgeschmückt und mit den sich überlappenden Nebenhandlungen so spritzig erzählt, dass die Komödie auch Jahre später noch genug Anreize für ein erneutes Ansehen bietet. Die fabelhafte gut gelaunte Besetzung erneut zu besuchen, ist es dabei ohnehin allemal wert. Dass all die Storywindungen am Ende aufgelöst werden und ineinandergreifen, ist ein Verdienst eines Drehbuchs, das mehr Finesse bereithält, als man ihm auf den ersten Blick attestieren würde.


Fazit:
Humor ist mehr noch als jede andere Emotion subjektiv. Dass den drei Regisseuren hier ein solch zeitloser Klassiker gelingt, liegt vor allem daran, dass sie sich nicht auf eine Art von Komödie festlegen, sondern sowohl den körperlichen Slapstick, vor allem Dank Judge Reinhold und Bette Midler, als auch den hintersinnigen Witz mit dem skrupellosen Sam bedienen. Dabei werden alle Figuren ausreichend vorgestellt, wobei die eigentliche Entwicklung Barbara vorbehalten ist. Das mitanzusehen, ist auch nach mehr als 30 Jahren noch ein riesiger Spaß, insbesondere, weil selbst die durchtriebenen Charaktere den Film nie bösartig werden lassen. Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone ist eine fantastisch unterhaltsame Komödie, getragen von einer hervorragend gelaunten Besetzung. Danny DeVitos Darbietung gehört zu den besten des Genres, mit seiner durchtriebenen Skrupellosigkeit und gleichzeitig dem verschmitzten Blitzen in seinen Augen. Allein beim Gedanken daran, muss man auch Tage später noch schmunzeln – wie viele Filme können das von sich behaupten?