Die Geister, die ich rief... [1988]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 27. Dezember 2014
Genre: Komödie / FantasyOriginaltitel: Scrooged
Laufzeit: 101 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1988
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Richard Donner
Musik: Danny Elfman
Darsteller: Bill Murray, Karen Allen, Alfre Woodard, John Forsythe, John Glover, Bobcat Goldthwait, David Johansen, Carol Kane, Robert Mitchum, Nicholas Phillips, Michael J. Pollard, Mabel King, John Murray, Wendie Malick, Jamie Farr
Kurzinhalt:
Frank Cross (Bill Murray) ist Präsident eines Fernsehsenders. Um seinen Erfolg zu festigen und seinen Boss Preston Rhinelander (Robert Mitchum) zu überzeugen, setzt er auf ein Programm für den Weihnachtsabend, dem sich kein Zuschauer soll entziehen können. Dass Frank dafür ausgerechnet Brice Cummings (John Glover) zur Unterstützung zur Seite gestellt wird, gefällt ihm ebenso wenig, wie Mitarbeiter, die seine Entscheidungen in Frage stellen. Nach Eliot Loudermilk (Bobcat Goldthwait) seliges getan hat, wird er noch an Weihnachten von Frank gefeuert, auch wenn Franks Assistentin Grace (Alfre Woodard) protestiert.
Wenig später erscheint Frank die Leiche seines Vorgängers Lew Hayward (John Forsythe), der für Frank ein Idol war. Er warnt Frank, dass wenn er so bleibt wie er ist, er dafür in die Hölle kommen wird. Um ihn zur Vernunft zu bringen, werden ihm drei Geister erscheinen. Der erste (David Johansen) bringt ihn zurück in die Vergangenheit und zeigt ihm, wie er seine große Liebe Claire (Karen Allen) vertrieben hat. Der zweite Geist (Carol Kane) zeigt ihm die Gegenwart und wie viele Menschen Frank ins Unglück treibt an diesem Tag – aber auch wenn er bereit ist, sich zu ändern, ob er verhindern kann, was der dritte Geist ihm zeigt, ist alles andere als sicher ...
Kritik:
Seit ihrem Erscheinen zählt Die Geister, die ich rief... zu einer der beliebtesten Weihnachtskomödien und gehört unausweichlich zum festlichen Fernsehprogramm – an sich eine Ironie des Schicksals, prangert der Film doch an, dass die Menschen an Heilig Abend lieber vor dem Fernseher sitzen, anstatt Zeit mit ihren Liebsten zu verbringen. Und doch, bei allem, was Filmemacher Richard Donner mit seiner auf das moderne Showbusiness gemünzten Interpretation des klassischen Charles Dickens' Stoffes erreichen wollte, wird der Film seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Und das liegt unerwarteter Weise an einer irritierenden Darbietung des sonst immer großartigen Bill Murray.
Der schlüpft hier in die Rolle des Fernsehsenderpräsidenten Frank Cross, der jüngste seiner Art, wie er unterstreicht. Aus der Programmplanung für das Fest der Liebe will er ein Event machen, das niemand verpassen darf, denn nur dann steigen die Werbeeinnahmen. Dafür sind ihm auch Furcht einflößende Werbespots recht, die mit dem eigentlichen Programm gar nichts zu tun haben. Er ist ein Zyniker wie er im Buche steht und verpflichtet seine Assistentin auch dann zu Überstunden, wenn er nur nicht allein sein will. Es ist ein Figur, die dem meist unnahbaren Bill Murray eigentlich auf den Leib geschneidert ist, doch wenn Cross seine Angestellten zur Schnecke macht, macht ihn das nur unsympathisch, lustig ist das selten. Auch spielt Murray den Charakter mit einem überdrehten Touch, als würde er immer wieder direkt in die Kamera blicken, um dem Publikum zu sagen "Ich weiß, dass Ihr da seid und dass Ihr euch nicht amüsiert. Ich mich auch nicht." Sprich: Er scheint keinen Gefallen an der Boshaftigkeit von Frank Cross zu finden, sondern sie notgedrungen abzuspulen. Ohne jede Selbstironie.
Kurz vor Weihnachten erscheint Frank der verwesende Leichnam seines Vorgängers Lew Hayward, der ihn warnt, dass er in der Hölle landen wird, wenn er nicht Mitgefühl und Güte zu den Eckpfeilern seines Lebens macht. Es werden ihn drei Geister besuchen, die ihm die Augen öffnen sollen. Obwohl Franks Fernsehsender für den Weihnachtsabend eine Live-Aufführung von Dickens' Weihnachtsgeschichte geplant hat, kommt ihm nicht die Idee, dass dies eine Ironie des Schicksals sein könnte. Er lässt sich vielmehr bereitwillig von einem kettenrauchenden Geist in einem Taxi in die Vergangenheit bringen, wo ihn der Anblick seiner schwangeren Mutter zu Tränen rührt, ehe ihn Carol Kane als Geist der gegenwärtigen Weihnacht verprügelt. Selbstverständlich gibt es auch in Die Geister, die ich rief... einen Rettungsanker für Frank: Seine große Liebe Claire, die er für seine Karriere zurückgelassen hat. Aber selbst wenn sie bereit ist, ihn nach 15 Jahren zurückzunehmen, er bleibt ein egoistischer Karrierist und lässt sie abermals stehen.
Was sie an ihm findet bleibt ebenso ein Rätsel, wie weshalb Frank überhaupt eine Wandlung durchmachen sollte. Der Auftritt von John Glover als Franks größte berufliche Bedrohung versandet ebenso wie Bobcat Goldthwaits Figur, die von Frank zu Beginn gefeuert wird, um dann bewaffnet beim Finale zu erscheinen. Statt charakterlicher Tiefe gibt es bei Die Geister, die ich rief... nur reißbretthafte Figuren, die tun, was das Drehbuch ihnen vorgibt, auch wenn es keinen großen Sinn ergibt.
Dass all das in einem versöhnlichen Mitsing-Marathon von Jackie DeShannons "Put a Little Love in Your Heart" endet, passt zum obligatorischen Zuckergussfinale. Wie insbesondere Frank Cross als moderne Version von Ebenezer Scrooge überhaupt so weit gekommen sein soll, arbeitet Regisseur Donner aber nicht heraus.
Fazit:
Für einen Film, der nur etwas mehr als eineinhalb Stunden dauert, fühlt sich Die Geister, die ich rief... sehr lange an. Das liegt einerseits am episodenhaften Aufbau der Story, aber auch an der überzogenen Darbietung von Bill Murray, die alle anderen Darsteller so verunsichert, dass sie kaum aus sich herausgehen. Richard Donner scheint sich nicht entscheiden zu wollen, ob er nun eine Satire auf die vielen Verfilmungen von Charles Dickens' Vorlage Eine Weihnachtsgeschichte [1843] drehen will und deshalb die Geister so übertrieben darstellt, oder auf berechnende Manipulation der machthungrigen Fernsehstudios und des Showbusiness, die die weihnachtliche Stimmung schamlos für sich ausnutzen.
Irgendwo dazwischen mag eine gelungene Weihnachtskomödie liegen, die hier aber nicht zu erkennen ist. Das Talent ist vorhanden und einige zynische Sprüche des böswilligen Frank zünden, aber es ist, als wäre Bill Murray selbst nicht davon überzeugt, dass es funktionieren könnte. Schon deshalb tut es auch der auf Freudentaumel getrimmte Schluss nicht.