Der Marsianer - Rettet Mark Watney [2015]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 11. Oktober 2015
Genre: Science Fiction / Thriller / DramaOriginaltitel: The Martian
Laufzeit: 141 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2015
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Ridley Scott
Musik: Harry Gregson-Williams
Darsteller: Matt Damon, Jessica Chastain, Kristen Wiig, Jeff Daniels, Michael Peña, Sean Bean, Kate Mara, Sebastian Stan, Aksel Hennie, Chiwetel Ejiofor, Benedict Wong, Mackenzie Davis, Donald Glover
Kurzinhalt:
Als auf dem Mars ein verheerender Sturm aufzieht, entscheidet die Leiterin der Ares 3-Mission, Astronautin Melissa Lewis (Jessica Chastain), den Abbruch. Als sie sich mit ihren übrigen Team-Kollegen zur Kapsel aufmacht, um den Planeten zu verlassen, wird Astronaut Mark Watney (Matt Damon) von einem Trümmerteil getroffen. Laut seinem Bio-Monitor ist er sofort tot und wird zurückgelassen. Erst Wochen später entdecken NASA-Wissenschaftler über Satellitenbilder, dass sich beim an sich verlassenen Camp Ausrüstungsgegenstände bewegen. Mark hat überlebt und will er am Leben bleiben, muss er einen Weg finden, die Rationen, die nur ein paar Monate halten sollen, auf mehrere Jahre auszustrecken. Dabei kann er ohnehin nur dann auf Hilfe hoffen, wenn es ihm gelingt, die NASA zu kontaktieren – und wenn ihn die tödliche Planetenoberfläche nicht zuvor das Leben kostet ...
Kritik:
Setzt die Musik zu Beginn ein, dann glaubt man beinahe, man könnte Jerry Goldsmiths Thema zu Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt [1979] darin hören. An die Finesse und den Unterhaltungswert seines ersten großen Kinofilms konnte Regisseur Ridley Scott seither nicht mehr anknüpfen. Auch mit Der Marsianer - Rettet Mark Watney gelingt ihm dies nicht ganz. Doch es ist nicht nur sein bester Film in vielen Jahren, es ist auch sein unterhaltsamster. Zum großen Teil dank eines hervorragenden Matt Damon.
Die Ausgangslage von Andy Weirs Roman Der Marsianer [2011] erinnert dabei stark an Cast Away - Verschollen [2000] mit Tom Hanks in der Rolle eines Mannes, der nach einem Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel strandet. Der von Damon verkörperte Mark Watney wird bei einer Evakuierung von seinen fünf Kollegen der Mars-Mission Ares 3 getrennt und tot geglaubt zurückgelassen. Anfangs ohne Kommunikationsmöglichkeit auf einem Planeten ohne Wasser, Nahrung oder allein Luft zum Atmen, ist seine Perspektive ebenso trostlos wie die von Hanks' Figur auf der Insel.
Umso überraschender ist, wohin sich Der Marsianer entwickelt: Scott spickt Watneys Überlebenskampf mit erstaunlich vielen heiteren Momenten, in denen sich dieser mit seinen wissenschaftlichen Fähigkeiten beweisen muss. Dass seine Umgebung nicht lebensfeindlicher sein könnte, ruft der Film dem Publikum zwar immer wieder in Erinnerung, aber die erste Hälfte des Films über sieht es so aus, als könne Mark das Unmögliche schaffen.
In dieser Zeit blendet die Erzählung aus, wie es um die Crewmitglieder bestellt ist, die es rechtzeitig in die rettende Kapsel geschafft haben. Stattdessen wird gezeigt, wie die Verantwortlichen der NASA an Rettungsplänen arbeiten, um Mark zumindest so lange am Leben zu erhalten, bis die nächste Mars-Mission in einigen Jahren eintreffen wird.
Eine erfrischende und weise Entscheidung ist es dabei, keinen menschlichen Bösewicht einzuführen, auch wenn es eingangs so aussieht, als müsse Jeff Daniels als Leiter der NASA diese Lücke füllen. Dabei liegt es an ihm zu entscheiden, welche Optionen tatsächlich machbar sind und welche das Unvermeidliche nur hinauszögern würden. Watneys einziger Widersacher ist der Mars selbst.
Ebenso gelungen ist es nicht zu verraten, wann Der Marsianer - Rettet Mark Watney tatsächlich spielt. Nicht nur, dass die Technik einen funktionierenden Eindruck macht, das Gezeigte sieht so aus, als könnte es zurzeit wirklich gebaut werden, wären genug Gelder vorhanden. Seien es die Habitate auf dem Mars, das NASA Kontrollzentrum oder die Fähren bzw. das Transportraumschiff Hermes.
Das Aussehen und die Haptik von Der Marsianer sind schlichtweg großartig und sieht man, wie es Watney gelingt, auf dem roten Planeten etwas anzubauen, dann ist das ebenso inspirierend wie sein Kampf gegen sein drohendes Ende. Matt Damon, der sowohl direkt nach Watneys Unfall, als auch in der zweiten Filmhälfte stark gefordert ist, verkörpert den einsamen Astronauten als ewigen Optimisten. Das macht er gut, selbst wenn insbesondere das letzte Drittel Fragen aufwirft, die nicht beantwortet werden. Wie gelingt es Mark, trotz der langen einsamen Zeit, zuversichtlich zu bleiben? Was geschieht in der Zeitspanne, die der Film überspringt, oder bei seiner langen Reise? Hier würden viele Charaktermomente schlummern, die Ridley Scott auslässt und dafür die Bemühungen der NASA und der Hermes-Crew zeigt. Die sind für das weitere Verständnis zwar wichtig, aber man wird das Gefühl nicht los, dass Der Marsianer - Rettet Mark Watney zwar ein sehr guter Film ist, aber mit mehr Erzählzeit (vielleicht als 10teilige Mini-Serie) herausragend hätte sein können.
Fazit:
Hollywood hat den roten Nachbarn der Erde schon oft besucht, sei es mit Zombies, Aliens, wachsenden Algen oder sonstigen Schauermärchen. Der Marsianer - Rettet Mark Watney legt merklich Wert auf eine wissenschaftlich fundierte Darstellung der Umstände und dessen, was möglich ist oder geschehen könnte. Das ist ebenso erfrischend wie lehrreich und dank der tollen Besetzung immer packend.
Für Interessenten ist der Blick in die Möglichkeiten der modernen Raumfahrt Gold wert, doch Ridley Scott gelingt das Kunststück, dennoch die Menschen in den Mittelpunkt zu rücken. Watney dabei zu beobachten lässt einen mitfiebern und ist trotz der spürbaren Bedrohung mitunter erstaunlich leichtfüßig erzählt. Mit seinen 77 Jahren gelingt Filmemacher Scott ein sehenswertes und rundum gelungenes, menschliches Abenteuer. Für ein Meisterwerk hätte er sich nur ein wenig mehr Zeit nehmen müssen.