Das Zeiträtsel [2018]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 22. März 2018
Genre: Fantasy / Unterhaltung / DramaOriginaltitel: A Wrinkle in Time
Laufzeit: 109 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2018
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren
Regie: Ava DuVernay
Musik: Ramin Djawadi
Darsteller: Storm Reid, Oprah Winfrey, Reese Witherspoon, Mindy Kaling, Levi Miller, Deric McCabe, Chris Pine, Gugu Mbatha-Raw, Zach Galifianakis, Michael Peña, André Holland
Kurzinhalt:
Vor vier Jahren ist der Physiker Mr. Murray (Chris Pine) spurlos verschwunden. Als wäre der Verlust für Meg (Storm Reid), die ihren Vater im Gegensatz zu ihrem Bruder Charles Wallace (Deric McCabe) nicht nur kennengelernt, sondern immer zu ihm aufgeblickt hat, nicht schon schlimm genug, wird sie von ihren Mitschülerinnen gehänselt und ausgegrenzt. Doch eines Tages erscheinen Meg, ihrem Bruder und Mitschüler Calvin (Levi Miller) drei seltsam gekleideten Frauen. Frau Wasdenn (Reese Witherspoon) war zuvor bereits im Haus von Megs Mutter (Gugu Mbatha-Raw) aufgetaucht und zusammen mit Frau Dergestalt (Oprah Winfrey) und Frau Diedas (Mindy Kaling) verkünden sie Meg, dass ihr Vater ihre Hilfe benötigt. Er befinde sich an einem weit entfernten Ort und so reist Meg mit Charles Wallace und Calvin in fremde Welten, auf der Suche nach ihrem Vater. Das Abenteuer, das sie dabei bestehen müssen, führt sie in die Fänge des bösen Wesens ES, das sich immer weiter im gesamten Universum ausbreitet …
Kritik:
Basierend auf dem Kinderbuch Die Zeitfalte [1962] von Madeleine L’Engle, Teil eins einer fünfteiligen Fantasy-/Science Fiction-Reihe, handelt Ava DuVernays Fantasy-Film Das Zeiträtsel von der Teenagerin Meg, deren Vater vor vier Jahren spurlos verschwunden ist. Der Physiker hatte zuvor mit seiner Frau verkündet, einen Weg gefunden zu haben, wie man allein mit Gedankenkraft zu den Sternen reisen kann. Als drei seltsam gekleidete Frauen bei Meg und ihrem kleinen Bruder Charles Wallace erscheinen, die behaupten, ihr Vater sei am Leben und bräuchte ihre Hilfe, machen sich die Geschwister auf zu einem Abenteuer, das sie auf fremde Welten führt. Das klingt, als wäre die lange erwartete Romanverfilmung ein inspirierendes Fantasy-Epos und es ist unbestritten, dass die Filmemacher genau das im Sinn hatten. Nur leider ist das Ergebnis weder das eine, noch das andere.
Das liegt zum großen Teil daran, dass die Figuren weder besonders einfallsreich, noch überaus tiefgehend vorgestellt werden. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Meg, deren Bruder Charles Wallace allerdings nicht nur mehr zu wissen, sondern die Antworten auf alle Fragen bereits zu kennen scheint. An ihn wendet sich auch die seltsam gekleidete und in Rätseln sprechende Frau Wasdenn, die eines abends urplötzlich in ihrer Küche steht. Kurz darauf lernen Meg, ihr Bruder und Megs Mitschüler Calvin die zwei Begleiterinnen von Frau Wasdenn kennen, Frau Diedas und Frau Dergestalt. Frau Diedas spricht nur in Zitaten anderer Personen, Frau Dergestalt steht im Garten von Megs Haus, ist haushoch und leicht durchsichtig. Aber anstatt wie jeder normale Mensch zu reagieren, nimmt Meg das unvorstellbare Geschehen an, wie es ist. Vor allem im ersten Drittel von Das Zeiträtsel hat man daher den Eindruck, sämtliche Figuren würden sich seltsam verhalten.
Meg, die sich nach dem Verschwinden ihres Vaters abgekapselt hat, wird in der Schule gehänselt, ihre schulischen Leistungen befinden sich im freien Fall. Doch so sehr sie ihn vermisst, ihre Gefühle scheinen darüber nicht hinaus zu gehen. Wo ist die Enttäuschung, die Wut, dass ihr Vater seine Familie zurückgelassen hat? Ungeachtet der bunten Bilder, sind die Charakterzeichnungen enttäuschend oberflächlich.
Mittels „Tessering“, bei dem Raum und Zeit durch Gedankenkraft zusammengefaltet werden, reisen Meg, Calvin und Charles Wallace mit den drei Damen zu fernen Welten. Aber wirkliche Abenteuer gibt es dort nicht zu bestehen. Die fantasievoll gestalteten Hintergründe dienen lediglich als Leinwand, vor der Meg ihre Reise fortsetzt, um ihre eigenen Stärken zu entdecken. Auf dem Weg trifft sie zwar fremdartige, sprechende und fliegende Pflanzen oder eine seltsame Höhle mit Orakel Happy darin. Aber letztlich führt ihre Reise nach innen und nicht nach außen.
Es dauert sehr lange, ehe Das Zeiträtsel zumindest einige Zusammenhänge erklärt und wenn der Film es tut, ergeben sie dennoch keinen rechten Sinn. So breitet sich nach Aussage von Frau Dergestalt das böse ES im Universum aus und befällt den Geist und die Herzen aller Wesen – auch der Menschen. ES sät Gier, Missgunst und Selbstzweifel und hat Megs Vater in seiner Gewalt. Aber weshalb? Und wofür benötigen die drei Damen Meg dazu, ihren Vater zu befreien? Wieso reicht nicht Charles Wallace aus, der ohnehin alle Zusammenhänge bereits zu kennen scheint?
Dass die Geschichte eine Metapher ist und Megs Entwicklung erzählt, ist unbestritten, nur klingt sie so konstruiert wie (zumindest aus heutiger Sicht) abgegriffen. Dass im Zentrum der Botschaft des Films die Selbstzweifel, die jeden Teenager alltäglich bewegen, stehen und wie man damit umgeht den späteren Charakter der Erwachsenen nachhaltig beeinflussen kann, ist leicht zu erkennen. Auch die Aussagen, dass Meg lernen muss, sich selbst anzunehmen, wie sie ist, an sich zu glauben und ihren eigenen Fähigkeiten zu vertrauen, bringt Regisseurin Ava DuVernay plakativ mit dem sprichwörtlichen Holzhammer vor.
Es ist unbestritten, dass die Macher darauf aus sind, eine für das jugendliche Zielpublikum relevante Geschichte in einem fantastischen Gewand zu erzählen und bedenkt man das Alter der Romanvorlage, ist es überaus interessant zu sehen, wie universell die Botschaft doch ist, unabhängig davon, ob sie die ‚Generation Smartphone‘ betrifft, oder nicht. Aber nicht nur, dass die Aussage ungelenk und mit zu viel Nachdruck zum Leben erweckt wird, das im Grunde fantasievolle Design geht in den zu oft offensichtlichen Tricks, die einen aus den fremden Welten reißen, vollkommen unter.
Hinzu kommt, dass der Kinderdarsteller von Charles Wallace, der im letzten Drittel ein ganz anderes Auftreten als zu Beginn vortragen soll, diese Aspekte so stark überspielt – was nicht ihm, sondern der Anleitung, die er erfahren hat, geschuldet ist –, dass es von der Figur selbst mehr ablenkt, als ihr zuträglich ist. In der Rolle der Meg vermag Storm Reid hier zwar Einiges wieder wett zu machen, doch angesichts aller Kritikpunkte reicht das allein nicht aus. Wenn den Machern eines gelingt, dann das Interesse an der Buchvorlage zu wecken, welche die Themen hoffentlich vielschichtiger und subtiler präsentiert.
Fazit:
Schon nach kurzer Zeit hat man bei Das Zeiträtsel das Gefühl, als würde man jemand anderen beim Träumen beobachten und bedenkt man, wie schwierig es oft ist, die eigenen Träume zu verstehen, dann kann man sich vorstellen, wie unmöglich es bei fremden Träumen ist. Viele Fragen bleiben unbeantwortet oder werden so kryptisch erklärt, dass die Geschichte dennoch verwirrend bleibt, bis es gar keinen Sinn mehr ergibt. Die Bedrohung für die drei Kinder fühlt sich bei ihrem Abenteuer nie real an, weil sie schlicht nie echt aussieht. Entsprechend reißt Megs Reise auch nicht mit. Die Aussagen, die Filmemacherin Ava DuVernay trifft, dass jede und jeder es verdient, so geliebt zu werden, wie man ist, und dass man sich darum bemühen sollte, Positives in der Welt zu bewirken, sind wichtig und richtig. Auch dass sie sie hier als Appell formuliert, mit dem man am Ende entlassen wird, ist eine schöne Idee. Nur ist sie trotz einiger toller Bilder so ungelenk vorgebracht, dass die im Grunde fantasievolle Story im Kitsch untergeht, bei dem am Schluss gar alles zum Guten aufgelöst sein muss. Dass die Filmemacher ihre Story an ein Zielpublikum im Teenageralter richten, ist kein Kritikpunkt, doch es darf bezweifelt werden, ob diesem die Umsetzung, bei der keine rechte Spannung aufkommt, zusagen wird. In Anbetracht der vielen prominent eingestreuten Songs war man offensichtlich eher um eine ansprechende Präsentation bemüht, als darum, eine ebenso durchdachte Geschichte zu erzählen. Schade.