Das Vermächtnis des geheimen Buches [2007]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 07. Februar 2008
Genre: Action / KomödieOriginaltitel: National Treasure: Book of Secrets
Laufzeit: 124 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2007
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Jon Turteltaub
Musik: Trevor Rabin
Darsteller: Nicolas Cage, Justin Bartha, Diane Kruger, Jon Voight, Helen Mirren, Ed Harris, Harvey Keitel, Bruce Greenwood, Albert Hall, Joel Gretsch
Kurzinhalt:
Es ist einige Zeit vergangen, seit Ben Gates (Nicolas Cage) zusammen mit Riley Poole (Justin Bartha), Abigail Chase (Diane Krüger) und seinem Vater Patrick (Jon Voight) den Schatz der Tempelritter entdeckte. Seither haben sich er und Abigail auseinander gelebt, Rileys Buch basierend auf den Ereignissen entpuppt sich als Ladenhüter und als wäre das alles nicht schlimm genug behauptet der zwielichtige Mitch Wilkinson (Ed Harris) mit einem authentischen Papier, dass Gates Vorfahre am Attentat auf Präsident Lincoln beteiligt gewesen wäre.
Um den Namen der Familie Gates reinzuwaschen untersuchen Ben, Riley und Abigail die Tagebuchseite und entdecken darauf einen Hinweis – der sie wie bei Schatzkarten üblich zu einem weiteren Hinweis führt. Schließlich kommen sie dem Geheimnis auf die Schliche, das jenes Papier eigentlich enthält und müssen in Paris und London weiteren Hinweisen nachgehen. Wilkinson ist ihnen dabei stets auf den Fersen und wäre es nicht um Bens Mutter Emily Appleton (Helen Mirren), würden sie den Standort des unermesslichen Schatzes nie herausfinden. Doch der entscheidende Hinweis befindet sich in einem Geheimen Buch, das nur für Präsidenten bestimmt ist. Und so beschließt Ben, den Präsidenten der Vereinigten Staaten (Bruce Greenwood) zu entführen ...
Kritik:
Ob es für das Studio seinerzeit eine ebenso große Überraschung war, wie für die Schar an Kritiker, die kaum ein gutes Haar an Das Vermächtnis der Tempelritter [2004] ließen, sei dahingestellt. Doch der Überraschungserfolg des Actionabenteuers von Regisseur Jon Turteltaub verlangte per se nach einer Fortsetzung.
Dass für den zweiten (und vermutlich nicht letzten) Teil erneut alle Hauptdarsteller gewonnen werden konnten, ist ein großer Pluspunkt; aber während bei National Treasure, so der Originaltitel des ersten Films zumindest einige Wendungen überraschend kamen, die Figuren durch viele lustige Sprüche und einen großen Grad an Menschlichkeit zu überzeugen wussten, tauschen die Autoren jene Attribute ein gegen größere Actioneinlagen, größere Sets – und weniger Innovation.
Man möchte beinahe sagen, dass das Skript von Das Vermächtnis des geheimen Buches vor fünfzehn bis zwanzig Jahren durchaus noch hätte mitreißen können. Doch nach den drei Genre bildenden Indiana Jones-Teilen, den beiden eher enttäuschenden Tomb Raider-Filmen und vielen Serien und kleineren Produktionen, sollten neue Abenteuer auch neue Akzente setzen können. Was die beiden Hauptautoren Marianne und Cormac Wibberley auf die Beine stellen ist zwar nicht wirklich schlecht, und dank der verschiedenen Hinweise auch zunächst komplexer als angenommen, doch verkommt die Suche nach dem Geheimen Buch – das erst nach der Hälfte überhaupt erwähnt wird und letztlich gar nicht das Ziel der Schatzsuche darstellt – zu einem Weltenhüpfen auf einen anderen Kontinent und dann doch wieder zurück ins Herz der USA. Mit der Exotik der bekannten Schatzsucher haben diese Trips nicht wirklich viel gemein und im Gegensatz zu Das Vermächtnis der Tempelritter werden einem als Zuschauer auch kaum die Augen geöffnet für bereits bekannte Monumente. Stattdessen entpuppt sich die Ausgangslage als gar nicht so düster, die Suche nach dem Buch als Suche nach dem nächsten Hinweis ohne falsche Fährten und der Bösewicht als gar nicht so böse.
Wäre es nicht um die an sich sympathischen Figuren, könnte man das Interesse am Gezeigten glatt verlieren, zumal die Charaktere ohnehin keine großen Veränderungen durchleben, beziehungsweise wirklich in Lebensgefahr schweben. Die Bedrohung, die Zeitnot oder der ständige Wettlauf wie noch in Teil eins, werden hier schmerzlich vermisst.
Dafür allerdings scheint National Treasure: Book of Secrets, so der Originaltitel, weit kürzer als er eigentlich ist. Mit knapp über zwei Stunden nagt die Laufzeit gefährlich am Überlängenzuschlag, doch die Zeit im Kinosessel vergeht wie im Fluge. Die ein oder andere Anekdote wie beispielsweise zur Freiheitsstatue oder dem Schreibtisch des US-Präsidenten (beziehungsweise zur Queen) ist auch durchaus interessant, doch wenn die vorab gesteckten Pläne sich genau so umsetzen lassen, Ben Gates und seine Mitstreiter nie in Erklärungsnot beziehungsweise unter Improvisationsdruck geraten, fehlt der Geschichte schlichtweg das nötige Etwas, um sie vom Rest des Genres abzuheben.
An den Darstellern selbst liegt es nicht, auch wenn Nicolas Cage (der mit seinen letzten Filmen wie Next [2007], Ghost Rider [2007] oder The Wicker Man [2006] weder für volle Kassen, noch für Begeisterung beim Publikum gesorgt hat) im ersten Teil etwas motivierter schien. Interessant ist hierbei, dass die Chemie, die sich bei Das Vermächtnis der Tempelritter zwischen ihm und Diane Krüger entwickelte damals spürbarer war, als hier. Auch wenn sie hier viele gemeinsame Momente haben, sie scheinen sie nur zu spielen, anstatt sie auch zu leben. Nichtsdestotrotz scheint Cage routiniert, auch wenn er die lustigeren Sprüche und die charmanteren Szenen an Justin Bartha als Riley Poole abgeben muss.
Der scheint seine neu gewonnene Zeit vor der Kamera merklich zu genießen, auch wenn man ihm actionbetontere Szenen gerne zugestanden hätte. Zusammen mit Krüger teilt er sich die zweite Reihe hinter Cage, ohne dass man ihm ein Missfallen der Situation ansehen würde.
Jon Voights beste Szenen im Film sind diejenigen mit seiner Leinwandpartnerin Helen Mirren (sie ist auch in der zwar fertig gestellten aber verschobenen Tintenherz [2009]-Verfilmung zu sehen). Es ist kaum zu glauben, dass die beiden Filmikonen ihren jüngeren Pendants Krüger und Cage in Bezug auf Charisma und Charme die Show stehlen. Auch scheinen ihre Querelen natürlicher, die Wortgefechte pointierter und die Entwicklung ihrer Beziehung glaubhafter gespielt.
Eine undankbare, weil sehr farblose Rolle fällt Ed Harris zu, der zuletzt für die Literaturverfilmung Gone Baby Gone - Kein Kinderspiel [2007] vor der Kamera stand und mit Appaloosa [2008] seine zweite Regiearbeit vorbereitet. Zwar gibt sich Harris Mühe, mit den wenigen Szenen, dem spärlicheren Dialog und der so unpassenden wie geradezu gequält harmlos erscheinenden Wandlung seiner Figur etwas an Tiefe zu verleihen, doch einem zahnlosen Tiger gleich wirkt sein Mitch Wilkinson ohne Bedrohlichkeit – und auch ohne Überraschungen.
Der Gastauftritt von Harvey Keitel ist wohl eher als Bonbon für die Fans gedacht, denn etwas zu tun bekommt der Darsteller leider nicht. Anders hingegen Bruce Greenwood, der als Präsident der Vereinigten Staaten den inhaltlich vielleicht haarsträubendsten Filmabschnitt absolvieren muss. Wer die Entscheidungen und Situationen eines Popcornfilms gerne hinterfragt wird spätestens hier Kopf schüttelnd die Augen schließen. Nimmt man diesen Storyeinfall mit der Entführung des US-Präsidenten allerdings hin, gestaltet sich der Auftritt Greenwoods immerhin annehmbar kurz und dank des sympathischen Mimen auch unterhaltsam.
Die kurzen Momente von Albert Hall und Joel Gretsch fallen kaum auf und sind somit eher unter ferner liefen zu führen. Der grundsätzlich sehr namhafte Cast kann wenigstens dank der Routine der Akteure überzeugen – überragende Leistungen werden vom Skript nicht gefordert und sind darum auch nicht zu finden.
Was bei Das Vermächtnis des geheimen Buches wenig Wünsche offen lässt ist die handwerkliche Umsetzung durch Regisseur Jon Turteltaub. Er ersetzte zwar Kameramann Amir M. Mokri nach einiger Drehzeit durch John Schwartzman, doch der Optik des Films schadet dies nicht. Während gerade der Prolog durch einige ruhige, nicht hektische Inszenierung glänzt, fallen beim restlichen Film kaum Szenen auf, die nicht in das Gesamtbild passen würden und auch beim Finale wird das Geschehen passend und übersichtlich eingefangen.
Doch scheint die Inszenierung nicht ganz so aus einem Guss wie noch bei Das Vermächtnis der Tempelritter, wo immer wieder Einleitung durch Trickaufnahmen, Kamerazooms und –fahrten unterstützt wurden. Dies verschaffte dem Film ein anderes Tempo und fiel insofern nicht negativ auf, da es ein fester Bestandteil der Erzähltechnik war. Wenn hier allerdings derselbe Stil nur ein einziges Mal angewandt wird, fällt eine solche Szene unnötig auf und verstärkt den Eindruck, als besäße die Umsetzung keine durchgehende Handschrift.
So stören Kamera und Schnitt an sich nie, doch wirkt keine Actionszene wirklich ausgenutzt, die Dialoge zwar ruhig eingefangen, aber ohne innovative Ideen. Hier war National Treasure nicht nur temporeicher sondern auch stilsicherer.
Ebenso bei der musikalischen Untermalung, für die sich Trevor Rabin zwar der beiden bekannten Themen erneut bedient und diese auch entsprechend oft und abwechselnd einspielt, ohne sie allerdings entsprechend abzuwandeln oder aber sie zu erweitern. Vielmehr scheint der Score eine erneute Einspielung des ersten mit einer leicht abgeänderten Instrumentierung und einem vielleicht etwas anderen Tempo, doch ohne neue Ideen oder Themen, die im Gedächtnis bleiben.
Dass der Score im Film etwas lauter eingespielt ist, als bei Teil eins, hilft diesbezüglich nicht, sondern verstärkt den Eindruck für all diejenigen, die sich den ersten Soundtrack auf Grund der einfallsreichen Motive und der spielend erscheinenden Umsetzung zu Gemüte geführt haben.
Man wird insofern das Gefühl nicht los, als hätten sich die Macher die übliche Faustformel für Fortsetzungen vorgenommen und versucht, alle Punkte zu erfüllen. Mit einem größeren Budget, größeren Sehenswürdigkeiten wie dem Arbeitszimmer der Queen, dem Oval Office und Geheimfächern in einer der größten Bibliotheken der Welt wird man als Zuseher durch mehr Prunk, teurere Sets und weitläufigere Areale beeindruckt. Doch die Bedrohung für die Figuren wie in Teil eins ist verschwunden, statt dem Gegenspieler unterlegen zu sein und sich auf Improvisation und Einfallsreichtum zu verlassen stehen den Helden hier beinahe unbegrenzte Mittel zur Verfügung.
Dies war die Formel, die Teil eins erfolgreich und auch sympathisch machte – und eben diese Merkmale fehlen bei Das Vermächtnis des geheimen Buches. Kenner dürfen sich auf ein Wiedersehen mit bekannten Figuren freuen, die hoffentlich Spaß am Dreh hatten, aber weniger gefordert sind, als vor drei Jahren. Den Zuschauerzahlen schadet das nicht, immerhin ist die Fortsetzung jetzt schon erfolgreicher als das Original. Finanziell mag dies auch stimmen. Aber leider nur finanziell.
Fazit:
Kaum jemand hätte Komödienfilmer Jon Turteltaub damals zugetraut, eine solche Actionkomödie vernünftig umsetzen zu können. Doch dank der gut gelaunten Darsteller und der soliden Vorlage ist ihm dies mit Das Vermächtnis der Tempelritter gut gelungen. Auf Grund des schwächeren, weil weniger auf Teamarbeit und Improvisation ausgelegten Drehbuchs, das nicht einmal einen richtigen Bösewicht zu bieten hat und den Schauspielern, die sowohl an den Dialogen, als auch an Charme mehr zugeschrieben bekommen, als Hauptakteur Nicolas Cage, fehlen Turteltaub allerdings genau jene Aspekte. Das Skript mag größer und actionreicher sein, aber auch ohne neue Einfälle.
Die handwerkliche Umsetzung hingegen ist solide gelungen, doch ebenfalls weniger packend als im Vorgänger und wäre es nicht um die guten Effekte und die überzeugenden Sets könnte man meinen, Das Vermächtnis des geheimen Buches wäre in allen Belangen ein Rückschritt zu Teil eins.
Das ist zwar als Phänomen bei Fortsetzungen häufiger zu beobachten, aber angesichts des Potentials umso tragischer. Angesichts der mageren Konkurrenz ist National Treasure: Book of Secrets immer noch besser als der Genredurchschnitt, doch wäre dies er erste Teil gewesen, hätte es vermutlich keinen zweiten gegeben.