Das Relikt – Museum der Angst [1997]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 12. Februar 2008
Genre: Horror / Thriller

Originaltitel: The Relic
Laufzeit: 110 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien / Deutschland / Japan / Neuseeland
Produktionsjahr: 1996
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Peter Hyams
Musik: John Debney
Darsteller: Penelope Ann Miller, Tom Sizemore, Linda Hunt, James Whitmore, Clayton Rohner, Chi Moui Lo, Thomas Ryan, Robert Lesser, Diane Robin, Lewis Van Bergen, Constance Towers, Francis X. McCarthy, Audra Lindley


Kurzinhalt:
Als sie die enthaupteten Leichen an Bord eines brasilianischen Frachtschiffes finden, ahnen der Polizist Vincent D'Agosta (Tom Sizemore) und sein Kollege Hollingsworth (Clayton Rohner) noch nicht, dass das Geschehen nichts mit einem Drogenkrieg zu tun hat. Erst, als wenig später ein ebensolcher Mord im Chicagoer Museum geschieht, wird klar, dass die Gefahr nicht gebannt ist.
Dort versuchen die Verantwortlichen trotz des Zwischenfalls die geplante Ausstellungseröffnung voran zu treiben – ohne sie wäre das Museum bald ruiniert.
Gleichzeitig ist die Biologin Dr. Margo Green (Penelope Ann Miller) darum bemüht, Fördergelder für ihre Arbeit zu sichern, ohne die sie und ihr Team auf der Straße stehen. Als sie Teile einer eingesandten Expedition untersucht, deren Leiter spurlos verschwunden ist, sieht sie Verbindungen zur aktuellen Mordserie, und auch D'Agosta glaubt nicht daran, dass ein inzwischen gefasster Gewaltverbrecher für die Taten verantwortlich ist.
Bei der Ausstellungseröffnung gerät das Geschehen außer Kontrolle und als Green und D'Agosta erkennen, dass ein Monster durch die Gänge des Museums schleicht, ist es schon zu spät ...


Kritik:
Hatte man sich seinerzeit die Besetzung und die Verantwortlichen im Hintergrund bei Das Relikt angesehen, konnte man angesichts der Prominenz nur staunen. Mit Peter Hyams war ein Regisseur verpflichtet worden, der durch moderne Klassiker wie Presidio [1988], Narrow Margin – 12 Stunden Angst [1990] und nicht zuletzt 2010 - Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen [1984] in Hollywood für Aufsehen sorgte. Hauptdarsteller Tom Sizemore spielte unter anderem in Geboren am 4. Juli [1989], True Romance [1993], Natural Born Killers [1994] und Heat [1995], wohingegen Penelope Ann Miller durch Filme wie Dead Bang - Kurzer Prozess [1989], Kindergarten Cop [1990], Chaplin [1992] und Carlito's Way [1993] bekannt wurde. Auch in den Nebenrollen sind bekannte Gesichter zu sehen.
Etwas anders schaut es allerdings aus, wenn man sich den weiteren Karriereverlauf der drei zuvor genannten ansieht. Miller ist in den letzten 10 Jahren in deutlich mehr TV-Auftritten, als im Kino zu sehen gewesen und muss sich selbst dabei häufig mit Gastrollen begnügen. Sizemore macht trotz namhafter Filmauftritte mehr durch seine Alkohol- und Drogeneskapaden von sich reden, wobei er selbst bei erdrückender Beweislast stets auf Ausreden drängt und dadurch mehr im Gefängnis, als auf freiem Fuß war (von den Anschuldigungen wegen häuslicher Gewalt und Körperverletzung ganz zu schweigen). Regisseur Peter Hyams konnte mit End of Days – Nacht ohne morgen [1999] die Kinobesucher nicht überzeugen, seine beiden weiteren Filme The Musketeer [2001] und A Sound of Thunder [2005] (die 80 Millionen Dollar Produktion spielte weltweit 11 Millionen wieder ein) floppten völlig und auch seine Regiearbeit bei der kurzlebigen Serie Nemesis – Der Angriff [2005] konnte nicht überzeugen.
Umso interessanter ist es zu beobachten, wozu sie vor etwas mehr als zehn Jahren in der Lage waren – und umso unverständlicher, weswegen ihre Karrieren danach aufhörten, sich positiv weiterzuentwickeln.

Über die Verfilmung ihres Romans Relic – Museum der Angst [1995] dürfen die beiden Autoren Douglas Preston und Lincoln Child vertraglich nichts Negatives sagen – und enthalten sich somit jeglichen Kommentars. Weder am Skript, noch am Film selbst waren sie beteiligt, entsprechend groß sind auch die Änderungen, die die vier (!) Drehbuchautoren vorgenommen haben. Nicht nur, dass das Geschehen von New York nach Chicago verfrachtet wurde, die Figuren D'Agosta und Pendergast aus dem Roman wurden zusammen gelegt und ergeben somit einen etwas agileren Polizisten. Viele Nebenfiguren wurden umbenannt oder ganz weggelassen und auch die Museumsdirektion wird deutlich freundlicher gestaltet, als noch im Roman. Insgesamt wird der Zeitrahmen des Filmes im Vergleich zur Buchvorlage stark verkürzt, so dass dem Film das Flair einer sich seit Jahren hinziehenden Vertuschung innerhalb des Museums leider abhanden kommt. Auch die Größe der Institution, die vielen verschiedenen Ebenen und die an sich noch sehr experimentelle Technik um den DNA-Extrapolator wird kaum erklärt. Kein Wunder also, dass Fans des Romans Vieles am Film auszusetzen haben.
Doch wer sich auf das andere Medium einlässt, wird grundsätzlich nicht enttäuscht, auch wenn sich Preston und Childs Vorlage ohne weiteres für eine Verfilmung eignen würde. Das Geschehen im Film wirkt gestrafft, die unheimliche Atmosphäre ist schon von vorne herein spürbar und durch den gerade in der zweiten Hälfte stark gestiegenen Body Count auch ausschließlich für ein erwachsenes Publikum gedacht. Was das Drehbuch auszeichnet sind einerseits viele Anleihen an den Roman, die Kennern bekannt vorkommen werden, eine reihe trockener, makaberer Sprüche von vielen Charakteren und ein in der Tat beunruhigendes, weil sehr spät eingeführtes Monster im Museum.
Sicherlich wirkt der Ablauf etwas schematisch und manche Charakterentwicklungen kommen ohne Frage zu kurz, doch die Logiklöcher verzeiht man der Monsterhatz insofern gern, als dass sich Das Relikt in einem Genre voller B- und C-Filme ohne Schwierigkeiten durch eine intelligente und spannende Story unterscheiden kann. Das Finale, so gut es auch gedacht sein mag, scheitert lediglich an der damaligen Tricktechnik, die für das verhaltene Budget von circa 40 Millionen Dollar allerdings schon bis zum letzten ausgereizt wurde.

Die Darsteller sind dahingegen schon ein etwas schwierigeres Thema, denn während viele der Nebendarsteller in wenigen Szenen verbraucht werden (darunter leider auch James Whitmore, der der Rolle des Dr. Frock nur wenig von der Begeisterung und Faszination der Romanfigur abgewinnen kann), überzeugt hauptsächlich Tom Sizemore in der Rolle des rauen Großstadtpolizisten. Er macht seine Sache gut, bringt die lakonischen Sprüche mit dem Respekt für die Opfer und einer Ehrfurcht vor dem Monster unter einen Hut und scheint in die Polizistenrolle wie angegossen hinein zu passen.
Anders hingegen Penelope Ann Miller, die zwar die ruhigen Szenen problemlos meistert, allerdings in Momenten, in denen sie erschrocken oder verstört wirkt, eher unfreiwillig komisch erscheint. Sie besitzt weniger etwas von der Zerbrechlichkeit eines typischen Opfers, noch von der Kampfesstärke einer Sigourney Weaver.
Trotz ihrer kleineren Rollen haben sowohl Linda Hunt, als auch Clayton Rohner erstaunlich viel Dialog; ihre durchweg guten Leistungen zusammen mit den übrigen Nebendarstellern wie Chi Moui Lo, der merklich an seinem unterentwickelten Filmcharakter zu leiden hat, Robert Lesser und auch die leider wenig später verstorbene Audra Lindley runden den Cast gelungen ab. Von Lewis Van Bergen als John Whitney ist leider nur wenig zu sehen.

Handwerklich gibt Regisseur Peter Hyams seit 2010 ungern das Zepter aus der Hand und findet sich nicht nur auf dem Regiestuhl, sondern auch hinter der Kamera wieder. Als Kameramann legt er dabei viel wert auf natürliche Lichtquellen auch bei dunklen oder gar Nachtaufnahmen. Zu Unrecht werden daher viele seiner Filme als schlecht ausgeleuchtet kritisiert.
Auch in Das Relikt ist es durchaus anstrengend, dem Geschehen in den dunklen Gängen und Korridoren zu folgen – und doch ermöglicht genau diese Technik einen Grad an Authentizität, die man mit dem üblichen Blaufilter einer nächtlichen Aufnahme nicht erreicht. Zusammen mit Cutter Steven Kemper gelingt Hyams außerdem ein sehr hohes Erzähltempo, das auch dann nicht nachlässt, wenn das Aussehen des Monsters endlich gelüftet ist. Bis es soweit ist, vergeht allerdings einiges an Zeit.
Auch wenn der Film im Umgang mit Gewalt nicht gerade zimperlich ausfällt, wirken die brutalen Szenen doch nie so, als wollten die Macher mit ihnen werben oder sie gar genießen. Wie der Film angesichts der verschiedenen Tötungsszenen allerdings eine FSK-Freigabe ab 16 Jahren erlangen konnte, ist ein Rätsel. An der Inszenierung ändert dies allerdings nichts, hier gibt sich der Regisseur keine Blöße und präsentiert einen durchweg gelungenen, sauber Umgesetzten Monster-Horror-Film.

Dass dieser funktioniert liegt unter anderem auch an dem Design des seltsamen Tieres selbst, das einmal mehr von Genrealtmeister Stan Winston stammt. Dieser war unter anderem bereits an Meilensteinen wie Terminator [1984] oder Jurassic Park [1993] beteiligt, und auch an dem Science Fiction-Action-Film Predator [1987], von dessen Design auch etwas bei Das Relikt wiederzufinden ist. Interessanterweise überzeugen die Maskenarbeiten und das Monster in der vom Trickstudio erzeugten lebensgroßen Modellfassung mehr, als die rein digitalen Szenen mit dem Koloss. Insbesondere das Finale fällt diesbezüglich etwas zurück – angesichts der erkennbaren, digitalen Flammen war dies aber auch nicht anders zu erwarten.

Die musikalische Untermalung durch Komponist John Debney, der für seine Begleitung des Bibelepos Die Passion Christi [2004] für den Oscar nominiert wurde. Bei Hyams Museumsgruselfilm überzeugt er durch ein eingängiges, leicht abwandelbares Thema, das er dank der basslastigen Instrumente auch gekonnt zum Aufbauen einer unheimlichen Atmosphäre heranziehen kann.
Die Actionszenen selbst bleiben diesbezüglich weniger in Erinnerung, doch auch beim Abspann fesseln die düsteren Klänge, die ein wenig mythisch und doch vertraut wirken.

Angesichts der Tatsache, dass sich alle Beteiligten bei der leider finanziell nicht sehr erfolgreichen Romanverfilmung Mühe gegeben haben, ist es überraschend, dass dem Film bis heute trotz mehrerer Auflagen keine vernünftige DVD-Veröffentlichung zuteil wurde. Auch wenn die US-DVD mit einem dunklen, verwaschenen Bild daherkommt, enttäuscht selbst die neueste Auflage der deutschen Silberscheibe durch eine Eigenabtastung mit ausgeblichenen Farben und überstrahlenden Flächen; einzig der Ton des Films kann überzeugen und wartet sogar mit einigen gut gelungenen Surround-Effekten auf – für das Alter des Films ist dies beachtlich.
Nichtsdestotrotz hat Das Relikt ein solches Schattendasein nicht verdient. Zugegebenermaßen kommt der Film an Genrekollegen wie Jurassic Park nicht heran, doch die Story kann gefallen, die Darsteller grundsätzlich auch und dank der rasanten Inszenierung und der guten Tricks kommen Fans auf ihre Kosten. Zumindest, wenn man keine werkgetreue Romanverfilmung erwartet.


Fazit:
An sich hätte Peter Hyams Das Relikt bereits im Sommer 1996 in die Kinos kommen sollen, doch die aufwendigen Spezialeffekte verzögerten den Filmstart. Ob der Kinostart dann erfolgreicher verlaufen wäre, sei dahingestellt. Gegen die schwache Konkurrenz im Januar 1997 konnte sich die Monsterhatz jedenfalls nicht durchsetzen.
Und auch heute noch wird der Film immer wieder mit billigen Videoproduktionen auf eine Stufe gestellt – zu Unrecht. Dank der soliden, handwerklichen Umsetzung durch Regisseur Hyams, der sehr guten Spezial Effekte, die lediglich beim Finale allzu offensichtlich sind, und der flott erzählten Geschichte, die für einige Gänsehautstimmung sorgt, überzeugt die Romanverfilmung, die sich allerdings nicht akribisch an die Vorlage hält. Von den Darstellern bleibt allen voran Tom Sizemore im Gedächtnis, während Penelope Ann Miller als schwächstes Glied der Kette auffällt. Doch dank der unterhaltsamen Dialoge und der durchweg gehaltenen Spannung macht Das Relikt auch beim wiederholten Male anschauen mehr Spaß als manche Videoproduktion im Free-TV.