Das Bourne Vermächtnis [2012]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 31. Mai 2013
Genre: Thriller / ActionOriginaltitel: The Bourne Legacy
Laufzeit: 135 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2012
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Tony Gilroy
Musik: James Newton Howard
Darsteller: Jeremy Renner, Rachel Weisz, Edward Norton, Stacy Keach, Dennis Boutsikaris, Donna Murphy, Michael Chernus, Corey Stoll, Zeljko Ivanek, Scott Glenn, Louis Ozawa Changchien, Oscar Isaac, Joan Allen, David Strathairn, Albert Finney
Kurzinhalt:
Als Pamela Landy (Joan Allen) kurz davor steht, die CIA-Programme Treadstone und Blackbriar im Rahmen der Jagd auf Jason Bourne aufzudecken, entscheidet Eric Byer (Edward Norton), dass es zur Sicherheit der Agency besser ist, sämtliche Programme dieser Art zu beenden. Darunter auch die Nachfolgeoperation Outcome.
Während eines Außentrainings entkommt Outcome-Agent Aaron Cross (Jeremy Renner) einem Mordanschlag durch seine Arbeitgeber. Schlimmer noch, seine Medikamentenration geht bald zur Neige. Darum sucht er Dr. Marta Shearing (Rachel Weisz) auf, die ihn in dem Projekt unter anderem betreut hat. Durch sie erfährt er, dass es eine Möglichkeit gibt, ihn unabhängig von den Substanzen zu machen. Allerdings hat Byer bereits ein Team auf sie angesetzt, darunter auch einen Agenten des Outcome-Nachfolgers (Louis Ozawa Changchien), der Cross nochmals überlegen ist ...
Kritik:
Wie sehr Drehbuchautor und Regisseur Tony Gilroy in die Geschichte der bisherigen Bourne-Filme mit Matt Damon in der Hauptrolle vertieft ist, sieht man daran, wie er die Geschichte von Das Bourne Vermächtnis mit den bisherigen Ereignissen verknüpft. Das überrascht insofern nicht, da Gilroy auch für die bisherigen Filme die Vorlagen lieferte. Doch entschließt er sich im letzten Drittel, die Hintergrundgeschichte dieses Agentenuniversums weiterzuspinnen, und beginnt damit, sämtlichen Fortschritt von Das Bourne Ultimatum [2007] zunichte zu machen. Das ist nicht nur unbefriedigend, sondern kaschiert überdies nicht, dass diesem Thriller viel von dem fehlt, was die bisherigen ausgezeichnet hat.
Ein Beispiel hierfür ist die Musik von dem erfahrenen und preisgekrönten Komponisten James Newton Howard, der bisweilen versucht, John Powells rhythmische bis schweißtreibende Melodien der bisherigen Teile zu kopieren, ihnen dabei aber gleichzeitig seine eigene Handschrift mit auf den Weg zu geben. Das Endergebnis wirkt zu wenig packend und diejenige Kampfsequenz, die vollständig ohne Musik auskommt dadurch am spannendsten und schnellsten.
Wie unterschiedlich dabei Tony Gilroys Herangehensweise im Vergleich zu Regisseur Paul Greengrass – welcher die letzten beiden Filme inszenierte – ist, wird umso deutlicher, da an einigen Stellen Ausschnitte aus den letzten Teilen eingestreut sind. Für seine permanent bewegte Handkamera hat Greengrass viel Kritik einstecken müssen und das durchaus zu Recht. Doch gelingt ihm dadurch bei einem storybetonten und damit kopflastigen Thriller eine Dynamik, die dem Bourne Vermächtnis vollkommen fehlt. Einzig beim Finale, einer Verfolgungsjagd durch Manila, legen die Macher beim Erzählstil einen Zahn zu. Doch da ist es einerseits schon zu spät und die Sequenz selbst zu lang, als dass sie mitreißen würde.
Die durchaus interessante Geschichte beginnt dabei zeitgleich zu Die Bourne Verschwörung [2004]. Nachdem deutlich wird, dass sich die Bedrohung durch Jason Bourne nicht eindämmen lässt, entschließt sich Eric Byer dazu, sämtliche Projekte, welche die CIA inoffiziell betreibt, aufzulösen. Dazu gehört das Nachfolgeprogramm von Treadstone/Blackbriar: Outcome. Darin finden sich eine Handvoll speziell ausgebildeter Agenten, darunter der von Jeremy Renner verkörperte Aaron Cross. Doch Cross kann einem Mordanschlag entkommen und sucht die Ärztin Marta Shearing auf. Er benötigt dringend Medikamente für seine körperliche und geistige Leistungssteigerung. Da Byer sämtliche lose Enden der Operationen kappen will, sind auch die Ärzte des Projekts nicht sicher.
Was sich hier sehr knapp anhört, zieht sich im Film über eine Stunde hin. Diese ist zwar nie uninteressant und stellt eine Menge bekannte und neue Figuren vor. Doch wie viele davon wirklich wichtig sind, haben sich die Drehbuchautoren nicht gefragt. Das Bourne Vermächtnis erkundet, wie Aaron Cross tatsächlich manipuliert wurde und befindet sich am Ende erst dort, wo sich die Story schon in der Mitte hätte befinden sollen. Dass ausgerechnet die charakterstarke Rachel Weisz als defensive und gleichzeitig moralisch überzeugte Ärztin auftritt, die Experimente an Menschen durchgeführt hat, macht ihre Figur nicht überzeugender. Und auch Edward Norton gelingt das Bild des kühlen Pragmaten nur selten. Die Bourne-Trilogie nahm sich drei Filme Zeit, die Hauptfigur zu erforschen, hier versucht Regisseur Gilroy all das in etwas mehr als zwei Stunden, inklusive Rückblicken und Erklärungen.
Da das Publikum überdies nie weiß, wer Aaron Cross wirklich ist, was er bereits getan hat und auf welcher Seite er steht, ist es auch schwierig, mit ihm mitzufiebern. Während Jason Bourne immer gehetzt war, von der CIA ebenso wie von seiner eigenen Vergangenheit verfolgt, an die er sich nicht erinnern konnte, ist Cross über weite Strecken der agierende und setzt die Agency unter Druck. Schon deshalb passt der offene Ausgang nicht zu Geschichte.
Wie wäre es gewesen, hätte Tony Gilroy Das Bourne Vermächtnis tatsächlich nur parallel zu den ersten drei Filmen erzählt? Wenn Cross und Shearing am Ende gar in eine Falle geraten und nur dadurch gerettet werden könnten, da durch Bournes Einsatz die Treadstone/Blackbriar-Programme aufgeflogen sind? Es hätte dem Titel "Vermächtnis" auch eine stimmigere Bedeutung gegeben. Doch stattdessen sind die Filmemacher auf einen fünften Teil aus und machen darum unnötigerweise alles zunichte, was die erste Trilogie inhaltlich zum Abschluss gebracht hat.
Fazit:
Mit Michael Clayton [2007] bewies Tony Gilroy, dass er auch als Filmemacher überzeugen kann. Doch scheint er hier der Inszenierung der ersten drei Bourne-Filme permanent hinterherzulaufen, ohne sie je einzuholen. Die Geschichte ist über weite Strecken durchaus gelungen, aber inhaltlich nicht straff genug. Die zu passive, statische Inszenierung zieht den Thriller zudem in die Länge. Dies wird umso deutlicher, wenn man sich die wenigen Ausschnitte aus den bisherigen Teilen ansieht, die hier eingestreut sind.
Die namhaften Darsteller entwickeln durch die verkopfte Story nie genügend Charisma, dass man ihre Bedrohung nachempfinden kann. Und wenn sich zum Ende hin eine Chemie zwischen den Hauptcharakteren einstellen soll, fragt man sich, ob man irgendetwas verpasst hat. Als storylastiger Agententhriller hinkt Das Bourne Vermächtnis so den bisherigen Teilen deutlich hinterher. Die behäbige Umsetzung tut dabei ihr Übriges, um die Spannung möglichst zurückzuhalten.