CSI: Miami – "Der verlorene Sohn" [2004]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 05. September 2005
Genre: Thriller / DramaOriginaltitel: CSI: Miami – "Lost Son"
Laufzeit: 42 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2004
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Duane Clark
Musik: Jeff Cardoni, Kevin Kiner, The Who (Titel-Thema)
Darsteller: David Caruso, Emily Procter, Rory Cochrane, Adam Rodriguez, Khandi Alexander, Sofia Milos, Rudolf Martin, Pepper Sweeney, Samuel Ball, Missy Crider, John Sanderford, William Mapother, Colton Shires
Kurzinhalt:
Nachdem ein Boot einen Brückenpfeiler nahe Miami gerammt hat, entdecken die Beamten an Bord der kleinen Yacht eine Leiche. Das CSI-Team um Hauptermittler Horatio Caine (David Caruso) wird hinzugezogen, der seine beiden Mitarbeiter Eric Delko (Adam Rodriguez) und Tim Speedle (Rory Cochrane) sogar aus dem Urlaub holen muss.
Zusammen mit der CSI-Expertin Calleigh Duquesne (Emily Procter) und Pathologin Alexx Woods (Khandi Alexander) beginnt die Spurensuche, die wenig später zur Frau des ermordeten Yacht-Besitzers führt. Doch Tawny Williams (Missy Crider) bringt neues Licht in den Fall: Ihr Sohn Joey (Colton Shires) wurde offenbar entführt, und ihr Mann fand vermutlich bei einer missglückten Lösegeld-Übergabe den Tod.
Weitere Nachforschungen führen Caines Team auf die Spur einer Fälscherbande für Edelsteine, und als sich die Dinge überschlagen, muss das Team eine seiner dunkelsten Stunden erleben ...
Kritik:
Seit fünf Jahren ermittelt das CSI-Team um William L. Petersen in C.S.I. - Tatort Las Vegas [seit 2000], und obwohl es gerade im Sommer 2004 Verwirrung gab, weil zwei Hauptdarsteller nach Gagenpoker zunächst gefeuert, und kurz darauf wieder eingestellt wurden, kommt die Serie von Anfang an und über die gesamte Laufzeit mit demselbem Team aus. Bei CSI: Miami verhält sich das etwas anders: Im ersten Jahr, 2002, stieg Kim Delaney nach nur zehn Episoden wieder aus, und auch "Der verlorene Sohn" markiert den letzten Auftritt eines Hauptdarstellers bei der Serie.
Dafür ist ab der übernächsten Episode Jonathan Togo mit an Bord, und Sofia Milos wird ebenfalls ab dem Staffel-Auftakt von CSI: Miami im Vorspann genannt – obleich sie nur noch diese Staffel mit dabei sein wird. Die Darsteller-Fluktuation ist also bedeutend größer als bei C.S.I.. Dem Erfolg schadet das Ganze offenbar nicht. Mit über 20 Millionen Zuschauern liegt CSI: Miami in den USA zwar mehrere Millionen unter der ersten Serie im Franchise, bedeutet aber dennoch Traum-Quoten für den Sender CBS. In Deutschland hat die Serie seinen Vorgänger sogar längst überholt und stellt bei durchschnittlich über fünf Millionen Zuschauern momentan die bestlaufende ausländische Produktion im hiesigen Fernsehprogramm überhaupt dar, was Grund genug für RTL war, das Format seinem kleinen Bruder VOX wegzunehmen und selbst zur besten Sendezeit auszustrahlen.
Die Vorlage zur ersten Folge der dritten Staffel stammt von den beiden CSI-Veteranen Ann Donahue und Elizabeth Devine, die zuvor bereits bei C.S.I. Drehbücher lieferten, und darüber hinaus bei CSI: Miami häufig mitschrieben – mehr noch, beide sind Produzenten der beiden genannten Franchise-Ableger, wobei Donahue außerdem bei der Konzeption von CSI: Miami mitwirkte.
Nach dem zugegebenermaßen recht spektakulären Anfang erzählen sie allerdings eine eher konservative und leider wenig innovative Story, die den komplexen Handlungssträngen der zweiten Staffel ansich kaum gerecht wird. Einzig das Einbringen des erwähnten tragischen Todesfalles, der dem CSI-Team um Horatio Caine zu schaffen macht, hebt "Der verlorene Sohn" inhaltlich etwas heraus.
Doch scheinen Donahue und Devine insbesondere mit der Verknüpfung der beiden Elemente ihre Mühe zu haben. Statt den Abschied eines Hauptcharakters entsprechend zu würdigen, gibt es nur ein paar Szenen, die dies tatsächlich thematisieren und selbst die anderen Hauptfiguren scheinen nicht derart mitgenommen, wie man das eigentlich erwarten würde. Man wird dahingehend das Gefühl nicht los, als wäre den Autorinnen schlicht die Zeit ausgegangen, um Story-Elemente wie zum Beispiel der Besuch des ranghöchsten CSI-Mitarbeiters bei der Familie des Getöteten, oder das Ausräumen seines Spinds zusätzlich umzusetzen.
Ohne Weiteres wäre es sicher möglich gewesen, all das in einen Zweiteiler zu verpacken, für den man sich jedoch bei der Produktion letztendlich nicht entschied. Im Gegensatz dazu wird der betreffende Darsteller sehr unsanft aus dem Team geschrieben; wer in der Serie bewandert ist, wird gerade im Hinblick auf die Art und Weise zwangsläufig einen bitteren Nachgeschmack empfinden.
Der Kriminalfall ansich ist wie erwähnt sehr geradlinig erzählt und kommt überraschenderweise ohne die bekannten wissenschaftlichen Experimente aus, von einer Fingerabdrucksuche einmal abgesehen. Nach einer dermaßen starken zweiten Staffel, hätte man sich besonders beim Auftakt für das neue Jahr etwas mehr versprochen – selbst wenn "Der verlorene Sohn" insgesamt betrachtet immer noch eine gute Episode ist.
Die Darsteller-Riege wird erwartungsgemäß von David Caruso angeführt, der mit seiner etwas eigenwilligen Interpretation sicherlich nicht alle Sympathien für sich verbuchen kann; wie gehabt, spielt er mit der für seine Rolle typischen zurückhaltenden Mimik, die dabei ebenso intensiv wirkt.
Emily Procter und Adam Rodriguez haben zwar nicht viel zu tun, machen ihre Sache jedoch gewohnt gut.
Eine erstklassige Vorstellung gibt Khandi Alexander, die in den kommenden Episoden hoffentlich stärker eingebunden wird. Sie ist nicht nur sympathisch, sondern agiert zudem sehr natürlich, was dem Zuschauer ihre Figur noch näher bringt.
Rory Cochrane hat an dieser Episode einen größeren Anteil und ist dem ohne Probleme gewachsen. Als einer der beliebtesten Darsteller der Serie kommt er in "Der verlorene Sohn" endlich mehr zum Zug.
Nur sehr kurz zu sehen und in dieser Episode auf einen kleinen Part reduziert ist Sofia Milos, die aber trotzdem solide Arbeit leistet – im Gegensatz zu Gastdarsteller Rudolf Martin (Fürst der Finsternis – Die wahre Geschichte von Dracula [2000]), der hier keine Glanzleistung abliefert.
Die beiden Nebenakteure Missy Crider und John Sanderford strengen sich indes sichtlich an, während der junge Colton Shires nicht allzu lang zu sehen ist. William Mapother, der bei Lost [seit 2004] als Ethan in einigen Episoden zu sehen war, überzeugt ebenfalls in seinem Kurzauftritt.
Wie üblich, ist die Besetzung solide ausgewählt und agiert routiniert, obgleich diesmal bis auf die Hauptdarsteller kaum jemand wirklich gefordert ist.
Was an "Der verlorene Sohn" auffällt, ist zweifellos der ungewöhnliche Anfang, gespickt mit relativ vielen Spezial-Effekten; allerdings wird hier die Budget-Beschränkung der Serie im Vergleich zu einem Kinofilm offenbar, und versierte Zuschauer werden die Computer-Unterstützung schnell als solche erkennen.
Dennoch wartet die Episode mit einer durchweg guten Inszenierung auf, die einmal mehr die Vorzüge des Schauplatzes Miami präsentiert und mit vielen malerischen Aufnahmen gefällt. Regisseur Duane Clark gelingt auch die wohl bewegendste Sequenz der Episode zusammen mit der Beerdigungszeremonie sehr gut – dezent eingesetzte Zeitlupen und ein würdevoller Abschiedsmoment von der Hauptfigur werden zahlreiche Fans ins Mark treffen.
Kamera und Schnitt befinden sich auf dem gleichen Niveau, selbst wenn das Finale der vorherigen Staffel, "Würgemale", etwas mehr Finesse in Bezug auf die Optik bot. Nichtsdestotrotz stellt Clark die derzeitige handwerkliche Überlegenheit der CSI-Serien gegenüber der Konkurrenz eindrucksvoll unter Beweis.
Die musikalische Untermalung der beiden Komponisten Jeff Cardoni und Kevin Kiner, die Graeme Revell während Staffel zwei ablösten, ist bei "Der verlorene Sohn" so gut wie eh und je.
Ihre atmosphärischen Klänge begleiten gekonnt die Szenerie, und doch halten sich die Künstler angenehm zurück, wenn die tragischen, mit ruhigen, leisen und zugleich sehr traurigen Themen versehenen Momente der Episode beginnen, während an anderen Stellen rhythmische und sehr metallisch klingende Stücke Spannung und Tempo erzeugen.
Handwerklich makellos eingefangen, verabschiedet CSI: Miami hier zum ersten Mal ein reguläres Cast-Mitglied, das im Dienst getötet wurde – für Fans der Serie, denen nicht durch die Medien bereits verraten wurde, wer es denn tatsächlich ist, werden im ersten Moment tatsächlich überrascht sein, und ein Déjà-vu erleben. Wieso sich die Autoren ausgerechnet eine doch recht undankbare Art und Weise ausdachten, die Figur aus der Serie zu schreiben, wird ihr Geheimnis bleiben. Es hinterlässt allerdings ein etwas unbefriedigtes Gefühl beim Zuschauer.
Ansonsten gibt es bei "Der verlorene Sohn" nichts zu bemängeln: Kamera und Schnitt sind gewohnt sehr gut und entsprechen ohne Weiteres dem Kino-Standard, die Musik der beiden Komponisten passt perfekt zum Geschehen und vermittelt sogar während eines verregneten Sommers das Gefühl des schwül-heißen Miami, Florida. Nicht zuletzt sind es aber die Darsteller, die den Staffel-Auftakt sehenswert machen, denn der Fall selbst ist eher einfach gestrickt.
Fazit:
Ganz offensichtlich merkt man "Der verlorene Sohn" an, dass die Autoren Mühe hatten, den Krimi mit der Verabschiedung einer Hauptfigur aus dem CSI-Team in Einklang zu bringen, denn nicht nur der Fall kommt etwas zu kurz, auch die Tatsache, wie die Figur aus der Serie scheidet, und die Beerdigungszeremonie werden sehr schnell abgehandelt. Das ist insofern ärgerlich, als dass CSI: Miami in dieser dritten Staffel den üblichen Erzählrahmen von 40 Minuten in einer späteren Folge sprengen wird, und die Geschichte dann auf 70 Minuten ausdehnt – diesen Umstand hätte man sich gerade für diese Episode gewünscht.
An den Darstellern gibt es nichts auszusetzen, und handwerklich überzeugt Duane Clark ohnehin mit einer sehr sauberen Inszenierung, die allerdings etwas die Ausgefeiltheit der Bildersprache von "Würgemale" vermissen lässt.
So geriet die erste Episode des neuen Jahres zwar gewohnt routiniert, doch gerade zu einem solchen Anlass hatte man sich etwas mehr vorgestellt – zumal die zweite Staffel von CSI: Miami bewiesen hat, dass die Macher einen exzellenten Thriller in Serie auf die Beine stellen können. Ob sie dies halten können, oder sich im Ergebnis der sehr guten fünften Staffel von C.S.I. geschlagen geben müssen, werden die kommenden Episoden zeigen.