Cash Truck [2021]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 13. Juli 2021
Genre: Action / Thriller

Originaltitel: Wrath of Man
Laufzeit: 119 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Guy Ritchie
Musik: Christopher Benstead
Besetzung: Jason Statham, Holt McCallany, Josh Hartnett, Jeffrey Donovan, Scott Eastwood, Andy García, Darrell D’Silva, DeObia Oparei, Laz Alonso, Raúl Castillo, Chris Reilly, Eddie Marsan, Niamh Algar, Tadhg Murphy, Alessandro Babalola, Babs Olusanmokun, Cameron Jack, Rocci Williams, Eli Brown, Lyne Renée


Kurzinhalt:

Einige Monate, nachdem bei einem brutalen Überfall auf einen Geldtransporter der Firma „Fortico“ beide Wachen und ein Zivilist getötet wurden, heuert der schweigsame Patrick Hill (Jason Statham), der von seinem künftigen Kollegen Bullet (Holt McCallany) nur „H“ genannt wird, bei Fortico an. Auch wenn seine neuen Kolleginnen und Kollegen, darunter Boy Sweat Dave (Josh Hartnett) und Dana (Niamh Algar), nicht erklären können, was mit H nicht stimmt, sie sind sich einig, dass er etwas zu verbergen hat. Als wenig später der Transporter von Bullet und H überfallen wird, gelingt es H nicht nur, Bullet das Leben zu retten, er tötet ohne Mühe ein halbes Dutzend bewaffnete Angreifer. Ganz offenbar ist H nicht nur hervorragend ausgebildet, er hat auch keine Angst zu sterben – und noch eine offene Rechnung zu begleichen …


Kritik:
In seinem erst zweiten in den Vereinigten Staaten angesiedelten Film, und vermutlich seinem am leichtesten zugänglichen mit Ausnahme seiner Sherlock Holmes-Interpretationen, präsentiert Filmemacher Guy Ritchie mit Cash Truck einen düsteren und harten Action-Thriller für ein erwachsenes Publikum, bei dem die Hauptfigur stellenweise erstaunlich in den Hintergrund tritt. Fernab von jeglichen sozialen Kommentaren, ist das für das richtige Publikum mehr als gelungen.

Basierend auf dem französischen Thriller Cash Truck - Der Tod fährt mit [2004] beginnt die Geschichte mit einem Überfall auf einen Geldtransporter, der einzig aus dem Fahrzeug heraus gezeigt wird, und bei dem drei Menschen sterben. Es ist ein Ereignis, um das die vier Kapitel, in die Cash Truck unterteilt ist, immer wieder kreisen. Im ersten sucht der schweigsame und nur „H“ genannte Jason Statham einige Monate nach dem Überfall die Geldtransportfirma „Fortico“ auf und erhält dort einen Job als Fahrer. Zwar besteht er die Aufnahmeprüfung wie den Schießtest gerade noch, doch dass an ihm mehr zu entdecken ist, als er erzählt, bemerken auch seine neuen Kolleginnen und Kollegen sofort. Als kurz darauf sein Transporter überfallen wird, erhält man auch eher einen Eindruck, was das ist. Nicht nur, dass er seinem bedrohten Kollegen Bullet das Leben rettet, mit geradezu militärischer Präzision tötet er das halbe Dutzend schwer bewaffnete Angreifer und scheint dabei nicht einmal ins Schwitzen zu geraten.

Das zweite Kapitel verändert die Perspektive und verschafft dem bis dahin Gesehenen einen anderen Kontext. Mehr sei über den Inhalt auch nicht gesagt, außer eine sehr gut gemeinte Warnung an alle Interessierten: Auf gar keinen Fall den Trailer ansehen!

Auch wenn die Aufteilung in einzelne Abschnitte der Erzählung einen künstlerischen Touch verleiht und an sich geeignet wäre, ein dichtes Netz aus Verbindungen zwischen den darin jeweils vorgestellten Personen zu entwerfen, bis auf den eigentlichen und durchaus gelungenen Twist sorgt die erzählerische Anordnung dafür, dass man Schlüsselmomente mehrmals zu sehen bekommt. Das wird dann jedoch schwierig, wenn man nach dem zweiten Kapitel bereits weiß, worauf all dies hinauslaufen wird und die erneute Wiederholung Cash Truck schließlich nur länger macht und Spannung in den jeweiligen Momenten kostet. Dazu zählt auch die sehr ausführliche Beleuchtung der Crew, die den eingangs gezeigten Überfall durchgeführt hat. Dies zu sehen ist durchaus interessant, doch hätte man den Inhalt mühelos in zwei kurzen Dialogen vermitteln können.

Gleichzeitig entscheidet sich Regisseur Ritchie, beim Finale immer wieder zu dem Moment zurückzukehren, in dem der letzte, große Überfall geplant wird, so dass das Publikum immer gesagt und gezeigt bekommt, was als nächstes geschieht, ehe dies dann auch genau so vor Ort passiert. Dies nimmt einen jedoch unnötigerweise aus dem jeweiligen Moment heraus, statt dass man die gesamte Sequenz, die inhaltlich durchaus packend ist, gewissermaßen am Stück sehen könnte.
Doch die Entscheidung der inhaltlichen Struktur sorgt noch für etwas anderes: Mit dem von Andy Garcia gespielten und kaum zu sehenden FBI-Agenten King und dem, was über H im Verlauf der Geschichte erzählt wird, werden Zusammenhänge angedeutet, auch zwischen Figuren, die erst nach einer gewissen Zeit eingeführt werden, die durchaus spannend klingen und die man gern vertieft sehen würde. Doch bleibt Cash Truck hier derart vage, dass der Moment des Films, in dem Hs Geldtransporter zum zweiten Mal überfallen wird und er den Angreifern in die Augen blickt, im Nachhinein keinen wirklichen Sinn mehr ergibt.

Von diesen inhaltlichen Schwächen lässt sich Guy Ritchie allerdings nicht aufhalten und präsentiert handwerklich einen seiner konventionellsten Filme. Bis auf wenige Ausnahmen verzichtet der Filmemacher auf ungewohnte Kameraeinstellungen, Zeitlupen oder Zeitrafferaufnahmen. Das Ergebnis ist ein unerwartet ernster und regelrecht rauer Thriller, der nicht mit ausladend überzogenen Actionsequenzen aufwartet, sondern bei dem auch Hauptfigur H sein dunkles Charisma daraus zieht, dass er ruhig, beherrscht und überlegt agiert. Die Kompromisslosigkeit, mit welcher der Charakter hier zu Werke geht, spiegelt sich gewissermaßen auch in der handwerklichen Umsetzung wider. Das ist kein Kritikpunkt, sondern verleiht Cash Truck ein ganz eigenes Ambiente.


Fazit:
Auch wenn Hauptdarsteller Jason Statham selbst in seinen zuletzt an ein älteres Publikum gerichteten Filmen oftmals mit lockeren Sprüchen den Actionmomenten etwas Unbeschwertes verlieh und sein Auftritt hier anfangs an solche Rollen erinnern mag, sein H ist tatsächlich eine gänzlich anders angelegte Figur, die man auch am Ende nicht wirklich einzuschätzen vermag. Sein unberührtes Auftreten und seine unnachgiebige Art wandeln den Actionfilm zu einem methodisch-düsteren, harten Crime-Thriller, der ebenso ernst und methodisch inszeniert ist. Tadellos und überraschend unaufgeregt gefilmt, ist Cash Truck ebenso gespielt. Inhaltlich spürbar an Erwachsene gerichtet, verschiebt sich der Fokus in den Kapiteln deutlich zwischen den Figuren. Das ist ein interessanter Ansatz, doch gerät dadurch die Geschichte selbst, bis auf die gelungene Wendung zum persönlichen Hintergrund der Hauptfigur, kaum überraschend. Dem Unterhaltungswert schadet das dabei aber nicht.