Blue Beetle [2023]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 16. August 2023
Genre: Science Fiction / Action

Originaltitel: Blue Beetle
Laufzeit: 127 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Angel Manuel Soto
Musik: Bobby Krlic
Besetzung: Xolo Maridueña, Bruna Marquezine, Susan Sarandon, Belissa Escobedo, Damián Alcázar, George Lopez, Elpidia Carrillo, Adriana Barraza, Raoul Max Trujillo, Harvey Guillén, Becky G (Stimme)


Kurzinhalt:

Als Jaime Reyes (Xolo Maridueña) nach seinem Collegeabschluss wieder nach Hause zurückkehrt, freut er sich eigentlich nur, seine Familie wiederzusehen. Er ahnt nicht, dass sein Vater Alberto (Damián Alcázar) seine Arbeit verloren und auch bereits einen Herzinfarkt erlitten hat. Zusammen mit Jaimes Mutter Rocio (Elpidia Carrillo), Schwester Milagro (Belissa Escobedo), Großmutter Nana (Adriana Barraza) und Onkel Rudy (George Lopez) wird er aus dem Haus ausziehen müssen, da sie sich die gestiegenen Mieten im Umland der hochmodernen Stadt Palmera City nicht mehr leisten können. Verantwortlich dafür ist der Großkonzern Kord Industries, für dessen Vorsitzende Victoria Kord (Susan Sarandon) Jaime und seine Schwester notgedrungen im Housekeeping arbeiten müssen. Als Jaime Victorias Nichte und Firmenerbin Jennifer (Bruna Marquezine) einen Gefallen tun will, kommt er mit einem Artefakt in Berührung, das eines der am besten gehüteten Geheimnisse von Kord Industries ist. Das Artefakt verbindet sich mit Jaime und verleiht ihm übermenschliche Kräfte – doch Jennifers Aussage nach, verbirgt sich dahinter eine Waffe, die in der Lage ist, die Welt zu zerstören …


Kritik:
Das erste, was bei Angel Manuel Sotos Adaption des DC-Comics Blue Beetle auffällt, ist, wie farbenfroh das Fantasyabenteuer von Beginn an präsentiert wird. Anstatt eine triste Welt voll konfliktbehafteter Figuren vorzustellen, stehen hier Charaktere im Zentrum, die durch das definiert werden, was sie zusammenhält. Dies gelingt so gut, dass vor allem die ersten zwei Drittel mehr Spaß machen, als Vieles, was das Genre zuletzt hervorgebracht hat. Es ist schade, dass die Verantwortlichen dies nicht bis zum Ende durchhalten.

Das soll nicht bedeuten, dass Blue Beetle bis dahin neue Wege gehen würde. Erstmals vor beinahe 85 Jahren veröffentlicht, ist das Comic älter als viele andere, doch das ändert nur bedingt etwas daran, dass die Geschichte seither so oder so ähnlich unzählige Male erzählt wurde. Als Jaime Reyes nach seinem Collegeabschluss nach Hause zurückkehrt, findet er seine Familie im Umbruch vor. In Palmera City hat der Großkonzern Kord Industries nicht nur die Innenstadt in eine hochmoderne Metropole verwandelt, auch in den Vorstädten, wo Familie Reyes wohnt, steigen die Mieten. Jaimes Schwester, seine Eltern, Großmutter und sein Onkel Rudy werden ausziehen müssen. Erschwerend kommt hinzu, dass Jaimes Vater Alberto einen Herzinfarkt erlitten und seine Arbeit verloren hat. Jaime hofft zwar, er kann nach seinem Abschluss einen gut bezahlten Job finden und seine Familie unterstützen, doch die Wahrheit sieht leider anders aus. Als er der Erbin des Kord-Imperiums, Jennifer, einen Gefallen tun soll, kommt er mit einem Artefakt in Berührung, das wie ein blau schimmernder Skarabäus aussieht. Dessen Geheimnisse versucht Jennifers Tante und Leiterin von Kord, Victoria, schon lange zu entschlüsseln, erhofft sie sich dadurch den Schlüssel dazu, ihr O.M.A.C. („One Man Army Corps“)-Projekt abzuschließen, das eine neue Generation an kampfstarken Soldaten mit einem anpassbaren Exoskelett ermöglichen soll. Doch das Artefakt, dessen Herkunft während des Vorspanns geschildert wird, ergreift von Jaime Besitz und verschmilzt mit ihm.

Das klingt alles bekannt und tatsächlich schildert Blue Beetle eine Ursprungsgeschichte, wie man sie so oder ähnlich nicht nur bereits einmal gehört hat. Gleichzeitig jedoch wirkt die Welt, die der Film vorstellt, überraschend frisch. Das fiktive, in Texas liegende Palmera City könnte einem Science Fiction-Film entsprungen sein, während Familie Reyes mit alltäglichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Das Aussehen, die poppige Musik und der Umgang der Figuren miteinander erinnern an Genrefilme aus den 1980er-Jahren. Dieses Flair tröstet auch großteils darüber hinweg, dass die Dialoge sämtliche Klischees aufgreifen, die man in solchen Geschichten bereits unzählige Male gehört hat. Angefangen von zahlreichen Kabbeleien der Familie untereinander, bis hin zu den Kommentaren, die Jaime mit den Bösewichtern austauscht. Es ist beinahe, als wollte die Kreativität der Umsetzung nicht auf das Drehbuch überspringen.

Dabei ist der Humor an sich ebenso gut getroffen wie der Wechsel zwischen Witz und Ernst. Gerade innerhalb der Familiendynamik ergeben sich viele schöne Momente und man würde sich am Ende wünschen, der Film würde mehr Zeit darauf verwenden. Denn so stimmig das erste Aufeinandertreffen zwischen Jaime und Khaji-Da, der Intelligenz, die den Skarabäus kontrolliert und sich ihren Wirt aussucht, weshalb Jaime nur wenig Kontrolle über seine neu erhaltenen Fähigkeiten hat, wenn Blue Beetle für das Finale in den üblichen Superhelden-Modus wechselt, in dem sich computergenerierte Figuren schwindelerregend gegenseitig bekämpfen, ist das der schwächste Abschnitt des Films. Auch, weil hier Nebencharaktere urplötzlich Dinge tun, die sie eigentlich nicht wissen können. Das schmälert den Gesamteindruck unnötigerweise, selbst wenn der tatsächliche Schluss wieder durchaus gelungen ist, bis hin zur Andeutung einer möglichen Fortsetzung während des Abspanns.

Filmemacher Angel Manuel Soto macht sehr vieles richtig in seiner bisher aufwändigsten Regiearbeit. Nicht nur, dass er überwiegend die Figuren statt des Spektakels ins Zentrum rückt, was dafür sorgt, dass der Angriff auf die Familie Reyes nicht nur toll aufgebaut ist, sondern durchaus bewegt und berührt, er bewahrt sich trotz ernster Momente eine Leichtigkeit, die erst zum Ende hin ein paar Mal in unpassenden Klamauk überschlägt (Stichwort pupsendes Insektenschiff oder die revolutionäre Nana). Gleichzeitig beweist er ein Gespür für die Bilderauswahl und präsentiert Blue Beetle trotz einiger arg offensichtlicher Trickeffekte als eindrucksvoll fotografierten Superheldenfilm. Auch deshalb und dank der sympathischen Figuren, die ihren Weg noch suchen, wäre nichts gegen ein weiteres Abenteuer mit Jaime und seiner Familie einzuwenden. Ganz im Gegenteil.


Fazit:
Mit einer durchaus umfassenden Mythologie sowohl betreffend das Skarabäus-Artefakt selbst als auch die Superheldenfigur Blue Beetle oder Kord Industries, erscheint Angel Manuel Sotos Comicabenteuer vollständiger als viele andere, als würde man, selbst wenn es sich um eine Ursprungsgeschichte handelt, in eine größere Welt hineintreten, die nicht durch andere Superhelden definiert wird. Palmera City ist ein interessanter Schauplatz, den man entdeckt sehen möchte, die Geschichte über den Zusammenhalt der Familie vor dem Hintergrund der Verdrängung ärmerer oder eingewanderter Menschen, so aktuell wie stimmig eingewoben. Darüber hinaus ist Blue Beetle durchweg toll designt und handwerklich einfallsreich wie sehenswert in Szene gesetzt. Das größte Problem hieran ist, dass dies alles so vorhersehbar ist. Angefangen bei den klischeebeladenen Dialogen, bis hin zu den Actionhighlights selbst, bei denen man beinahe sekundengenau vorhersagen kann, was als nächstes geschieht. Unterhaltsam ist es dennoch, hauptsächlich dank der Figuren und der Familie im Zentrum, die die richtige Balance zwischen Ernst und Spaß trifft. Diese Leichtigkeit hebt den Film merklich von anderen Genrevertretern ab und macht ihn nicht nur zugänglicher, sondern schlichtweg spaßiger. Dass dieser Superheld über lateinamerikanische Wurzeln verfügt, ist nicht nur in Anbetracht der oftmals gleich klingenden Comic-Stories mehr als nur eine Bereicherung.