Bad Boys – Harte Jungs [1995]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 09. Oktober 2003
Genre: Action / Thriller / Komödie

Originaltitel: Bad Boys
Laufzeit: 118 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1995
FSK-Freigabe: nicht unter 18 Jahren

Regie: Michael Bay
Musik: Mark Mancina
Darsteller: Martin Lawrence, Will Smith, Téa Leoni, Tchéky Karyo, Joe Pantoliano, Theresa Randle, Marg Helgenberger, Saverio Guerra, Michael Imperioli


Kurzinhalt:
Eines Nachts wird das Polizeidepot von Miami überfallen und eine ganze Palette konfiszierter Drogen gestohlen. Die Detectives Mike Lowrey (Will Smith) und Marcus Burnett (Martin Lawrence) hatten den Stoff beschlagnahmt und sollen ihn nun wieder beschaffen.
Bei ihren Ermittlungen stoßen sie auf einen Ex-Cop, der an dem Überfall beteiligt war, und der vom Anführer der Verbrechergruppe, Fouchet (Tchéky Karyo), getötet wurde. Der Mord wurde jedoch von Zeugin Julie Mott (Téa Leoni) beobachtet, die nun in höchster Lebensgefahr schwebt.
Deshalb möchte sie von der Polizei in Schutzhaft genommen werden. Das Problem ist nur, dass sie ausschließlich Mike vertraut, allerdings Marcus für Mike hält. Aus diesem Grund müssen die Partner ihre Rollen tauschen, was die ganze Sache nicht unwesentlich kompliziert.
Doch auch Fouchet weiß von Julie und den beiden Cops, die ihm auf der Spur sind. Während er die Drogen für den Abtransport vorbereitet und die Zahlung eines Käufers erwartet, läuft Lowrey und Burnett die Zeit davon, um Fouchet zu erwischen und das Leben von Julie zu schützen.


Kritik:
Am 25 .September 1968 wurde Willard Christopher Smith, Jr. in Philadelphia als zweites von vier Kindern geboren, seinem Vater gehört eine Kühlschrankfirma. In West-Philadelphia wuchs er auf und verschaffte sich schon früh seinen Spitznamen Prince, weil er sich aus allerlei prekären Situationen herausreden konnte. Unter diesem Namen wurde er letztlich auch bekannt, als er mit Jeff Townes zusammen das Rap-Duo "Jazzy Jeff & the Fresh Prince" gründete – gerappt hatte Will Smith ohnehin schon ab seinem zwölften Lebensjahr. Zusammen mit Jazzy Jeff feierte er Erfolge und gewann sogar einen Grammy.
Als er 18 Jahre alt war, hatte er allerdings schon sein ganzes Vermögen verspielt, und steckte bis zum Hals in Schulden. Unterstützung erfuhr er durch Benny Medina von Warner Bros., der eine TV-Serie entwickeln wollte, in der ein armer Junge aus Philadelphia bei einer reichen Familie in Beverly Hills aufwuchs. Mit Der Prinz von Bel-Air [1990-1996] wurde Smith bekannter, als es ihn sein Stipendium am MIT hätte machen können, das er für seine Musik-Karriere ablehnte.
Während der Laufzeit der Serie machte er auch immer wieder Ausflüge ins Filmgenre – und das erfolgreich. 1995 setzte er mit Bad Boys seinen Fuß in die Türen der Studios und feierte kurz darauf mit Independence Day [1996] einen internationalen Hit; ein Jahr später heiratete er Jada Pinkett Smith, die er schon beim Vorsprechen für Der Prinz von Bel-Air kennengelernt hatte – sie selbst bekam die Rolle, für die sie sich interessierte, allerdings nicht.
1993 war er bei der "Amtseinführungsfeier für die Jugend" von Präsident Bill Clinton Gastgeber. Smith spricht fließend spanisch und ist seit Jahren ein bekennender Schachspieler.
1999 lehnte er die Hauptrolle von Neo in Matrix [1999] ab, um stattdessen Wild Wild West [1999] zu drehen, dessen Einspielergebnis er folgendermaßen kommentierte: "Es tut so weh, einen Film wie Wild Wild West zu machen – zu sehen, dass er so erfolgreich ist und 52 Millionen Dollar am ersten Wochenende einspielt – und dabei ist es ein wirklich schlechter Film."
Für Bad Boys erhielt er noch zwei Millionen Dollar Gage – bei seinen letzten Filmen Bad Boys II und Men in Black II waren es je 20 Millionen.
Für seine bislang forderndste Rolle in Ali [2001] legte Will Smith 15 Kilogramm an Muskelmasse zu; für den Part und den Film kämpfte er verbissen – er wurde für seine Mühen mit einer Oscar- und Golden Globe-Nominierung belohnt.
In seinen inzwischen 35 Jahren hat er schon viel erlebt, die schlimmsten Tiefen und die größten Höhen mitgemacht – und doch verspricht er, dass das Beste noch bevorsteht: "Die Leute lachen, aber wenn ich es mir in den Kopf setze, kann ich bis in 15 Jahren Präsident sein."

Doch nicht nur Will Smith betrat mit Bad Boys zum ersten Mal die große Bühne der Kinoleinwand als Hauptdarsteller, auch für seinen Filmpartner Martin Lawrence war es ein ganz anderes Kaliber, als er es bislang gewohnt war. Nicht zuletzt feierte Regisseur Michael Bay seinen Einstand in einer millionenschweren Produktion und hatte zuvor durch seine Werbeclips von sich Reden gemacht.
Ein neues Team mit neuen Ideen war also am Werk – die Story allerdings liest sich wie ein Klassentreffen bekannter Buddy-Komödie-Inhalte. Doch das muss ja nichts Schlechtes bedeuten – ganz im Gegenteil!

Das Skript von George Gallo, Michael Barrie, Jim Mulholland und Doug Richardson ist zweifelsohne nicht das ausgefeilteste, das je verfilmt wurde, aber es legt ein gutes Fundament für angenehm vielschichtige Charaktere, wobei Martin Lawrence mit seiner Familie im Film eindeutig bevorzugt wird. Will Smith konnt jedoch nicht zu kurz, ebenso wenig wie der Bösewicht, dessen Motive zwar nicht aufgezeigt werden, der aber dennoch genügend Charisma besitzt, um glaubhaft zu wirken.
Die Story beginnt unmittelbar nach dem Vorspann und setzt mit einer sehr gut durchdachten Einbruchssequenz an; so kommt die Geschichte schnell in Gang und wird geradlinig weitererzählt. Actionszenen fügen sich schlüssig in die Gegebenheiten und bilden doch nicht den Schwerpunkt; der liegt auf der Buddy-Komödie, die mit witzigen Sprüchen, Wortgefechten und irrwitzigen Verwechslungsszenen wirklich das gesamte Repertoire auffährt, ohne in Klischees zu baden, oder allzu abstrus zu wirken. Trotz der ansich bekannten Elemente füllt das Drehbuch genug Seiten, um in den beinahe zwei Stunden Film nie langweilig zu werden. Dies wird dadurch erreicht, dass die Darsteller Raum bekommen, ihre schauspielerischen und komödiantischen Talente auszuleben – die Ernsthaftigkeit der Story bleibt dabei bisweilen auf der Strecke, was aber insofern nicht stört, da die mitunter nicht wirklich zimperlichen Actionpassagen das Ruder wieder herumreißen und das Tempo des Films deutlich anziehen.
Das Skript verlässt sich bei den Verfolgungsjagden nicht nur auf die Improvisationskunst des Regisseurs, sondern wartet auch hier mit einigen guten Ideen auf.

Dass auch Actionfilme von ihren Darstellern leben, beweist Bad Boys eindrucksvoll: Martin Lawrence und Will Smith harmonieren nicht nur sehr gut, sie scheinen an ihren Rollen auch tatsächlich Spaß gehabt zu haben. Lawrence ist hier witziger, als je zuvor (oder danach), und auch wenn Smith nicht so viel zu tun hat, nimmt man ihm den Cop doch ohne Weiteres ab – zudem vermittelt er erfreulich viel Ruhe im Gegensatz zur hektischen Natur seines Partners und wirkt so wie ein angenehmer Gegenpol. Die witzigen Wortwechsel wurden interessanterweise oftmals von Smith und Lawrence improvisiert – Regisseur Michael Bay unterhielt sich häufig mit ihnen, wie die Dialoge verbessert werden können und erlaubte ihnen, vor laufender Kamera einfach "drauflos zu plappern".
Obwohl sich Joe Pantoliano am Set mit den anderen nicht verstanden haben soll, im Film merkt man ihm das nicht an – im Gegenteil, als zerstreuter Polizeichef hat er nicht nur ein paar erstklassige Sprüche im Petto, sondern auch sonsten einige wirklich witzige Szenen.
Téa Leoni war zwar zuvor schon bekannt, doch mit dieser Rolle blieb sie zum ersten Mal im Gedächtnis haften – als dritte im Bunde passt sie harmonisch in die Geschichte und wirkt auch im Team nie fehlplatziert. Dass ihre Rolle keine großartigen schauspielerischen Leistungen erfordert, ist nicht weiter tragisch.
Anders sieht es schon beim Bösewicht, verkörpert durch Tchéky Karyo aus, der unter anderem in Der Patriot [2000], Nostradamus [1994] und 1492 - Die Eroberung des Paradieses [1992] zu sehen war – seit Bad Boys bestritt er Rollen in über 30 Produktionen. Hier allerdings spielt er nicht nur überzeugend, sondern allein durch seine Präsenz schon furchteinflößend. Es ist schade, dass das Skript eine Konfrontation zwischen ihm, Smith und Lawrence erst beim Finale vorsieht, früher hätte es bestimmt eine spannungsgeladene Szene ergeben. Als Bösewicht kommt er zwar bei weitem nicht an Alan Rickman in Stirb langsam [1988] heran, doch angesichts der sonstigen Action-Gangster besticht er vor allem durch sein Charisma.
Der restliche Cast – darunter C.S.I. - Den Tätern auf der Spur [seit 2000]-Darstellerin Marg Helgenberger, Die Sopranos [seit 1999]-Mafioso Michael Imperioli und Becker [seit 1998]-Nervensäge Saverio Guerra – kann ebenfalls tadellos überzeugen – richtig gefordert ist allerdings niemand.

Auf die Inszenierung konnte man bei Ex-Werbefilmer Bay wirklich gespannt sein, und in der Tat führte er mit seiner ständig bewegten Kamera, den spärlich eingesetzten Zooms und ausgetimten Zeitlupen einen neuen Stil in Hollywood ein, den man bis dahin so noch nicht gekannt hat.
Hier passt alles zusammen: Interessante, komponierte und mitreissend temporeiche Sequenzen verwöhnen das Auge; das beginnt schon mit dem Diebstahl der Drogen zu Beginn, der mit interessanten Kamerawinkeln und dezenten Kamerafahrten umgesetzt wurde. Die Zeitlupen kosten die Szenen aus, anstatt sie (wie heute oft üblich) zu strapazieren und zu zerstören, und der geschickte Einsatz von Farbfiltern lässt Miami in einem edlen, bisweilen fast schon anmutigen Licht erscheinen.
Die Regie wirkt wie aus einem Guss und passt perfekt zum Film – sicherlich eine Modernisierung des Actionkinos, gekonnt und alles andere als störend. Schade nur, dass Bay seither immer mehr zur Wackelkamera, anstatt zu wohlüberlegten Bildmontagen gegriffen hat.

Einen großen Teil zum Flair des Films steuert auch Marc Mancina durch seine Musik bei; mit Speed [1994] wurde die Öffentlichkeit auf ihn aufmerksam, für Bad Boys begab er sich allerdings in eine ganz andere Richtung, obwohl er seinem großteils synthesizerlastigen Stil treu blieb.
Mit einem eingängigen und Florida-angehauchten Thema stimmt er die Ohren von Anfang an auf Miami ein und unterstreicht mit seinen flotten Actionpassagen gekonnt die Szenerie im Film. Erreicht wird das unter anderem dadurch, dass er mit den Instrumenten bisweilen die Soundeffekte im Film imitiert, was Musik und Bild ungemein miteinander verzahnt.
Sein Score, so zurückhaltend er sein mag, ist stimmig und ergänzt den Film hervorragend. Gleichwohl es zudem viele gesungene Musikabschnitte im Film gibt, sind sie weder so omnipräsent, noch so aufdringlich, wie bei vielen aktuellen Filmen.

Was die Macher aus den 23 Millionen Dollar Produktionskosten herausholten, ist in der Tat erstaunlich – Bad Boys wirkt teurer, als er tatsächlich ist. Zu verdanken ist das unter anderem Regisseur Bay, der für die Explosion des Flugzeuges am Schluss 25.000 Dollar (25 % seines Honorars) an die Produktionsfirma überwies – das Studio wollte die Szene aus Kostengründen streichen, er selbst wollte sie um jeden Preis drehen.
Michael Bay lieh der Produktionscrew außerdem seinen eigenen Porsche 911.

Auch wenn Bad Boys sehr witzig geraten ist, und nicht vollkommen ernst genommen werden darf, so ist er eines aber trotzdem: Bisweilen extrem brutal. Das ist nicht nur oftmals unnötig, sondern wirkt ziemlich aufgesetzt; zwar nicht in dem Maße, wie es bei Bays nächstem Film The Rock [1996] der Fall war, aber trotz allem hätte Bad Boys so hart und gewalttätig gar nicht sein müssen. Die hohe Altersfreigabe ist in diesem Fall mehr als nur berechtigt.
Dass er in der Originalfassung auch noch sehr vulgär ist, beeinflusst hauptsächlich die Freigabe in den USA, denn die deutsche Fassung wurde einmal mehr dahingehend stark entschärft.

Doch nicht nur das: Die Synchronisation ist eben aufgrund des Improvisationscharakters der Original-Dialoge nicht wirklich gut gelungen. Zwar kann man Bad Boys auf Deutsch immer noch genießen, doch Vieles vom Charme und des Witzes, geht in der synchronisierten Fassung leider verloren. So wirkt der Film in der lokalisierten Version auch deutlich ernster, als er eigentlich ist.
Fans sollten trotz des mitunter anstrengenden Geplappers besser die Original-Tonspur wählen.

Mit 140 Millionen Dollar Einspielergebnis weltweit zählt Bad Boys sicher nicht zu den erfolgreichsten Actionfilmen aller Zeiten, der im selben Jahr gestartete Stirb langsam - Jetzt erst recht [1995] spielte immerin 350 Millionen Dollar ein, und doch war Michael Bays Kino-Debüt ein voller Erfolg. Nicht nur, dass es drei Männer in Hollywood einführte, von denen zwei das Landschaftsbild der Traumstadt nachhaltig beeinflusst haben (Smith und Bay), er legte auch einen witzigen, charmanten und gut gemachten Grundstein für eine mögliche Filmreihe.
Bislang kann sie es zwar nicht mit Lethal Weapon oder Stirb langsam aufnehmen, aber gegen weitere Abenteuer des Buddy-Duos wäre ansich nichts einzuwenden – wenn die Autoren und der Regisseur den Charme und die Atmosphäre beibehalten können.


Fazit:
Wer erinnert sich nicht gern an die Sommer vor 10 Jahren? Als die Nachrichten noch nicht so voll Terror steckten und die Welt ein bisschen besser schien. In diese Zeit passt Bad Boys, als Zeitzeuge einer unbeschwerteren Kinolandschaft, in der Popcorn-Action ihren Namen noch verdiente, und nicht sofort die ganze Welt auf der Kippe stand.
Als Buddy-Film ist an Michael Bays Werk nicht viel besser zu machen; mitreissende Action, eine interessante, wenn auch unkomplizierte Story und eine temporeiche Inszenierung kommen mit einer Vielzahl an witzigen und intelligenten Wortgefechten daher, bei denen Martin Lawrence und Will Smith ganz in ihrem Element sind.
"Böse Jungs" – guter Film.