American Assassin [2017]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. September 2017
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: American Assassin
Laufzeit: 112 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Michael Cuesta
Musik: Steven Price
Darsteller: Dylan O'Brien, Michael Keaton, Sanaa Lathan, Shiva Negar, Taylor Kitsch, David Suchet, Navid Negahban, Scott Adkins, Charlotte Vega


Kurzinhalt:
Als Terroristen an einem Urlaubsstrand ein Blutbad anrichten, stirbt Mitch Rapps (Dylan O'Brien) Verlobte Katrina (Charlotte Vega) im Kugelhagel. Er selbst wird schwer verletzt. Mitch macht es sich daraufhin zur Aufgabe, den Verantwortlichen zu töten, woraufhin CIA-Deputy Director Irene Kennedy (Sanaa Lathan) auf Mitch aufmerksam wird und ihn für eine geheime Anti-Terror-Einheit rekrutiert. Dort wird Mitch von Stan Hurley (Michael Keaton) ausgebildet. Nachdem bekannt wird, dass 15 Kilogramm waffenfähiges Plutonium gestohlen wurden, soll Stans Team, verstärkt durch die ortskundige Annika (Shiva Negar), die Hintermänner aufspüren. Doch der erste Einsatz endet in einem Fiasko. Ihr Gegner ist ihnen stets einen Schritt voraus. Der als "Ghost" (Taylor Kitsch) bekannte Drahtzieher wurde einst selbst von Hurley ausgebildet. Es liegt an Mitch, eine Katastrophe abzuwenden – falls es dafür nicht bereits zu spät ist …


Kritik:
Wenn Filmemacher Michael Cuesta erklärt, dass er mit American Assassin einen Spionage-Thriller des neuen Jahrtausends inszenieren wollte, dann ist das keine Übertreibung. Statt Martini schlürfend einen Kalten Krieg in chicen Umgebungen zu bekämpfen, sieht sich Hauptfigur Mitch Rapp einer Bedrohung gegenüber, die spätestens seit dem 11. September 2001 aus dem Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit nicht mehr wegzudenken ist. Der Leinwandeinstand des seit 1999 in mehr als einem Dutzend Romanen vielbeschäftigten CIA-Agenten erinnert dabei nicht von Ungefähr an Einsätze von Jack Bauer (24 [2001-2010]) oder Carrie Mathison (Homeland [seit 2011]). Kenner jener Serien werden viele Elemente wiederentdecken – auch die weniger guten.

Die Filmvorschau verrät bereits, dass Hauptfigur Mitch Rapp nur knapp einen Anschlag am Strand von Ibiza überlebt. Seine Verlobte stirbt durch die Hand von Attentätern, die mit automatischen Waffen ein Blutband anrichten. Auch wenn man weiß, was geschehen wird, gehört die Auftaktsequenz von American Assassin zu der aufwühlendsten und schockierendsten Darstellung dieser sinnlosen Gewalt, die es bislang auf der Leinwand zu sehen gab. Regisseur Cuesta versetzt sein Publikum an Mitchs Seite in diesen grauenvollen Minuten – das ist ebenso erschütternd wie unnachgiebig umgesetzt. Es soll verdeutlichen, was Mitch antreibt, wenn er sich daraufhin auf eigene Faust aufmacht, diejenigen zur Strecke zu bringen, die das getan haben.

Er wird von Vize-Direktorin Kennedy für eine Spezialeinheit der CIA angeworben und soll von Stan Hurley zusammen mit anderen Mitgliedern dieses Teams trainiert werden. So aktuell die Geschichte traurigerweise ist, so vorhersehbar und klischeehaft ist schließlich der Verlauf der Story. Obwohl Mitch Schwierigkeiten hat, sich unterzuordnen, ist er dennoch der fähigste Rekrut in Hurleys Trupp. Als dieser seine erste Mission bekommt, muss der erfahrene Kämpfer Stan feststellen, dass ihn ein Geist aus der Vergangenheit eingeholt hat. Dabei verhalten sich die Figuren oftmals genau so, wie sie es in dieser Art und Film meistens tun. So ist der Bösewicht Hurleys Team stets einen Schritt voraus und verfolgt einen Plan, der früh absehbar ist, Mitch jedoch erst sehr spät bekanntgegeben wird.

Wie die Geschichte, kommt auch der Erzählfluss dabei immer wieder zur Ruhe, bis er immer dann beinahe stillsteht, wenn sich die Figuren der tatsächlichen Spionagearbeit wie Überwachung oder Beobachtung widmen, nur um dann beinahe explosionsartig in eine neue Actionszene überzuleiten. Dadurch fühlt sich der Verlauf beinahe etwas unruhig und in gewissem Sinne episodenhaft an, obwohl das Agentenflair mit den vielen internationalen Zwischenstopps gut gelungen ist. Auch die durchaus komplexen Zusammenhänge im Hintergrund machen American Assassin merklich "erwachsener" als der junge Hauptdarsteller es vermuten lässt.
Doch die aktuellen Bezüge zum politischen Weltgeschehen lassen die Geschichte auch anfällig werden, wenn diese sich in der wirklichen Welt ändern – wie in Bezug auf das Story-Element des Atomwaffenabkommens mit dem Iran jüngst vom amerikanischen Staatsoberhaupt zumindest angekündigt.

Dass sich American Assassin an ein erwachsenes Publikum richtet, wird nicht nur durch die Thematik, sondern auch die Art und Weise deutlich, wie die Gewalt in Szene gesetzt wird. Die Faustkämpfe besitzen dabei eine Vehemenz, die unvorbereitet trifft. Bedeutender ist jedoch eine Folterszene, die nicht nur viel zu lang, sondern in der Darstellung auch vollkommen unnötig ist um zu zeigen, wie gnaden- und skrupellos der Bösewicht ausfällt. Während der Auftakt des Films auf erschreckende Art und Weise die Auswirkungen von Gewalt zeigt, erweckt die Darstellung derselben im Verlauf des Films, in dem Mitch öfter agiert als reagiert, mitunter den Eindruck, als wolle man ein Publikum ansprechen, das sehen möchte, wie die Bösewichte ihre "gerechte Strafe" bekommen. Das ist nicht nur moralisch äußerst fragwürdig, sondern zum Teil so grafisch (wenn auch schnell) umgesetzt, dass Teile des Publikums die Vorstellung, die ich besuchte, tatsächlich verlassen haben.

Davon abgesehen präsentiert American Assassin einen mitunter packenden Agenten-Thriller mit einem tragisch aktuellen Bezug. Als aufstrebender Spion gelingt Dylan O'Brien eine starke Darbietung, in der man ihm ansieht, wie sehr der Wunsch nach Rache ihn blind werden lässt für alles, was um ihn herum geschieht. Als erbarmungsloser Mentor besitzt Michael Keaton ein einnehmendes Charisma, während Taylor Kitsch zu selten zu sehen ist, um wirklich gefordert zu werden. Dass man trotz der Kanten, die Mitch Rapps-Leinwanddebüt mit sich bringt, gespannt sein darf, wie sein nächster Einsatz verläuft, liegt nicht zuletzt an der Besetzung. Potential ist genügend vorhanden.


Fazit:
Auch wenn die Trickeffekte des in der Idee interessanten Finales nicht über das Maß eines TV-Films hinauswachsen, insgesamt ist das Design und die Inszenierung von Michael Cuesta durchweg gelungen. Die Zweikämpfe sind packend inszeniert, wenn auch etwas hektisch geschnitten und sobald sich zwei Figuren gegenüberstehen, sieht es so aus, als würden sie mit allen Mitteln um ihr Leben kämpfen. Auf Grund des gezeigten und überraschend hohen Gewaltgrades ist das nur für ein erwachsenes Publikum geeignet. So aktuell die Story dabei ist, sie wächst nie über das Hinaus, was in Fernsehserien wie 24 oder Homeland bereits ausgefeilter und tiefgehender gezeigt wurde. Die guten Darsteller entschädigen zumindest dafür, dass die Story selbst kaum Neues bringt.
American Assassin ist ein solider, harter Action-Thriller, der einen neuen Agenten mit viel Potential für seine zukünftigen Auftritte auf die Leinwand bringt.