#9 [2009]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 08. August 2010
Genre: Animation / FantasyOriginaltitel: 9
Laufzeit: 79 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2009
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Shane Acker
Musik: Deborah Lurie, Danny Elfman (Themen)
Stimmen: Christopher Plummer (Fred Maire), Martin Landau (Erich Ludwig), John C. Reilly (Philipp Brammer), Crispin Glover (Alexander Brem), Jennifer Connelly (Elisabeth Günther), Fred Tatasciore (Torsten Münchow), Elijah Wood (Timmo Niesner), Alan Oppenheimer (Horst Sachtleben), Tom Kane (Hartmut Neugebauer), Helen Wilson (Norbert Gastell)
Kurzinhalt:
Als das Wesen mit der Nummer neun auf dem Rücken (Elijah Wood / Timmo Niesner) das Licht der Welt erblickt, sieht er sich einer unvorstellbaren Zerstörung gegenüber. Doch zwischen dem Schutt und den Ruinen entdeckt er Wesen, die ihm ähnlich sind. Zwei (Martin Landau / Erich Ludwig) hilft ihm, seine Stimme zu entdecken, doch wird er von einem Räuber entführt. Während Eins (Christopher Plummer / Fred Maire) Neun und Fünf (John C. Reilly / Philipp Brammer) im Versteck behalten will, brechen beide auf, um Zwei zu befreien. Dafür müssen sie zu einer alten, verlassenen Fabrik, in der das Unheil einst seinen Lauf nahm.
Zusammen mit Sieben (Jennifer Connelly / Elisabeth Günther) gelingt es ihnen sogar, Zwei zu befreien, doch aktiviert Neun dabei eine Maschine, die sowohl mit der Existenz der Wesen, wie auch mit dem Zustand der Welt in Verbindung steht. Wenn sie nicht alle ausgelöscht werden wollen, müssen sich die Verbliebenen um Neun formieren, und die Maschine aufhalten. Doch dafür müssen sie zuerst ihre eigene Bestimmung erfahren ...
Kritik:
#9 ist eine ausführlichere Neuinterpretation von Shane Ackers gleichnamigem Animationskurzfilm 9 [2005], für den er seinerzeit sogar für einen Oscar nominiert wurde. Es bevölkern die gleichen Figuren dieselbe postapokalyptische Welt, mit der Ausnahme, dass der Regisseur in #9 die Möglichkeit bekommt, mehr über die Hintergründe zu verraten und mehr Figuren vorzustellen. Neu ist außerdem, dass die Figuren sprechen können, was der Geschichte jedoch etwas von ihrer Magie nimmt. Nicht, weil die Dialoge schlecht wären, nur verraten sie nichts, was nicht auch durch die Bilder, Gestik und Mimik der Figuren bereits ausgedrückt würde.
Das handgroße Wesen mit der Nummer neun erwacht in einer zerstörten, kargen Welt. Das Sonnenlicht ist spärlich, die Umgebung in Schutt und Asche gelegt. Doch Neun erkennt, dass er nicht allein ist, es gibt andere Wesen wie er – und auch Wesen, die seinesgleichen jagen. Die Ausgangslage mit einer Figur, deren Existenz in einer fremdartigen Welt erst beginnt, ist durchaus interessant und sorgt dafür, dass man sich als Zuseher im Nu mit demjenigen identifiziert. Die Welt, die #9 vorstellt, ist dabei zeitlich schwer einzuordnen. Zwar gibt es Radios und Autos, doch modernste Technologien scheinen noch nicht entwickelt zu sein. Den Überresten einer vergangenen Zivilisation haften Eigenschaften an, die man wohl beabsichtigt den 1940er bis 60er Jahren zuschreiben könnte, auch wenn Elemente einer industriellen Hoch-Zeit mit verwoben sind. Was geschehen sein muss, hat man sich als Zuseher schon nach den ersten Minuten erschlossen und es bedarf den Abenteuern von Neun und den anderen lediglich, um einige Lücken zu füllen. Die Details, die hierbei ans Licht kommen, sind aber weder überraschend, noch spektakulär genug. Im Zuge dessen aktiviert Neun diejenige Maschine, die für die grenzenlose Zerstörung überhaupt verantwortlich ist. Fortan gilt es folglich, einen Weg zu finden, sie wieder abzuschalten. Nur: wer hat sie denn beim letzten Mal deaktiviert? Vermutungen hierüber kann man zwar anstellen, doch bleibt #9 viele Antworten schuldig. Und das, obwohl der Film selbst sehr episodenhaft erscheint. Hatte der ursprüngliche Kurzfilm eine Lauflänge von nur 11 Minuten, scheint #9 in regelmäßigem Abstand ein neues Ziel zu suchen. Ist das erste Monster erst einmal besiegt, dauert es nicht lange, ehe ein neues auftaucht, das es zu erledigen gilt – und wenig später das nächste. Die Story besitzt insofern zwar mehrere kleinere Spannungsbögen, aber eine durchgehende Spannung von Anfang bis Schluss kommt nicht auf. Das mag zwar symptomatisch für die Figuren sein, die ihren Platz in der Welt und ihre Aufgabe auch erst suchen müssen, doch hätte man für einen Spielfilm eine bessere Lösung hierfür finden können.
An der Machart des visuell ungewöhnlichen Animationsfilms gibt es kaum etwas zu bemängeln. Zwar faszinieren die Bilder bei weitem nicht durch einen Realismus und die Detailtiefe, die beispielsweise beim Genreverwandten WALL·E - Der letzte räumt die Erde auf [2008] zu sehen waren, doch überzeugen die surreale Optik, die durch die unförmigen, fremdartigen Figuren noch verstärkt wird. So gelungen auch die Beleuchtung ist, eine plastische Tiefe in der Oberflächenstruktur fehlt den meisten Charakteren in #9. Insofern befindet sich der Animationsfilm zwar auf der Höhe der Zeit, hinkt aber dennoch ein paar Schritte hinter den innovativsten Pixelschmieden hinterher.
Was die sympathischen Figuren in dieser verwüsteten Welt erwartet, lässt sich nicht vorhersagen. Es wird auch nicht angedeutet, wie weitreichend die Zerstörung ist, lediglich, wo das Geschehen stattfindet. Was den Wesen somit am Ende fehlt, ist eine Aufgabe. Was sie repräsentieren ist klar, und für aufmerksame Zuschauer auch vorher schon absehbar, aber was sollen sie mit dieser Erkenntnis anfangen? Shane Ackers Kurzfilm spiegelte seine Vision von jener Welt wider, mit #9 konnte er dieses Konzept erweitern, nur scheint es in vielen Belangen immer noch in der Konzeptphase festzustecken. Die gezeigten Einzelteile sind faszinierend bis staunenswert und auch die Stationen, die er auf seinem Weg in der Geschichte besucht, wirken stimmig. Es fehlt jedoch eine durchgehende Linie, ein Ziel auf das hingesteuert wird und trotz der 80 Minuten Laufzeit bleibt das Gefühl, der Film kratzt wie der Kurzfilm zuvor nur an der Oberfläche jener Welt.
Fazit:
So düster und melancholisch die Ausgangslage auch ist, die Welt, die in #9 vorgestellt wird, fasziniert von Beginn an. Wer den Kurzfilm bereits kennt, darf sich abgesehen von sprechenden Wesen nun auch auf mehr und auf ausführlichere Hintergründe einstellen. Verständlicherweise präsentiert sich die Optik in überarbeiteter und detailfreudigerer Form, auch wenn der Animationsfilm nach wie vor nicht an die Genrespitzen heranreicht.
Doch trotz der sieben Mal so hohen Laufzeit beschränken sich die Mehrinformationen auf deutlich weniger. Nach wie vor bleibt ein Großteil jener postapokalyptischen Welt unerkundet, viele Fragen offen und Elemente nicht ausgenutzt. Die Geschichte von #9 hätte man durchgehender strukturieren können, ebenso wie auf die Dialoge ganz verzichten. So gibt sich der durchaus interessante Film zwar im ersten Moment überraschend, dann jedoch auf gewohnte Weise erzählt, was der Ausgangsidee an sich nicht gerecht wird.